Henkersmahlzeit

TOTENMOND – Der letzte Mond vor dem Beil
Veröffentlichungsdatum: 19.08.2016
Dauer: 40 Min.
Label: Massacre Records

 

…vor dem Beil

8 lange Jahre hat es gedauert, bis uns die drei Herren von TOTENMOND mit einem neuen Album wieder einmal bizarre und zugleich auf den Punkt gespielte Hymnen der Hässlichkeit präsentieren. Bedenkt man, dass die Jungs schon seit den 80ern (damals noch unter dem Namen WERMUT und eher im Punk unterwegs) ihr Unwesen treiben, erscheint es als vielleicht gar keine allzu lange Zeitspanne.

Für diejenigen, welche mit den Arbeiten der drei Baden-Würtemberger nicht vertraut sind, hier ein kurzer Abriss des TOTENMONDschen Schaffens. Die Band veröffentlicht seit Mitte der 90er konstant Alben, die mit einer, wie ich finde, einzigartigen Mischung aus Doom, Crust, Thrash, Punk und einigen experimentelleren Einflüssen aufwarten. Dazu kommen abstrakte und dennoch manchmal sehr direkte Texte, welche von Gitarrist und Sänger Pazzer in kultiger, rauer und kehlig vorgetragener Kraft ihren Weg in die Gehörgänge finden. Das Ganze ergibt einen ganz eigenen Sound, der über die Jahre leicht modifiziert wurde, im Kern aber immer der Gleiche blieb. Für alle Neueinsteiger empfehle ich das Debüt „Lichtbringer“, „Reich in Rost“ und das bis vor kurzem noch letzte Album „Thronräuber“, um einen guten Überblick über deren Schaffen zu bekommen.

Abgesang?

Lange Rede, kurzer Sinn. 2016 hören wir „Der letzte Mond vor dem Beil“ und bevor man sich versieht, ist der Silberling schon wieder vorbei. Kurz und knapp lautet die Devise und dies, obwohl sich der Opener „Die Entheiligung des blasphemischen Josef und der ewige Regen“ viel Zeit lässt. Anfangs hört man nur den (ewigen) Regen, Tropfen und Vogelgezwitscher, begleitet von einigem Bassgrummeln, in welches sich nach einigen Minuten eine Gitarrenmelodie und hintergründiges Flüstern mischt. Der Regen wird stärker und von Gewitter begleitet, welches in einem fulminanten Ausbruch am Ende des Songs gipfelt, in dem die volle Kraft der Band präsentiert wird. Doch dieser Ausbruch stellt nur den Prolog zum nun kommenden Schlachtfest dar. Ein, wie ich finde, sehr spannendes Intro, welches trotz seiner Länge nicht langweilt und einen interessanten Einstieg in das Album darstellt.

Auf den Fuß folgt mit „Hölle mit Hof“ nun einer meiner persönlichen Lieblingssongs der Platte. Schnell, crustig und herrlich abgefuckt treibt der Song voran und Pazzer grummelt seine Religionskritik in herrlich direkten und dennoch mehrdeutigen Phrasen hinaus.

Gott ist eine Hure die jeder ficken darf?
Der Dämon Kirche faucht und prahlt
Gott ist eine Hure die jeder ficken darf?
Der die das tief sich duckt und zahlt

Danach folgen mit „Blut auf Krank“ und „Kehrwoche“ ein paar amtliche Stampfer, welche mit tollem Groove zum Headbangen einladen und sofort ein anderes Gesicht dieser Ausnahmeformation aufzeigen. Sehr, sehr stark!

In der Mitte des Albums (ja so schnell geht das) haben sich meiner Meinung nach zwei schwächere Nummern eingeschlichen, da „Tötet den König“ und „Zu den Waffen“ zu unspektakulär klingen, auch wenn diese souverän gespielt sind und kurz mit einigen Samples aufhorchen lassen. Stilistisch sehr direkt, erinnern mich diese beiden Stücke sehr an das letzte Album „Thronräuber“.

 

Mit „Fort von Gott“ folgt der vorab veröffentlichte Song und avanciert ebenfalls zu einem meiner Highlights. Tolle Rhythmik trifft auf bösen Groove und dieser trifft wiederum auf „Religionskritik“ und dies steht der Band, meines Erachtens, ausgezeichnet. Zum Ende hin gibt es mit „Giftköder“ noch fieses Geschleife, woraufhin mit „Into the Fire“ der letzte Fulltrack in Form des DEEP PURPLE-Covers folgt. Eine durchaus interessante Umsetzung, die sich klangtechnisch nahtlos in das Album einfügt. Die Gesangsdarbietung empfinde ich hier als eher grenzwertig, wenn man das Cover mit dem Original vergleicht, aber diese Grenzwertigkeit zeichnet TOTENMOND auch schon immer aus. „Die Salbung“ beschließt das Album mit Orgelklängen und rückwärts abgespieltem Gebrüll, woraufhin wieder der Regen einsetzt und sich der Kreis zum Albumbeginn schließt.

40 Minuten können verdammt schnell vorbei sein und dies stellt für mich auch den einzigen wahren Kritikpunkt am Album dar. Etwas mehr hätte es schon sein können. In diesem Falle unterhalten diese Minuten jedoch auf äußert befriedigende Art und Weise, die mich hoffen lassen, dass die nächste Platte der Backnanger nicht so lang auf sich warten lässt. Abschließend möchte ich noch den Klang des Albums loben, der herrlich erdig und direkt tönt. Die Distortion der Gitarren wurde etwas zurückgeschraubt, was dem Bass deutlich mehr Raum gibt und ein tolles Gesamtbild ergibt. Ich bin gespannt, wie die Songs live wirken werden. Diese Musik schreit förmlich danach, live in eine Menge geprügelt zu werden!

Autorenbewertung

8
"Der letzte Mond vor dem Beil" zeigt Totenmond von seiner besten Seite. Grooviges Geschleife wechselt sich mit crustigen Stücken ab und über allem thront der kranke Gesang Pazzers. All das, wofür man die Band liebt, bekommt man hier geboten.
ø 4.8 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ typischer "Signature" Sound der Band
+ sehr kurzweilig
+ schön erdiger Sound
+ knallt wie die Hölle

Nachteile

- etwas zu kurze Spielzeit
- ein klein wenig zu geradlinig

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