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Immer vorwärts Schritt um Schritt – das zweite KANONENFIEBER Album rückt an!
KANONENFIEBER – „Die Urkatastrophe“
Veröffentlichungsdatum: 20.09.2024
Länge: 50:41
Label: Century Media Records
Genre: Black Metal
Nachdem ich es bis heute bereue, dass ich über den Vorgänger „Menschenmühle“ keinen Review geschrieben habe – weil ich zu dessen Erscheinen weder Band noch Album auf dem Schirm hatte – freue ich mich nun umso mehr den Nachfolger vor der Flinte zu haben. Wenn nun kurz der Mundwinkel zum Grinsen gezuckt hat, dann ist KANONENFIEBER und das bisherige Konzept zumindest bekannt. Die Band macht… ja was denn nun? Die Quellen unterscheiden sich hier von Black Metal über Melodic Black Metal bis zu Death Metal. Wenn man diese Genre-Haarspalterei weglässt, dann machen sie: richtig gute Musik!
Direkt verKNALLt
Ich habe das Vorgängeralbum erst (zu) spät kennengelernt, aber war direkt schockverliebt und dieser Eindruck konnte sich auf einigen Live-Auftritten dann zum Glück bestätigen. KANONENFIEBER sind ein Phänomen, vor allem wenn man bedenkt, dass das Ganze ein Solo-Projekt von Mastermind Noise ist. Wie eine Einzelperson so etwas entwerfen und alleine einspielen kann, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Nachdem das erste Album ausgiebig betourt wurde und man auch auf den ganz großen Bühnen gestanden hat, folgt nun also „Die Urkatastrophe“. Und vorneweg kann ich schonmal feststellen: Eine Katastrophe ist es glücklicherweise nicht!
Skepsis macht alles so viel leichter
Zugegeben, ich war ein wenig unsicher wie das zweite Album wird. Ich war gespannt, ob hier ein komplett anderes Thema aufgegriffen wird, oder ob thematisch immer noch der erste Weltkrieg die Hauptrolle spielt. Diese Frage war mit dem Erscheinen der ersten Singles dann sehr schnell beantwortet. Und ich bin mir sicher, dass es hier noch unzählige Geschichten gibt, die noch nicht erzählt wurden. Dabei kommen wir auch gleich zu einem ersten Risikopunkt, der mich im Vorfeld unsicher in Bezug auf das Album machte: Wird es eine Kopie von „Menschenmühle“? Und wird das Konzept damit langweilig und verbraucht?
Nein, das wird es nicht. „Die Urkatastrophe“ kommt mit 12 neuen und frischen Songs daher, die es aus meiner Sicht schaffen genau die nötige Balance zu finden. Einerseits ist deutlich hörbar: Hier spielt KANONENFIEBER! Andererseits ist genügend frischer Wind auf dem Album, um keine Verwechslung oder – noch schlimmer – Langeweile aufkommen zu lassen. Ich finde, man merkt dem Album an, dass jetzt ein größeres Label im Hintergrund steht, es ist nicht mehr ganz so fies und nicht mehr ganz so kalt und kratzig. Aber es verliert dadurch nicht an Bedeutung, ist keinesfalls zu weich und vermittelt immer noch mit voller Wucht die Schrecken der Thematik.
Die Vergangenheit holt uns ein
Ich werde nicht im speziellen auf Textpassagen eingehen, denn das können zum einen andere, fachkundige Leute viel besser, und zum anderen sind die Texte dieses Mal tatsächlich schon beim ersten Hören akustisch besser erfassbar. KANONENFIEBER bleiben hier dem eigenen Stil treu und vertonen verschiedene Ereignisse des ersten Weltkrieges aus Sicht der einfachen Soldaten und schaffen damit erneut eine Atmosphäre, die bedrückend und düster die Schrecken des Krieges aufzeigt.
Und dabei wird eben genau keine Glorifizierung vorgenommen, sondern der Wahnsinn, die Menschenverachtung und der Größenwahn dieser Zeit beleuchtet, ebenso wie die Sinnlosigkeit dieses Krieges. Ich finde genaue diese Art der Geschichtsaufarbeitung in den heutigen Zeiten traurigerweise unglaublich treffend und wichtig. Es ist meiner Meinung nach ein wichtiger Weg die Geschichten einer grausamen Vorzeit in die jetzige Zeit zu holen und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Es wird in jedem Lied deutlich, welches Leid und Elend Krieg produziert – für den Einzelnen und für alle.
Alles neu oder der selbe Song nochmal?
Doch was macht das Album nun anders als den Vorgänger? Ich denke, es wurde hier einfach noch mehr experimentiert und variiert. Bei Titeln wie „Der Maulwurf“ oder auch „Ausblutungsschlacht“ wird mit ganz anderem stimmlichen Einsatz gearbeitet, was die Struktur des Albums zwischendurch auflockert und aufhorchen lässt. Ein sehr gelungener Move ist aus meiner Sicht auch der letzte Titel „Als die Waffen kamen“, der wie auf dem Vorgänger („verscharrt und ungerühmt“) das Album mit einer sehr ruhigen akustischen Nummer beendet. Dadurch wird sowohl textlich, als auch von der Stimmung her ein idealer Abschluss gefunden, der richtig gut wirkt nach den mehr als 45 Minuten Black Metal-Gewitter zuvor!
Dazu kommen Titel, die Live auch einfach wieder wahnsinnig gut funktionieren dürften wie zum Beispiel „Ritter der Lüfte„, „Gott mit der Kavallerie“ oder „Waffenbrüder“. Es fällt mir zusätzlich positiv auf, dass weniger Original-Tondokumente in den Songs verarbeitet wurden. Diese haben das Ganze zwar sehr authentisch gemacht, waren aber für mein Empfinden teilweise beim Hören doch etwas schwierig. Da finde ich es jetzt besser gelöst, diese als Einleitung („Großmachtfantasie“), oder eben selbst interpretiert („Verdun“) mit einfließen zu lassen.
Fazit
Das Album ist für mich absolut stimmig in die sehr großen Fußstapfen seines Vorgängers getreten und KANONENFIEBER haben es geschafft ein zweites eindrucksvolles Werk zu erarbeiten. Ich war skeptisch, ob ein zweites Album zu dieser Thematik das Level halten kann und wurde positiv überrascht! Nun bin ich gespannt was die Zukunft hier bringt, und ob mit dem nächsten Album vielleicht auch der Schauplatz gewechselt wird. Hier vermute ich einfach, dass noch viele Überraschungen kommen werden und dass es auf absehbare Zeit mit dieser Band nicht langweilig werden wird – erst recht nicht live!
Autorenbewertung
Vorteile
- den unverkennbaren Stil beibehalten, aber weiterentwickelt
- wuchtiges und bedrückendes Gesamtwerk
Nachteile
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