Kraftrock oder doch nur billiger Abklatsch?

In Zeiten in denen Bands, die klingen wollen als wären sie mindestens 30 Jahre älter, nur so aus dem Boden sprießen, ist man umso erfreuter, wenn man mal ein frisches Gesicht erblickt, welches nicht fest in der heutigen Retroszene verankert ist. Die Norweger BRUTUS geben ihren Beer Dripping Blues Rock mit ihrem neuen Album „Wandering Blind“ preis.

Ok, ich muss zugeben, dass ich mir bei dem Bandnamen ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Wahrscheinlich jeder kennt doch einen Hund namens Brutus. Und wahrscheinlich ist dieser dann auch noch abartig groß. Mit einem kraftvollen Rottweiler im Hinterkopf beginne ich also dieses Album zu hören.

Das Album startet gleich mit dem Titeltrack ‚Wandering Blind‚. So wirklich Rottweiler-Like ist das ganze jetzt nicht, eher giftig wie ein Terrier. Ohne lange zu fackeln starten die 5 Norweger gleich voller Groove in ihr mittlerweile drittes Studioalbum. Beim Gesang kommt wahrscheinlich kein Hörer um einen Gedanken an Ozzy Osbourne herum. Im zweiten Track ‚Drowning‚ wird hingegen das Bremspedal schon etwas mehr durchgetreten und man setzt vermehrt auf ein durchaus zu gefallen wissendes Gitarrenspiel. Teilweise wird in diesem Song sogar eine psychedelische Stimmung verbreitet, welche mit ziemlicher Sicherheit vor allem live zu begeistern weiß. In ‚Whirlwind Of Madness‚ wird die Bremse nochmal ein Stück tiefer durchgetreten. Fast schon wie ein melancholisches Liebeslied zieht sich der Song über 6 Minuten hin, ohne dabei aber auch nur in einem Moment langweilig zu werden.

Stimmungsmäßig das komplette Gegenteil ist ‚The Killer‚. Vor allem der Mittelteil dieses Songs rechtfertigt diesen Titel. Bei diesen Melodien muss man einfach an einen Psychopathen denken. Mit einem verhältnismäßig schnellen Part bringt die Band diese Tat zu Ende. ‚Creepin`‚ ist für BRUTUS-Verhältnisse allerdings noch nicht mal so „creepin´“ sondern geht von vorn bis hinten richtig gut zur Sache. ‚My Lonely Room‘ ist der Song der Platte, der wohl am blueshaltigsten ist. Was aber keineswegs schlecht ist, da der Song die pure Gemütlichkeit versprüht. Mit ‚Living In A Daze‚ bringen die Osloer das Album würdig zu Ende. Ich muss sagen, dass mir dieser Song sofort im Ohr hängen geblieben ist. Der Mix aus schleppenden Parts mit den darauffolgenden knackig – flotten Stellen hat es mir bei diesem Song einfach angetan. Auch die Gitarristen sollen an dieser Stelle für diesen Song noch ein Lob abbekommen. Was hier geleistet wurde ist schon ganz großes Kino und wird in der immer größer werdenden Vintage-Rock-Szene viel zu selten dargeboten.


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Autorenbewertung

7
Brutus hat mit "Wandering Blind" ein wirklich solides Retrorock-Album geschaffen, welches es aber schwer haben wird, sich gegen die Szenegrößen durchzusetzen. Wer sich noch nicht so im Genre auskennt, kann sich dieses Album aber ohne Bedenken in den heimischen Plattenschrank stellen.
ø 4.8 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
7 / 10 Punkten

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