Gegen den Islam – ein extremes Tabu? Teil 2

Da wir uns im ersten Teil mit antireligiösen Bands und ihren Hintergründen beschäftigt haben, möchte ich euch heute die Geschichte der Szene im Nahen Osten näherbringen. Taucht also in die Metal-Welt des Islams ein.

Aller Anfang ist schwer

In muslimisch geprägten Gesellschaften stehen Metalbands unter mehr oder weniger starkem Druck, der vom Staat und der öffentlichen Allgemeinheit ausgeht. Das reicht von Misstrauen bis zu staatlichen Einschränkungen und Sanktionen. Dabei sind es insbesondere satanistische Verdächtigungen, die vor dem Hintergrund religiösen Konservatismus der Mehrheitsgesellschaft zu Konflikten führen.

Mitte der 1990er begann sich in Marokko die kleine aber feine Metal-Szene zu entwickeln. Ansonsten gab es noch eine eigene Richtung. „Taqwacore“ wurde die Musikrichtung getauft. Punkroots mit islamischen Einflüssen ermöglichten einen völlig neuen Weg. Pioniere wie IMMORTAL SPIRIT webten Metal und heimische Musik zu einem völlig neuen und ungewohnten Klangteppich. Während der 2000er war Metal dann eine verbreitete Jugendbewegung, die immer mehr Zuspruch erhielt. Jedoch kam es 2003 zu einer großen Verurteilung mehrerer Fans und Musiker. Das Resultat waren Gefängnisstrafen, welche die Teufelsanbetung als Grund hatten. Trotz lautstarker Proteste, und sogar einem öffentlichen Konzert vor dem Parlamentsgebäude, gab es jedoch kein Erbarmen für die Betroffenen. Allerdings stärkte dieser Vorfall die Szene ungemein und wenige Jahre später wurde die rein weibliche Thrash-Metal-Band MYSTIK MOODS in den königlichen Palast eingeladen. Das genannte Schauspiel wurde sogar 2007 in Marokko verfilmt („Les Anges de Satan“).

Fängt die Stimmung der Szene perfekt ein: „Les Anges De Satan“

Metal=Teufelsanbetung

In Ägypten bildete sich in den 1990ern parallel – natürlich auch unter dem Druck der Gesellschaft – eine Metal-Szene. Zeitungen von 1997 zeigten Konzertfotos mit umgedrehten Kreuzen. Dabei wurden über 100 Jugendliche als Teufelsanbeter verhaftet. Eine gesellschaftliche Solidarisierung wie in Marokko blieb aber aus. Das öffentliche Bild von Metalheads bestimmten Zeitungen, die sie als „tätowierte, teufelsanbetende Jugendliche“ beschrieben, welche „Orgien abhielten, Katzen häuteten und ihre Namen mit Rattenblut an Wände schrieben“. Natürlich handelt es sich um völlig banale und nicht belegte Urteile/Einschätzungen. Unter dem Druck von Öffentlichkeit und Regierung kollabierte die Szene. Viele Musiker gaben auf und lange blieb die Metal-Szene eingeschüchtert. Erst langsam wuchs im neuen Jahrtausend die Fankultur wieder. Hervorzuheben wäre dabei die Death-Metal-Band SCARAB.

Ähnlich wie in Ägypten verlief die Entwicklung im Libanon. Hier tobte der libanesische Bürgerkrieg und Nachwuchsbands hatten es besonders schwer. Dennoch blühte vor allen in der liberalen Hauptstadt Beirut die Metalkultur auf, wenn auch von den Behörden als politisch verstanden, misstrauisch beäugt und schikaniert.

Greifen antike ägyptische Klänge und Thematiken auf: SCARAB

Ziemlich schnell löste der „vermeintliche Aufstand aus satanischen Bands“ eine erneute Verfolgungswelle bis hin zu Verhaftungen aus, Tonträger von Bands wie NIRVANA und METALLICA wurden zeitweise verboten. Nur langsam kam die Szene wieder in Gang, neben harmlosen Pop-Metal-/Hard-Rock-Bands wie BLEND oder THE KORDZ, entstand aus ihren Erben auch eine der erfolgreichsten arabischen Extreme-Metal-Bands, die Death-Metal-Band OATH TO VANQUISH.

Nur unter strengen Einschränkungen kann Metal in extrem religiösen Gesellschaften wie Saudi-Arabien oder dem Iran gelebt werden. Aus Saudi-Arabien wurden Verhöre wegen des Tragens langer Haare und Arreste wegen des Tragens von SLAYER-T-Shirts berichtet, bei Konzerten im Iran werden Stücke ausschließlich instrumental gespielt, um so einen konfrontativen Eindruck zu vermeiden.

Namhafte Bands

MELECHESCH:

DIE Band schlechthin. Arabische Skalen und armenische Schlagzeugmuster verbinden sich mit modernem Death, Thrash und Black Metal. Sogar indische und persische Einflüsse schimmern konsequent durch. Die Mitglieder leben heute über Frankreich und die Niederlande verstreut.

AL NAMROOD:

Auch hier gilt: Orientalische Volksmusik + Black Metal = neue Klangwelten. AL NAMROOD sind eine der wenigen Bands, die im Nahen Osten Fuß fassen konnten. Dennoch ist die 2008 gegründete Gruppe stark im Underground verwurzelt und muss bis heute unerkannt bleiben.

SONNE ADAM:

Wenn ihr eine geniale Alternative für NECROS CHRISTOS sucht, dann habt ihr sie hier gefunden. Selbst das Logo ähnelt stark dem der Death-Metal-Walze aus Deutschland. So nah kommt keine Truppe an die Berliner heran. Natürlich mit eigenem Touch. 3 EPs, ein Album sowie eine Compilation konnten schon veröffentlicht werden.

ORPHANED LAND:

Richtige Urgesteine, die mittlerweile mit ihrer Musik um die Welt reisen können und keine antireligiösen Texte verbreiten. Die Botschaft in ihren Texten lädt ein, alle Religionen zu einem Tisch einzuladen und Frieden zu schließen.

 

 

 


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