Interview mit UNCLE ACID – Konzentriert euch auf die Show!
Kevin R. Starrs – ein Name, der wohl nur den eingefleischtesten unter uns in Begriff sein wird. Viel hellhöriger werdet ihr sicher, wenn ihr sein Pseudonym hört. Kevin hört viel lieber auf Uncle Acid. Mit seiner Band UNCLE ACID & THE DEADBEATS hat er in den letzten Jahren einen sagenhaften Aufstieg hingelegt. Bereits 4 Jahre nach der Bandgründung tourten sie mit keinen geringeren als BLACK SABBATH. Da würde sich doch jede kleine Band die Finger lecken! Mir wurde die Ehre zuteil, ihm auf den Zahn zu fühlen und über Zukunftspläne, Wiederveröffentlichungen und Bühnenshows zu plaudern.
Das Interview
S: Hey Kevin, schön dass ich die Möglichkeit bekomme, ein paar Worte mit dir zu wechseln! Wie kommt es, dass diesen Oktober „Vol. 1“ plötzlich wiederveröffentlicht wird? Steckt ihr in einem kreativem Loch, dass ihr eure erste Veröffentlichung neu rausbringt? Mich als Plattensammler erfreut das natürlich sehr, dass ich dieses Stück Bandgeschichte dann auch mein Eigen nennen darf!
Kevin: Es wird wieder veröffentlicht, damit wir keine Fragen mehr wie: „Wann kommt „Vol. 1“ raus?“ mehr beantworten müssen. Ich wurde in den letzten sieben Jahren in jedem Interview danach gefragt! Die Leute wollen es. Es ist mehr als eine einfache Wiederveröffentlichung, da es nie richtig auf CD oder Vinyl veröffentlicht wurde. Ich habe 2010 dreißig Kopien davon auf zu Hause gebrannten CD-ROMs verkauft, aber es war überhaupt nicht abgemischt oder nachgearbeitet und so waren alle Spuren durcheinander, was es schwierig machte, die Platte komplett durchzuhören. Es fühlte sich immer ein wenig wie Verschwendung an, da eigentlich eine Menge toller Songs drauf sind. Die Fans wollen das Album und verdienen es, dieses ordentlich gemischt und nachproduziert zu hören, also haben wir das getan. Ich hatte keine Zeit, mich darauf zu konzentrieren durch all das Touren und Schreiben, aber ich konnte es einfach nicht länger hinausschieben. Ich wollte dieses Jahr nicht wieder touren, also war das die perfekte Zeit, um stattdessen daran zu arbeiten.
S: Das Release eures letzten Albums „The Night Creeper“ liegt jetzt auch schon wieder 2 Jahre zurück. Seid ihr grad dabei neue Musik zu schreiben?
Kevin: Ja. In der Zeit sind wir zweimal durch Europa, zweimal durch Nordamerika, Australien und Russland getourt, haben zwei Jahre am Stück die Sommerfestivals mitgenommen und dann habe ich „Vol. 1“ neu abgemischt und das Artwork und Layout dafür gemacht und nun schreibe ich neue Musik. Es waren also ein paar arbeitsreiche Jahre!
S: „The Night Creeper“ war euer bisher abwechslungsreichstes Album. Was können wir von zukünftigen Alben erwarten?
Kevin: Nichts wird jemals so weit im voraus geplant und ich schreibe immer Musik, also müssen wir nur warten und sehen, wie es sich entwickelt. Im Moment könnte es in verschiedene Richtungen gehen, aber es wird auf jeden Fall anders sein als das letzte Album, das ist sicher.
Über Hexen, Horror, Pop
S: Wie stark unterscheidet sich die Musik, die ihr privat hört, von der Musik, die ihr schreibt? Womit seid ihr aufgewachsen?
Kevin: Ich bin mit Classic Rock, 60er-Pop und altem Metal aufgewachsen, aber ich höre immer noch alle möglichen Musikstile. Vielleicht ist das Zeug, was ich heutzutage so höre, nicht mehr so heavy, aber ich denke, dass eine Menge Leute, die in härteren Bands spielen, dazu tendieren. Ich denke, wenn man als Zuhörer einen vielfältigen Geschmack in der Musik hat, dann kann man eine Menge Einflüsse in der Musik heraushören. Manchmal tendieren die Leute die uns reviewen dazu, sehr genrespezifisch zu sein und deshalb die kleinen Dinge nicht zu bemerken. Mir sagte einmal ein Journalist, dass er keinen Einfluss von 60er-Jahre Girlgroups auf unserem letzten Album hören konnte, als ob ich damit lügen würde! Wir hatten wirklich ein Mädel (Chantel Brown), welches auf zwei Songs den Spector-Begleitgesang sang, aber das hat er einfach nicht gecheckt. Das Problem war, dass er sich solche Musik nicht anhörte, weshalb er keinen Anhaltspunkt hatte, etwas anderes zu bemerken als Metal. Andererseits hat es Liam Watson, der das Album aufgenommen hat, sofort bemerkt. Er liebte es und konnte meine Idee genau nachvollziehen. Also denke ich, dass man ziemlich viel verpasst, wenn man engstirnig ist, was die Musik angeht.
S: Eure Harmonien sind zum Teil schon ziemlich poppig. Ist es euer Ziel, mit euren teils schaurigen Texten etwas Blut und Verderben in die sonst so blütenreine Popwelt zu bringen?
Kevin: Ja, ich liebe Gruppen, die harmonische Musik schreiben und deshalb mochte ich immer die Idee, Harmonien über fuzzy Riffs zu legen. Das wird nicht wirklich oft gemacht. Wenn du eine wirklich melodische Gesangslinie hast, du aber in den Liedtexten eine entsetzliche Geschichte erzählst, kann das eine ziemlich beunruhigende Wirkung haben.
S: Behandeln eure Texte ausschließlich fiktive Geschichten oder auch wahre Begebenheiten? Erzähl mir doch mal, wie ihr von eurer Heimat und deren Geschichte beeinflusst werdet.
Kevin: In der Regel ist unser Schreiben von echten Begebenheiten beeinflusst, welche ich in eine fiktive Geschichte einbaue. „Blood Lust“ ist z.B. leicht angelehnt an Matthew Hopkins, den Hexenfinder. Er ritt vor Jahrhunderten in der Nähe der Felder, an denen ich lebte, vorbei. Das lokale Museum hatte, während ich das Album schrieb, original unterschriebene Anlagenbücher und Dokumente von Hexenprozessen ausgestellt, was einige meiner Ideen inspirierte.
Sabbath und Dunkelheit
S: Bereits 4 Jahre nach eurer Gründung hattet ihr das große Glück, mit BLACK SABBATH auf Tour gehen zu dürfen. Wie kam es zu der Tour und würdet ihr diese Tour als euren großen Durchbruch bezeichnen? Habt ihr nach der Tour noch weiter Kontakt mit den BLACK SABBATH-Jungs?
Kevin: Unser Agent schrieb ihnen, dass wir verfügbar wären, sendete ihnen unsere Alben und sie zogen uns allen anderen vor. Geezer sagte uns, dass es nett war, mit einer Band zu touren, die man sich wirklich anhören kann, das war toll! Ich denke, das war ein großer Durchbruch für uns, da wir Leuten vorgesetzt wurden, die sich uns sonst nie angehört hätten.
„Es macht mir nichts aus, in den Hintergrund gedrängt zu werden, aber es macht mir etwas aus, wenn Leute nicht komplett bei der Show dabei sind.“
S: Eure Konzerte sind immer ein Erlebnis. Gerade die Visuals reißen mich immer wieder mit. Ist es nicht ein riesiger Berg Arbeit, diese auf den einzelnen Song anzupassen? Habt ihr keine Angst, dass ihr als Musiker dadurch komplett in den Hintergrund gestellt werdet? Ich ertappe mich nämlich immer wieder dabei, wie ich in den Videosequenzen versinke.
Kevin: Es macht mir nichts aus, in den Hintergrund gedrängt zu werden, aber es macht mir etwas aus, wenn Leute nicht komplett bei der Show dabei sind. Manche Leute kommen zu Auftritten und wollen lediglich dauerhafte Ablenkung, weshalb ich die Videos rausgenommen und minimale Beleuchtung verwendet habe, sodass wir fast im Dunkeln spielen. Das ermutigt die Zuhörerschaft manchmal durchzudrehen, was für uns toll ist, da wir uns daran bereichern können und es für eine bessere Show sorgt. Während unserer letzten Tour haben wir vor Backsteinmauern, Straßenlicht und Mülltonnen gespielt, um an das Konzept von „The Night Creeper“ anzuknüpfen. Dennoch werden wir wieder auf die Video-Idee zurückkommen, da die Menschen offensichtlich verrückt danach sind, alles auf einem Bildschirm zu sehen.
S: Woher habt ihr die Videos? Sind alle Sequenzen aus Filmen oder beinhalten sie auch selbstgedrehtes Material?
Kevin: Es ist eine Kombination aus Filmen, Archivmaterial und einigem, was ich selbst gefilmt habe.
S: Wie muss ich mir euer Songwriting vorstellen? Hockt ihr zusammen im Proberaum und seht euch Horrorfilme an und denkt euch dann: „Das ist es, darüber schreiben wir ein Album!“ oder geistern all diese obskuren Gedanken in deinem Kopf herum?
Kevin: Ich spiele einfach ein bisschen allein auf meiner Gitarre und sehe, ob irgendwas passiert. So läuft es immer. Manchmal hilft es, einen Film zu sehen, aber ich setze mich nie hin und sage: „Ok, Zeit, ein paar Lieder zu schreiben.“All die Musik und Melodien sind unterbewusst …. es ist lediglich das Schreiben der Texte, was etwas Geschick benötigt. Wenn ich einmal ein paar Ideen habe, fange ich an, über Themen nachzudenken die passen könnten und dann denke ich mir Texte auf Basis dieser aus.
S: Ich danke dir vielmals für deine Ehrlichkeit und hoffe, dass ich euch bald wieder auf deutschen Bühnen sehen darf. Du hast das letzte Wort!
Kevin: Ein großes Dankeschön an all unsere Fans in Deutschland für ihre Unterstützung und wir hoffen, euch alle nächstes Jahr zu sehen! Danke!
Und wer mir das Ablenkungsmanöver der Videosequenzen bei Konzerten von UNCLE ACID nicht abkauft, dem sei folgendes Video ans Herz gelegt (oder geht einfach zu einem Konzert!):
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