KARG – Wenn Melancholie, dann richtig
KARG – „Traktat“
Veröffentlichungsdatum: 7.02.2020
Länge: ca. 76min.
Label: AOP Records
Genre: Atmospheric Black Metal/ Post Rock
Über 70 Minuten Albumlänge. Das ist mal ne Ansage. Wenn auch in manchen Genres die 10-Minuten-Songs praktisch schon zum guten Ton gehören, so ist es doch eine Kunst für sich, dieselben auch dauerhaft spannend zu gestalten. Ein Spagat, der KARG in seinem neuen Album „Traktat“ mehr als gut gelingt.
Wem der Name KARG nichts sagt: So heißt das Soloprojekt des Sängers von HARAKIRI FOR THE SKY, auch bekannt unter seinem Pseudonym J.J. Wir haben es hier also mit österreichischem Black-Metal zu tun. Im Gegensatz zu HARAKIRI, die 2012 mit ihrem selbstbetitelten Album debütierten, erschien KARGs erstes full-length-Album „Von den Winden der Sehnsucht“ bereits im Jahre 2008. Seitdem sind viele tolle Werke hinzugekommen, aber mit „Traktat“ werden noch einmal neue Maßstäbe in Sachen Emotionen, Melancholie und Sehnsucht gesetzt.
„Irgendjemand wartet immer“.
Hätte ich einen Lieblingssongtitel, wäre es vermutlich dieser. Der erste Track des Albums überzeugt aber abgesehen vom Titel auch noch mit Inhalt. Neben eindrücklichem, emotionsgeladenem Gesang und schwermütigen Gitarrenklängen beinhaltet „Irgendjemand wartet immer“ unter anderem auch ein Zitat aus einem meiner Lieblingsfilme – mal sehen, ob ihr es erratet!
Mein absoluter und beinahe unangefochtener Favorit auf dem Album ist aber der zweite Track, „Jahr ohne Sommer“. Ein Song, den man schwer in Worte fassen kann. Besonders das letzte Drittel ist in meinen Ohren einfach perfekt. Die Melodie ist sowieso ein unerschütterlicher Ohrwurm, aber vor allem erzeugt dieser Part eine Gänsehautstimmung, die intensiver kaum sein könnte.
Und wenn diesem Wunderwerk doch ein anderer Song wenigstens ansatzweise gefährlich werden könnte, so wäre das „Stolperkenotaphe“. Er soll euch als Hörbeispiel dienen – wobei ihr natürlich auch herzlich eingeladen seid, euch einfach gleich das ganze Album zu Gemüte zu führen… Die Geige beschert diesem Song eine melodisch-melancholische Note, die beinahe als kitschig durchgehen könnte – so oder so, das Motiv bleibt genial.
Kritik, irgendjemand?
Ich würde einfach mal behaupten, objektiv gibt es an diesem Album absolut nichts zu meckern. Songwriting, Kreativität und Produktion sind auf einem unbestritten hohen Niveau. Man kommt nicht umhin, dieses Machwerk als bittersüßen Hörgenuss zu empfehlen.
Wenn ich dennoch etwas zu meckern habe, so ist das rein persönlicher Natur. Mit einem Track will ich nämlich auch nach mehrmaligem Hören nicht so richtig warm werden. Bezeichnender Weise trägt er den Namen „Alaska“… Ich weiß gar nicht so genau, woran es liegt. Vermutlich ist die Melodieführung in diesem Song ausnahmsweise mal einfach nicht meins. Das ändert aber nichts daran, dass ich den Rest des Albums für großartig befinde!
Wer in Schwermut möchte schwelgen…
…der möge dies mit „Traktat“ nur zu gerne tun. Mit „Abgrunddialektik“ und „Grabcholerik“ seien noch zwei weitere Schmankerl des Albums genannt (unter anderem kommt hier auch wieder die Geige zum Einsatz). In Musik gegossene Gefühle nehmen den Hörer mit auf eine Reise voller Höhen und Tiefen. „Traktat“ ist ein beständiger Fels inmitten strudelnder Gedankenströme.
Autorenbewertung
Vorteile
+ gekonnte Kombination aus verschiedenen Instrumenten, Gesang und Einspielern
+ "Jahr ohne Sommer", "Stolperkenotaphe"
+ Sound passend zur Jahreszeit
Nachteile
- so gerne ich das Album in einem durchhöre, irgendwann zieht es sich dann doch ein bisschen...
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