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Flaute auf See, Crew besoffen – ALESTORM
ALESTORM – No Grave But The Sea
Veröffentlichungsdatum: 26. Mai 2017
Dauer: 46 Min.
Label: Napalm Records
Genre: Power Metal, Folk Metal, Pirate Metal
Alle Mann an Deck, es gibt Spannendes zu verkünden: die schottischen Seefahrer ALESTORM sind von ihrer Weltreise zurück und haben Allerlei im Gepäck, so auch ihr neuestes (fünftes) Studioalbum. Die 5 Jungs, bekannt durch ihre partytauglichen und Saufgelage begleitenden Stücke wie „Drink, Magnetic North“ oder „Shipwrecked“, werden oft als Spitzenreiter und Vorzeigemodelle des sogenannten „Pirate-Metal“ bezeichnet, einer Verbindung von Heavy- bzw. Power Metal mit Shanty-Elementen, traditionellen Instrumenten wie Akkordeon und Geige und einer Menge Keyboards. Entsprechend gespannt war ich auf ihre neueste Schöpfung, durften sie bei mir doch nie auf einer Partyplaylist fehlen.
Der Vorspann
Die 2 vorab veröffentlichten Songs „Mexico“ und „Alestorm“ rissen mich allerdings so gar nicht vom Hocker; „Mexico“ kommt daher mit standardisierten Partyrhythmen, ideenlosen Drums und Klampfen, sehr künstlichen Synthieparts und einem Refrain, der sich sicher ab einem gewissen Punkt des Abends gut mitgrölen ließe (zumindest phrasenweise – ob es für mehr als „Yo-Ho, Mexico“ reicht, wage ich zu bezweifeln). Abgesehen davon jedoch ein ziemlich schwacher Song. Der Song „Alestorm“ hingegen zeigt dann schon einen Hauch von Innovation, als nach einem recht starken Intro plötzlich der Keyboarder Elliot Vernon in Begleitung von Breakdown-Gitarrenspiel zu screamen beginnt und man glaubt, sich in einen Metalcore-Song verlaufen zu haben. Zwar wechselt die Gesangsverantwortung bald wieder zum Sänger Christopher Bowes zurück, einen bleibenden Eindruck hinterlässt dieser unerwartete Ausbruch jedoch (nicht gerade einen positiven, aber Core-Fans dürften den Song feiern). Sonst flacht der Song stimmungstechnisch und innovativ gen Ende immer mehr ab.
Das Album
Keine besonders glänzende Statistik für den Anfang. Aber schauen wir mal auf den Rest: „No Grave but the Sea“, der Start-Track des Albums, ist tatsächlich etwas abwechslungsreicher und ernster, mit schönen Keyboardsoli, stärker variierenden Drumparts und der traditionellen Piraterie-Thematik (von der in den vorherigen 2 Songs noch recht wenig zu merken war). Letzteres gilt auch für „To the End of the World“, „Man The Pumps“ und „Treasure Island“. Ersterer kommt mit einer geilen hymnischen Melodieführung durch das Synthie-Schifferklavier daher, variiert infolge dessen jedoch nur noch selten und wirkt sehr stark Power Metal-lastig. Auch wirken die einzelnen Parts des Songs oft nicht stimmig.
„Man the Pumps“ erinnert hingegen wieder echt an Seemannslieder von Tod und Verderben, ein starker, finsterer Song mit passenden Crew-Gesangsparts und packenden Soli. Definitiv ein persönlicher, zum Schunkeln einladender Höhepunkt des Albums. „Treasure Island“ hat einige epische, hymnische Parts, holpert jedoch hier und da aufgrund einiger unpassender Rhythmen und fehlender Pausen. Fairerweise bleibt hier zu sagen, dass der Song trotz allem einen stimmigen Abschluss für das Album bildet.
Ho, Ho, Ho und ne Buddel voll …
Die verbleibenden Songs sind allerdings fast ausschließlich als „Party-Metal“ zu bezeichnen – und zeichnen sich wiederum nicht gerade durch einen kreativen Erguss aus. „Bar und Imbiss“, „Pegled Potion“ und „Rage of the Pentahook“ bestehen allesamt aus party- und tanzfähigen Rhythmen, clever eingesetzten Gangshouts und –gesängen und machen wahrscheinlich Stimmung bei einem allgemeinen Trinkgelage, kommen jedoch allesamt nicht an thematisch vergleichbare Songs des vorherigen Albums „Sunset on the Golden Age“, wie beispielsweise das „Hangover“-Cover oder „Drink“, heran. Einzig und allein „Fucked you with an Anchor“ bewährt sich durch einen, selbst bei steigenden Promillezahlen noch schnell lern- und mitgrölbaren, Refrain und sticht als stimmiges und hier und da abwechslungsreiches Gesamtkonzept aus der Masse hervor.
Insgesamt verbleibt zu sagen, dass sich das neue Album nicht gerade als revolutionäres Werk herausgestellt hat, im Gegenteil: Bis auf einen Hauch mehr oder weniger geglückter Experimente vermisst man jegliche Innovation (und Höhepunkte) im Vergleich zu den vorherigen Alben. Growls und Screams haben zu genommen, viel länger wird die Liste auch nicht.
… billigem Rum
Wer die Band seit jeher vor allem aufgrund ihrer Party- und Saufsongs feiert, dem wird auch das neue Album sehr gut gefallen. Wer allerdings speziell auf der Suche nach Metalbands mit Piraten- und Seefahrtsschwerpunkt ist, wird eine Menge anderer deutscher wie internationaler Bands finden, die das Thema deutlich frischer, umfang- und abwechslungsreicher umsetzen. Natürlich denken beim Begriff „Pirate Metal“ die allermeisten zuerst an ALESTORM. Allerdings gibt es eine ganze Menge jüngerer Bands, wie THE PRIVATEER (DE) oder LAGERSTEIN (AUS), die hier und da ein besseres Programm haben, sei es in Bezug auf Liveperformance, instrumentale oder einfach klangliche Vielfalt.
Fazit
Also handelt es sich bei „No Grave but the Sea“ um ein durchschnittliches ALESTORM-Album, das allerdings auch gelungenere Vorgänger hat. Wer Wert auf die Piratenthematik legt, wird kaum abgeholt. Die Jungs scheinen sich mehr auf ihr Image als Spaß- und Partyband zu fokussieren (muss ich noch erwähnen, dass auf dem Album zusätzlich jeder Song doppelt vorhanden ist, wobei man lediglich den Gesang durch ein billiges, jeweils höher oder tiefer gepitchtes Bellen (!) ersetzt hat?) Wer danach sucht, ist bei ALESTORM und dem neuen Album definitiv an der richtigen Adresse.
Dies ist ein Gastautorinnenbeitrag von: Steffi
Autorenbewertung
Vorteile
+ einige gelungene Songs
Nachteile
- definitiv schwächer als das Vorgängeralbum
- Wegorientierung von der Piratenthematik
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