INCULTER – GESCHREDDERTE FEINKOST AUS NORWEGEN

INCULTER – „Fatal Visions“

Veröffentlichungsdatum: 12.04.2019
Länge: 34:25 Min.
Label: Edged Circle Productions
Genre: Blackened Thrash Metal

 

Auch wenn langsam aber sicher der Sommer vor der Tür steht, holen wir heute nochmal die dicken Pullover und Fäustlinge aus dem Schrank. Denn wir brechen auf zu einer musikalischen Expedition in den hohen Norden, genauer gesagt nach Norwegen. Wer an das skandinavische Land in Verbindung mit Metal denkt, dem dürften sofort Corpsepaint, düstere Gestalten und brennende Kirchen in den Sinn kommen. Schließlich ist Black Metal einer größten Exportschlager des Landes. Doch heute begeben wir uns nicht auf die Spuren von DARKTHRONE oder GORGOROTH. Zumindest nur bedingt. Stattdessen gibt es feinsten Oldschool-Blackened Thrash auf die Ohren!

Es ist der 12. März 2019, und die Jungs von INCULTER zünden mit ihrem zweiten Studioalbum „Fatal Visions“ eine Bombe, die sämtliche Seismographen des Thrash-Kosmos Alarm schlagen lässt. Auf ihrem Debut „Persisting Devolution“ aus dem Jahr 2015 deuteten die vier Norweger bereits an, dass ordentlich Potential vorhanden ist. Trotzdem wird man förmlich überrollt von dem, was die Nordlichter auf ihrer neuen Scheibe veranstalten.

RAFFINIERTES RIFFGEWITTER

Vier Jahre mussten sich die Fans der Band gedulden, doch das Warten hat sich mehr als gelohnt. Ausgereift und trotzdem verspielt präsentieren sich die acht neuen Songs. Die Musiker haben sich an ihren Instrumenten hörbar weiterentwickelt, die Songs sind extrem tight und bestechen durch technisch anspruchsvolle Parts. Auch kompositorisch hat sich einiges getan. Fehlte es dem Vorgängeralbum an der einen oder anderen Stelle noch an Raffinesse, besticht „Fatal Visions“ durch viele Tempowechsel und zahlreiche Parts, die aufhorchen lassen. Ohne die finstersten Gefilde des Thrash Metal zu verlassen, verbauen die Jungs im Vergleich zum Erstlingswerk deutlich mehr Melodien, was dem Album ordentlich Dynamik verleiht.  Besonders eindrucksvoll zeigen dies die Tracks „Open the Tombs“ und „Shepherd of Evil“.

STIMMUNGSVOLLE MONOTONIE

Allerdings hat die Band hier einen Prozess begonnen, der noch nicht beendet ist. Etwas mehr Vielfalt hätte dem Album gut getan. Sowohl die begrenzte Akkordwahl als auch die recht ähnlichen Songstrukturen erzeugen manchmal den Eindruck, dass die einzelnen Tracks zu einem gewaltigen Riffgewitter verschmelzen. Dafür gelingt es den Norwegern dadurch, ein atmosphärisches Stimmungsbild zu erzeugen. Das Album verfügt so über ein klar erkennbares Konzept, bei dem kein Song aus dem Rahmen fällt. Am auffälligsten sticht die Singleauskopplung „Through Relic Gates“ heraus, die lange von Low- und Midtempo Parts dominiert wird, ehe man fürs große Finale nochmal den Backstein aufs Gaspedal legt.
Auf „Fatal Visions“ vereinen sich Einflüsse von SODOM, DARK ANGEL oder den frühen SLAYER mit Black Metal-Elementen zu einem explosiven Gemisch, das keine Gefangenen macht.

OLDSCHOOL-FLAIR UND KLARE KANTE

Nicht nur kompositorisch, sondern auch soundtechnisch hat die Band einen ordentlichen Sprung nach vorne gemacht. Klang der Vorgänger „Persisting Devolution“ noch etwas nach Brei, besticht die Produktion des neuen Albums durch einen klaren Sound, der alle Instrumente zur vollen Entfaltung bringt. Die von Mitten dominierten Gitarren und der leichte Delay auf dem Gesang kreieren einen authentischen Oldschool-Flair. Wer möchte, kann also die Augen schließen und sich von „Fatal Visions“ direkt in die goldenen (beziehungsweise tiefschwarzen) 80er Jahre zurückkatapultieren lassen. Trotz des professionell designten Klangbilds hat die neue Scheibe einen starken Charakter. Mit vielen Ecken und Kanten setzt man ein klares Zeichen gegen den glattproduzierten Radio-Sound, der zur Zeit leider auch im  (Thrash) Metal grassiert.

INTRODUCING THE CULT

INCULTER haben mit ihrem neuen Werk ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Düster und stimmungsvoll, messerscharf und pfeilschnell brettern die vier Blackened Thrasher durch eine knapp 35-minütige Riffsalve, die den Hörer wie vom Blitz getroffen zurücklässt. Gut möglich also, dass „Fatal Visions“ der Band innerhalb der Szene Kultstatus verleiht. Den Bekanntheitsgrad dürfte die Scheibe auf jeden Fall erhöhen.

Autorenbewertung

9
Das zweite Studioalbum der Band INCULTER lässt für Fans des geschwärzten Oldschool-Thrash keine Wünsche offen. Technisch anspruchsvolle Hochgeschwindigkeitsriffs treffen auf eine einnehmende, düstere Atmosphäre, die eine monotone Akkordwahl und Songstruktur verzeihen lässt. Der authentische 80er-Jahre-Sound sticht heraus und verleiht dem Album einen sympathischen Charakter.
ø 4.2 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ Deutliche Weiterentwicklung der Band im Vergleich zum Vorgängeralbum
+ Stimmungsvoller Sound
+ Hohes Tempo und technisches Niveau

Nachteile

- eintönige Akkordwahl und Songstruktur

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