GRÁ brechen durch das ewige Eis
GRÁ – „LYCAON“
Veröffentlichungsdatum: 13. Januar 2023
Label: Avantgarde Music
Dauer: 35:39
Genre: Black Metal
Der ewige Kampf zwischen Nostalgie und Traditionsbewusstsein auf der einen Seite und fortschrittlichen oder progressiven Ideen auf der Anderen ist wahrscheinlich älter als die Zeit. Und wo immer es zum Spannungsfeld dieser beiden Extreme kommt, entstehen Hybride, Kompromisse und Resultate die mal mehr und mal weniger gut sind. Das ist in der Biologie so, wie auch im sozialen Konsens über den Umgang miteinander, und auch im Black Metal. Ein Beispiel hierfür ist das neue Album „Länge Leve Döden“ von der nordeuropäischen Supergroup HØSTSOL: Nostalgie bis zum Geht-nicht-mehr und letzten Endes bleibt trotz guter Leistung nichts hängen. Wer mehr dazu lesen möchte, darf hier entlang zur Rezension. Dass es auch anders geht, beweisen GRÁ, die ebenfalls bei Avantgarde Music ihr viertes Album „Lycaon“ veröffentlichen.
Von Hephaistos geschmiedete Klingen aus Eis
Der Titel des Albums lässt bereits aufhorchen, denn obgleich GRÁ aus Schweden kommen, handelt es sich bei „Lycaon“ (Λυκάων) um eine Figur aus der griechischen Mythologie. Wo im (nord-)europäischen Black und Folk Metal sonst gerne auf die Figuren aus der Edda zurückgegriffen wird, entführen uns GRÁ auf ihrem neuen Album ins alte Arkadien. Der dort ansässige Sagenkönig Lykaon war unter Anderem für seine Menschenopfer bekannt, und wurde dem Mythos nach in einen Wolf verwandelt, als Strafe dafür, eines seiner eigenen Kinder zu opfern. Hier liegt auch der Ursprung des Wortes Lykanthropie, das bis heute im Zusammenhang mit Werwölfen verwendet wird.
Auch wenn es sich bei „Lycaon“ um kein Konzeptalbum handelt, ist der Bezug auf die griechische Mythologie doch an mancher Stelle erkennbar. So widmen GRÁ den zweiten Song des Albums „Flame Of Hephaestus“ dem Gott des Feuers, der Schmiedekunst und der Handwerker*innen. Und zum Abschluss des Langspielers entführt die Band die Hörenden in „Jaw Of The Underworld“ in die Tiefen des Hades.
Eisbrecher
Kraftvoll und selbstbewusst bewegen sich GRÁ zwischen Zeiten und Welten. Verkrustete Elemente des sich ewig wiederholenden Mitt-90er Black Metal werden mit der Energie eines Eisbrechers auseinandergerissen und gemeinsamen mit moderneren Teilen neu zusammengesetzt. So findet man im Sound auf „Lycaon“ eisig-rauen Old School Black Metal in Kombination mit stampfenden Blackened Crust oder Hardcore-Passagen, und auch Ausflüge in Richtung Post- oder Atmospheric Black Metal bleiben nicht gänzlich aus.
Nichtsdestotrotz bewegt sich das Album letztendlich im Gefilde des Black Metal, ohne dass Präfixe benötigt werden. Liebhaber*innen der alten Schule werden dennoch nicht enttäuscht sein, wenn sie das BATHORY Cover „Chariots Of Fire“ hören. Und genau so schaffen es GRÁ zeitgemäßen Black Metal zu produzieren, dessen Klang an die Boxen fesselt und der ohne riesige Ausflüge in Post-Genre-Sphären äußerst erfrischend rüberkommt.
Die Bandfotos stammen von Soile Siirtola, das Cover Artwork wurde von Felipe Ignacio erstellt. Alle Bilder wurden uns freundlicherweise von Metaversus PR zur Verfügung gestellt.
Autorenbewertung
Vorteile
+ innovatives Songwriting
Nachteile
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