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Frust ist die Wurzel guter Kunst – GORESOERD
GORESOERD – Antikeha
Veröffentlichungsdatum: 03.03.2017
Dauer: 32:18 Min.
Label: Crunch Industrie
Zugegeben, ich gehöre zu den Menschen, die Bilder sehen, wenn sie Musk hören und dabei die Augen schließen. Beim ersten Song der Platte „Antikeha“ läuft so was gleich am Anfang. Quasi ein wenig wie auf dem Cover, wabern Nebel etc. ins Bild, nur um dann von der Band gewaltsam vertrieben zu werden. Auf ein kurzes Intermezzo, welches einem Film als Moodmusic entnommen sein könnte, kracht brachial die Band. Coitus interruptus. Vielen Dank auch …! Wenigstens knallt das dann auch schön. Mit dem Song kann man seinen Frust darüber hinausschreien, dass die Sonne wieder scheint.
„Neetud“ fängt ruhig an, eigentlich sehr rockig. Sehr treibender Beat, Teerstimme. Man kann sich dazu auch Kids auf BMX-Bikes vorstellen (Kinder: Rauchen ist böse und verwerflich!). Das Ganze kommt sehr dynamisch und straight rüber. Es gibt noch genug Frust da draußen, um Musik mit Drive und Beats zu machen. Mich beruhigt das ungemein. Und ja, mit einem Lächeln im Gesicht und einem guten Gefühl im Bauch, entsteht keine gute Kunst. Das gilt für Musik genauso wie für die Malerei oder die Literatur.
Aber ok. Der Titelheld dieser Platte muss natürlich mit drauf. „Antikeha“ hat merklich wieder mehr Core-Elemente. Schreddernde Riffs und punkige Offbeats bieten dem Sänger eine sehr abwechslungsreiche Basis, die immer in Bewegung ist, um darüber zu brüllen und zu grunzen. Interessant bei dem Song auch die Keys! Hat was. Es breitet Flächensound und ruhige Linien, die einen schönen Kontrast zum Schlagzeug bieten, welches die Suppe ständig am Kochen hält. Sehr geil!
„Raamat“ entdeckt dann die Zweistimmigkeit. Nicht unbedingt von Vorteil, kommt dadurch leider ein etwas merkwürdiger Mix zustande, welcher streckenweise nach russischer Folklore klingt. Ob das gewollt war? …
Beim Weiterhören muss man wirklich sagen, die estnische Gruppe hat ihren Sound gefunden und hat es auch schön raus, mehrere unterschiedliche Parts in einem Song unterzubringen. Sie könnten ruhig etwas mehr mit dem Tempo experimentieren. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. „66“ ist zwar leicht verändert, und auch hier sind gerade in den Instrumentalparts viele Ideen drin. Dennoch sind es immer nur neue Melodiefetzen oder plötzlich ein Martinshorn, das aus dem Nichts auftaucht. Würde man am Tempo etwas mehr schrauben oder zwischendrin einfach mal einen Break irgendwo reinhauen, würde es das Ganze sehr aufwerten. So scheint im Hintergrund stetig ein gleich eingestelltes Taktell mitzulaufen, auf den die einzelnen Parts alle laufen.
Nachdem nun der Tablettensarg vom Cover etwas weitergeschippert ist (und ja, um bei dem Bild zu bleiben, auch Flüsse haben mal schnellere und mal langsamere Abschnitte), sind wir bei „Valudes“ angelangt. An sich nichts Neues dabei, sogar der russische Chor taucht wieder auf. „Elajas“ beendet dann ein Album, dass zwar musikalische Ideen birgt und für eine Core-Band auffallend melodisch ist und auf etwas unkonventionelle Sounds zurückgreift, irgendwann aber auch gerade darin stagniert. Die Songs sind durchaus homogen und weisen keine Brüche auf, dennoch fehlt dem Ganzen irgendwann zu sehr die Kontur. Wenn diese Band irgendwo spielen sollte, dann hoffentlich in erstmal kleinem Rahmen und mit genug Alkohol.
Autorenbewertung
Vorteile
+ homogene Songs
+ Songs interessant aufgebaut
Nachteile
- Masse statt Klasse
- Songs bieten oft keine Haltepunkte/Einschnitte -> vieles klingt schon wieder ähnlich
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