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Irgendwas läuft doch hier falsch! – im Interview mit Xandria
Schon länger steht das neue Album von XANDRIA auf meinem Plan, handelt es sich doch um die wohl bekannteste deutsche Symphonic Metal-Band. Doch wie das bei einem Magazin so ist, bieten sich einem manchmal weitere Möglichkeiten, als nur einfache Reviews. Es begab sich, dass man mir anbot, ein Interview mit jemandem aus der Truppe zu führen – und wie blöd wäre ich denn, da Nein zu sagen! Da saß ich nun also an einem frischen Abend im Dezember, in freudiger Erwartung eines Skype-Calls des Bassisten Steven Wussow von XANDRIA. Kurz nach 18 Uhr dann das erlösende Klingeln…
Hey.
Hi Lukas, Steven hier.
Na, alles klar?
Jaa, soweit. Sorry wegen der kleinen Verspätung, bei mir hat sich das über den Tag alles ein paar Minuten nach hinten verschoben.
Kein Problem. Viel Stress gehabt?
Och, Stress… Positiver Stress. Gibt Schlimmeres, als seinen Sonntag mit Interviews zu verbringen (lacht). Das passt schon.
Joa. Wollen wir gleich loslegen?
Na klar, gerne.
Erstmal freue ich mich, dass das geklappt hat, und bedanke mich schon mal für deine Zeit. Ich würde mit ein paar Fragen zu eurer Vergangenheit anfangen. 2013 fand ein Sängerwechsel bei euch statt – Manuela ging, Dianne kam. Was hat sich dadurch verändert? Hat sich das in der Band bemerkbar gemacht und ist das Miteinander seitdem anders?
Jaa, also, grundsätzlich ist es so: Wenn du eine Person im Bandgefüge „austauschst“ oder wenn ein Wechsel stattfindet, verändert es immer das Miteinander. Es ist jemand komplett anderes dabei. Gerade auch, wenn es eine für die Öffentlichkeit herausragendere Persönlichkeit ist wie die Sängerin, ist es nochmal ne andere Sache. Bei Manu war es einfach so, sie wollte diese ganze Tourerei nicht mehr in diesem Maße machen, wie wir es eben gemacht haben. Man kann es ihr nicht verdenken: Für „Sacrificium“ und „Fire And Ashes“ haben wir insgesamt ein bisschen über 150 Shows gemacht. Von daher… Wenn da jemand nicht zu 200 Prozent bereit ist, diese Ochsentouren zu machen, ist das absolut nachvollziehbar. Und Dianne… Es gab ja in diesem Sinne keine ‚Auditions‘. Wir hatten auch gar keine Zeit. Wir standen im Prinzip schon mit einem Fuß im Studio, als das Ganze aktuell wurde. Und da hat unser Produzent, der Joost, dann gesagt: „Hey, ich kenn´ hier ein Mädel, probier´ die doch mal aus.“ Dianne kam in den Proberaum, wir haben drei Songs zusammen gespielt, und das war’s. Da wussten wir: Okay, das ist die Frau, die wir brauchen. Und so ist es im Prinzip auch auf persönlicher Ebene. Wir sind im Prinzip wie eine kleine Familie. Die drei Jungs, Dianne und unsere Crew sind meine ‚On-The-Road-Family‘. Das Verhältnis untereinander war vorher auch schon gut, aber durch diese extrem lange, kräftezehrende Tour ist es nochmal intensiver geworden und hat uns schon zusammengeschweißt.
Wie du schon sagtest, ist ein Sängerwechsel ja auch etwas, das auch für die Öffentlichkeit auffälliger ist. Hat sich denn die Einstellung von Fans und Veranstaltern mit dem Sängerwechsel euch gegenüber temporär, aber auch auf lange Sicht verändert? Hat das was ausgemacht?
Nö, eigentlich gar nicht. Uns hat es selber überrascht. Wir haben schon gedacht: „So, fertig ist der Lack. Wir haben jetzt ein neues Album auf der hohen Kante. Präsentieren gleich mit einem neuen Album eine neue Sängerin… Das frisst nie jemand.“ So nach dem Motto. Aber die Leute haben gesagt: „Okay, ist so wie es ist.“ War ja auch kein dramatischer Grund, der zu dem Wechsel geführt hat. Und weder die Fans, noch die Veranstalter, noch die Plattenfirma – die uns da super unterstützt hat – haben uns den negativen Wind entgegengebracht, den wir befürchtet hatten. Spricht irgendwie auch für unsere Geschäftspartner und vor allem für unsere Fans.
Seitdem ist ja schon einige Zeit vergangen. Seit ihr „Sacrificium“ rausgebracht habt, sind zweieinhalb Jahre vergangen. Wie hat sich seitdem euer Ruf entwickelt? Würdest du sagen, dass ihr populärer geworden seid? Haben sich die Angebote und Möglichkeiten, die sich euch bieten, verändert bzw. verbessert?
Wir haben ganz klar gemerkt, dass die Band wächst. Wenn du XANDRIA jetzt ab „Neverworld‘s End“ anschaust, was für uns fast wie ein zweites Debüt war, ist die Band langsam, aber stetig gewachsen. Und mit „Sacrificium“ haben wir das erste Mal gesagt: „So, jetzt machen wir den Sack zu. Wir spielen ´ne Headliner-Tour.“ Obwohl keiner gewusst hat: Hey, kommt da überhaupt jemand? Denn es war unsere erste Headliner-Tour seit acht Jahren oder so. Und wir haben auch in relativ kleinem Rahmen angefangen, im Schnitt so vor 150-200 Leuten. Wir haben das jetzt über die komplette Distanz, obwohl wir in vielen Städten schon zwei oder drei Mal waren, fast verdoppelt. Und da siehst du echt: Hey, da tut sich was! Das ist auch was, wo wir sagen, wir machen ja nicht viel anders als vorher. Wir spielen einfach Live-Shows, so wie wir denken, wie sie sein müssen. Laut, schweißtreibend. Und es scheint zu funktionieren, denn die Leute kommen und bringen ihre Kumpels mit und haben Spaß. Das haben wir auch schon bei der EP gemerkt, die 2015 kam. Für eine EP interessiert sich jetzt im Normalfall nicht wirklich jeder. Aber sogar da gab es riesiges Presse-Feedback. Und jetzt auch für’s neue Album. Das war bei „Sacrificium“ nicht so, dass ich mir die Wochenenden um die Ohren geschlagen habe, nur um mich mit Leuten rund um die Welt über das neue Album zu unterhalten. Also die Band wächst und auch für das nächste Jahr 2017 sind wir eigentlich schon wieder ausgebucht. Und wir freuen uns tierisch, dass es so ist.
Es ist ja nun so, dass du und Dianne seit 2013 dabei sind und damit im Vergleich zum Rest ein bisschen neuer. Philip und Gerit sind ewig dabei, und Marco ist quasi das Urgründungsmitglied bei euch. Gibt es da eine Hierarchie, sodass die alten Hasen mehr zu sagen haben, oder ist das überhaupt nicht so? Habt ihr einen Boss?
Hm… Eigentlich nicht. Es ergibt sich so ganz natürlich eine Aufgabenteilung. Marco ist ganz klar das Kreativzentrum. Philip ist der Mann, der sich intern um die Buchhaltung und das Merch kümmert. Gerit ist der Logistik-Gott, der uns immer von A nach B bringt und sich um die ganze Technik kümmert. Dianne kümmert sich um die ganze Social-Media-Geschichte. Und ich bin jetzt mittlerweile so ein bisschen zum Presseministerium aufgestiegen und teile mir, wenn wir unterwegs sind, mit Gerrit ein wenig das Tour-Management. Von daher hat jeder seinen Job. Bei uns ist die Hausregel: Wenn derjenige, der den Fachbereich betreut, etwas sagt, dann passt das auch, denn derjenige kennt sich da einfach am besten aus. Von daher gibt es keine wirkliche Hierarchie, dass einer ein komplettes Veto einlegt, wie es in manchen Bands ist. Das gibt es bei uns eigentlich nicht.
Mit dem neuen Album, das nun kommt, wird auch wieder eine neue Tour folgen. Wie bereitest du bzw. wie bereiten sich die Bandmitglieder auf so eine Tour vor? Wie nutzt ihr die sprichwörtliche „Ruhe vor dem Sturm“?
Mit viel Arbeit! (lacht) Also, vorab: Wir sind ja weit verstreut. Ich wohne in Süddeutschland, die anderen drei Jungs wohnen in Bielefeld und Dianne wohnt in den Niederlanden. Das heißt, wir können uns nicht jedes Wochenende oder jede Woche mal zum Proben treffen. Das geht finanziell und logistisch gar nicht. Wir machen das so: Wir machen uns vorab eine gewisse Anzahl an Songs aus, sagen: „Okay, auf die bereiten wir uns jetzt zu Hause vor, die arbeiten wir aus.“ Wir checken schon mal online ab, wer wie was zu tun hat für die Songs. Dann treffen wir uns für zwei Wochenenden im Proberaum, schauen, wie die Songs live funktionieren, und basteln dann daraus ein Set. Alles andere, was logistisch noch nebenher läuft – was witzigerweise eigentlich der viel größere Teil an so einer Tour ist – das läuft alles über Emails, Telefongespräche… So, wie das halt heute in der modernen Zeit ist.
Wie sieht das, ich sage mal, „nach der Tour“ aus? Habt ihr auch mal ein paar Wochen Urlaub, wo ihr euch Zeit für euch nehmt?
(zögert einen Moment) Nää. (kurze Pause, lacht dann auf) Ganz ehrlich, wir sind mittlerweile so, dass wir uns wirklich Wochen freischaufeln, wo wir sagen, wir reichen quasi Bandurlaub ein. Wo wir dann auch dem Booking sagen, in diesen drei Wochen machen wir nichts. Ansonsten würden die uns – logischerweise, die müssen Kohle verdienen, wir müssen Kohle verdienen – das ganze Jahr durchbuchen. Es ist schon kräftezehrend. Aber das ist dann wirklich auch das einzige, und oft wird dieser Urlaub dann auch noch durch das tolle Festivalangebot beschnitten, weil man sich sagt: „Ach komm, das nehmen wir jetzt auch noch mit.“ Es ist ja auch jetzt nicht so, dass es nur ein Job ist. Es ist eine Art zu leben.
Dann kommen wir mal zu eurem neuen Album, „Theater Of Dimensions“. Ihr habt jetzt schon euren Song „We Are Murderers“ rausgebracht, und neben einigen Leuten, die sagen „Hey, wie geil“ und den obligatorischen „Hm, ich bin da skeptisch“-Aussagen gab es da auch einige, die gesagt haben, dass der Stil dieses Songs an EPICA erinnert. Was sagst du dazu?
Öh. Pfff. Hab ich auch gelesen. Kann ich ehrlich gesagt nicht so nachvollziehen. Um ehrlich zu sein, bin ich mit den Songs von EPICA jetzt auch nicht so vertraut. Ich meine, gut, es ist immer so: Wenn du dieselben Stilmittel bedienst, heißt es: Ja, du hast ein Mädel das singt, hast harte Riffs und hast einen Typen der brüllt – klar, der erste Vergleich, den die Leute ziehen, ist dann EPICA. So ist das im Umkehrschluss mit NIGHTWISH: Wenn du eine klassisch-bombastische Power Metal-Nummer hast mit einem Mädel, das klassisch singt, sagen sie alle: „Ja, das klingt doch wie NIGHTWISH!“. Aber EPICA ist ´ne geile Band, sind coole Typen. Es gibt wesentlich schlechteres, als mit EPICA verglichen zu werden. Von daher: Wenn es im positiven Sinne ist, habe ich überhaupt kein Problem damit.
„We Are Murderers“ haben wir musikalisch jetzt auch ein bisschen aus den Gründen ausgewählt. Erstens: Klar, geile Nummer. Zweitens: Hat auch lyrisch ne wichtige Aussage, die man auch in so einem Lyric-Video präsentieren kann. Und drittens ist es im Vergleich zum restlichen Album auch ein Song, der ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Und für die erste Single und um ein bisschen Aufmerksamkeit zu erregen, ein bisschen auf den Busch zu klopfen, eignet sich sowas immer ganz gut.
Wie du gerade schon gesagt hast, trägt der Song auch eine Message und geht ein bisschen in eine… gesellschaftskritische Richtung, will ich mal sagen. Was hat euch denn dazu bewegt, gerade dieses Thema aufzugreifen?
Also, prinzipiell gab es diese Thematik bei XANDRIA schon immer. Marco ist jetzt auch kein Texter, der in solchen ‚Elfen-Einhorn-Nummern‘ denkt. Marco verpackt seine Messages einfach immer nur sehr geschickt. Jetzt in dem Fall hat er einfach gesagt: „So, jetzt reicht‘s. Jetzt wird es mal etwas plakativer, damit es die Leute auch auf den ersten Blick verstehen.“
Was hat uns dazu bewogen? Wir reisen unheimlich viel. Je mehr du reist, desto mehr Eindrücke sammelst du und desto mehr nimmst du mit. Schau dir nur mal die Nachrichten an. Wenn du diese Farce, die bei uns in der Welt abgeht, anschaust, wenn du diese Eindrücke rund um den Globus sammelst – und wir spielen ja jetzt nicht nur in London, Paris, Mailand, bei uns geht es auch schon mal nach Indien, China oder kürzlich erst nach Südamerika – dann siehst du ganz andere Dinge. Du siehst die Welt, wie sie wirklich ist. Während sich hier Leute den Kopf über die Abgasabgabe von Autos zerbrechen und du dann nach China fährst, wo du kaum atmen kannst, weil die Luft so unfassbar dreckig ist, da denkst du dir: Irgendwas läuft doch hier falsch. Was passiert da? Du schaust dir die ganzen Zusammenhänge an. Der Song heißt auch ganz bewusst „WE Are Murderers“. Wir sind jetzt mit Sicherheit nicht die, die sich da vorne hinstellen und sagen: „Ihr macht jetzt alles falsch und wir sind die Tollen“. Nee, das ist ’ne Nummer, aus der kommt keiner von uns raus. Das ist einfach ein gesellschaftliches Problem. Die Gesellschaft bewegt sich in unseren Augen ganz massiv in die falsche Richtung und es wird auch höchste Zeit umzudenken. Und das auch nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
Bewegen wir uns noch ein Stückchen weg vom einzelnen Titel hin zum Gesamtwerk. Wie du schon ein bisschen vorweggegriffen hast, sagtest du, dass der Song „We Are Murderers“ stilistisch ein bisschen aus der Reihe fällt. Was würdest du sagen, wie sich das Album stilistisch zu den beiden Vorgängern verhält? Behaltet ihr euren Stil bei oder gibt es irgendwelche neuen, gravierenden Einflüsse?
Im Prinzip haben wir die Linie, die wir angefangen haben, fortgesetzt. Es ist wie ein Schritt weiter. Für uns war es schon immer so, dass wir uns mal gesagt haben: Ein Album zwei Mal schreiben ist Blödsinn. Warum sollen wir ein „Neverworld’s End“ zwei Mal schreiben? Die Platte gibt’s, die Platte ist super. Wer Bock drauf hat – leg sie auf, alles gut. Wir haben von „Neverworld’s End“ zu „Sacrificium“ einen Schritt gemacht, wir haben von „Sacrificium“ zur EP einen Schritt gemacht, und gehen diesen Schritt jetzt nochmal weiter. Das ist die Weiterentwicklung vom klassischen XANDRIA-Sound. Du wirst alles darauf finden, was du bisher von XANDRIA gewohnt warst. Du kriegst die poppigen Rock-Songs, du bekommst die Power Metal-Bombast-Hymnen, du bekommst den Epic Track mit dem Titelstück, du bekommst auch wieder mal eine knüppelharte Nummer, die eben einen Tick härter ist. Von daher: Ja, wir bleiben unserer Linie treu, machen aber trotzdem einige Sachen anders als zuvor. So, dass es für uns interessant bleibt und auch für die Hörer.
Es ist ja auch wieder so, dass ihr einige Guest Vocals dabei habt, u.a. Björn von SOILWORK oder Ross von VAN CANTO. Übrigens beides Bands, die ich sehr mag. Wonach sucht ihr euch aus, ob ihr Guest Vocals nutzt und in welchem Maß? Und wenn ihr dann die Entscheidung getroffen habt, dass ihr Guest Vocals einsetzen möchtet – wonach sucht ihr euch aus, wer letztendlich die Ehre hat, sich auf dem Album zu verewigen?
Am Anfang war eigentlich schon die Rede von zwei Leuten, die wir brauchen. Das eine war ein Growler. Da hat uns halt ein Typ vorgeschwebt in der Kategorie FIVE FINGER DEATH PUNCH – ein Typ, der zwar growlt und brüllt, aber alles noch in einem angenehmen Maß, der aber auch clean singen kann. Da wir logischerweise die Kollegen aus Amerika schlecht mal anrufen können und sagen: „Hier, Kollege, haste Bock?“, haben wir uns überlegt, wer denn hier in Europa sitzt, den wir fragen können. Und Björn ist einfach der Beste in dem Fach. Ich bin zum Beispiel ein riesiger SOILWORK-Fan und kam dann um die Ecke: „Hey, lass uns doch mal fragen.“ Wir haben dann ganz vorsichtig ne Email geschrieben, und kurz darauf kam dann die Zusage.
Dann haben wir noch eine klassische Power Metal-Stimme gesucht für den Longtrack, und Henning ist ein Freund von Dianne und von Joost. Von daher lag es schon mal nah, auch bei ihm durchzuklingeln. Auch ein geiler Sänger, klar. Der hat auch gleich zugesagt. Und die Idee mit Ross und Zaher kam eigentlich erst so während der Recordings. So nach dem Motto: Was fehlt noch, was könnten wir noch machen? Und bei „Ship Of Doom“ wollten wir so diesen Piratentyp haben. Und klar, wen fragst du da am ehesten? So einen Typen wie Ross (lacht). Da wir befreundet sind, haben wir einfach mal durchgeklingelt, und der war auch gleich an Bord. Und bei Zaher war es so, dass „Burn Me“ schon vorher fast fertig war, ohne diese ganzen arabischen Einflüsse. Irgendwie klang die Nummer da noch zu… ja, normal. Und dann kam Marco mit der Idee um die Ecke: „Ja, lass uns das doch mal so aufnehmen, meinst du, das ist geil?“ Joa, ich konnte mir da am Anfang noch gar nichts drunter vorstellen. Dann hat er mir das noch weiter erläutert und mir auch die Idee mit MYRATH vorgestellt. Und wir haben mit dem Kollegen ja schon mal in Amerika auf dem ProgPower zusammen gezockt. Daher kannte ich zumindest grob die Band. Marco ist ein Riesen-Fan, ging in Paris auf das Konzert, hat einfach nach der Schau Zaher angehauen: „Hey, hast du Bock?“, und auch der war gleich dabei. Es ist oft wesentlich unkomplizierter, als man sich das vorstellt. Und die Idee, wer, wo und was, kommt dann oft erst beim Machen. Wie gesagt: Planen kann man sowas schlecht.
Ich freue mich auf jeden Fall, das zu hören. Da bin ich gespannt! Wie sieht es eigentlich aus auf der neuen Scheibe: Hast du persönlich ein Lieblingsstück?
Es wechselt oft. Spieltechnisch macht mir „Burn Me“ sehr viel Spaß. Vom Hören her und vom Grad des Stolz-Drauf-Seins ist es glaube ich der Titeltrack, wo wir alles reingepackt haben, was wir irgendwie können. Das Ding ist schon richtig gut geworden. Meiner Ansicht nach. Logischerweise wird da von den Leuten, die es hören, jeder seinen eigenen Song finden. Aber für mich ist es echt der Titeltrack.
Wie du schon sagst, wird das wahrscheinlich jeder anders sehen. Und so, wie es bei den Fans jeder anders sieht, ist es wahrscheinlich auch in der Band so, dass du es vielleicht anders siehst in manchen Punkten als deine Bandkollegen. Es ist ja bei einer Tour zum neuen Album immer dasselbe: Ein paar alte Titel behält man bei, ein paar neue packt man rein – aber nicht alle, weil man nur eine begrenzte Zeit hat. Man kann ja nicht fünf Stunden spielen. Steht jetzt schon bei einigen Titeln – mal abgesehen von „We Are Murderers“, was wohl gespielt wird, wenn ihr ein Video dazu veröffentlicht – fest, dass sie es in die Shows schaffen? Und andersrum: Gibt es Songs, bei denen schon feststeht, dass sie nicht gespielt werden?
Wir haben uns einen Songpool von zehn Songs rausgegriffen, die wir mal mit in den Proberaum nehmen. Einfach nur, weil die Wahl jetzt drauf fiel. Welche der zehn wir jetzt zocken, wissen wir selber noch nicht. Am Ende werden es wohl so sechs, sieben in die Setlist schaffen. Aber wir haben es eigentlich immer so gemacht, dass wir im Laufe eines Album-Zyklus jeden Song des Albums mal live dabei haben. Daher: Die Songs, die wir jetzt im ersten Rutsch im Frühjahr nicht spielen, die werden wir dann vielleicht für die Festivals rauskramen oder für die Herbsttour oder dann irgendwann 2018. Es wird keiner auf die Halde gelegt.
Was aber ein bisschen tricky wird vom Songmaterial, wird wohl der Titeltrack sein. Das ist eine Nummer, bei der ich mir noch nicht vorstellen kann, wie wir das live richtig cool umsetzen. Aber wie gesagt: Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Der Titeltrack wird also erstmal nicht dabei sein, dafür der ganze Rest. Wir probieren aus, was im Proberaum geil kommt und was sich mit den anderen Songs, die wir mit in die Setlist packen, gut ineinanderfügt. Und dann basteln wir uns was zusammen.
Wann geht´s bei euch los mit ersten Auftritten zum neuen Album?
Es gibt zwei Album-Release-Shows. Am 28. und 29. Januar in Bochum und in Hamburg. Danach fahren wir auf die 70000 Tons Of Metal, direkt danach geht es nach Tunesien – unglaublich, aber wahr – und dann wird´s sehr wahrscheinlich in Europa im März losgehen.
Wie kommt ihr gerade nach Tunesien?
Wir haben es angeboten bekommen. Die Kollegen von KREATOR haben da drüben schon mal gezockt. KREATOR sind ja auch Leute, die gern Weltreisen unternehmen (lacht). Und von Mille weiß ich, dass der da schon mal war. Der meinte: „Ja, ist geil, das kannst du machen“, und wenn alles rundherum passt und sich das als seriös herausstellt, fahren wir da auch mal hin. Wie gesagt, wir waren vor kurzem in Israel, Indien haben wir auch gemacht. Wir fahren gern in die entlegensten Winkel der Welt. Macht Spaß.
Dann noch eine Frage, die ich zum Ende hin immer jedem ganz gern stelle, den ich interviewe. Eine Sache der persönlichen Einstellung, mehr oder weniger. Wenn jetzt eine nietenbepackte Fee zu dir kommen würde und du dürftest dir wünschen, mit einer Band deiner Wahl zu touren – völlig egal, ob die Band noch besteht, aufgelöst ist, jemand verstorben ist, wie auch immer – wenn du die freie Wahl hättest: Welche Band wäre es und warum?
Schwer… Also, für uns Jungs wäre glaube ich MACHINE HEAD so ein Traumpartner. Oder IN FLAMES. Das wäre was, worauf wir uns schon mal freuen würden. Aber es ist wirklich schwierig. Ich mache das auch oft von den Menschen abhängig. Also musikalisch vielleicht die zwei. Was auch total viel Spaß gemacht hat, war die Tour mit POWERWOLF, die ja wirklich extrem nette Jungs sind. Auch die Crew ist supernett. Und das war schon sehr klassenfahrt-artig. Und für Dianne wäre es denke ich mal NIGHTWISH in Originalbesetzung. Das fänd sie, glaube ich, ganz geil.
Wie gesagt, ich bin niemand, der jetzt sagt: „Oh, ich hätte voll Bock, mit METALLICA eine Stadion-Tour zu machen!“ Klar, wäre auch geil und ich würde auf keinen Fall Nein sagen. Aber mir kommt es eher auf die Menschen dahinter an. Und oft ist es so, dass wenn du mit Leuten tourst, von denen du ein riesiger Fan bist, und die ganze Tour-Maschinerie mit der ganzen Tour-Logistik und dem ganzen Geschäftskram kommt dann ins Laufen, und du machst dann unangenehme Erfahrungen… Obwohl die Jungs vielleicht auch gar nicht so sind, dann ist es so, dass dein eigenes Fan-Dasein dann im Arsch ist. Lieber Fan bleiben.
Nachdem Steven den Lesern noch ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht, beenden wir unser Gespräch. Was soll ich sagen: Es hat Spaß gemacht! Es ist bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich von ihm und der Band gehört habe. Wer weiß – vielleicht bietet sich für mich ja bei den MetalDays in Tolmin eine Gelegenheit, noch einmal mit XANDRIA ins Gespräch zu kommen…
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