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Geiz ist geil! Metal Embrace Festival XI
Rockharz: 15.000 Besucher. MetalDays: 12.000 Besucher. Impericon Festival: 10.000 Besucher.
Uff! Das sind jedes Mal ne Menge Menschen. Wer will den Stress denn immer haben? Nen ganzen Tag vorher anreisen, nur um fünf statt fünfzehn Minuten Fußweg zur Bühne zu haben? Lange Schlangen für alles, egal ob Merch, Essen oder Notdurft? Und dann auch noch die favorisierten Bands aus der drölfzigsten Reihe sehen, weil sich lange vor Beginn des Auftritts schon eine Fan-Traube vor der Bühne gebildet hat? Pah! Das muss ich nicht haben!
… jedenfalls nicht am zweiten Septemberwochenende diesen Jahres. Nach dem Sound-Theater im letzten Jahr (meine Schimpftiraden anno 2016 findet ihr HIER) war ich mir unsicher, ob ich das gerade einmal 300-500 Besucher zählende Metal Embrace Festival in diesem Jahr noch einmal besuchen würde. Diese Unsicherheit wich allerdings schnell der Erkenntnis, dass ich einem ansehnlichen Billing für schmale 25 Taler in meiner Heimat einfach nicht widerstehen kann. Es heißt also erneut: auf nach Barleben!
Freitag, 08.09.2017: Endlich wieder wetterfest!
Ein bisschen zu früh, genauer gesagt 12.40 Uhr und damit 20 Minuten vor Öffnung des Campgrounds, finde ich mich in der Schlange vor dem kompakten Festivalgelände ein. Es ist etwas frisch und windig, doch der angekündigte Regen bleibt glücklicherweise zunächst einmal aus. Als der Platz geöffnet wird, lassen wir uns schnell in einer der hinteren Ecken nieder, umgeben von Bäumen, jedoch mit genug Platz für das große Partyzelt, das wir in den folgenden Stunden noch rankarren und aufbauen müssen. (Solltet ihr das lesen und nächstes Jahr das Embrace besuchen wollen: die Ecke im hinteren Wäldchen ist UNSER, ihr Maden!) Nachdem wir das Ding hochgezogen haben und wieder Zuflucht vor Wind und Wetter finden, kann es nun auch endlich vor die Bühne gehen.
Der Weg ist kurz, gerade einmal drei Minuten Fußweg aus der hintersten Ecke. Wenn man langsam geht. Also keine Zeit für das beliebte Fußpils. Ist aber auch kein Beinbruch. Bei Bier und Softdrinks für 2 € darf man sich auch guten Gewissens das eine oder andere Getränk im Infield gönnen, ohne den folgenden Monat von Wasser und Brot leben zu müssen. Ähnlich gut gestaltet sich die Lage beim Essen: Grillwurst 2 €, Steak 3 €, Grillkäse 3 €. Bei diesen Preisen bereitet mir auch die, anstelle von Bargeld, notwendige Wertkarte zum Abstreichen keinen Ärger. Fast schon jubelnd gebe ich mein Geld aus.
Die Festival-Opener BEATRAY verpasse ich infolge des relativ späten Einlasses (vier Stunden vor Konzertbeginn) und der Aufbaudauer unseres eigenen Camps. Als es 5 vor 6 von der Bühne schallt: „Kann losgehen!“ stehe ich allerdings in der für die Zuschauermenge relativ geräumigen Halle bereit, um mir den Auftritt einer talentierten bayerischen Pagan-Metal-Band anzusehen. THORONDIR sind in guter Form und präsentieren sich als würdige Vertreter ihres Genres. Mehr Pagan gibts erstmal nicht, schließlich wird in Barleben bunt gemischt. Die Band kommt jedenfalls gut an, und so finden sich doch relativ viele Zuschauer vor der Bühne.
Einen ähnlich guten Job machen die Sauerländer von ERADICATOR. Geboten wird ein unterhaltsames Thrash-Heavy-Gemisch, wobei erstere Einflüsse dominieren. TRAITOR soll als reine Thrash-Band in die gleiche Kerbe schlagen, doch um mir nicht zu früh den Appetit auf Musik zu verderben, jage ich zurück zum Camp, um der aufkommenden Müdigkeit mit einem Energy-Drink entgegenzuwirken und alsbald zur Bühne zurückzukehren, wo nun MACBETH auf mich wartet. Mit 15-minütiger Verzögerung steigen die mittlerweile „alten“ Herren in ihr Set ein. Anstatt sich lange mit Gequatsche aufzuhalten, zieht die Band ihren Gig geradlinig durch, einen Song nach dem anderen. Ähnlich gestaltet sich auch die Musik – geradlinig und schnörkellos. Einen besonderen Tag erlebt ein besonders junger Metalhead mit großen Mickey-Mäusen auf den Ohren. Einen Song lang darf der Nachwuchs auf der Bühne mitrocken, ehe das Kind wieder mit blinkenden Schuhen durch das Publikum flitzt. Cooles Kind und erstklassige Aktion der Band! Der Auftritt gipfelt in den wohl besten Song der Band, „Stalingrad“. Ließ mich der Song beim ersten Hören vor einiger Zeit noch eher kalt, so muss ich sagen, dass sich dieser mit jedem Durchlauf steigert und ich ihn mittlerweile gern live höre, wenn sich die Chance dazu bietet.
Deutlich nach zehn, fast eine halbe Stunde in Verzug, darf ich endlich mein Tageshighlight bejubeln. PARASITE INC. spielen in einem knapp einstündigen Set so ziemlich alles, was ihr bärenstarkes Debütalbum „Time Tears Down“ aus dem Jahr 2013 zu bieten hat. Kein Wunder, handelt es sich doch um den einzigen bisher veröffentlichten Longplayer der Band. Ist aber gar nicht schlimm, denn dieser macht Laune! Was mir bei diesem Auftritt auffällt: der Sound in der Halle mag zwar nicht perfekt sein, doch er ist absolut solide. Wo ich im letzten Jahr noch bangen musste, ob der hohen Lautstärke bleibende Hörschäden davonzutragen, so empfängt mich in diesem Jahr ein angemesser Pegel bei einem vergleichsweise angenehmen Ton, der qualitativ einen großen Satz zum Vorjahr gemacht hat. Respekt, ein deutlicher Fortschritt!
DISBELIEF tritt heute als erster von zwei Hauptacts an diesem Wochenende und als letzte Band des Abends auf. Da mich die Gruppe im Voraus aber wenig überzeugen konnte, beschließe ich, mir stattdessen noch einen warmen Met zu gönnen und mich zeitig ins Zelt zu hauen, um mich von einem langen Tag (früh aufstehen fetzt nicht) zu erholen. Eine fatale Fehlentscheidung, wie sich später herausstellen sollte.
Samstag, 09.09.2017: Einen gibt’s immer…
Ihr wisst doch. Egal, auf welchem Festival man unterwegs ist – es gibt immer dieses eine Camp, das einfach nicht aufhören kann zu feiern, egal wie spät es wird. Blöd nur, wenn es sich dabei um das eigene handelt. Als es 4 Uhr noch nicht still ist, spüre ich DIE LUST IN MIR AUFSTEIGEN, ALL MEINEN BEGLEITERN… höflichst zu sagen, dass sie die Lautstärke doch bitte reduzieren mögen. Dies gelingt einigermaßen, sodass ich nach einem kleinen Nachtspaziergang endlich in den Schlaf finde. Um 5 Uhr.
Da die erste Band des Tages erst um 13 Uhr zu spielen beginnt, kann ich es mir glücklicherweise leisten, bis 11 zu knacken. Schwein gehabt, sechs Stunden Schlaf sind in meinem Alter ja noch vollkommen ausreichend.
Als ich mich pünktlich zur Mittagsstunde endlich auf das Infield schwinge, ist es schon fast zu spät für mich, um das Frühstücksangebot zu nutzen. Aber nur fast! Vom Frühstücksbuffett für 5,50 € kann ich zwar nicht mehr profitieren, doch dafür wird mir die Ehre der letzten Portion Rührei zuteil. Und was für eine riesige Portion das ist! Für 2 € habe ich auf einem Festival noch nie so gut gegessen.
Darauf erstmal gemütlich ins Camp, was trinken. Man muss ja entspannt in den Tag starten, es ist schließlich Wochenende! KINNARA sagen mir so gar nicht zu, wie mir Youtube schon vor dem Festival verrät. Deshalb mache ich mich erst zu FRIGORIS wieder rüber. Die frühe Uhrzeit (13.50 Uhr kann auf einem Festival durchaus noch als früh gewertet werden) ist spürbar, da in der Halle noch reichlich Platz bleibt, doch es finden sich trotzdem einige Besucher vor der Bühne ein, um dem atmosphärischen Auftritt der nordrhein-westfälischen Black-Metal-Kombi beizuwohnen.
War der Auftritt eben noch verhältnismäßig gut besucht, so tritt pünktlich zum Auftritt von ALLTHENIKO die Nachmittagsflaute ein. Nicht nur das Infield vor der Halle ist wie leergefegt. Auch vor der Bühne stehen gerade einmal 30 Menschen, um der Band zuzuschauen. Und das, wo es sich doch um eine italienische Band handelt – eine Seltenheit auf dem Metal Embrace Festival XI, das sich fast ausschließlich deutscher Bands bedient. Die Thrash-Formation gibt sich alle Mühe, gar dreht der Gitarrist eine kleine Runde im Publikum und läuft dabei bis zum Tor, als wolle er Ausschau halten, wo denn die restlichen Gäste abgeblieben sind. Doch es hilft nichts. Die Band, die weniger durch ihre nicht unbedingt abwechslungsreichen Songs, dafür aber umso mehr durch einen überzeugenden Sänger auffällt, muss sich heute mit einem schmalen Publikum begnügen. Wenn ihr mich fragt: unverdient!
Bei den folgenden Bands läuft es glücklicherweise deutlich besser. Sowohl die heiteren Pagan-Folk-Metaller von DVALIN, die mit doppelter Dudelsack-Power und Drehleier-Einsatz die Zuschauer verzücken, als auch die Kollegen von DÉCEMBRE NOIR, welche ungleich weniger Frohsinn verbreiten, dafür allerdings mit langsamer, melancholischer Musik der Death- und Doom-Art zu bestechen wissen, locken mehr Zuschauer vor die Bühne. Nach dem abschließenden Titel „Small. Town. Depression“ der Letzteren wird es bei mir Zeit für eine weitere Pause, während sich die einzige Black-Metal-Gruppe des Festivals, KRATER, auf ihren Auftritt vorbereitet.
Nachdem ich meine müden Knochen eine knappe Stunde geschont habe, kann ich mir den Auftritt der hessischen DRAGONSFIRE nicht entgehen lassen. Mit gleich drei Gitarristen stürzt sich die Heavy-Metal-Band mit Power-Metal-Einflüssen in die Schlacht. Am rauen Gesang von Tim Zahn mögen sich die Geister scheiden, doch ich gewöhne mich schnell an die Stimme und bin begeistert von der Schnelligkeit, mit der die Jungs ans Werk gehen. Neben der neuen Single „Back To Battle“, bleiben mir insbesondere die Dauerbrenner „Allied Force“ und das Meisterstück „Speed Demon“ im Gedächtnis. Und natürlich der Gratis-Cider, den die Band während des Titels „Cider Victims“ den Zuschauern in der ersten Reihe ausschenkt! Ob wohl noch jemand im Refrain des Liedes an „Sternenhimmel“ von Hubert Kah denken muss? Wie dem auch sei – weshalb sich nicht mehr als 40-50 Leute einfinden, um der Band zu lauschen, kann ich nicht verstehen. Vielleicht ist Barleben einfach ein hartes Pflaster für spritzigen Heavy Metal. Ich für meinen Teil halte den Auftritt für eines der Festival-Highlights.
Entkräftet, wie ich nach diesem Höhepunkt bin, muss ich erstmal wieder runterkommen. Um für KAMBRIUM noch mal fit zu sein, lasse ich nach einem kurzen Gespräch mit Gitarrist Maxi den Auftritt der nächsten Gruppe ARROGANZ noch einmal aus. Zum Co-Headliner des Samstags, der (wie schon Co-Headliner PARASITE INC. am gestrigen Abend) mein Tageshighlight darstellt, bin ich aber wieder voll konzentriert mit an Bord. Zu Beginn lässt die Akustik etwas zu wünschen übrig. So ist Clean-Sänger Karsten während der ersten Titel ziemlich schlecht zu verstehen. Doch die Lage bessert sich mit fortdauernder Spielzeit, und die Ansagen, welche die hervorragende Laune und die Spielfreude der Bandmitglieder transportieren, tragen zum Gelingen des Auftritts bei. Die Helmstedter kündigen an, im nächstjährigen Herbst ein neues Album rausbringen zu wollen, und präsentieren bereits einen neuen Song aus diesem. Das knapp einstündige Set, das u.a. „Season Of The Sea Witch“ und das THE VISION BLEAK-Cover von „The Lone Night Rider“ beinhaltet, hinterlässt bei mir ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit.
Als Headliner bieten DEW SCENTED schließlich eine ordentliche Portion Thrash zum Abschluss. Wie auch schon vorher, halten die Ansagen von Schreihals Leffe die Menschen im gut gefüllten Raum vor der Bühne bei Laune, sodass ich mir beim Gehen sicher bin, dass die Band bis zum Schluss das Publikum entertainen wird. So wie man es von einem Headliner erwartet. Und während auch kurz vor 0 Uhr noch Metal aus dem Gebäude schallt, rollt mein kleines Auto den holprigen Weg vor dem Gelände entlang, um die kurze Reise nach Hause anzutreten.
Fazit: Werden aller guten Dinge drei sein?
Dieses Jahr besuchte ich zum zweiten Mal das Metal Embrace Festival und kann eigentlich nur schwärmen. Überaus faire Preise bei Speis und Trank, eine – bei einem Ticketpreis von 25 € mehr als nur angemessene – hervorragende Bandauswahl, die ein breites Spektrum an verschiedenen Genres abdeckt, eine gemütliche Location mit Camping zwischen den Bäumen, sofern man sich für entsprechende Sektoren des Geländes entscheidet, sowie ein Festival ohne Wartezeiten oder überfüllte Bereiche vor der Bühne. Und fragte ich mich noch im letzten Jahr, ob ich mir den Sound noch einmal schön saufen solle, so kann ich dieses Jahr frohen Herzens vermelden, dass das Metal Embrace seine einzige größere Schwachstelle ausgemerzt und hier einen großen Schritt nach vorne zu einem soliden Sound gemacht hat. Hätte ich noch einen Wunsch frei, so wäre dies wohl eine frühere Anreisemöglichkeit. Doch aufgrund der knappen personellen Ressourcen bei einem Festival dieser Größe ist es auch verständlich, wenn eine solche bis auf weiteres nicht kommen wird. Wird es ein drittes Metal Embrace für mich geben? Sollte das Billing so stark bleiben, auf jeden Fall!
Unser Dank für die Fotos geht an Kai Kestner von Schwarzer-Bock!
Schwarzer-Bock findet ihr auf Facebook sowie im WWW!
Das Metal Embrace findet ihr ebenfalls auf Facebook sowie im WWW.
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