Intronaut – The Direction of Last Things
Veröffentlichungsdatum: 13.11.2015
Dauer: 46:03
Label: Century Media
INTRONAUT schlagen auf ihrer aktuellen Platte den Bogen zum Sound ihrer ersten Veröffentlichungen und vereinen so alte mit neuen Stärken. Doch beginnen wir von vorn. Am Anfang war das „Void“. Das Quartett aus L.A. spielt seit 2004 progressiven, komplexen Post Metal mit Vorliebe für ungerade Metren. Doch genug Mathe: stellt euch einfach alte MASTODON mit einer deutlich rhythmischeren Schlagseite vor. Voilà.
Weisen die ersten beiden Alben (und EP´s) noch einen angenehm ruppigen Charakter auf, öffnete man den Sound ab „Valley of Smoke“ (2010) zunehmend in Richtung seichterer Gefilde, was vor allem am Gesang hing, der immer öfter zweistimmig und clean vorgetragen wurde. Über die Qualität lässt sich dabei streiten.
Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellte dann „Habitual Levitations“ dar, auf der praktisch kein einziger Schrei mehr zu finden war. Schlimm? Klares Jein! Für mich selbst war diese Platte eine der meistgehörten und emotionalsten seit 2013 und das ist sie immernoch.
Nun zur Gegenwart: auf „The Direction of Last Things“ integrieren INTRONAUT (endlich?) wieder Schreie und damit mehr Härte in ihren Sound. Stumpf wird dabei trotzdem zu keiner Sekunde vorgegangen. Es herrscht weniger Atmosphäre als auf dem direkten Vorgänger, doch wo „Habitual Levitations“ bei aller Seichtigkeit zur Einschlafmusik verkam, wissen die Jungs diesmal genau, wann es wieder an der Zeit ist, das Tempo anzuziehen.
Dynamisch wird hier sehr viel bewusster gearbeitet, wobei die ruhigen Passagen vor allem durch den Kontrast mit der Härte ihre Wirkung entfalten – und andersrum!
Der Song „Fast Worms“ stellt einen gelungenen Einstieg dar, hier wird stilistisch alles gezeigt, was geht. Das Video dazu ist auch äußerst empfehlenswert! 😉
Auf „The Pleasant Surprise“ werden die oben erwähnten MASTODON Anleihen ausgepackt. Einer der härteren Songs der Scheibe. Sehr geil!
Über die ganze Platte verteilt werden teils postige, teils getappte Melodien verstreut, die sich nach wenigen Umdrehungen ins Ohr hacken und dort lange nicht mehr verschwinden werden. Für mich stellen hier vor allem das mit einem geilen 5/4, 4/4 Intro ausgestattete „The Unlikely Event of a Water Landing“ und das direkt folgende „Sul Ponticello“ Höhepunkte des Albums dar.
Wie selten zuvor treffen INTRONAUT hier abwechselnd Hirn und Bauch des Hörers, wobei dieser entweder zum abgehackten Mitnicken aufgefordert wird, oder zum Schwelgen. Denn die ruhigeren Instrumentalparts sind vor allem eins: schön. Mal eher jazzig, mal mit Shoegaze zu vergleichen, tritt dabei besonders Bassist Joe Lester in den Vordergrund, der gewohnt grandiose Arbeit leistet. Vor allem im Zusammenspiel mit der eierlegenden Wollmilchsau Danny Walker am Schlagzeug stellen INTRONAUT erneut klar, dass 50% ihrer Besatzung eine der stärksten Rhythmussektionen im modernen Metal darstellen. An allen Ecken und Enden herrscht der Groove, dem jedoch durch DEVIN TOWNSEND Abbruch getan wurde, der diesmal für den Mix verantwortlich war. Einen dynamischen Schlagzeuger mit undynamischem Drumsound zu strafen, schränkt den Hörspaß dann doch ziemlich ein. Ärgerlich, denn hier ist man durchaus Besseres gewohnt.
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