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„Hup doch mal!“ – DESERTFEST 2017 Tag 2+3

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Nachdem der erste Tag ja schon mal verheißungsvoll startete, richtet sich mein Blick nun auf die nächsten 2 Tage. Der Großteil meiner persönlichen Highlights tritt an diesen Tagen auf. Und scheinbar sind es nicht nur meine Höhepunkte, sondern auch die zahlreicher anderer Besucher, wenn man von den Menschenmassen in den Konzertlokalitäten ausgeht.

Tag 2: Samstag 29.04.2017

KILLER BOOGIE

Nachdem Vormittag und Nachmittag doch irgendwie über die Runden gebracht wurden, geht es für mich gegen 17 Uhr Richtung Badehaus. Dort steht heute der ganze Tag im Zeichen des italienischen Labels Heavy Psych Sounds, da ausschließlich Bands dieses Labels dort die Bühne beackern. Mein Hauptaugenmerk liegt hier hauptsächlich auf dem Opener KILLER BOOGIE. Nach einer durchzechten Nacht ist ihr fuzziger Hardrock genau das Richtige, um wieder einigermaßen die Beine auf den Boden zu bekommen. Schlagzeuger Luigi Costanzo hat sich schon mal stilecht mit einem RAMONES-Shirt gekleidet, denn eine gehörige Portion Punk ist hier schon vorhanden. Spaß hat dieser Auftritt allemal gemacht und lässt mich noch hungriger auf den Rest des Tages werden.

Auf der Main Stage im Astra macht sich derweilen eine andere Band startklar. Kleiner Mann, große Gitarre – das können nur MARS RED SKY aus Frankreich sein. Ihr psychedelischer Stoner Rock ist das komplette Gegenteil von KILLER BOOGIE gerade eben. Wollte man im Badehaus am liebsten noch ausrasten und durch die Menge springen, will man jetzt einfach nur noch in aller Ruhe der Musik lauschen und im Einklang mit sich und der Musik sein. Das schaffe ich auch wunderbar, doch werde ich durch ein ziemlich abruptes Ende aus dieser Ruhe herausgerissen. Wutentbrannt verlässt Bassist Jimmy die Bühne und hält sich den Unterarm. Wie sich später nach einem persönlichen Gespräch herausstellt, hat er ihn sich gezerrt und konnte nicht mehr zugreifen. Schade für die Jungs!

Der Pechvogel von MARS RED SKY

Der nächste Programmpunkt sind dann SAMSARA BLUES EXPERIMENT. Der Saal ist wieder ordentlich gefüllt und scheinbar jeder ist gespannt, wie das neue Material vom am 12. Mai erscheinenden Album Live wirkt. Und siehe da, es macht richtig viel Spaß den Jungs zuzuhören und zuzuschauen. Mit „Vipassana“ und dem Titeltrack „One With The Universe“ wird steil vorgelegt und wahrscheinlich jeder hofft, dass die Berliner damit auf eine ausgiebige Europatour gehen. Natürlich dürfen aber auch Klassiker, wie „Into The Black“ und „Army Of Ignorance“ nicht fehlen. Im Großen und Ganzen ein rundum gelungener Auftritt.

Mit SUMA wird sich dann schon mal auf den großen Headliner SLEEP eingestimmt. Ihr noisiger Doom trifft scheinbar genau den Nerv der Fans. Und mir kann keiner erzählen, dass das Foyer nur so gut gefüllt war, weil SLEEP gleich im Nachbarraum spielen. Damit könnte man die ausrastenden Doomheads in der vorderen Hälfte des Saals keinesfalls erklären. Das sind schon unglaubliche Mauern, die hier errichtet werden, woran sich ein gewisser Millionär jenseits des großen Teiches mal ein Beispiel nehmen kann. 

Nun aber der absolute Höhepunkt von wahrscheinlich 90% der Festivalbesucher: SLEEP. Jeder stellte sich die Frage: wird der „Dopesmoker“ gespielt? Nein! Trotzdem zocken die 3 Amerikaner ein wahnsinnig geiles Set, welches mir jedes Körperhaar (und davon gibt es reichlich) aufstellt. Das Hauptaugenmerk der Titel liegt auf dem „Holy Mountain“-Album, wovon der Titeltrack auch gleich der Opener ist. Nach dem neuen „The Clarity“ folgt mit „Dragonaut“ mein persönlicher Überhit. Spätestens jetzt ist in den Massen kein Halten mehr und der Dunstpegel im Saal nimmt dramatisch zu. Die Rauchmelder scheinen SLEEP auch gnädig gestimmt zu sein und genießen einfach nur die Show, ohne anzuspringen.
Mit „From Beyond“ und „Cultivator/Improved Morris“ wird ihr gut 1,5-stündiges Set abgeschlossen. Es war den Jungs deutlich anzumerken, dass sie mindestens genauso viel Bock auf das Desertfest hatten, wie das Desertfest auf sie!

Matt Pike von SLEEP in Action

Viel mächtiger kann es doch jetzt eigentlich gar nicht mehr werden… Musikalisch gesehen nicht, von der körperlichen Statur her schon! Als Rausschmeißer auf der Foyer Stage dürfen heute die Australier RIFF FIST ran. Das ist schon echt was fürs Auge, wenn so ein 2,10 m großer Sänger da auf der Bühne steht! Ihre Musik ist nicht ganz so mächtig. Anständiger grooviger Stoner, nicht mehr und auch nicht weniger!
Nach wenigen Minuten mache ich mich auf ins Cassiopeia. Hier steht heute eine ganz besondere Aftershowparty auf dem Programm. In der 1. Etage kann man sich der Karaokeparty hingeben, da hier eh keiner mehr Schamgefühle hat, und im Erdgeschoss legt das DJ-Team Sadonis (THE OATH & LUCIFER) & Andersson (THE HELLACOPTERS) auf. Ich entscheide mich gegen die Karaoke und werde mit den besten Hard Rock-Klängen der letzten 50 Jahre belohnt!

Tag 3: Sonntag, 30.04.2017

Nach einer wieder einmal viel zu langen Partynacht lockt mich die strahlende Sonne nach draußen an das Spreeufer. Ein Bier später finden wir uns darin wieder, die vorbeifahrenden Kapitäne zu ermunternt, für uns doch mal bitte die Hupe zu betätigen.

Der letzte Festivaltag steht für mich ganz im Zeichen der Main Stage. Auch wenn im Cassiopeia heute die „Doom Over Leipzig Label-Party“ stattfindet. Die letzten Tage haben mir in diesem kleinen Brutkasten einfach gereicht und so werde ich nur mal kurz bei DOWNFALL OF GAIA reinschnuppern.
MOTHER ENGINE haben heute die Ehre, den Tag auf der Main Stage zu eröffnen. Die 3 Jungs aus dem sächsischen Plauen sind erst ein paar Tage vor dem Festival für die leider verhinderten STONED JESUS eingesprungen. Wer jetzt denkt, dass sich so eine „Ersatzband“ keiner angucken will, irrt sich gewaltig, denn der große Saal ist schon mehr als gut gefüllt. Ihr instrumentaler Psych-Stoner kommt auch gut an. Mich führt er langsam wieder ans Tagesgeschäft heran, da ich noch ein wenig mit dem Schlafmangel der letzten Tage zu kämpfen habe. Und das macht das Dreigespann verdammt gut und dafür werden sie auch mit einer Menge Applaus geehrt!

Auf der Foyer Stage spielen nun AVON. Auf vielen Plattformen wurde diese Truppe angeworben, da an den Kesseln niemand geringeres als ex-KYUSS und ex-QUEENS OF THE STONE AGE-DRUMMER Alfredo Hernandez sitzt. Mein Ding ist es nicht so wirklich. Aber nicht nur auf mich wirkt ihr Desertrock ziemlich uninspiriert und so gönne ich mir erstmal eine Mahlzeit.

1000MODS

Mit 1000MODS sehe ich nun schon die zweite griechische Band des Festivals. Nachdem ich die Band im letzten Jahr gefühlt 10 Mal gesehen habe, ärgerte ich mich nach fast jedem Auftritt über die Gitarrenarbeit. Wenn man bei Songs, wie zum Beispiel „Vidage“, als Gitarrist patzt, kann sich der ganze Geist des Songs einfach nicht entfalten. Heute wurde glücklicherweise ziemlich sauber gespielt, dafür wurde mir vom Sound ein Strich durch die Rechnung gemacht. Der Bass zu laut, der Gesang zu leise – das sorgte für einen ordentlichen Brei und so langsam verliere ich die Hoffnung auf einen perfekten Gig der Griechen, denn auf Platte höre ich sie mir unglaublich gern an.

Dass man nicht umbedingt 10 Alben herausbringen muss, um Legendenstatus zu erreichen, beweisen heute LOWRIDER aus Schweden. Gerade mal ein Album und eine Split haben sie seit ihrer Gründung 1997 veröffentlicht. Dass das aber reicht, wenn das Album nur aus Hits besteht, wird hier prächtig bewiesen. Von Beginn an, haben sie die Stonergemeinde auf ihrer Seite und bringen den Saal zum kochen. Ich muss mich kurzerhand ein wenig zur Seite stellen, da der Druck von hinten zu groß wird, als die Tunes der „Ode To The lo“ durch die Halle schallen. Warum hier der Sound deutlich besser ist, als gerade bei 1000MODS, kann ich leider nicht sagen, da sich der Klang beider Bands eigentlich schon stark ähnelt. Aber man kann nicht alles haben und so gebe ich mich mit der wunderbaren Performance von LOWRIDER zufrieden und hoffe innerlich auf ein zweites Album in den nächsten 10? Jahren. Hoffnung besteht da sogar, denn während SLEEP gestern spielten, zockten LOWRIDER eine Special-Show im Cassiopeia, wo 2 neue Songs präsentiert wurden.

Nachdem ich kurz in DOWNFALL OF GAIA reinhören musste (viel zu laut), steht nun der Sonntagsheadliner bereit. Desertrock-Legende JOHN GARCIA hat den Weg nach Berlin auf sich genommen, um den Fans der Wüstenklänge nochmal ordentlich einzuheizen. Das klappt aber leider nur zum Teil, da seine eigenen Akustiksongs (die zwar elektrisch gespielt werden) Live einfach noch nicht greifen. Anders sieht es da schon bei seinen SLO BURN und KYUSS-Klassikern aus. Bei Songs wie „Pilot The Dune“, „Green Machine“ oder „Thumb“ gibt es natürlich kein Halten mehr, dennoch nehme ich ein komisches Gefühl aus diesem Auftritt mit. Klar, der KYUSS-Geist schwebt immer noch über uns, doch so langsam scheint er ein wenig zu verblassen.

JOHN GARCIA

Was hat mir nach diesem harten Festival-Party-Wochenende noch gefehlt? Genau, eine Band, die genau meinen verballerten Humor trifft. Tschaika 21/16 scheinen mich zu verstehen. Musik, die eigentlich nur nach Chaos klingt, um dann exakt auf den Punkt zu kommen – das habe ich jetzt gebraucht! Und nicht nur die Musik ist ein wenig verpeilt, auch die Songtitel. „Quadratur Vom Fotz“, „Doom Mich Auch“ und „Lass Mich In Deinem Wald Der Oberförster Sein“ sind da nur Beispiele. Sowas prägt sich einfach ein und so ist es die logische Konsequenz, dass ich mir ihr aktuelles Album “ Tante Crystal Uff Crack Am Reck“ käuflich erwerbe. Die Titel ….

 

Fazit

Nach zahlreichen Änderungen war es dieses Jahr für mich schwierig, erstmal alles zu überblicken. Bandüberschneidungen gab es ständig und die Badehaus und Cassiopeia-Locations waren zu den Stoßzeiten dauerhaft überfüllt und den Gästen wurde der Zugang verwehrt. Sowas kann auf einem Festival nicht sein, für das man 90 € hinblättert. Und weil wir grad beim Thema Geld sind. Die Getränkepreise sollte vielleicht auch nochmal überdacht werden. Das war wohl das teuerste Festival, welches ich jemals besucht habe.
Dennoch muss ich klarstellen, dass die gebuchten Bands spitzenmäßig waren und ich trotz aller Kritik froh bin, Gast dieses Festivals gewesen sein zu dürfen. Sollte im nächsten Jahr ein ähnlich starkes Line Up aufgefahren werden, werde ich den Weg in unsere Hauptstadt sicher nochmal antreten!

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Bilder mit freundlicher Genehmigung von Volker Fröhmer und Anders Oddsberg

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