„Ihr seid GEIL!!!“ – Stoned From The Underground 2017
Während der Süden Deutschlands mit dem Bang Your Head, der Westen mit dem Dong Open Air und unsere Nachbarn in der Tschechischen Republik mit dem Masters Of Rock am vergangenen Wochenende dem Metal in all seinen Facetten huldigte, trieb es mich, wie schon im vergangenen Jahr, in den Erfurter Vorort Alperstedt. Zum 17. Mal tagt hier nun schon das Stoned From The Underground. Wem ein reines Metalfestival zu heftig und eintönig ist, der sollte sich am Alperstedter See mehr als wohlfühlen.
Nachdem im vergangenen Jahr mit EYEHATEGOD bereits ein Headliner seine Show absagen musste, traf es die Veranstalter mit der Absage der amerikanischen Kultrocker PENTAGRAM wieder eiskalt ins Gebälk. Dennoch machte es die Crew möglich, dass mit KADAVAR eine der wohl aufstrebendsten deutschen Rockformationen den Weg in die thüringische Provinz gefunden hat.
Donnerstag, 13.07.2017
Nachdem ich in den Vorjahren erst am Donnerstag angereist bin, lässt es meine diesjährige Urlaubsplanung zu, dass ich bereits am Mittwoch mein Zelt aufschlagen kann. Der Anreisetag verläuft relativ unspektakulär, nur der eiskalte Wind fordert zu später Stunde das ein oder andere Opfer.
Wie kann das Stoned eigentlich besser starten, als mit klassischem Stoner Rock? Den Startschuss für die aktuelle Ausgabe machten die Erfurter Lokalmatadore von SHOTGUN VALIUM. Die 3 Lockenköpfe verstehen es von der ersten Minute an die Meute vor der Zeltbühne auf ihre Seite zu bringen. Das ist bei ihrem Heavy Rock aber auch gar keine große Herausforderung, denn es scheint, als ob die ganze Belegschaft vor der Bühne nach diesen eingängigen Riffs nur so gelechzt hat. Den Heimvorteil haben die Jungs in ganzen Zügen ausgenutzt und beenden nach 40 Minuten ihr starkes Set.
Das Stoned war schon immer ein sehr internationales Festival und so verwundert es auch nicht, dass schon die 2. Band auf der Zeltbühne von der Insel kommt. Ihr spielerisches Können liegt im Ungleichgewicht mit der Einfachheit ihres Bandnamens. STEAK – ein Wort wie ein Schlag in die Fresse. Musikalisch geht die Reise in eine ganz ähnliche Richtung, wie schon vorher bei SHOTGUN VALIUM. Dennoch hat der fleischige Stoner-Rock-Genuss deutlich mehr Ecken und Kanten und somit auch in meinen Augen mehr Charakter und Eigenständigkeit. Das gespielte Material bestand zum Großteil aus Songs vom aktuellen Album „No God To Save“, die durchweg überzeugten.
Nun aber raus aus dem Zelt und ab auf die große Bühne!
Und schon wieder Stoner Rock. Doch dieses Mal deutlich progressiver und somit viel interessanter ausgestaltet. Auch SAMAVAYO haben ein relativ frisches Album am Start. Auf den Namen „Dakota“ hört das gute Stück. Wer jetzt allerdings denkt, dass SAMAVAYO den klassisch-amerikanischen Desert Rock spielen, der irrt sich. Vielmehr beziehen sie sich auf das Volk Dakota, was übersetzt so viel heißt wie „Freund“ oder „Verbündeter“. Ihr sehr progressiver Stoner sorgt bei mir für großes Aufhorchen. Bisher hatte ich die Berliner nie so wirklich auf der Rechnung, doch nach diesem Gig bin ich wahrscheinlich auch ein Verbündeter.
Als nächstes machen sich SASQUATCH bereit, um der Thüringer Partygemeinde einzuheizen. Nachdem ihr aktuelles Album „Maneuvers“ von mir mit gemischten Gefühlen belauscht wurde, bin ich echt gespannt, ob die Songs auf der Bühne besser zünden. Doch auch hier will der Funke bei mir nicht so richtig überspringen. Hier und da greifen die Riffs zwar richtig ordentlich, doch das Gesamtbild des Auftritts will mich nicht so recht überzeugen.
Also bleibt erstmal etwas Zeit, um die kulinarischen Köstlichkeiten auszukundschaften. Mich verschlägt es zum Green-Food-Stand, der, wie schon im letzten Jahr, vor allem durch seine köstlichen Tagesgerichte besticht. Ihr seht also, es geht auch mal gesund auf einem Festival. Wenigstens muss ich somit bei meinem Essenskonsum kein schlechtes Gewissen haben.
CJ RAMONE. Ich wusste vor dem Festival schon nicht so recht, was ich davon halten soll, dass sich ein ehemaliges RAMONES-Mitglied, welches „nur“ die letzten 7 Jahre in der Band mitwirkte, Songs darbietet, an denen er nicht mitgewirkt hat. Und wie ich es mir schon dachte, wird sich dieser Auftritt nicht in mein Hirn einbrennen. Simpler Punk, der kaum Höhepunkte besitzt und austauschbar klingt. So sehen das auch viele andere Leute um mich herum und jeder wartet nur auf die RAMONES-Cover. Die soll es dann zum Ende des Sets auch noch geben. Vor allem „Sheena Is A Punkrocker“ und „Blitzkrieg Bop“ bleiben dann doch irgendwie hängen. Den Schlusspunkt setzt das MOTÖRHEAD-Cover „R.A.M.O.N.E.S.“. Nicht unbedingt schön dargeboten, aber zum Abgehen taugt dieser Song immer!
Die Stunde der Wahrheit!
ALL THEM WITCHES – die erste und bisher einzige Band, die es seit Bestehen des Magazins geschafft hat, eine 10er Wertung von mir zu bekommen. Und ich bereue bis heute keinen einzigen Punkt davon. Sollte ich diesen Auftritt bewerten müssen, würde er dieselbe Punktzahl bekommen!
Was auf austauschbaren Punk Rock folgt, ist eine 60-minütige Achterbahnfahrt der Gefühle. Ab dem ersten Takt bin ich wie erstarrt, mit welcher Emotionalität die Songs vorgetragen werden. „Am I Going Up?“ vom aktuellen Album eröffnet das Set. Von einigen Seiten höre ich, dass der Beginn des Auftritts für einige rabiater hätte ausfallen können. Für meinen Geschmack ist es genau der richtige Start, denn man sollte sich doch immer noch Luft nach oben lassen. Der Großteil des Sets besteht aus Songs vom aktuellen Album und von „Lightning At The Door“, was wohl auch die stärksten Alben sind. Bereits Stunden vor ALL THEM WITCHES hoffte ich inbrünstig, dass mein absoluter Lieblingssong „Charles Williams“ den Weg in das Set findet. Und als ob ich erhört wurde, wurde er natürlich vorgetragen. Sollte es noch besser gehen? Natürlich! „Blood And Sand/Milk And The Endless Waters“ sollte ein weiterer Meilenstein dieses Auftritts werden. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich an den Sound von Bassist und Sänger Charles Michael Parks Jr. denke. Wie man seinen Rickenbacker mit so einer Leichtigkeit runterrocken kann, erschließt sich mir bis jetzt noch nicht. Wenn ich aber schon den Gesang und das Bassspiel lobend erwähne, muss auch Keyboarder Allan Van Gleave den Weg auf die Ehrentafel finden. Mit seinen dezenten Orgeleinlagen wird er von mir zum heimlichen Drahtzieher dieses genialen Auftritts ernannt.
Freitag, 14.07.2017
Nach einer viel zu langen Partynacht, nehme ich mir den letzten Song von ALL THEM WITCHES zu Herzen. „Swallowed By The Sea“ erklang als letztes Stück und so verschlägt es mich am frühen Freitagmorgen an den Alperstedter See, direkt am Festivalgelände. Das kühle Nass bringt den Kreislauf blitzschnell wieder zum Laufen und dem zweiten Festivaltag steht nichts mehr im Wege.
14 Uhr soll die erste Band auf der Bühne stehen. GIOBIA aus dem italienischen Mailand haben sich angekündigt. Mit auf dem Weg Richtung Zeltbühne: Das Frisbee! „Manchmal“ kommt in einem ja doch das Kind durch und so werden vor dem Zelt noch ein paar lockere Scheiben geworfen. Damit aber nicht genug. Im Zelt angekommen, herrschte beim Bassisten schon große Spielfreude. Nicht allerdings auf seiner Gitarre. Er entdeckt das Frisbee und unaufgefordert schwebt die Wurfscheibe auf die Bühne. Irgendwie passt diese kleine Einlage zu ihrem Space Rock. Nicht nur sportlich, sondern auch musikalisch wissen die Italiener zu überzeugen und ebnen mir den perfekten Weg in den Tag.
Mehr Klischee als bei der nächsten Band geht eigentlich gar nicht. Schon der Bandname der Waliser von MAMMOTH WEED WIZARD BASTARD lässt mir die Kinnlade herunterstehen. Brachial wie der Name soll auch der Sound sein. Auch der Gesang von Sängerin Jessica Ball weiß durchaus zu gefallen. Trotzdem ist mir der doomig, sludgige Mix oftmals zu verhalten und eintönig.
Eine Band, die ich gar nicht so wirklich auf dem Zettel hatte, sind KING BUFFALO aus der USA. Für sie ist der Gig auf dem Stoned der Startschuss für eine 4-wöchige Europatour gemeinsam mit ELDER. Ihre Musik schlägt auch in eine ähnliche Kerbe, wie die ihrer Landsleute. Ihr verspielter, psychedelisch bluesiger Stoner ist jetzt genau das richtige für mich nach den bösen Hammerschlägen von MAMMOTH WEED WIZARD BASTARD. Diese Truppe hat sich auf jeden Fall ganz tief bei mir eingebrannt und der Postbote wird wohl demnächst mit einer Platte von ihnen an der Tür stehen.
Ebenfalls aus der USA, aber stilistisch in einer ganz andern Umgebung sind MOTHERSHIP unterwegs. Es ist Zeit für wahrhaftigen Texas Rock! Bereits auf dem Desertfest 2016 fielen mir diese Jungs positiv auf. Es ist ihr letzter Tourtag und trotzdem wirken sie frisch und ausgeruht, wie ich sie kennengelernt habe. Die Typen haben richtig Bock auf Rock. Die tonangebende Fraktion sind die Geschwister Kyle und Kelley Juett. Letzterer ist ein wahrer Virtuose an der Gitarre und hat mich mit seinen Gesichtsausdrücken das ein oder andere Mal zum Schmunzeln gebracht. Der Großteil des Sets bestand aus Songs vom aktuellen Album „High Strangeness“. Dass diese noch nicht so greifen, obwohl sie trotzdem richtig Spaß machen, versteht sich von selbst. Ältere Songs, wie „Lunar Master“, „City Nights“ oder „Priestess Of The Moon“ fegen mich da schon mehr weg. Wenn eine Band dann an ihrem letzten Tag ihren Auftritt mit einem Song namens „Are You Ready“ beschließt, frage ich mich, wo meine Energie nach 2 Festivaltagen schon wieder hin ist.
Dass das Stoned schon immer mit Abwechslung glänzen konnte, beweist auch die nächste Band. DOOL ist nicht etwa eine sächsische TOOL-Coverband, sondern eine ausgezeichnete niederländische Progressive-Rock-Truppe. Schon bevor ich überhaupt Musik von DOOL gehört habe, war ich mehr als gespannt, was bei diesem Projekt herauskommt. Drummer und Bassist sollten einigen noch von THE DEVIL´S BLOOD bekannt sein und an der Gitarre hat man bei GOLD „geplündert“. Was hier auf der Bühne aber dargeboten wird, hat mit beiden relativ wenig zu tun. Dennoch bin ich Feuer und Flamme für die Songs von „Here Now There Then“. An gewissen Stellen kommt der Vibe der Vorgängerprojekte der Musiker durch, ohne jedoch in irgendeiner Weise nach einer Kopie zu klingen. Mag wahrscheinlich an den 3 Gitarren und dem weiblichen Gesang liegen.
Es wird mal wieder Zeit für eine Speise. Jaja, ihr wisst schon… Natürlich gibts wieder das Tagesgericht am Grünfutterstand. Heute auf der Speisekarte: eine Variation aus Linsen. Nicht mal die schlaueste Festivalnahrung, aber verdammt lecker!
Nebenher lausche ich den Herren von MONOLORD. Nach ihrem Debüt „Empress Rising“ bin ich mit der Musik der Schweden nicht mehr übereingekommen. Deswegen höre ich ihnen aus der Ferne zu und bin umso erfreuter, als der Titeltrack der Platte erklingt. Live ist der schleppende Doom dennoch eine ganz andere Hausnummer als auf Platte. Wahrscheinlich werde ich mir die Veröffentlichungen doch noch mal unter den Nagel reißen müssen und ihnen noch eine Chance geben.
Nachdem mich CJ RAMONE am Vorabend ziemlich enttäuschte, gibt es heute auf dem Co-Headliner-Posten wieder Punk! Heute auf dem Programm: ZEKE. Dass die Kapelle um Sänger Blind Marky Felchtone sich in ihren knapp 25 Jahren Bandbestehen eine beachtliche Fanschar erspielt haben, lässt sich vor der Bühne gut beobachten. Fäuste fliegen in den dämmrigen Himmel und ihr wilder Punk´n´Roll kommt gut an. Mir ist das Ganze eine Nummer zu viel und ich gönne mir einen Sitzplatz, um dem lang ersehnten Auftritt von ELDER entgegenzufiebern.
Bühne frei für eine kleine Zauberstunde
Sag mal, lesen die Booker vom Stoned etwa meine Reviews? Nachdem gestern schon mit ALL THEM WITCHES eine 10er-Band groß aufspielte, stehen heute ELDER (als 9er-Band) auf dem Plan. Verträumte und ausladende Riffs sind genau das, was ich jetzt brauche. Es gibt heute übrigens auch eine Premiere. Zum ersten Mal darf ich ELDER mit einem zweiten Gitarristen sehen. Ob Sänger und Gitarrist Nick DiSalvo einfach nur spielfaul geworden ist und seine Arbeit von einem anderen machen lässt? Nein, ganz im Gegenteil! Mike Risberg sorgt für einen noch wärmeren und komplexeren Sound. Gepaart mit dem teils wilden Bassgezupfe von Jack Donovan ergibt sich ein Soundteppich, der seinesgleichen sucht.
Die erste Hälfte des 75-minütigen Auftritts besteht aus Songs des neuen Albums „Reflection Of A Floating World“, die sich live mindestens genauso gut entfalten, wie auf Platte. Besonders der Opener „Sanctuary“ dürfte wohl bei allen Anwesenden bleibenden Eindruck hinterlassen. Ebenso der Opener von „Lore“. „Compendium“ eröffnet die zweite Hälfte der Show. Der Gitarrenklang ist erste Sahne, leider empfinde ich den Gesang an manchen Stellen als zu laut. Mit „Dead Roots Stirring“ erreicht die Show meinen persönlichen Höhepunkt. Gibt es eigentlich eine abwechslungsreichere Band als ELDER? Im Moment wohl kaum.
Trotz kleiner Abzüge beim etwas zu lauten Sound, bleibt es ein rundum gelungener Auftritt, auch wenn er mit einem Bein noch im Schatten von ALL THEM WITCHES steht.
Heute fällt die Aftershowparty vor der Zeltbühne aufgrund zu großer Getränkevorräte im eigenen Camp mal flach. Am Zelt angekommen, beginnt es aus allen Wolken zu schütten. Kleiner Expertentipp am Rande: ein Frisbee kann nicht nur durch die Lüfte schweben, sondern den Besitzer auch bestens vor Regen schützen! Achja, wenn man keinen Teller hat, kann man auch davon essen. Und ohne Becher daraus trinken. Lassen wir das besser …
Samstag, 15.07.2017
Samstagmorgen, 8 Uhr: Ich bin noch mitten im Tiefschlaf, als ich aus eben jenem abrupt herausgerissen werde. Grund dafür ist eine YouTube-Playlist. Wahrscheinlich wäre ich bei 90 % der auf Festivals gespielten Playlists wutentbrannt aus dem Zelt gestürmt. Heute ausnahmsweise nicht, denn es war doch sehr unterhaltsam. Wenn ihr richtig sprechen lernen wollt, sucht bei YouTube „Korrekte Aussprache“! Meine Highlights: „Myrrhe“ und „Dekolleté“.
Nun aber weg von YouTube und ab vor die Zeltbühne, denn es ist wieder Rock angesagt. HALLUCINATION GENERATION aus Leipzig haben sich angekündigt. Bereits vor einem Jahr hatte ich das Glück, diese junge Truppe als Voract von TONER LOW zu sehen. Und auch dieses Mal werde ich kein bisschen enttäuscht. Selbst der größte Morgenmuffel wird an dieser Band Gefallen finden. Sängerin Adriana hat gefühlte 99 % des Auftritts ein fettes Grinsen auf dem Gesicht und steckt mit ihrer guten Laune einfach an. Ihre Musik bewegt sich irgendwo zwischen Psychedelic, Stoner, Blues vermischt mit einer guten Portion Boogie. Besonders „Wild Trip“ von ihrem kürzlich veröffentlichten Debütalbum wird mir noch lange im Hinterkopf erhalten bleiben.
Viel gemütlicher sieht es da auf der Bühne bei BEEHOOVER aus. Der Eindruck täuscht! Sänger und Bassist Ingmar Petersen und Drummer Claus-Peter Hamisch sitzen sich gegenüber und es scheint, als ob sie sich gegenseitig zu Höchstleistungen pushen. Sie erzeugen schon einen fetten Drum´n´Bass-Sound, dennoch wollen die Songs bei mir nicht so richtig hängen bleiben. Liegt vielleicht aber auch daran, dass ich mich vorher nie so wirklich mit den beiden Schwaben beschäftigt habe. Bis zum Deep Sound City Festival werde ich das auf jeden Fall noch ändern, versprochen!
Die kurze Nacht fordert ihre Opfer und so lege ich eine Pause ein und lasse mich erst wieder zu EGYPT vor der Hauptbühne blicken. Diese starten gleich mit ihrem womöglich größten Kracher „Matterhorn“. Was? Eine Band aus den USA, die sich nach einem nordafrikanischen Land benennt und über das Matterhorn singt? Ergibt alles irgendwie überhaupt keinen Sinn, aber klingt trotzdem verdammt entspannt. Einzig das angespannte und emotionslose Gesicht des Gitarristen versprüht überhaupt keine Entspannung. Egal, Drummer und Sänger sind ja auch noch da. Mit ihnen im Fokus vergehen die 45 Minuten wie im Flug.
Wir bereisen weiter die Kontinente dieser Erde. Mit CHILD hat es auch eine australische Band den Weg ins Billing geschafft. Und nicht nur, dass die Band aus Down Under kommt ist eine Premiere, sondern auch, dass es die einzige wirkliche Blues-Rock-Band der diesjährigen Ausgabe ist. Ihre Stücke sind die perfekte Einstimmung auf das durchaus harte Abendprogramm. Deswegen mache ich es mir am Rand der Bühne gemütlich und lausche den Klängen der 3 Jungs, die teilweise an eine Jamsession erinnern, wenn es nicht sogar zwischenzeitlich eine ist.
Eine ganze S(c)hippe härter wird es da bei EARTH SHIP. Ihre Mischung aus Doom und Sludge bahnt sich dank hämmerndem Schlagwerk und schneidenden Gitarren geradezu den Weg ins Hirn. Einzig mit dem Gesang werde ich nicht warm. Den Klargesang finde ich nicht einmal übel, aber die Growls geben mir gar nichts.
Da können mich ACID KING schon viel mehr mitreißen. In knapp 25 Jahren Bandbestehen haben sich die 3 Damen und Herren aus San Francisco in die oberste Liga des Stoner/Doom katapultiert. Dass dies nicht durch ein „Überoutput“ von Platten geschehen ist, sollte bei 4 Veröffentlichungen klar sein. Ihr ruhiger und fast schon hypnotisierender Klang schlägt auf der Bühne ein wie ein Meteorit. Ich erwische mich selbst immer wieder, wie mich Lori Steinbergs Stimme in einen Trancezustand versetzt, ehe das Ende des Songs diesen unterbricht. Nach gut 45 Minuten beschließe ich, mir die volle Dröhnung zu geben und mir das Spektakel von der Bühne aus anzusehen. Es wundert mich bis jetzt, dass ein solches Blechgerüst diesem Bassdröhnen standhält.
Ebenso mächtig wird es bei KARMA TO BURN. Wenn es eine Band schafft, sich eine derart große Fanbase zu erspielen, ohne jedoch einen charismatischen Sänger in den eigenen Reihen zu haben, muss das schon ganz große instrumentale Klasse sein. Mir persönlich fehlt jedoch der Gesang. Musikalisch ist das schon eine Glanzleistung, was die Amis hier abliefern, aber der gewisse Überraschungsmoment fehlt mir. Außerdem würde ein ordentlicher Sänger der Musik einen viel größeren Wiedererkennungswert verschaffen. Ihr Sound schafft es trotzdem, meine Schlaghosenbeine in Vibration zu versetzen.
Nun aber zum Headliner des letzten Abends. Wie schon zu Beginn erwähnt, mussten PENTAGRAM ihren Auftritt leider aus gesundheitlichen Gründen absagen. Doch bevor die Fellfressen von KADAVAR die Bühne entern, versammeln sich traditionell die Veranstalter auf der Bühne. Der eine versucht zu vermitteln, wie schwer das buchen von Bands mittlerweile geworden ist. Der nächste hat überhaupt keine Stimme mehr und hält Schilder mit den Worten „IHR SEID GEIL!!!“ gen Fans. Und Fred bittet ganz lieb darum, den Zeltplatz möglichst sauber zu verlassen (was in meinen Augen sehr gut geklappt hat). Ebenso gibt es in diesem Jahr am Kassenhäuschen einen Alkoholtester. Schließlich soll ja keiner der teilweise etwas übermotivierten Thüringer Polizei ins Netz gehen. Worin sich aber alle einig sind, ist, dass es eine geile Party war!!!
Nachdem die Jubelstürme für die Veranstalter verklungen sind, sind nun aber endlich KADAVAR am Zug. Schon in den letzten Stunden nahm die KADAVAR-Shirt-Dichte vor der Bühne rapide zu. Scheinbar kein schlechter Ersatz, der engagiert wurde. Ich muss gestehen, dass ich ziemlicher Fan der ersten beiden Alben der Berliner bin, aber mit dem aktuellen Werk „Berlin“ nahezu nichts anfangen kann. Das wird sich auch nach diesem Auftritt nicht drastisch ändern. Das hört sich jetzt ziemlich negativ an, aber der Auftritt der Jungs ist wirklich grundsolide. Spätestens wenn es heißt:
Ey Stoned, habt ihr Bock auf die „Doomsday Machine“?
… haben mich die 3 im Sack. Sowohl am Sound, als auch an der Performance gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Drummer Tiger wirkt an seinen Töpfen wie ein verrückter Magier, dessen Haare jeden Moment abzuheben scheinen und Sänger und Gitarrist Lupus lockert die Stimmung immer wieder mit sympathischen Ansagen.
Nachdem die 2 Headliner an den vorangegangenen Tagen aber wirklich alles abgeräumt haben, was abzuräumen ging, bleibt mir nichts anderes übrig, als KADAVAR „nur“ einen anständig starken Auftritt zu bescheinigen.
Dass nach dem eigentlichen Headliner aber noch nicht Feierabend ist, hatten die Veranstalter schon angekündigt. Schon seit Tagen geisterte ein Gerücht über den Zeltplatz, wonach eine FU-MANCHU-Coverband auf dem Gelände spielen sollte. Fast hätte ich dieses Gerücht wieder verdrängt, doch dann wurde es Realität. Auf der Zeltbühne gaben sich ein paar Herren mit dem einfallsreichen Namen FU die Ehre. Gänzlich unbekannte Musiker sind das nicht. Unter anderem werkeln hier Herren von ROTOR und DAMPFMASCHINE an den Wüstenreglern. Es kann wahrscheinlich keinen besseren Ausklang für ein Stonerfestival geben. Mit Hits wie „King Of The Road“, „Hell On Wheels“ und natürlich „Godzilla“ (welches ursprünglich aus der Feder von einer unbedeutenden Rockband namens BLUE ÖYSTER CULT stammt) wird das diesjährige Stoned From The Underground perfekt abgerundet.
Fazit zum diesjährigen Stoned
Das Stoned ist mittlerweile wirklich zu meinem absoluten Lieblingsfestival gereift. Kaum woanders kann man so entspannt den Klängen der Musik lauschen, die einem am liebsten sind. Auf jedem anderen Festival bekam ich schon Schlägereien mit – nicht so auf dem Stoned. Jeder Gast ist komplett ausgeglichen und offen für jegliche Musikrichtung, die dargeboten wird. So wundert es auch nicht, dass die Zeltbühne schon mittags rappelvoll ist.
[Not a valid template]Stoner, bis nächstes Jahr!
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