Jeden Monat abgesichert – Der Traum vom Crowdfunding

In den letzten Jahren haben sich Crowdfunding-Plattformen nicht nur für konkrete Projekte, sondern auch für dauerhafte künstlerische Selbstverwirklichung etabliert. Jeder Hobby-Cartoonist und YouTuber  – HUST! – scheint auf diesen an Fahrt gewinnenden Zug aufzuspringen. So wächst das Bewusstsein für die Unterstützung kostenloser Unterhaltung meiner Erfahrung nach stetig. Besonders erfreulich ist es da zu sehen, dass die Musik nicht hinterherhinkt. Selbst in den Zeiten von Pirating – Wer macht sich dafür eigentlich noch die Mühe? – und Streaming kehren einige Nutzer der Selbstverständlichkeit den Rücken zu.
Um unabhängig von Aufträgen und Werbung zu bleiben, nehmen vermehrt Musiker eine direkte Verbindung zum Fan auf: exklusive Inhalte wie Eindrücke aus dem Tourbus oder Studio und den persönlichen Kontakt inklusive.

Was ist daran jetzt so merkwürdig? Die Fans bezahlen monatlich und erhalten im Gegenzug dafür ein gutes Gefühl. Umso besser das nächste Album dann läuft, desto stolzer ist dann der zahlende Fan. Besonders im Underground kann die monatliche Zahlung eine Erlösung sein. Aber ab welcher Größe lohnt sich das? Nehmen wir mal drei total unterschiedliche Beispiele als exemplarisch an:

BLYH haben – ohne Perks und viel Vorbereitung – eine Seite bei Patreon gestartet und aufgrund ihres Bekanntheitsgrades (ca. 1000 Facebook-Likes) bis jetzt wenig Rückenwind erhalten. Mit monatlich fünf Dollar abzüglich der Gebühren können sich die beiden gerade mal einen Tag lang mit Instant-Nudeln versorgen. Großer Hoffnungsschimmer ist jedoch, dass die Seite nicht dauerhaft beworben wird und meiner Einschätzung nach noch in den Startlöchern steht. 

THE HIRSCH EFFEKT hingegen pflegen ihren Patreon-Feed und kommen damit bei 59 Unterstützern auf 350 Dollar im Monat. Sie verwirklichen sich dadurch den Traum vom eigenen Podcast und bestimmt noch den einen oder anderen gemütlichen Abend, an dem nicht bis spät in den Morgen gearbeitet werden muss. Und die Seite ist erst seit dem 07.02.2018 online!

Die Briten von WHILE SHE SLEEPS gingen den inzwischen üblicheren, projektgebundenen Weg über pledgemusic. Dort sammelten sie in kürzester Zeit mit exklusiven Vorbesteller-Angeboten das gesamte Budget für das neue Album. Am Ende der Kampagne stand fast das dreifache des ursprünglichen Ziels zur Verfügung – den Fans sei dank. 

Diese drei (Extrem-)Beispiele zeigen deutlich, dass Erfolg weiterhin bestimmt, ob ihr mit solchen Kampagnen landen könnt. Denn eine große Anzahl an Fans sorgt für höhere Einnahmen bei Crowdfunding-Plattformen (siehe WINTERSUN). Trotzdem entfernt man damit die lästigen Label-Köpfe, die neben eurer bisherigen Arbeit noch eure kommerziellen Potentiale ausloten!

Wusstet ihr eigentlich schon, dass wir auch lästige Mittelsmänner umgehen? Silence ist komplett werbefrei und lebt direkt von euren hart erarbeiteten Ersparnissen. Bis jetzt konnten wir viele Kosten rund um das Magazin dank der Unterstützung unserer Patrons tragen, inzwischen haben wir sogar unser erstes eigenes Equipment für Berichte. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an alle, die uns unter die Arme greifen! Dank euch sind wir komplett werbeunabhängig und dürfen alles frei Schnauze sagen. Falls ihr noch nicht an Bord seid und unsere Arbeit im Namen Cthulhus würdigen wollt, geht es hier zu unserer Crowdfunding-Seite bei Patreon.

Die Schattenseite

Nachteile lassen sich schnell ausmachen. Für jeden Künstler auf diesen Plattformen wird die Abhängigkeit von den Neigungen ihrer Anhänger beziehungsweise Spender größer. Dadurch entstehen auftragsähnliche Verpflichtungen, die zwar nirgendwo festgeschrieben sind, aber bestimmt psychisch eine Rolle spielen. Stellt euch vor, ihr schreibt ein neues Album, tut das nicht nur wegen eines Label-Vertrages, sondern für die Top-Patreons „Günther“ und „Anni“. Viele Fragen stellen sich euch: Spüren die zahlenden Zuhörer nicht, dass sie euch vorerst für die Musik und dann für exklusive Einblicke in eine missfallende Neuausrichtung bezahlen? Und wird das Label euch Nebenverdienste via Patreon weiterhin erlauben, wenn die Albumverkäufe einbrechen? Oder wird sich irgendwann euer Manager auch ein Stück vom Kuchen nehmen?

Sichert euch eure Die-Hard Fans!

Die Vorteile hingegen sind viel breiter gefächert. Mit einer gewissen Begabung und einem ausgewogenen Arbeitsethos können sich auch „DIY-Musiker“ schnell den Traum vom Hobby als Nebenjob erfüllen. Und dabei ist man nur von der positiven Resonanz der Fans abhängig. Damit werden Mittelmänner nur noch für Erfahrungen und Kontakte nötig. Crowdfunding bietet quasi die nächste Stufe für Selbstveröffentlichungen.
Jede Band, die groß genug ist oder werden möchte, sollte wahrscheinlich ihre Möglichkeiten prüfen. Ein nicht zu vernachlässigender Nebenverdienst könnte auf euch warten, wenn ihr Lust habt, einige wenige zu euren VIP-Fans zu machen.

Was denkt ihr darüber? Habt ihr bereits Erfahrungen mit Crowdfunding gemacht – als Musiker oder als Fan? Lasst es uns wissen. Wir freuen uns auf eure Kommentare.
PS: Wer sie noch nicht kennt, dürfte mit BLYH ein Black Metal Highlight des vergangenen Jahrs verpasst haben. Damit wäre mein musikalischer Auftrag auch erfüllt.


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