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In tödlicher Trance – Venenum

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VENENUM – Trance of Death
Veröffentlichungsdatum: 17.03.2017
Dauer: 50 Min.
Label: Sepuchral Voice Records
Stil: (Black) Death Metal

Aus dem Grabe

Was war ich verzückt, als ich 2011 auf das erste untote Lebenszeichen der deutschen Death Metaller VENENUM in Form ihrer selbstbetitelten EP stieß. Dunkelheit, Groove, Härte und Verspieltheit gingen so selbstverständlich Hand in Hand, das es eine „helle“ Freude war, den finsteren Kompositionen zu lauschen. Über die Zeit hinweg änderte sich dieser Eindruck bei mir nicht und ich war gespannt, wann die Öffentlichkeit endlich neues Material zu Hören bekommen würde. 6 lange Jahre hat es schlussendlich gedauert, bis nun im März 2017 die erste Langspielplatte „Trance of Death“ der mittlerweile schon als Kultact gehandelten VENENUM das fahle Licht der Welt erblickt. Erneut führt uns die Musik in modrige Erdreiche und der Blick über den „Grabesrand“ wird mehr denn je ausgereizt.

Das Album startet im stimmungsaufbauenden „Entrance“ mit dunklen Streicherklängen und minimalistischen Klaviertupfern, bevor „Merging Nebular Drapes“ unbarmherzig auf den Hörer eindrischt. Straighte Rhythmen verbinden sich mit kraftvollen und dennoch verspielten Gitarren und finsterem Gekeife. Mich erinnert das Ganze an eine dunklere Version alter MORBID ANGEL-Songs.  Im späteren Verlauf wird der Track etwas doomiger und baut eine beklemmende, morbide Stimmung auf. Ein toller Einstieg ins Album, der sofort aufzeigt wie breit gefächert VENENUM ihren Death Metal interpretieren.

Die beiden schon vorab veröffentlichten Stücke „The nature of the ground“ und „Cold Threat“ zeigen im Folgenden die etwas traditionellere Seite des Albums auf. Das ist Black/Death Metal, der ganz klar überzeugt und weiß, wie er gespielt sein will. Gewisse Paralellen zu den deutschen Kollegen von NECROS CHRISTOS und anderen okkulten Death Metal Bands sind nicht von der Hand zu weisen. Dennoch musizieren VENENUM in Sachen Verspieltheit und Abwechslung in ihrer eigenen Liga. Immer wieder wird das Geschehen durch Breaks, Soli und rhythmische Akzentuierungen sowie auch ruhige Parts aufgelockert und es wird eine große Dynamik in den Songs erzeugt. Sogar mit Tempoverschiebungen innerhalb geschlossener Parts wird gearbeitet, was dem Ganzen eine verschrobene Nuance hinzufügt. Hört euch dazu unbedingt den Mittelteil von „The nature of the ground an“. Das geht einfach nur ab!

 

 

Trance of Death

Bis zu diesem Punkt stellt das Album für mich ein starkes Stück düsteren Death Metals dar. Was hingegen in der zweiten Albumhälfte mit dem in drei Teile aufgesplitteten Titelstück folgt, ist nur Eines: Etwas ganz Besonderes!

In rund 26 Minuten werden hier so ziemlich alle dunklen Stile der Rock- und Metalmusik zu einem finsteren Monolith vereint. Seine volle Pracht entfaltet Dieser erst nach vielen, vielen Hördurchgängen. Ich kann der Band dafür nur meinen Tribut zollen, weiß ich selbst als Musizierender nur zu gut, wie schwer es ist, ausufernde Stücke zwingend und kompakt zu halten und dennoch viele verschiedene Facetten einzuarbeiten.

Part 1 „Reflections“ startet dabei stilistisch ähnlich wie die erste Albumhälfte, tendiert mit seinem böllernden Rhythmus allerdings ein wenig mehr in Richtung Black Metal. Stellenweise fühle ich mich an eine etwas chaotischere Form von WATAINs „Lawless Darkness“ erinnert.  Part 2 „Metanoia Journey“ hingegen bricht mit allen truen Konventionen und präsentiert ein rockig, verspieltes Segment, welches dennoch finster und erhaben klingt. Zusätzlich gesellen sich noch ein paar hintergründige Bontempi-Orgeln und wunderschöne Gitarren-Soli dazu. All das verhilft dem Stück zu einer Ausgeflipptheit, die ich persönlich ob der Andersartigkeit und gleichzeitig stimmigen Platzierung nur loben kann. Man merkt einfach, das in den Musikern von VENENUM eine große Kreativität ruht, die sich ihren Raum nimmt, damit sie sich angemessen austoben kann.

Im abschließenden Part „There are other worlds“ wird das Ganze fast schon zu einem Trip. Der klassische Metalansatz verschmilzt mit den abgefahrenen Elementen und entwickelt zum Ende hin eine Sogwirkung, bei der ich mich, nachdem die letzten Töne verklungen sind, frage: Wo war ich die letzten Stunden? Ich fühle mich, als wäre mein Geist hinfortgeschwebt in andere Sphären, wo Zeit keine Rolle mehr spielt. Eine Erfahrung, die ich nur noch selten mit mir neuer Musik erreiche. Stark!

Obduktion

All das gelingt VENENUM auch durch einen sehr passenden Sound, welcher organisch und kraftvoll klingt. Die Gitarrenarbeit bekommt dabei den nötigen Fokus im Gesamtklang und der Gesang schallt einerseits garstig und dennoch relativ gut verständlich aus den Boxen. Die Stimmakrobatik könnte jedoch etwas abwechslungsreicher sein. So röchelt sich Sänger F.S.A. überwiegend im gleichen Tonfall durch die Songs. Dieser Aspekt kann deshalb meiner Meinung nach nicht mit der unglaublich inspirierten Leistung an den Instrumenten mithalten.

Hingegen ist auch das Cover-Artwork ein echter Augenschmaus und verbindet klassisch-dunkle Farben mit transzendenten Elementen in den strömungsartigen Schleiern, die die oben beschriebene Sogwirkung optisch unterstreichen. Ein wenig erinnert dieser Effekt auch an das Artwork des letzten URFAUST Albums.

Unterm Strich bleibt nur, VENENUM für dieses großartige Werk zu gratulieren. So macht Metal Spaß – mit Leidenschaft und dem richtigen Gespür für große Momente.

 

Bild mit freundlicher Genehmigung von Venenum

Autorenbewertung

9
VENENUM gelingt mit "Trance of Death" ein sehr starkes Stück Todesmetall. Im klassichen Metal verwurzelt, streckt das Album seine Fühler in viele Bereiche aus und erzeugt eine äußert gelungene Melange aus vielen Metal- und Rockstilen. Für mich schon jetzt eines der Albumhighlights 2017.
ø 4.2 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ unglaubliche Spielfreude
+ ein guter Spagat zwischen Tradition und Progression
+ ein stimmiger Sound
+ das Titelstück als absoluter Songmonolith

Nachteile

- die etwas monotone Gesangsdarbietung

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2 Kommentare

  1. minuslik
    21. März 2017 bei 23:53 — Antworten

    Ich bin platt. Bisher hielt ich immer Parasite Inc. für die Großmeister des groovigen Todesmetalls, aber so viel Abwechslung innerhalb eines Stückes wie bei »The Nature of the Ground« gibt es bei denen nicht. Da bin ich richtig gespannt auf den Rest des Albums.

    Abgesehen davon ist »Trance of Death«, glaube ich, wohl nichts, was man so nebenher laufen lassen kann, da verpasst man bloß was.

    • 22. März 2017 bei 7:55 — Antworten

      Durchaus. Da steckt viel drin, was man entdecken kann. Das Album taugt mir sowohl bei absoluter Konzentration auf das Songmaterial als auch beim flüchtigeren Hören. Eine wirklich starke Scheibe! Gruß Oli

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