Knie nieder, Sklave! – CRAVEN IDOL
CRAVEN IDOL – The Shackles Of Mammon
Veröffentlichungsdatum: 14.04.2017
Dauer: 45:25 Min.
Label: Dark Descent Records
Stil: Black Metal/Thrash Metal
Lange ist es her, dass ich mir für SILENCE mal ordentliches Geballer auf die Ohren gegeben habe. Zeit wirds also, und CRAVEN IDOL sind dafür genau die richtige Wahl. „The Shackles Of Mammon“ ist der zweite Streich der Briten, und der trieft nur so vor alter Schule. Eine Zeitreise in die Epoche, als Gummistiefel noch aus Holz waren und Bands wie VENOM der 70s-Hochglanz-Gitarrenmusik ihren räudigen Gegenentwurf vor die Füße kotzten.
„WIR SIND OLDSCHOOL, MUAHAHAHAHA!!!“
Dementsprechend halten sich CRAVEN IDOL auch nicht lange mit einem Intro und atmosphärischer Hinführung auf, sondern holzen mit „Pyromancer“ direkt los. Quietschende Gitarren gehen in ein oldschooliges Solo über, während das Schlagzeug gleich mal alles in Grund und Boden blastet. Und dann – ein gewollt fieses Lachen. Muahahaha! Holy shit, mehr Retro geht echt nicht! Gitarrengeschrammel und Uffta-Uffta-Schlagzeugspiel fackeln den ersten Moshpit ab, während sich Sänger Immolator Of Sadistik Wrath (jap, so nennt sich der gute Mann) die Stimmbänder aus dem Hals keift und kreischt. Auch wenn der Song nur 2:33 Minuten dauert, so baut die Band doch einen live-tauglichen Mittelteil ein, der zum Fäuste ballen einlädt. Krasser Einstieg! Doch das war erst der Anfang …
Bei „A Ripping Strike“ fahren die Briten das Tempo dann zunächst etwas herunter und lassen mehr Melodik einfließen. Nach gut einer Minute übernimmt wieder König Blastbeat DCLXVI. das Zepter. Und schwingt es wie einen rostigen Flegel. Im Mittelteil hält schließlich ein unwiderstehlicher Groove Einzug, und auch der Bassist darf seinen Beitrag leisten. Hier beweisen CRAVEN IDOL in Sachen Songwriting ein echt feines Händchen. So vergehen die über 5 Minuten Spieldauer ohne spürbare Längen – well done!
CRAVEN IDOL ZWISCHEN KUNST UND KRACHMASSE
„Black Flame Divination“ startet mit einem lässigen Bass-Part, bevor nun endgültig alles niedergeholzt wird. So stumpfsinnig das klingt, ist es jedoch nicht. Denn die Riffs weisen noch genug Varianz auf, um nicht zu einer schwarzen, undefinierbaren Krachmasse zu verschmelzen. Achja, auch die fiese Lache kehrt zurück. In jedem anderen musikalischen Kontext wäre hier die Grenze zur Albernheit endgültig überschritten, doch bin ich bereits viel zu sehr im Oldschool-Modus, um das nicht abzufeiern.
Nach dieser Ballerorgie schalten CRAVEN IDOL mit „The Trudge“ wieder zwei Gänge zurück. Doch nur in Sachen Tempo. Groove und Melodie bewegen sich weiterhin auf höchstem Niveau. Im Angesicht der choralen Begleitung kriecht erstmals sogar ein wohliger Schauer durch meinen Körper und richtet die Härchen auf meiner Haut auf. Dann heißt es headbangen. Yeah! Im Mittelteil verstummen kurz alle Instrumente und weichen einer kalten Gitarre, die aus den Tiefen einer Höhle emporzuschallen scheint. Nach diesem unerwarteten Akzent regiert wieder der Knüppel, doch genau solche Teile machen „The Shackles Of Mammon“ sehr interessant und vielschichtig. Schließlich findet „The Trudge“ einen melodischen Ausklang. Für mich das absolute Highlight des Albums.
SCHWÄCHEPHASE IN DER ZWEITEN HALBZEIT
„Dashed To Death“ präsentiert sich da eher rifflastig und simpel. Klingt für mich ein bisschen zu sehr nach dem uninspirierten Gebolze Marke DESASTER. Erst als der Sänger mit den Worten „Kill for your God“ den getragenen Mittelteil einleitet, bin ich zeitweise wieder im Boot. So richtig zündet der Track bei mir aber nicht, deswegen springe ich hier direkt weiter zu „Mammon Est“. Dessen Anfangsriff ist zumindest schon mal interessant genug, um meinen Fuß in Bewegung zu versetzen. Ein Blastinferno, ein abwechslungsreiches Solo und ein grooviger Mittelteil halten mich bei der Stange, ohne mich jedoch komplett in Extase zu versetzen. Dennoch ein sehr solider Track.
Dass schneller Metal irgendwann doch zu hektisch werden kann, erfahre ich am Anfang von „Hunger“. Der Song kribbelt eher auf eine ungute Weise. So grandios das Album begonnen hatte, so stark baut es bislang in der zweiten Halbzeit ab. Einmal mehr reißen CRAVEN IDOL jedoch im Mittelteil eines Songs das Ruder herum, so dass „Hunger“ hintenraus doch noch ein wenig für den unangenehmen Anfang entschädigen kann. Gespenstische Synthies leiten zum finalen „Tottering Cities Of Men“ über, mit 8:37 Minuten das längste Stück der Scheibe.
SO ENDET DIE GESCHICHTE
Entsprechend getragen kriecht der Song dann auch daher. Tut nach den vorangegangenen Prügelorgien allerdings auch echt gut. Apropos: Ganz ohne Geschrammel und Blastbeats geht es natürlich trotzdem nicht. Also lässt die Band nach gut zwei Minuten wieder den Hammer kreisen. Zum Glück zertrümmert sie dabei jedoch nicht komplett die Atmosphäre, die sich beim Betrachten des sehr gelungenen Platten-Covers aufbaut. Jenes orientiert sich übrigens am Holzschnitt „Mammon und sein Sklave“ (1896) von Sascha Schneider, zu sehen hier. „Tottering Cities Of Men“ bietet zum Schluss hin noch gesprochene Textteile (z.T. auf Deutsch), viel Melodie, eine gute Portion Groove und bedrohliche Samples. Ein Schlusspunkt nach Maß!
CRAVEN IDOL bei Bandcamp und Facebook
Autorenbewertung
Vorteile
+ rotzige Vocals
+ meist abwechslungsreiches Songwriting
+ melodische und getragene Einschübe
Nachteile
- dadurch entstehen Längen
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