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ESKIMO CALLBOY – Teil der Metalhistorie geworden

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Sie gehören momentan zu den Bands in der Szene, zu der irgendwie jeder eine Meinung zu haben scheint. Wie gewohnt gehen diese teils weit auseinander. Und sie traten dieses Jahr sowohl in WACKEN als auch auf dem SUMMERBREEZE im Abendprogramm auf. Die Rede ist von ESKIMO CALLBOY. Ob sie das Gerede überhaupt interessiert, welche Bedeutung Social Media heute noch hat und was auf dem neuen Album so passiert, haben Kevin und Sushi beim Interview auf dem SUMMERBREEZE erzählt.


S: Es ist dieses Jahr ja nicht zum ersten Mal, dass ihr auf dem SUMMERBREEZE spielt. Ist das für euch so ein Festival, mit dem ihr euch irgendwie speziell verbunden fühlt?
Kevin: Nee! Gar nicht. Von allen Festivals, auf denen wir mehr als einmal gespielt haben, haben wir hier am wenigsten gespielt, hab ich das Gefühl. Ich weiß, dass wir hier eines unserer ersten großen Festivals gespielt haben. Aber als wir gerade hier ankamen, da hat sich das schon so ein bisschen komisch angefühlt, weil es ist schon so locker…
Sushi: Findest du?
Kevin: Ja! Vier Jahre ist das locker her, dass wir das letzte Mal hier waren.

Sushi: Ja, aber ans SUMMERBREEZE haben wir eigentlich nur gute Erinnerungen. Es ist ja so, dass auf den Metalfestivals die Leute immer so ein bisschen mehr ‚open minded‘ sind, sag ich mal. Die setzen sich halt cool damit auseinander. Und das SUMMERBREEZE, wenn wir hier gezockt haben, war immer mega fett. Also, ich denke mal… Ich hoffe mal, dass es heute genauso fett wird wie auf den Festivals davor. Wir freuen uns drauf! Auch wenn der Kevin Angst hat, ne? Ich nehm ihn gleich mal in den Arm.

Kevin: Jaja, haha (lacht).

S: Sind Autogrammstunden oder ähnliche Termine auf so einem Festival für euch Gelegenheiten, wo ihr auch Rückmeldungen bekommt?

Kevin: Ja. Autogrammstunden finden wir cool. Aber wir merken, je größer wir als Band werden – Und das mein ich gar nicht von oben herab, dass wir meinen, wir sind’s, sondern wirklich einfach, wenn wir merken, dass wir wachsen. Sobald es mehr Leute gibt, die uns gut finden – dann hast du immer weniger Zeit, dich um deine Leute zu kümmern. Das war heute auch wieder ein typisches Beispiel, dass wir eine halbe Stunde Signing Session eingeräumt bekommen haben, aber wir nicht ansatzweise irgendwie zur Hälfte den Leuten gerecht werden konnten.

Sushi: Ja, stimmt. Und gerade nach dieser halben Stunde steht dieses kleine Mädchen mit ihrer Mama da, das anfängt zu weinen. Verstehst du? Da fühlst du dich richtig schlecht. Denen haben wir dann noch ein paar Kärtchen geschrieben und dann war auch gut. Aber es ist trotzdem ein blödes Gefühl, weil die Leute natürlich genau der Grund sind, warum wir sowas machen können. Und wenn du dann nicht mit allen in Kontakt treten kannst, ist das schade. So ist es leider.

Kevin: Ich zum Beispiel laber leider gerne. Und dann merkste einfach, wie du ein bisschen Smalltalk halten willst mit den Leuten, aber es ist einfach nicht möglich. Das ist einfach ein bisschen enttäuschend. Das soll auch nicht falsch rüberkommen bei den Leuten. Das ist das, was mir auch wichtig ist dabei. Wir wissen den Support zu schätzen, den wir da bekommen. Aber du kannst einfach nicht mehr jedem gerecht werden. Auch wenn ich jetzt ein bisschen weit aushole, aber das ist ein bisschen die Mentalität der Leute, durch Instagram und durch Facebook. Die Leute haben das Gefühl, die kennen dich, die sind bei dir, die sehen, was du in deiner Freizeit machst. Und dadurch haben die so ein Gefühl, dass die ständig bei dir sind. Und wenn du dann auf die triffst, dann hast du nicht mal dreißig Sekunden, um dich mal mit denen zu unterhalten. Und das ist immer so ein wenig enttäuschend.

S: Früher haben die Fans ja auch vorrangig durch Kamerateams o.ä. Einblicke in das bandinterne Tourleben bekommen. Durch die neuen Medien hat sich das ja geändert…

Kevin: Absolut. Du musst ja nur mal schauen, wenn wir unsere Instagram Stories oder so machen. Das gab’s ja früher alles gar nicht. Das gaukelt – und das ist trügerisch – den Leuten manchmal vor, dass sie uns dann auch sehr gut kennen. Weißt du, was ich meine?

Sushi: Social Media ist schon ein Fluch. Wenn der Kevin Geburtstag hat, dann like ich auch nur noch seinen eigenen Geburtstagspost. Das reicht dann auch. Dann muss man auch nicht mehr anrufen.

Kevin: Das hab ich mir dann aber auch verdient.

S: Die Leute sehen ja nur das, was ihr da zeigt.

Kevin: Genau. Das ist so ein Ding, wir sind halt als Partyband bekannt geworden, aber auch ESKIMO CALLBOY weinen mal. Und auch ESKIMO CALLBOY sind mal traurig. Und auch ESKIMO CALLBOY sind auf Tour mal morgens aufgewacht und hatten einen schlechten Tag. Aber wir sind auf dem Weg, das zu ändern. Wir wollen da ein bisschen transparenter werden. Wir wollen ein bisschen offener mit dem Ganzen umgehen. Dieses ganze oberflächliche Rumgesülze auf Instagram wollen wir gar nicht mehr. Die Leute, die zu den Shows kommen, die sollen wissen, wer wir wirklich sind und nicht irgendwas vorgegaukelt bekommen.

S: Ihr seid ja dieses Jahr hier und auch in WACKEN etwas weiter nach hinten im Tagesprogramm gerückt. Wie nehmt ihr sowas auf?

Sushi: WACKEN war halt schon mega krass. Das war eine supergute Zeit. Wir haben da quasi im Hauptinfield gespielt, auf der zweiten Bühne.

Kevin: Zweite oder dritte Bühne. Ist ja auch egal. Die Louder Stage war das.

Sushi: Genau, die Louder Stage. Auf jeden Fall war es eine größere Bühne. Und jetzt gerade WACKEN, so das Metalfestival überhaupt, auch wenn man das auf dem SUMMERBREEZE nicht so sagen darf, wir haben euch auch noch lieb… Aber, so als Band ist das für dich schon nochmal so eine Bestätigung. Man hat ja zu dem, was man macht, einen ganz anderen Bezug als die Leute da draußen. Für uns war das einfach krass, um so eine Uhrzeit zu spielen und zu sehen, dass so viele Leute Bock darauf haben. Und dann siehst du noch Videos und sowas, wie krass die ganze Klamotte aussah etc. Wir hatten uns schon Gedanken gemacht, wie soll das aussehen, was für eine Produktion wollen wir an dem Tag fahren und sowas. Das war schon einfach fett. Und natürlich ist das auch eine geile Erinnerung, die du mitnimmst. Das ist eigentlich das wichtigste dabei. WACKEN ist nie unspektakulär für uns. Das hat auch viel mit dem Vibe zu tun, den du da mitnimmst. Du bist Teil von einer langjährigen Metalgeschichte geworden. Und das ist einfach großartig.

S: Ist das trotzdem etwas, was ihr manchmal verfolgt? Wie die Leute reagieren, wenn irgendwo Bands spielen, die nicht so ganz in ihr Beuteschema passen und sie eventuell Probleme mit denen haben?

Kevin: Das ist immer unsere Position gewesen. Das ist ja immer, egal, wo wir waren. Wir haben ja nie richtig dazu gehört. Sind wir bei einem Mainstreamfestival, sind wir zu hart. Sind wir bei WACKEN oder irgendwelchen SUMMERBREEZEs dieser Welt, dann sind wir zu weich, zu nicht-metal. Das war immer das, worauf wir schauen mussten. Aber das hat uns auch nur bedingt interessiert. Denn wir haben immer unser Ding gemacht. Und das, was uns immer aufgefallen ist, ist, dass in der Metal Family – also in der Metal Community – die Leute am offensten waren. Die stehen da mit ihrem Bier „Hab ich mal gelesen, den Namen“, aber was wirklich zählt: „Ich schau die mir mal an und wenn die geil sind, egal, ob die pinke Leggins an haben oder Pandabären Kostüme, dann ist das geil und dann schau ich mir nachher auch nochmal ein Video auf Youtube an. Oder kauf mir vielleicht noch ein Album“. Und das ist das Coole. Die Musikbranche hat sich ja auch ein bisschen gewandelt. Den typischen Metal-Metal, das gibt es ja garnicht mehr so in der Form. Viele Bands, die wandeln sich einfach.

Sushi: Wir hängen auf Wacken ja auch mit Leuten rum, bei denen wir niemals gedacht hätten, dass wir da einen Berührungspunkt haben. Und jetzt sitzte da mit dem Frank vom GAMMA RAY und zischst dir ein Bierchen rein. Einfach, weil es cool ist und alles wie eine große Familie ist.

S: Hier spielen ja auch NERVOSA oder ALIEN WEAPONRY und man hat auf dem Festival einfach diese Mischung.

Kevin: Ja genau. Ich find das auch cool. Ganz ehrlich, das, was uns die Leute früher immer vorgeworfen haben, „Ihr macht den Metal kaputt!“, „Ihr seid anders, das ist kacke!“, das ist doch genau das, was die Musik voran bringt. Ich will jetzt nicht sagen, dass wir die Musik verändern, aber die vielen ESKIMO CALLBOYs dieser Welt, das ist doch das, was die Musik nach vorne bringt! Jeder probiert immer ein bisschen was anderes aus. Ob wir damals unsere Synthies rausgeholt haben oder irgendeiner im Black Metal gedacht hat: „Ich bring da jetzt mal ein Orchester mit rein“, das ist dasselbe. Das sind die Leute, die was ausprobieren. Dadurch wandelt sich die Musik. Und das finde ich nur gut.

S: Es wird ja nur breiter in der Masse.

Kevin: Richtig. Und das alte, wenn es gut genug ist, das bleibt ja erhalten. Das machen wir ja nicht kaputt.

Sushi: Egal, welche Metalrichtung du hörst, du wirst trotzdem in der Schule gemobbt.

Kevin: Das ist wahr.

S: Habt ihr noch Themen, die euch momentan wichtig sind? Läuft momentan was in der Scene-Tour?

Kevin: Wir sind nochmal mit ATTILA unterwegs – in Europa und UK. Wenn wir jetzt das neue Album schreiben, dann wollen wir schon schauen, weil wir ja immer noch dieses Partyband Image haben. Das werden wir auch nicht los. Das wollen wir auch nicht loswerden. Man merkt aber mit den Jahren, wo wir denken, dass wir da Einfluss haben. Wir sind nicht mehr die Garagenband von 2010, dass wir diesen Einfluss nutzen wollen. Und da hast du dann schon auch Bock. Wir beide sind ja maßgeblich an den Lyrics beteiligt. Dann haste Bock, auch mal ein handfestes Thema aufzugreifen. Auf den alten Alben hatten wir das ja auch schon. Ob es Mobbing in der Schule ist, ob es eine gescheiterte Beziehung ist, ob es etwas in deinem Leben ist, was du magst, was dich aber totzdem runter zieht. Wir haben schon viele Themen angepackt und das werden wir auch auf dem neuen Album nicht ändern. Da werden wir wieder vieles anfassen.

Sushi: Wir haben damals über Mobbing geschrieben und jetzt schreiben wir, wie sehr uns Steuererklärungen abfucken. So über 30 Themen.

Kevin: Genau, wie teuer Kinderwagen sind.

Sushi: Der Zwiespalt, in welcher Stadt du deinen Strebergarten anlegst.

S: Manche Leute schauen ja schon wirklich, was hinter den Songs steckt…

Kevin: Ein paar. Es ist ein bisschen… Du merkst es, dass die Leute damit ankommen. Da freust du dich dann auch. Manche Texte schreibst du so, aber für andere Texte gibst du echt dein Herzblut und steckst da richtig Arbeit rein. Da weißt du dann auch, da steckt jetzt ein Stück von mir drin. Und wenn Leute dann auf den Text zurückgreifen und sagen: „Ey, der hat mir was bedeutet, der hat mir weiter geholfen“, dann freust du dich darüber. Das sagst du nicht, das wissen die Leute auch nicht. Aber wenn du das hörst oder liest in den Kommentaren – das ist schön.

S: Habt ihr noch irgendwas, was ihr los werden wollt?

Kevin: Eigentlich das Übliche. Es ist schon fast abgedroschen, weil wir es jedes Mal sagen.

Sushi: Wir wollen, dass der Alex sich eine Seite von seinen langen Haaren abrasiert. Das wollen wir (Kevin lacht).

Kevin: Genau! Wenn das passiert ist, dann wünschen wir uns, dass uns die Leute auch weiter so supporten wie bisher. Wir sind gerade dabei, das neue Album zu schreiben. Das kommt im Frühjahr 2019 raus. Das wird wieder ein paar Leute zum Kopfschütteln bewegen, ein paar Leute werden es feiern. Und wir freuen uns ganz besonders darauf, das dann zu präsentieren. Wir haben noch Touren. Also diese eine jetzt mit ATTILA im Oktober. Die wird nochmal richtig fett. Und dann freuen wir uns auf das neue Jahr. Und hoffen weiterhin auf den Support der Leute.


Nach dem Interview ist klar, für ESKIMO CALLBOY gibt es immer noch 2-3 wirklich wichtige Themen, wie etwa Social Media oder die Wahrnehmung neuer Bands, vor allem, wenn sie, wie sie, ein wenig aus dem Raster fallen und sich dafür immer wieder erklären zu scheinen müssen.  Dennoch fühlen sie sich in der Metalszene grundsätzlich gut akzeptiert und nehmen durch die Resonanz seitens der Fans und der Veranstalter durchaus wahr, dass ihre Entwicklung gewürdigt wird. Dass hinter dem Party Image durchaus reflektierende Musiker stehen, die wahrnehmen und verfolgen, was aktuell ist und ihren wachsenden Einfluss nutzen wollen, zeigt, dass sie die Band durchaus ernst nehmen und einen Beitrag zum Metal leisten wollen – Pardon! – dies bereits tun.

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Tourdaten

18.10. UK Bristol – The Fleece

19.10. UK London – Islington Academy O2

20.10. UK Newcastle – Riverside

21.10. UK Glasgow – Classic Grand

22.10. UK Manchester – Club Academy

23.10. UK Birmingham – The Asylum 2

25.10. NL Eindhoven – Dynamo

26.10. NL Amsterdam – Melkweg Upstairs

27.10. F Paris – Petit Bain

28.10. B Antwerpen – Kavka

30.10. I Bologna – Zona Roveri

31.10. I Milan – Legend Club

01.11. – SU Pratteln – Z7

02.11. D Stuttgart – LKA Longhorn

03.11. D Dresden – Reithalle

04.11. D Berlin – Huxleys

08.11. D München – Tonhalle

09.11. D Dortmund – Warsteiner Music Hall

10.11. D Hamburg – Docks

11.11. D Wiesbaden – Schlachthof

13.11. PL Warschau – Progresja

14.11. HU Budapest – A38

15.11. D Nürnberg – Löwensaal


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