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Fimbul Festival 2020 – Part 1

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Fimbul Festival 2020 – Der Festivalbericht

Die tragisch kurze, ja gefühlt fast gar nicht richtig dagewesene Festivalsaison für ein Jahr ist vorbei und wir blicken zurück auf eines der wenigen Festivals aus einer Hand voll, die überhaupt „normal“ stattgefunden haben. Für mich war es 2020 das einzige: Das Fimbul Festival!

Freunde und Fans des Dark Troll Festivals werden es zuordnen können, denn dessen sympathische Veranstalter Maik und Kelly sind die beiden Männer, denen wir auch das Fimbul zu verdanken haben. Und auch die bekannte, wunderbare Location – die Schweinsburg Bornstedt – ist die gleiche. Zuletzt fand das „Fimbul Festival“ im Jahre 2012 statt. Es ist also ein eher unregelmäßiger Ableger des Dark Troll, das ja bekanntermaßen jedes Jahr am Himmelfahrtswochenende seinen Platz findet. Doch was stattdessen vom 21.05. bis 23.05.2020 stattfand, das haben wir sicher alle noch genau vor Augen: NICHTS. Und das ist sowohl für die Fans wie auch für Maik und Kelly ein untragbarer Zustand in Bezug auf Metalfestivals.

Maik und Kelly – die Motoren

Deshalb haben sich die beiden intensiv mit den Behörden auseinander- und zusammengesetzt und wieder einmal bewiesen, dass sie echte Profis in der Organisation von Festivals sind. Sie haben Bock und wollen ein Zeichen setzen, dass alles geht, wenn man es nur will und hart dafür arbeitet. Denn KEIN Festivalveranstalter hatte Erfahrungen mit Hygienekonzepten, wie sie die Behörden 2020 erwarteten und sich dabei selbst nicht einmal sicher sind, was eigentlich die absoluten Vorgaben und Grenzen sind. Doch Maik und Kelly haben daran geglaubt und das Unmögliche möglich gemacht. Und: mit Bravour! Da sind sich alle Besucher und insbesondere die gesamte Crew, zu der ich mich zählen durfte, absolut einig. Denn das Fimbul Festival 2020 fand ohne irgendwelche größeren Komplikationen statt und fühlte sich trotz aller Umstände angenehm und familiär an.

Und so konnte ich an zwei Tagen – dem 4. und 5. September 2020 – ein in vielerlei Hinsicht ganz besonderes Festival besuchen. Das Line-Up, das wie gewohnt je etwa zur Hälfte aus Black- und Pagan Metal Bands, oder eben aus Pagan Black Metal Bands bestand, stammte dieses Mal den Umständen geschuldet nahezu ausschließlich aus Deutschland und Österreich. Und dennoch wurde es so gut wie nie langweilig! Kein Wunder, denn ich habe den Eindruck, dass Maik und Kelly sich die Bands offenbar sehr gewissenhaft aussuchen und so blieb es trotz verhaltener Genrevielfalt spannend und abwechslungsreich. Und auch hier wurde noch einmal deutlich, wie offenbar beliebt und talentiert die Veranstalter sind, indem kurzerhand mit HARAKIRI FOR THE SKY ein überaus adäquater Ersatz für die aus zweifelhaften Gründen kurzfristig abgesprungenen HELRUNAR gefunden wurde.

Schwierige Umstände erfordern Willenskraft und Witz

Auch wenn das hier nicht noch einer von zehntausend Corona-Artikeln werden soll, so sei an dieser Stelle doch noch einmal etwas zu den Rahmenumständen gesagt:

Im gesamten Bereich vor der Bühne, sowie in den Sanitärbereichen und an sämtlichen Ständen bestand die Pflicht einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Darüber hinaus galt dies auch, sofern auf dem Gelände irgendwo der einzuhaltende Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Es erscheint logisch, dass da auch eine Reduktion der Besucherzahl notwendig war. Statt sonst bis zu 1.200 Besuchern beim Dark Troll Festival zählte das Fimbul Festival nur knapp über 500 Besucher. Immerhin sorgte dies aber dafür, dass man nirgendwo lange anstehen musste oder es allgemein „zu voll“ wurde. Für die Veranstalter jedoch bedeutet dies logischerweise erheblich weniger Einnahmen. Doch auch hier strahlten sie einen gewitzt gesunden Optimismus aus: Da müssen die Leute ehmd ‘n bisschen mehr trinken!“

Und es wurde getrunken! Bier, Met, Cocktails (also das übliche), aber auch Whisk(e)y und Rum – denn auch ein „Whisky & Met“ Stand war trotz des etwas abgespeckten Angebotes an Ständen da, sodass ich mir nicht nur abwechslungsreiche Musik zuführen konnte. Und da wir einmal beim leiblichen Wohl sind: Auch beim Essen hat jeder irgendetwas gefunden. Ein Stand mit Knoblauchbrot bot sogar eine vegane Variante neben der üblichen an!

Endlich da – wieder zuhause

So schreite ich also am ersten Konzerttag etwas zögerlich, verunsichert aber gleichzeitig hibbelig von einem der Campingplätze auf das Konzertgelände. Bei der Einlasskontrolle versichern sich die Security-Kräfte davon, dass jeder Besucher eine Maske bei sich hat. Und dann steht man da. In irgendwie gewohnter Umgebung, bei ganz angenehmen 22 Grad und vereinzelten Sonnenstrahlen, die am ersten Konzerttag noch ab und an durch die Wolken brechen. Ich halte kurz inne und bemerke, dass das etwas Besonderes ist und dass ich es bisher leider oft gar nicht so wahrgenommen hatte.

Gänsehaut

©Carsten Brand

Und dann, als mit INVOKER aus Köthen am Freitag die erste Band mit ihrem Soundcheck beginnt und wenig später auch mit ihrem Auftritt, spätestens dann hat garantiert jeder seinen Gänsehautmoment. Wer hätte gedacht, dass man diese Atmosphäre so vermissen kann!

Die Tatsache, dass INVOKER ihren Job sehr gut machen und auch der Sound auf Anhieb ziemlich gut ist, lockt schnell die ersten neugierigen Zuschauerinnen und Zuschauer vor die Bühne. Dort stellen sie sich bedächtig auf die Markierungen auf dem Boden. Selbstverständlich mit Maske, aber auch mit Lust auf Musik, beginnen sie schnell, mit dem Kopf im Takt der Musik zu nicken, die ich als Blackened Death einordnen würde. Vereinzelt wird sogar von der ersten Minute das Haar geschüttelt! Eine wahre Wonne, die mich zum Grinsen bringt.

Die Musik, tiefe, aber oft sägende Gitarren, Blastbeats und eine schnelle, marschierende Bassdrum, auch mal Doublebass-Passagen, sowie die tiefen Growls des Sängers locken schnell weitere Gäste an. Anfangs wirkt der Sound des Gesangs etwas stumpf und die Höhen der Gitarren etwas verschwommen, was sich aber zügig bessert. Zwischen den Songs meldet sich der Sänger freundlich und spürbar dankbar: „Schön, das wir überhaupt hier sein dürfen!“, und ergänzt kurz darauf „…immer schön die Abstände einhalten! Das sieht so geil aus!“ – allgemeine Erheiterung im Publikum. Eine sympathische Band, die ich im Hinterkopf behalten werde, auch wenn ihre Musik mich persönlich nicht ganz abholt. Für einen Opener ist die Band auf jeden Fall extrem gut und „aktivierend“!

Flötenmelodei mit Wumms

©Carsten Brand

Nach einer kurzen Umbaupause folgen pünktlich die Pagan Metaller von JÖRMUNGAND. Die Band aus Köln steht mit fast komplett neuer Besetzung auf der Bühne und erfreut sich beim Publikum von Anfang an großer Beliebtheit. Ein für mich sympathischer Aspekt ist, dass sie dabei als Pagan Band ganz ohne „Kostüme“ auskommen und mit ihrer Musik und Bühnenpräsenz  überzeugen. Außerdem sehe ich den Musikern an, dass sie Spaß haben.

Die mächtigen, episch-melodiösen Melodien mit angenehm schwarzem Anstrich, kreischend-krächzendem, aber ausdrucksstarken Gesang und schnellen Drums bringen die Burgmauern zum Beben. Die meiner Meinung nach verzichtbaren, sich immer wieder untermischenden flötenartigen Melodien werden überdeckt durch die sympathische Ausstrahlung von Sänger und Band. Ich kann genau wie das restliche Publikum den Auftritt mit einem wohlig-angenehmen Gefühl verfolgen, während ich das schöne Wetter und die vermisste Festivalatmosphäre genieße.

(Ausnahme)Talente

Mit NORNIR aus Freiberg schließt sich eine Band an, die bereits vor ihrem Auftritt aufgrund ihrer Musik mein Interesse geweckt hat. Die vierköpfige Band, die mit Sängerin/Gitarristin und Bassistin neben zweitem Gitarristen und Schlagzeuger ein Musterbeispiel dafür sind, dass sich Frauenanteil und trver Black Metal ganz wunderbar miteinander vereinbaren lassen, wecken offenbar nicht nur mein Interesse.

Bereits bevor die Band zu spielen beginnt, spätestens aber mit Beginn des Intros (Trommeln, nornenhafter Gesang) – füllt sich der Bühnenvorplatz mit offensichtlich schwarzmetallisch interessiertem Publikum. Zurecht! Denn es dauert nicht lange, da ertönt ein lauter, krächzender Schrei, der Mark und Bein durchdringt und damit auch den übrigen Instrumenten das Startsignal gibt. Jetzt bricht bitterkalter Black Metal über uns herein. Dank des ausgewogenen Sounds ertönen die Black-Metal-typisch hoch sägenden Gitarren und das schmerzvolle Schreien der Sängerin klar und deutlich. Auch die Doublebass trifft sauber und walzt einfach alles nieder.

©Carsten Brand

NORNIR werden damit definitiv eins meiner absoluten Fimbul Festival-Highlights, das ich jedem geneigten Black Metal Fan als Live-Erfahrung ans Herz lege. Dem Publikum vor Ort gefällt es so gut, dass die Anzahl der Personen vor der Bühne es erstmals schwierig macht, die Abstände auf das „Corona-Maß“ einzuhalten – doch es tragen alle vorbildlich Masken. Und siehe da: Auch Headbanging klappt wunderbar mit Maske!

Bekannte Gesichter

©Carsten Brand

Als hätten sie nur auf die Dunkelheit gewartet, betreten die Pagan Black Metaller von GERNOTSHAGEN die steinerne Bühne. Hier wird nicht mit Bärten, langen Haaren und Knochenaccessoires gegeizt, Sänger Askan trägt eine Gesichtsbemalung im angesagten Streifenlook und die leuchtend blauen Kontaktlinsen sorgen in Kombination mit der Kapuze für die Optik eines unheilbringenden Hexers. Mit heiserem Krächzen und schmetterndem Klargesang, bei dem ihm manchmal etwas die Puste auszugehen scheint, unterstützt er den brachialen Sound der Instrumente, der nur eine Richtung kennt: Nach vorn!

Aber GERNOTSHAGEN haben auch ein episches Keyboard und schöne Gitarrenriffs zu bieten, was bei den Zuschauern gut ankommt. „Könnt ihr noch, mit euren Masken?“ – Ja, wir können noch! Der begrenzte Platz vor der Bühne ist gut gefüllt, vereinzeltes Headbangen paart sich mit beständigem Kopfnicken. Und damit das Publikum nicht vergisst, wer ihm trotz Corona dieses Festivalerlebnis ermöglicht hat, bedankt sich der Sänger am Ende auch nochmal bei den mehr als engagierten Veranstaltern.

Ein würdiger Ersatz…

©Carsten Brand

Pünkltlich um 22:15 Uhr beginnt mein zweites Festivalhighlight: die österreichischen Post-Black-Metaller von HARAKIRI FOR THE SKY. Als ob sie nicht ohnehin schon zu meinen Sympathieträgern dieses Genres gezählt hätten, holen sie sich zusätzliche Punkte auf meiner Beliebtheitsskala, indem sie sehr kurzfristig für Helrunar eingesprungen sind, die leider offenbar aus fadenscheinigen Gründen abgesagt haben. Auch für die Veranstalter war klar, dass das für das Festival Line-Up jedoch eher einen Gewinn als einen Verlust darstellen würde. Und genau das wird auch durch meinen Blick auf die Zuschauer bestätigt, als ich um mich blicke. Falls während der Spielzeit von HFTS überhaupt noch jemand auf einem der Campingplätze ist, sind es jedenfalls nicht viele.

©Carsten Brand

Die Bühne färbt sich rot und Nebel legt sich von der Bühne aus auch auf das Publikum in dieser lauen Spätsommernacht, als HFTS mit ihrem sentimental-melancholisch düsteren Black Metal beginnen. Die Atmosphäre könnte für ihre Musik nicht besser sein. Denn so gut das Ambiente der Schweinsburg auch allzu offensichtlich zu Mittelalter und Pagan passen mag – an diesem Abend wird deutlich, dass es auch hervorragend zu Musik à la HFTS passt.

Die wuchtigen Soundwände, die durchdrungen werden vom verzweifelten Schreigesang des Leidenschaft für die Musik ausstrahlenden Sängers werden durch den gewohnt souveränen Sound noch ergreifender. Die intensive, abwechselnd einfarbig blaue oder rote Bühnenbeleuchtung komplettiert das intensiv melancholische Erlebnis. Nahezu jede Person vor der Bühne bewegt sich, tanzt, oder headbangt zur dargebotenen Show. Oft, wie auch ich, mit geschlossenen Augen. Ich bin überzeugt: spätestens mit ihrer Zugabe mit „Calling The Rain“ haben HFTS bei allen Festivalbesuchern mindestens einmal Gänsehaut verursacht und zum Mitmachen animiert.

©Carsten Brand

… und ein würdiger Abschluss

©Carsten Brand

Man könnte meinen, dass nach so einem überwältigenden Festivalmoment das Publikum erst einmal eine Verschnaufpause braucht. Doch vielleicht wegen des sehr guten Bauchgefühls der Veranstalter für das Line-up, vielleicht wegen Corona, vielleicht wegen der allgemein kurzen Umbaupausen oder einfach der stilistischen Fortführung mit Post-Black von WANDAR aus Halle bleibt das Publikum zahlreich munter und gut gelaunt vor Ort. 

Mit ähnlich simpel gehaltener Bühnenbeleuchtung und einem wieder absolut überzeugenden Sounderlebnis aus kalter, düsterer aber mächtiger Atmosphäre halten WANDAR den Spannungsbogen sehr gut aufrecht. Das Publikum bewegt sich gefühlt ehrfürchtig und bedächtig im Rhythmus der Songs und bestaunt mit Augen und Ohren die musikalisch gezeichneten Landschaften, die mit einer überzeugenden Bühnenpräsenz dargeboten werden.  Teils mit tragenden Keyboardmelodien untermalt wird hier ein wirklich stimmiges Gesamtbild von (ist das überhaupt Post(?)) Black Metal geboten, der sich mit einer nicht beschreibbaren persönlichen Note absolut von Bands der gleichen Sparte abzuheben weiß.

WANDAR lassen mich zufrieden und in der Gewissheit, einen in sich kompletten und schlüssigen ersten Festivaltag erlebt zu haben zurück und ich kann in freudiger Erwartung der Dinge die am nächsten Tag für mich bereithält schlafen gehen.

 

Tag 2 findet Ihr in Kürze HIER!


Dies ist ein Gastautorenbeitrag von: Simon

Vielen Dank für die großartigen Bilder an Carsten Brand!
HIER findet Ihr noch mehr Fotos!

Bild mit freundlicher Genehmigung von www.brandlicht.de

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