Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über
Kitshickers – wie man ein eigenes Süppchen kocht
Ob sie überhaupt zum Metal zählen, darüber sind sich die Jungs von KITSHICKERS selbst nicht sicher. Klar ist dagegen, dass die luxemburgische Formation mit fast 20 Jahren Aktivität zu den dienstältesten Vertretern der härteren Klänge im Ländchen zählt. Anlässlich des neuesten Streichs „III.0“, haben wir die Exoten über ihre Historie, den aktuellen Werdegang und ihre kultigen Bandfotos befragt.
„Wir haben uns nichts zu beweisen“, erklärt Gitarrist Gilles Heinisch den Motivationsquell der Band. Klingt erst einmal komisch, ergibt aber bei näherer Betrachtung Sinn: „Uns bereitet es Freude, uns wöchentlich zur Probe zu treffen und gemeinsam kreativ zu sein. Da brauchen wir keinen Druck oder Derartiges, neues Material entsteht durch die Freude am Musizieren.“ Eigentlich selbstverständlich, aber irgendwo ist eine solch bodenständige Herangehensweise auch sympathisch, wo doch im heutigen Musikgeschäft oft so viel über das Geschäftliche nachgedacht wird. Da gilt es dann, alle zwei Jahre ein Album fertigzustellen und sich auf Teufel komm raus anzubiedern und zu verkaufen. Müßiggang braucht man KITSHICKERS aber keinesfalls vorzuwerfen, ist der aktuelle Streich „III.0“ doch schon das siebente Album der Band. „Mit unserer Vorgehensweise entsteht alle zwei oder drei Jahre ein Album, wobei wir da absolut nichts forcieren. Einmal hat sich die Sache wegen gesundheitlicher Probleme unseres Gitarristen Boris etwas aufgeschoben, ansonsten überbrücken wir kurzzeitige Ausfälle ohne größere Probleme. Wir sind fast alle Familienväter, und wenn da einmal jemand weniger Zeit hat, zieht sich derjenige kurz zurück, und wir arbeiten derweil trotzdem an unserem Material.“
Mit der losgelösten Arbeitsweise der Band geht auch das kreative Schaffen einher. Statt nämlich einzelne Lieder zu schreiben oder sich gar auf Single-Kandidaten und derlei Zeug zu konzentrieren, funktioniert Musik im Hause KITSHICKERS gänzlich anders: „Unsere Alben sind im Prinzip immer ein einziger großer Song. Den unterteilen wir natürlich sinnvoll, insbesondere jetzt auf dem neuen Album. Mit „III.0“ findet nämlich ein Novum Einzug in die eigenwilligen Klangsphären der KITSHICKERS: Mit Yann Dalscheid setzt die ansonsten instrumental agierende Band nämlich auf einen festen Sänger. „Es ist ein für unsere Verhältnisse leicht verdauliches Album, weshalb sich Gesang einfach angeboten hat. Wir sind an Yann herangetreten, weil wir sein spezielles Timbre schätzen und auch jemanden am Mikro haben wollten, der neben dem Geschrei auch clean singen kann.“
Wie sich herausstellen sollte, war das eine erhebliche Umstellung für die Band, deren jammig-instrumentale Herangehensweise sich über die Jahre als Alleinstellungsmerkmal herauskristallisiert hatte. „Am Anfang war es ein riesiger Schock. Wir haben auf der ersten Probe mit Yann alle bewusst auf den Gesang geachtet. Dabei ist es uns aber recht schnell so vorgekommen, als hätte er schon immer da gestanden.“ Eher scherzhaft stellt sich also die Frage, ob der geneigte Hörer jetzt erstmals auch mitsingen kann. „Habe ich unterwegs hierher getan, als einer der Songs im Radio gelaufen ist“, stellt Gitarrist Boris Schiertz erheitert fest.
Dass die Band mit Neuzugang Yann Dalscheid, der auch bei den Lokalhelden von SCARRED am Mikro agiert, auch das Live-Feeling sucht, dürfte klar sein. „Wir haben schon eine Mini-Tour mit unseren Freunden von THE MAJESTIC UNICORNS FROM HELL hingelegt und auch in Luxemburg neben unserer Release-Show ein paar Konzerte gespielt. Um ein neues Album zu präsentieren, versuchen wir natürlich immer, uns etwas Zeit zu nehmen. Allgemein ist das aber schwieriger, weil wir alle arbeiten und Familien haben. Da ist eine grüne Spalte in Doodle immer eine kleine Sensation, auch wenn es ein Mittwoch ist“, scherzt die Band. Richtig fies ist es da, wenn Arbeit und Kunst direkt aufeinanderprallen. Gitarrist Boris Schiertz arbeitet nämlich in der Kulturfabrik – einer der größten Venues Luxemburgs. Da präsentiert sich auch gleich eine erste Anekdote: „Wir haben auf der finalen Ausgabe des Bang Your Head-Festivals gespielt, und da hieß es dann auch während des Soundchecks ‚Boris, kannst du hier mal eine Hand anpacken?‘, so checkt sich der Sound umso entspannter.“
Während viele lokale Metalbands die besagte Kulturfabrik als Schlachtfeld für ihre Release-Party aussuchen, haben KITSHICKERS die Veröffentlichung ihres neuen Albums untypischerweise in den Rotondes in der Hauptstadt abgehalten. „Wir sind ja auch nur bedingt zu den Metal-Bands zu zählen“, greifen die Musiker ein späteres Thema vor. Das Programm ihrer Release-Show illustriert diesen Standpunkt aber ganz gut: „Wir wollten eine junge Band mit an Bord haben, um frisches Blut zu fördern, und haben uns dahingehend für THE KOOTERS entschieden. Wegen unserer Ausrichtung sollte auch eine rein instrumental agierende Band dabei sein, wobei die Auswahl hier auf unsere Weggefährten von THE MAJESTIC UNICORNS FROM HELL gefallen ist.“ Insbesondere angesichts der KOOTERS dürften sich die Musiker auch etwas alt gefühlt haben. „Unser Schlagzeuger Nelson hat schon getrommelt, bevor die Kollegen von den KOOTERS überhaupt geboren waren. Da merkt man erst, wie die Zeit vergeht!“
Ach, was reden wir hier von Alter? Nennen wir es doch eher Reife, denn diese strahlt das Songmaterial von KITSHICKERS zur Genüge aus. Dabei beackert die Band aber nicht ständig das gleiche Terrain. „Manchmal kommen Leute auf uns zu und sagen uns, sie hätten uns ein paar Jahre aus den Augen verloren und würden das neue Zeug gar nicht so richtig mit ihrem Bild von uns vereinen können. Wir werten das als Kompliment.“
Der stete Wandel trägt aber womöglich auch seinen Teil dazu bei, dass KITSHICKERS nie wirklich zu einem festen Bestandteil der luxemburgischen Metal-Szene geworden sind. Diese ist wohlgemerkt eher Thrash- und Death-lastig, wobei die Berührungspunkte der KITSHICKERS mit dem Metal eher im Prog- und Doom-Sektor anzusiedeln sind. „Es hat immer wieder Versuche gegeben, uns im Metal einzubetten, etwa als Rausschmeißer, um bei unserer eher atmosphärischen Musik gemütlich den Abend ausklingen zu lassen. Mit verschiedenen Metal-Bands, wie etwa DESDEMONIA, haben wir auch schon öfter gespielt. Wahrscheinlich bekommen wir jetzt eher einen Fuß in die Tür, weil Yann eben bei SCARRED brüllt und schon länger ein bekanntes Gesicht der Szene ist.“
Die Gesichter machen thematisch den Abschluss, denn diese zeigen die Jungs weniger gerne vor. Die meisten ihrer Bandfotos beinhalten nämlich untypische Spielereien und Motive. So etwa ein Foto, für welches die Band den Fotografen Jean-Luc Brausch, besser bekannt als „Schluck„, engagiert hat. „Wir wollten etwas mit der Blende herumspielen, um auch ohne Photoshop ein spezielles Foto zu erschaffen. Das hat glatt einen ganzen Abend gekostet. Bei einem anderen Foto hatte Yann die Idee, dass wir einfach alle nach oben schauen und springen.“ Ein Blickfang ist auch das aktuelle Bandfoto, welches auf dem Gelände der luxemburgischen Transport-Größe CFL entstanden ist. „Ich fahre auf dem Weg zur Arbeit jeden Tag an diesen ganzen Metallcontainern vorbei und dachte mir, das passt“, erklärt Gitarrist Gilles Heinisch die Inspiration. „Wir haben dann eine Anfrage eingereicht, die mit einem Rundgang verbunden war und wohl auch einiges an Aufsehen erregt hat. Die Leute dort haben sich wohl eine Art Videodreh erwartet und schon im Vorfeld darüber geredet. Als wir dann ohne Instrumente da gestanden haben, sind erst alle verwirrt gewesen, immerhin sind wir doch eine Band. Schlussendlich ist es aber eine richtig coole Sache geworden, da wir die Container umstellen und uns so quasi ein perfektes Motiv schaffen lassen konnten.“
Wie man KITSHICKERS in ein paar Jahren erleben darf, und ob sich die Sache mit dem Gesang bewährt, wird sich zeigen müssen. Klar ist, dass die Band auch zukünftig nach Herzenslust musizieren und dabei auf Konventionen pfeifen wird. Interessant bleibt die Sache auf jeden Fall, daher sei der Blick auf die Facebook-Seite der Band dringend angeraten!
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über