Australian Rock ’n‘ Roll meets Psychedelic – MAMMOTH MAMMOTH

Donnerstag, früher Abend in Köln. MAMMOTH MAMMOTH bereiten sich im SONIC BALLROOM für den Soundcheck vor. Trotzdem, die Band ist gut im Plan und eine eingespielte Truppe. Mickey, der Sänger, sowieso letztes Glied in der Soundcheck-Liste, nimmt sich Zeit für ein Interview mit uns. Bei einem kühlen Kölsch im Bandraum lässt es sich entspannt über die Band, ihre Tour, und das Dasein als Rockband in Europa quatschen.

S: Mickey, hallo! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst!

Ihr seid ja vor kurzem mit einer neuen CD im Gepäck auf Tour gestartet. Was kannst du bis jetzt so darüber sagen?

M: Genau. Wir haben die Tour in Berlin am 28. April auf dem Desert Fest gestartet. Das war auch sozusagen das offizielle Veröffentlichungsdatum vom Album. In der Nacht darauf haben wir mit 1000MODS in den Niederlanden gespielt, das war eine Last-Minute-Show. Danach hatten wir einen off-day. Die offizielle Tour hat dann vor drei Tagen erst angefangen. Der erste Gig war in Dresden, und gestern haben wir in Osnabrück gespielt. Und heute Nacht rocken wir Köln.

S: Seid ihr mit speziellen Erwartungen an die Tour herangegangen?

M: Ja, natürlich. Das ist jetzt unsere vierte Tour durch Europa. Wir hoffen schon, größere Crowds bei den Auftritten zu haben und mehr Leute zu erreichen. Das neue Album hat bis jetzt sehr gute Reviews bekommen, was uns sehr freut. Wir sind jetzt erstmal für drei Wochen unterwegs und spielen, bis auf ein paar wenige off-days, jede Nacht. Auf dieser Tour haben wir auch einen Mix aus allen bisherigen Alben im Programm. Wir spielen drei oder vier Songs von der neuen Platte, und mischen das mit Titeln von älteren Records.

S: Ist Europa wichtig für euch, um dort zu Touren und neue Alben dort neu vorzustellen?

M: Ja, für uns und auch für andere Bands aus Australien. Europa ist sehr beliebt zum Touren. In Deutschland haben wir sehr loyale Fans. Als wir letzte Nacht in Osnabrück gespielt haben, waren da sehr viele Hardcore-die-hard-Fans, mit MAMMOTH MAMMOTH-Tattoos, Backpatches auf ihren Kutten etc. Und das ist es eben, was uns an Deutschland gefällt. Die Fans haben keine Angst davor, zu zeigen, dass sie MAMMOTH MAMMOTH hören. Das ist großartig! In Australien ist es viel schwerer zu touren, da es ein großes Land ist und die Städte viel weiter auseinanderliegen. Daher lieben wir Europa, da es viel einfacher ist, viele Shows in vielen verschiedenen Städten zu spielen. Unsere größte Fanbase ist wirklich in Deutschland.

S: Für die Fans hier ist es auch einfach interessant, Bands sehen zu können, die nicht nur aus Europa oder Amerika kommen, sondern Einflüsse aus anderen Teilen der Welt mitbringen.

M: Ja, auf jeden Fall. Die Deutschen scheinen sowieso australischen Rock ’n‘ Roll zu mögen. Das ist cool.

S: Der Titel von eurem neuen Album, „Mount the Mountain“, ist ja durchaus auch, wie der Bandname, sehr groß angelegt. Ist das einfach ein Feeling in der Band und der Musik? Oder auch ein Stück weit etwas Konzeptuelles?

M: Ein bisschen von beidem. Als wir angefangen haben an den neuen Songs zu schreiben, wussten wir schon, welche Songs cool werden würden. „Mount the Mountain“ war einfach einer von vielen Songs in diesem Prozess. Wir dachten da halt schon, ey, das ist ein toller Titel für einen Song. Irgendwann kam das dann eben, dass wir sagten, „das könnte ein guter Albumtitel sein“. Und ab da ging es auch dementsprechend darum, und wir haben zum Beispiel angefangen, das Albumcover zu gestalten, mit dieser Bergszene etc. Das alles entwickelte sich aus diesem Schreibprozess heraus. Und wir entschieden uns, alles um diesen Song herum zu strukturieren.

S: Es gibt ja auch Bands wie MY SLEEPING KARMA, welche ein Stück weit eine ähnliche Musik machen wie ihr, jedoch oftmals weniger Wert auf Gesang legen. Spielen Lyrics und Gesang bei MAMMOTH MAMMOTH eine wichtige Rolle, oder kannst du solche Entscheidungen auch verstehen?

M: Ja, definitiv. Bei MAMMOTH MAMMOTH sind die Lyrics genauso wichtig wie die Musik. Ein Großteil unserer Musik basiert auf realen Erlebnissen. Heißt, wenn wir Songs schreiben, dann nicht über Einhörner, Goblins, Gespenster oder so einen Quatsch. Sowas finden wir ziemlich bescheuert. Die Songs von uns thematisieren alle irgendwie Erfahrungen, die uns in der Band widerfahren. Meist Dinge aus dem Alltag wie Depression, Abhängigkeit, Schwierigkeiten, die jedem widerfahren können. „Mount the Mountain“ beschreibt eben gerade, dass der Tag, der vor einem liegt, ist wie ein Berg, den man bewältigen muss, mit allen damit verbundenen Mühen und Kämpfen. Australien ist ein schwieriger Ort, um dort zu leben. Daher behandeln so viele unserer Songs von Schwierigkeiten, die der Alltag mit sich bringt.

S: Ihr fokussiert euch also nicht auf bestimmte Themen, sondern habt eure Umwelt als Quelle für eure Songs?

M: Exakt. Ich kann mich zum Beispiel auch nicht einfach so hinsetzen und einen Text schreiben. Meistens entstehen die Lyrics, während gerade auch die Lines für die Songs entstehen, und die Musik so parallel dazu läuft. So hat man auch das Gefühl für den Song dazu, es entsteht einfach zusammen.

S: Es ist also nicht ein Teil des Songs vorher schon da und der Rest wird einfach nur noch drum herum geschrieben …?

M: Ja, genau. Es ist wie ein Flow. Alles passiert gleichzeitig und ist sehr homogen. Es kommt einfach so raus. Wir nehmen das dann dabei auf und setzen uns danach dran, um es ein wenig zu analysieren und damit zu arbeiten. Das fühlt sich so viel besser an und passt so einfach besser zusammen.

S: Ihr gebt ja auch an, stark von Bands der ersten Stunde des Genres beeinflusst zu sein. Fühlt ihr euch als eine Band, die deren Musik weiterentwickeln und daran arbeiten? Oder ist eure Musik einfach ein eigenes Ding, das eben „nur“ unter deren Einfluss steht?

M: Ja, ich denke schon, dass man sagen kann, dass wir am Anfang ziemlich unter dem „Motto“ Stoner Rock standen. Jeder nannte es zu der Zeit so. Wir haben uns da eigentlich nie selbst eine Klassifizierung gegeben. Aber wir würden uns generell schon in einer Stoner-Ära ansiedeln. Generell war es schon eher straighter Rock ’n‘ Roll, aber wir tendieren schon dazu, psychedelische Einflüsse mit in unsere Musik zu integrieren. Das war also schon so, dass wir heavy australian Rock ’n‘ Roll gespielt haben, aber eben mit so einem psychedelischen Einschlag. Das ist auch momentan noch so grob die Richtung, die wir weiter verfolgen.

S: Sich auf so genaue, begrenzte Genrebezeichnungen festzulegen, ist ja eh meistens kaum möglich. Und auch nicht sinnvoll.

M: Klar. Manchmal macht es das einfacher, wenn man eine Doom-Band ist oder so. Aber ich denke, wir bedienen eigentlich mehrere Genres so ein bisschen. Da ist Metal drin, ein bisschen Punk, ein bisschen Stoner, etwas Psychedelic Rock. Wir vereinen ganz viele verschiedene Einflüsse.

S: Beobachtet ihr auch immer wieder noch die Entwicklung anderer Bands, gerade auch aus Australien?

M: Ja, schon. Wir versuchen ja selbst auch, andere australische Bands zu unterstützen, soweit wir das können. Momentan haben wir RIFF FIST mit auf Tour. Wir sind zu unserem Record Label, NAPALM RECORDS, gegangen und haben gesagt, schaut mal, wir kennen da eine sehr gute Band, die wir sehr gerne unterstützen wollen. Wir freuen uns wirklich, sowas machen zu können.

S: Wie wichtig sind, neben der Musik, die Artworks von den Alben für euch?

M: Für uns sind sie sehr wichtig. Sie sind eine Komponente eines Gesamtpaketes. Das wollen wir möglichst haben, wenn wir an etwas Neuem arbeiten. Wir versuchen, alles in Kontext zum Rest zu setzen. Wie jetzt bei „Mount the Mountain“, soll das Albumcover natürlich zu dem Titel passen. Genauso schauen wir bei den Filmclips darauf, dass sie einen Sinn ergeben. Genauso bei Posters, Facebookposts etc. Jeder aus der Band sammelt Ideen und wir schmeißen sie zusammen. So ist jeder beteiligt und kann die Band und ihr Auftreten mitgestalten. Es ist uns also schon wichtig, so ein passendes Gesamtbild zu haben.

S: Wie denkt ihr so über die nächste Zeit? Wird Europa weiter so wichtig für euch bleiben?

M: Für uns auf jeden Fall. In den nächsten Jahren wollen wir ziemlich viel Zeit in Europa verbringen. Wir haben uns gerade in Berlin einquartiert. Australien ist einfach sehr weit weg. Wenn man nur für ein paar Shows unterwegs ist oder nur für ein, zwei Festivals, ist das Nonsens. Aber so wollen wir uns für die nächsten zwei bis drei Jahre erstmal wirklich auf Europa konzentrieren. Der Rest dieses Jahres wird aus Aufbauarbeit bestehen. Clubs und Städte bespielen, wo wir vorher noch nicht waren, unsere Palette vergrößern. Nächstes Jahr, wenn möglich, wollen wir wirklich auf ein paar Festivals in Europa spielen. Einfach Shows machen. Und danach kommt wahrscheinlich ein neues Album.

Europa ist für uns wirklich ein guter Playground. Hier ist viel los, und wir haben hier viele gute und loyale Fans. An Amerika sind wir eigentlich gar nicht interessiert. Unser Fokus liegt zur Zeit in Europa. Wir lieben Europa. Besonders Deutschland.

S: Man sieht es ja auch. Viele Leute hier in Europa freuen sich, auch Bands aus anderen Teilen der Welt sehen und kennenlernen zu können.

M: Das merken wir absolut. Gerade auch in Deutschland. Die Leute hier in Europa gehen raus, um sich Shows anzusehen, egal wann. Egal ob es montags, mittwochs oder Samstag abends ist. Wenn du als eine Rockband Montag abends spielst, wird keiner raus kommen, um dir zuzuhören. Nur wochenends. In Europa fahren die Leute voll drauf ab, Bands live zu sehen, mitzusingen, ihre Patches zu tragen und das alles. Das ist dieses Feeling, was uns an Europa so gefällt.

Tja, was soll man dazu noch sagen? Europa als Zentrum der Rock-’n‘-Roll-Szene hört sich ja gut an. MAMMOTH MAMMOTH sind nach Ansicht von Mickey jedenfalls voll in Europa und das hiesige Musikgeschehen und die Szene hier verschossen. Während des Interviews machte der Sänger mit der braun-grauen Mähne einen sehr relaxten Eindruck und schien sich einfach auf die gerade beginnende Tour zu freuen. Auch der Rest der Band, welcher durch die Räume huschte, schien voller Elan, was die Aussagen des Frontmanns noch bestätigten. Es zeigt auch, was für eine Außenwirkung das Kulturleben hier hat und wie wichtig es ist, auch kleine Clubs zu unterstützen und am Leben zu erhalten. Das Thema zu zurückgehenden Besucherzahlen bei Konzerten hatten wir hier ja schon. Es wäre schade, wenn dem wirklich so wäre. Wie man sieht, würde damit einiges verloren gehen.

Facebook

Credits to Jay Hynes and MAMMOTH MAMMOTH.


Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
Die mobile Version verlassen