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Kann es noch schlimmer werden?

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FAUN – Midgard
Veröffentlichungsdatum: 19.08.2016
Dauer: 50 Min.
Label: We Love Music

Heute schauen wir uns das Album „Midgard“ von FAUN an. Das erste Mal aufmerksam auf diese Band wurde ich zur Zeit des Albums „Eden“, also 2011. Zu dieser Zeit konnte man die Band eindeutig dem Mittelalter-Genre zuordnen, viel mystische Klänge von Flöten und Gesänge, die zum Träumen einluden. Mit „Von den Elben“ im Jahr 2012 änderte sich dies allerdings grundsätzlich. Fans der Band erwartete ein poppiges Album, auf dem der einzig gute Song ein Cover von ELUVEITIEs „Omnos“ ist, und da ist der Erfolg sicher nicht FAUN zuzuschreiben. Mit „Luna“ zwei Jahre später, versuchten FAUN, sowohl die alten als auch die neugewonnenen Fans versöhnlich zu stimmen, was teilweise gelungen ist. Man konnte die alten Klänge erkennen. Ein bisschen…

Doch kommen wir nun zu „Midgard“. Wie der Titel vermuten lässt, wollen FAUN in eine magische Welt voller Helden und magischen Geschöpfen entführen. Midgard ist in der germanischen Mythologie die Erde, also der Ort, wo die Menschen wohnen. Mit einem Blick auf die Titelliste wird allerdings klar, dass es sich bei diesem Werk nicht ausschließlich um nordisch-germanische Sagen handelt, denn Lughnasad, MacBeth und Brandan muten eher schottisch an, und die waren bekanntlich keltisch angehaucht.

Beginnen wir mit dem, was mir an diesem Album besonders gut gefällt. Das Erste, was mir positiv ins Auge fällt, ist das Albumcover. Die Band in altertümlichen Gewandungen, sogar mit an Walküren erinnernde Federn am Kopf. An den Seiten entlang ziehen sich Borten mit den typischen nordischen Knoten und der Schriftzug Midgard ist in einer an Runen erinnernden Schrift. Gefällt mir sehr gut! Als nächstes habe ich angefangen, in das Album hineinzuhören.

FAUN-Midgard-Bandpic-2

Der „Prolog“ erfreute meine Ohren mit krächzenden Raben und einigen Hörnern, ehe ein melodischer Kanon anfing. Ehrlich gesagt habe ich mich dabei sehr auf das Album gefreut, da ich gehofft hatte, die Band wäre endlich zu ihren wunderbaren Wurzeln zurückgekehrt und FAUN hätten den Pop endlich verabschiedet. Doch kaum beginnt „Federkleid“, erkenne ich, dass ich mich gänzlich getäuscht habe. Es ertönt zwar wunderschöner Gesang mit einer entzückenden Melodie, jedoch kommen kurz danach die poppigen Beats dazu, die mein Herz erschüttern. Wie kann man einen so angenehm startenden Song nur so verschandeln? Ähnlich ergeht es mir mit dem „Sonnenreigen (Lughnasad)“, einen, an das keltische Fest Lughnasad angelehnten Tanz.

Mit „Alba II“ wird ein Lied aus dem älteren Album „Eden“ neu vertont und ganz ehrlich: Wie kann man nur? „Alba“ ist ein unheimlich gefühlvoller Song, einer der Gänsehaut verursacht. Viel live gespielt, zu oft aber trotzdem gerne gehört. „Alba II“ klingt eher so, als habe man Justin Timberlake eine Flöte in die Hand gedrückt und ihn zusammen mit Rihanna den Song singen lassen.

„Nacht des Nordens“ klingt erstmal nach Träumen, sich aufs Sofa legen, die Augen schließen und plötzlich in einem verschneiten Wald aufzuwachen, die Nordlichter über einem. Im Endeffekt ist ein Schunkellied entstanden, welches wohl eher zum betrunken am Biertisch Hin- und Herschaukeln einlädt, mit der eisigen Nacht im Norden aber wenig zu tun hat.
Mit „MacBeth“ gelingt der Band endlich ein Song, den man sich ohne Angst anhören kann. Eine gefühlvolle Ballade mit wunderschönem Gesang von Oliver Pade. Eine eingängige Melodie, leider ist das Lied ein wenig zu lang geworden. Irgendwann zieht es sich nur noch hin.

Über „Gold & Seide“ und „Brandan“ kann man nicht viel Gutes schreiben, es klingt alles weichgespült und nicht echt. Grade die Damen klingen auf dem gesamten Album sehr aufgeweicht, es fehlt der Druck.

Mit dem Song „Odin“ ist es FAUN endlich gelungen, einen einigermaßen druckvollen Sound hinzubekommen, sehr eingängiger Gesang. Hier ist allerdings auch WARDRUNA mit am Werk.

Die „Rabenballade“, ein oft gehörter Klassiker der Mittelalterszene wird auch hier mit Popmusik hinterlegt und bringt mich lediglich dazu, kopfschüttelnd auf ‚weiter‘ zu drücken. Jedoch macht es der Abschlusssong „Lange Schatten“ auch nicht besser. Ein weiteres kitschiges Lied, dass zum Folksfestschunkeln animiert.

 

Bild mit freundlicher Genehmigung von Ben Wolf

Autorenbewertung

2
Außer dem Prolog und dem Cover ist von FAUN nicht mehr viel zu erkennen. Dieses Mal wurde es noch etwas weiter getrieben und selbst das altbekannte 'Alba' wurde verschandelt. Das tut in der FAUN-Seele weh ...
ø 0.5 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
2 / 10 Punkten

Vorteile

+ gut gemachtes Cover
+ "Odin" mit Wardruna klingt hörbar

Nachteile

- selbst alte Songs bekommen ein Popgesicht
- vom alten FAUN-Stil ist fast nichts mehr zu erkennen
- zu viel Pop, zu wenig FAUN

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8 Kommentare

  1. zhylon
    14. September 2020 bei 17:39 — Antworten

    ICh finde es schade, dass Faun sich mehr und mehr zur Pomusik entwickelt hat in den Jahren. Während sie damals noch schön Pagan Folk hatten mysthische Klänge und Gesang, z.B Egil Saga, Unda, Sieben Raben, oder Schloss am Meer. Oder gar das Wind und Geige. Sind die meisten Songs von Faun heut zutage ziemlich Poppig, Gut als Gastmusiker bei Santiano mit Tanz mit mir oder bei den Pulveraffen ist es ja ganz gut aber als Faun selber haben sie ihren alten Stil hinter sich gelassen. Nur noch ne Mische aus pop Musik im Grunde.

  2. […] FAUN – „Midgard“. Als ich gefragt wurde, hab ich das fast vergessen, da ich es ehrlich gesagt völlig verdrängt habe… […]

  3. Lodenschwein
    17. September 2016 bei 13:26 — Antworten

    Mmmmhhhh
    Ich kenn die Band nicht, ich interessiere mich auch nicht wirklich für „Burgefräulein-Musik“
    Aber beim durchstöbern vom neuen Legacy ist mir deren Review/Bewertung aufgefallen und dort geht es ja mehr oder weniger durch die Decke.
    Ich erinnere mich so an den Alex der mal sagte, silence Magazin ist unabhängig: wenn ein Album scheisse ist dann ist es scheisse!
    Das wäre jetzt für mich mal ein Grund mir das Album reinzuziehen. Also so mit einmal pro und einmal Contra. Ohne jetzt die Review Lady zu bewerten hat sie ja recht viel persönliche Enttäuschung durch blicken lassen.
    Ich hab da grad so ein Zitat von meinem Lieblings Kabarettist Serdar Somuncu im Kopf:
    „Ich bin nicht Vertreter deiner Erwartungen“
    Vielleicht köööööönnte man sowas ja bei zukünftigen Reviews im Kopf behalten ?

    Lange Rede kurzer Sinn weil die 2 Reviews so gegensätzlich sind werd ich mir das mal reinziehen und einfach mal neutral versuchen das Werk zu betrachten und nicht die Band 😉

    So genug entmüllt

    • 17. September 2016 bei 20:40 — Antworten

      Lode, mein bester Frauenversteher wo gibt!

      Du bist es wert, echt mal in einer Veröffentlichung erwähnt zu werden. Immer schön Obacht, ja! 😉

    • Lodenschwein
      18. September 2016 bei 14:57 — Antworten

      Öh, wo issn die Antwort von Pöbel hin ?

      So also ich hab mir die Zeit genommen und das Album mal durchgehört.
      Auch wenn die Bewertung mit 2 Punkten echt streng ist bin ich auf eurer Seite 😉

      Das Album fängt an und ich dacht noch jo cool das wird easy listening. Doch je weiter man vor dringt hat man das Gefühl die Songs plätschern vor sich hin und so richtig kommt kein Spaß beim hören auf. Ich hätte dann fortwährend den Wunsch jeden Song weiter zu klicken weil es echt langweilig wird und ich fand den Songs würde es gut stehen wenn die Band mal am „Hahn zieht“
      Klar die beherrschen ihre Instrumente aber das tun andere aus dem Genre im Mainstream auch. Zum Beispiel fällt mir der Song „Minne“ ein den Santiano mit Oonagh mal aufgenommen haben. Das hat Pepp und geht ins Bein. Bei den Songs von Faun auf besagten Album würd ich mir eher eine Wanne einlassen um nach 5 min genervt wieder selbige zu verlassen.
      Ich kenn die Band nicht aber ich glaub Atryela wenn sie uns sagen will, das da schon mal mehr drin war!
      Dennoch der Sound ist gut aber die Texte echt albern. Bei Odrörir zum Beispiel wirkt die Thematik nicht so aufgesetzt.

      Weitermachen

  4. Christin
    13. September 2016 bei 7:44 — Antworten

    Habe zwar in das neue Album noch nicht reingehört, aber auf das Feat. mit Wardruna bin ich echt gespannt!

  5. Louisa
    12. September 2016 bei 14:23 — Antworten

    Ich finde es nicht schlimm, dass eine Band sich im Laufe der Jahre verändert und entwickelt. Natürlich klingt Midgard nicht mehr nach den Faun von 2011, aber jedes Album war für mich eine schlüssige Weiterentwicklung aus dem vorhergegangenen. Schade, dass sie dir nicht mehr so gefallen wie früher.

  6. Arne
    11. September 2016 bei 21:16 — Antworten

    „Grade die Damen klingen auf dem gesamten Album sehr aufgeweicht, es fehlt der Druck.“

    Das ist mir beim Anhören der Snippets, die im Vorfeld veröffentlicht wurden auch aufgefallen. Möchte das aber auf die Gesamte Musik von Faun mittlerweile erweitern.

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