FICKEN auf Festivals? Bitte nicht!

Alle, die in den letzten Jahren auf mehr oder weniger großen Festivals waren, kennen ihn mit Sicherheit – den FICKEN-Stand. Besoffene Menschen, vollgeklebt mit Stickern auf denen „Luder“, „Rampensau“ oder „Sexgott“ steht, halten mit flachen Sprüchen bedruckte Schilder hoch und brüllen „FICKEN!“ (das ruft sich ja genauso gut wie „WACKEN!“, perfekt also). Dazu schallt in maximaler Lautstärke alles aus den Boxen, was harte Musik an kommerziell ausnutzbarer Bauernfängerei so hergibt.

Beim ersten Mal war das ja noch irgendwie cool und witzig. „Guckt mal, ich habe ein Schild, auf dem riesengroß „Ficken“ steht, hihi!“ – meinetwegen. Aber da hört’s dann auch schon auf. Leider war das aber erst der Anfang. Über die letzten 6 Jahre hat sich der „geheimnisvolle Partyschnaps fürs Volk“ wie eine Seuche über alle Festivals ausgebreitet, die ausbeutbar genug erschienen.

Das Erste, was mich dabei so richtig gestört hat, ist der schamlose Umgang mit der Musik – Hauptsache Songs, die alle irgendwie kennen, Songs mit denen man besoffene Menschen an der Stange hält. Das reicht von SEPULTURA-Evergreens und alten IRON-MAIDEN-Liedern (damit kann man leben) über RAMMSTEIN und ONKELZ (schon sehr viel weniger okay) bis hin zu BILLY TALENT und BLINK 182 – Musik die meiner Meinung nach aber auch REIN GAR NICHTS auf einem Metal-Festival verloren hat. Und das Schlimmste ist: Der Stand befindet sich nicht selten direkt neben den Bühnen (etwa auf dem Rock Harz) und dreht seine Boxen ordentlich auf, um sicherzugehen, dass man auch während man sich das Konzert seiner Lieblingsband ansieht auf keinen Fall ein Lied aus der Playlist verpasst. Das ist eine furchtbare Respektlosigkeit gegen alle Bands und Konzertbesucher. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die Festivals aus Liebe zur Musik besuchen und nicht nur, um sich die Birne wegzusaufen.

Ist so etwas Metal? Leider nein. Leider gar nicht.

Und dann die Schilder. Schilder auf Festivals sind toll. Man nehme den Karton einer leeren Palette Bier, lasse sich einen lustigen bis obszönen Spruch einfallen, beschrifte das Ding mit einem Edding und bringe damit die anderen Festival-Besucher zum Lachen. Ich habe so etwas immer gefeiert. Aber auch das hat FICKEN mir verdorben. Wenn auf einmal jedes zweite Pappschild, das man sieht, ein mit einem Standardspruch bedrucktes (sogar so bedruckt, dass es nach Edding-Geschmiere aussehen soll) Werbeplakat ist, verliert das Ganze doch seinen Sinn. Es ist doch eine Perversion der eigentlichen Sache – ein solches Plakat soll gefälligst die Frucht alkoholinduzierter Kreativität und Individualität sein! Und nicht klischeehafte, fließbandproduzierte Werbung für ein Gesöff, dessen Erfolg einzig und allein auf seiner in Großbuchstaben geschriebenen möchtegern-schockierenden Überschrift basiert. Die BILD lässt grüßen.

Und wie schmeckt das Zeug denn nun eigentlich? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich weigere mich, es zu probieren. Selbst wenn es das leckerste Getränk der Welt wäre – das könnte in keiner Hinsicht die unendliche Geschmacklosigkeit wettmachen, die das Gesamtkonzept in meinen Augen darstellt. Der FICKEN-Stand und alles was dazugehört ist eine Reduktion der Metal-Festival-Szene auf oberflächlichste Aspekte, und somit ein dreister Angriff auf alles, wofür es sich als Musik-Fan zu kämpfen lohnt. FICKEN verkörpert auf kleiner Ebene, wo Festivals im Großen und Ganzen leider unvermeidlich hinzusteuern scheinen: Einen abgeflachten, auf oberflächlicher Anziehung basierenden Kommerz-Abgrund, bei dem die Musik nur noch als Suff-Beschallung dient.

Von daher gibt es auch keine Links, Fotos oder gar Werbebanner von uns, sondern nur einen Tipp der netten Menschen in Grün:

 

 

Die Polizei rät: Wer ficken will, sollte (keine) weiße Schlüpper tragen!

 


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