Kaffee und Kuchen auf Sächsisch!

Zum mittlerweile 6. Mal habe ich mich in diesem Jahr wieder zu einem meiner absoluten Lieblingsfestivals, dem In Flammen Open Air, in das sächsische Torgau verirrt. Wer auf kleine gemütliche Festivals steht, auf denen man völlig zwanglos den – seinen – Metalgöttern huldigt, ist hier definitiv an der richtigen Adresse. Mit 45 € für 3 wundervolle Tage Open Air macht man hier absolut nichts verkehrt!

Donnerstag

Punkt 11 Uhr läutet es an der Tür. Dieses ungewohnte Verständnis von Zeit und Raum vom Kollegen El Zecho gibt mir irgendwie zu denken. Es ist weder sein übermäßiger Durst, noch ungewollte Schlaflosigkeit. Nein, der Junge hat absolut Bock auf das In Flammen Open Air. Bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen 22°C machen wir uns also auf den Weg ins sächsische Torgau. Mit den angenehmen Temperaturen hatte man in den letzten Jahren nicht so viel Glück, lief man doch vor Hitze des Öfteren aus. Auf dem Zeltplatz angekommen, widmeten wir uns erstmal dem erbarmungslosen Kampf des Zeltaufbaus. Gerade der „Grande Charmeur“ der Redaktion hatte ordentlich zu kämpfen, da er ein eher unerfahrener Camper ist und doch eher sein Auto als Schlafquartier bevorzugt. Nachdem die Koje bezogen wurde, stellten wir uns dann erstmal der zwischenmenschlichen Kontaktpflege, ehe das Festival um 19 Uhr für uns so richtig mit Wandar aus Halle/Saale startete. Mit ihrem wütenden Black Metal kamen sie auch richtig gut an und die Zeltbühne füllte sich zunehmend. Die größte Überraschung – und gleichzeitig Highlight – ereignete sich nach gut 35 Minuten Spielzeit, als zum Abschluss des Sets eine Coverversion des 80er-Hits „Dancing With Tears In My Eyes“ von MIDGE URE dargeboten wurde.
Weiter ging es mit MANTAR aus Hamburg. Die 2! Jungs, die mit ihrem neuen Album gerade richtig am durchstarten sind, prügeln vom ersten Ton an auf das prallgefüllte Zelt ein. Egal, ob mit „Spit“, „Astral Kannibal“ oder „Era Borealis“– die Hasstiraden werden vom Publikum frenetisch gefeiert. Nach gut 40 Minuten ist die Gewaltorgie dann beendet und so manch Fan aus den ersten Reihen um den ein oder anderen blauen Fleck reicher.
NIGHT DEMON haben dann die undankbare Aufgabe, während des EM-Halbfinales mit deutscher Beteiligung auf die Bühne zu treten. Das Zelt ist trotzdem noch ganz gut gefüllt und die 3 Kalifornier wissen mit ihrem klassischen Heavy Metal auch durchaus zu überzeugen. Besonders überrascht war ich vom durchgängig guten Sound in dem überdimensional großem Pavillon. Im letzten Jahr hatten die Tontechniker noch recht massive Probleme, einen ordentlichen Ton zu erzeugen.
Abgeschlossen wurde der erste Abend durch eine kleine Feuershow des Künstlers Weltenbrand. Ich persönlich brauch eine solche Vorstellung auf Festivals eher nicht, da ich für die Musik dorthin fahre. Egal, dem Großteil der Zuschauer hat es gefallen.

MANTAR am abgehen

Freitag

Nach einer – wie auf Festivals so üblich – viel zu kurzen Nacht, startete für uns der Tag mit den Berlinern MORBID PANZER. Mit ihrem Black/Thrash-Metal konnten mich die 5 Icken restlos überzeugen. Gerade die hohen Screams brachten reichlich Frische und Eigenständigkeit in ihre Darbietung.
Das erste richtige Highlight des Tages stellten für mich die Leipziger von DIVISION SPEED dar. Nach der Veröffentlichung ihres hochgelobten Debütalbums durfte ich die Jungs bereits zum vierten Mal sehen und war – wie immer – total aus dem Häuschen. Auch auf dem In Flammen Open Air konnte mich die Truppe wieder komplett vom Hocker reißen. Songs wie „Truppensturm“, „Panzerkommando“ oder der Rausschmeißer „Division Speed Attack“ brachten die Meute zum ausrasten.
Nach so einem heißen Auftritt benötigte ich erstmal eine kleine Abkühlung. Diese wurde vom Entenfang, einem kleinen Bach direkt neben dem Zeltplatz, geschaffen. Bei einem kühlen Bier im erfrischenden Wasser wurde über diverse Festivalanekdoten philosophiert. Auch eine kleine Algenschlacht durfte mal wieder nicht fehlen. Klarer Verlierer: El Zecho!
Mit gedrosselter Geschwindigkeit ging es dann nicht nur für uns, sondern auch mit der Musik, weiter. GORILLA MONSOON standen bereit, um mit ihrem Sludge/Doom-Mix für ein bisschen Wüstenstimmung im grünen Grund vor der Bühne zu sorgen. Durch die Verspätung von IN THE WOODS spielten die Dresdner jetzt schon auf, weshalb ich die Hälfte des Auftritts verpasste. Die eine Hälfte, die ich aber noch sah, gefiel mir richtig gut und ich weiß jetzt schon, dass ich mir die andere Hälfte definitiv auf dem Stoned From The Underground geben werde.
Nun aber zu IN THE WOODS. Die Musik gefiel mir eigentlich ganz gut, aber die Performance ließ schon stark zu wünschen übrig. Natürlich passt es zu dem Bandnamen, wenn man eine Stunde lang wie angewurzelt auf der Bühne stehen bleibt, aber ein bisschen mehr Action habe ich mir schon erhofft.
Letzte Band des Abends: VENOM Inc. Was macht dieses „Inc.“ hinter VENOM werden sich jetzt sicher einige fragen. VENOM Inc. besteht aus den beiden Gründungsvätern Abaddon und Mantas, sowie dem ehemaligen Sänger Demolition Man der Black Metal-Urgesteine. Gezockt wird von dem Dreigestirn ausschließlich Material der ersten 3 Alben, wobei für mich „Witching Hour“ den absoluten Höhepunkt darstellt. Ein wirklich gelungener Abschluss des zweiten Abends, den wir danach noch mit dem ein oder anderen Kaltgetränk und reichlich Fachsimpelei beenden.

VENOM INC.

 

Samstag

Dritter und letzter Festivaltag! Für mich startet dieser vor der Zeltbühne, auf der sich J.T. RIPPER die Ehre geben. Die 3 Thrash/Speed-Metaller aus Chemnitz haben es auch voll raus und wissen, wie man die verkaterte Meute vor der Bühne auf seine Seite bringt. Auch hier muss ich sagen, dass der Tontechniker wieder ausgeschlafen und wohlgenährt zum Dienst erschienen ist.

Kaffee & Kuchen

Nach dem ordentlichen Speed-Metal-Start in den Tag geht es nun mit einem Unikat weiter. Kaffee & Kuchen stehen auf dem Programm. Wer denkt, dass es sich um eine Spaßkombo handelt, der irrt sich! Es gibt tatsächlich Bienenstich und schwarzes Gold! Und das ist nicht das Einzige, was das Festival so besonders macht. Es ist tatsächlich das einzige mir bekannte Festival, auf dem es keine strikte Trennung von Zelt- und Festivalgelände gibt. Sprich: jeder darf seine eigenen Getränke mit vor die Bühne nehmen.
Nachdem man das ganze Wochenende schon verschiedene Sachen über die US-Amerikaner EAT THE TURNBUCKLE hören konnte, machte mir die Running Order einen Strich durch die Rechnung, da fast gleichzeitig DEAD LORD spielen sollten. Da gebe ich mir doch lieber die Schweden mit ihrem herrlichen Rock ´n´ Roll, als irgendwelche durchgeknallten Amis, die sich mit Pizzaschneidern die letzten Gehirnzellen weghobeln. Und meine Entscheidung stellte sich als richtig heraus. Vom ersten Ton an hatte mich die Truppe um den sympathischen Frontmann Hakim auf ihrer Seite. Bis zum abschließenden „Hammer To The Heart“ hatte ich einen Haufen Spaß.
Die nächsten Bands konnten mich nicht so wirklich überzeugen, weshalb ich mich den kulinarischen Köstlichkeiten und einem kurzen Wassergang (Anm. d. Red.: heißt das, in den Bach pinkeln?) hingab. Was die Nahrungsmittel angeht, so hat sich im Vergleich zum Vorjahr einiges getan. Mittlerweile kommt auch ein Nicht-Fleischfetischist hier voll auf seine Kosten.

Musikalisch ging es dann mit den australischen DESTRÖYER 666 weiter, die schon seit Jahren live eine absolute Macht sind. Und auch dieses Mal sollte keiner der rund 2000 Fans enttäuscht werden. Gespielt wurde hauptsächlich neues Material, was aber keinesfalls schlecht ist. Im Gegenteil, das neue Zeug kommt auf der Bühne genauso gut rüber wie auf Platte.
Den krönenden Abschluss bildete für mich PRIMORDIAL. Die Iren sind echt so eine Truppe, an denen sich die Metalfraktion scheidet. Die Hälfte feiert die Band frenetisch ab, die andere Hälfte kann mit ihnen absolut nichts anfangen. Ich gehöre definitiv zu Erstgenannten, was sich auch nach diesem Auftritt nicht ändern wird. Vor allem der Rausschmeißer „Empire Falls“ ist immer jeden Cent des Eintrittsgeldes wert, und wem dieser Song keine Gänsehaut auf den Körper zaubert, dem ist wahrscheinlich kaum noch zu helfen.
BRUJERIA habe ich mir dann geschenkt, da mich die Müdigkeit überkam und ich mit der Musik eh nicht so viel anfangen kann.

Auch in diesem Jahr konnte Veranstalter Thomas wieder eine wahnsinnig gute Mischung an Bands für sein Festival anheuern, bei dem für jeden Genre-Liebhaber mindestens eine Band dabei war.
Auch die wenigen Kleinigkeiten, die in den letzten Jahren noch nicht so gut liefen, wurden punktuell verbessert, wodurch sich das Festival für den Großteil zu einem wahren Stammfestival entwickelt.
Nun heißt es wieder 362 Tage warten, bis wir alle wieder in Flammen stehen!


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