Kutte vs. Sakko – Nicht der einzige Konflikt im Leben dieses Mannes
Band gründen, Mucke machen, Gigs spielen und dabei auch die eine oder andere unbekannte Stadt sehen, Platten aufnehmen – fetzt! Wer denkt da schon an Gesetze, Streitfälle, Anzeigen & Co.? Mit diesen lästigen Dingen will man sich als Musiker eigentlich nicht beschäftigen und in der Regel hat man auch kaum Ahnung von dem ganzen juristischen Kram. Allerdings ist auch die Musik-Welt vor Streitigkeiten und Anklagen nicht gefeit. Recht haben und Recht bekommen sind oft zwei verschiedene Dinge. ABER: Jemand kann euch dabei helfen, auch Recht zu bekommen. Er hat schon so einige Musiker erfolgreich vertreten können. Sein Name ist CHRISTIAN KOCH, seines Zeichens der METAL-ANWALT. Wir haben dem Herrn Rechtsanwalt mal ein paar Fragen gestellt:
Flo: Was macht ein METAL-ANWALT überhaupt? Vertritt der Stahlträger oder kümmert der sich um Dosenpfand?
Christian: Die Antwort ist leider wenig glamourös: Ganz normale Anwaltssachen. Überwiegend pflege ich Brieffreundschaften mit anderen Anwälten, Gerichten und Behörden, lese dicke Folianten mit und über Gesetzestexte und ab und an lockere ich meinen Tagesablauf durch Gespräche mit Mandanten auf. Es gilt allerdings: Egal ob Stahl, Blech oder Regenrinne, ich mag alle Metalle.
Flo: Wie bist du nach deinem Studium zum METAL-ANWALT geworden? Hast du direkt danach angefangen, Bands zu vertreten?
Christian: Nach dem ersten juristischen Staatsexamen muss ein Jurist das zweijährige Referendariat durchlaufen, neun Monate davon bei einem Rechtsanwalt. Mein Ausbilder hat kurz vor Beginn der „Anwaltsstation“ in eine Kanzlei mit urheberrechtlichem Schwerpunkt gewechselt und ich habe mich einfach angeschlossen. Nach Ende des Referendariats und meinem zweiten Staatsexamen habe ich mich als Rechtsanwalt selber dieser Kanzlei angeschlossen und weiterhin urheberrechtliche Mandate bearbeitet. Irgendwann 2011 habe ich die gedankliche Verbindung zwischen der Musik, die ich gerne höre, und meinem Beruf gemacht. Damit wurde ich zum METAL-ANWALT.
Als das Projekt „METAL-ANWALT“ von der Idee zum Konzept wurde, dachte ich hauptsächlich daran, Bands zu beraten und zu vertreten. Das kannte ich ja auch schon aus meiner bisherigen anwaltlichen Tätigkeit. Was ich nicht bedacht hatte war allerdings, dass mich ja noch niemand kennt. Bloß weil sich da wer hinstellt, mit einem Logo wedelt und behauptet, er sei jemand, führt noch nicht dazu, dass gleich METALLICA anstürzen und Aufträge erteilen. So waren meine ersten Metal-Mandanten dann auch Veranstalter, Promoter, Booker und ein Webradio. Nach und nach kamen dann aber auch immer mehr Bands dazu.
Flo: Welche Themen vertrittst du häufig in der Metal-Welt?
Christian: Der Großteil betrifft vertragsrechtliche Themen, meist Prüfung von und Beratung zu Labelverträgen. Diese bewerte ich nach dem Schulnotensystem und mache eine ausführliche schriftliche Besprechung, damit die Bands wissen und verstehen, wie sie sich binden. Manchmal auch die Kehrseite: nicht erfüllte Verträge, enttäuschte Hoffnungen. Daneben kommen auch immer wieder Fragen zum Schutz der eigenen Werke, eines Logos oder Bandnamens.
Flo: Was ist der größte Unterschied im Umgang mit Metal-Bands zu „normalen“ Klienten – was macht die Kunden aus?
Christian: Es ist ein weniger formaler Umgang, als ich von anderen Mandanten gewohnt bin. Eine Rechtsberatung in Jeans und Bandshirt und das branchenübliche „Du“ sorgen dafür. Aber auch die Beratungssituationen an sich sind manchmal sehr speziell. Nachts um 1.30 Uhr nach einem Headlinerauftritt Backstage auf Englisch einen Bandübernahmevertrag bei einem Bier zu besprechen dürfte in der normalen anwaltlichen Praxis eher selten vorkommen.
Flo: Kann ich dich mit der Advocard oder einer anderen Rechtsschutz-Versicherung in Anspruch nehmen, wenn ich in einer Band agiere, die Rechtsschutz aber privat auf mich abgeschlossen ist?
Christian: Dazu muss ich sehr juristisch antworten: Das kommt darauf an. Wenn die Band noch überwiegend ein Hobby darstellt, ist es gut möglich, dass die private Rechtsschutz greift. Das hängt im einzelnen Fall aber vom Versicherer und vom Versicherungsvertrag ab. Da habe ich schon Zu- und Absagen erlebt. Wenn die Band aber einen gewissen Professionalitätsgrad erreicht und auch Einkommen generiert, wird eine private Rechtsschutzversicherung nicht eingreifen.
Flo: Welche Tipps hast du für eine kleine, neu formierte Band? Wo sollte man besonders vorsichtig sein?
Christian: Macht einen Bandvertrag!
Flo: Ich denke, die meisten Leute, die eine Band gründen, machen sich anfangs wenig Gedanken über Rechtsfragen. Ich habe gelesen, du empfiehlst die Gründung einer GbR. Kannst du bitte kurz erklären, warum?
Christian: Weil eine Band schon von Gesetzes wegen eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) ist. Das passiert quasi automatisch, wenn sich mindestens zwei Personen zu einem gemeinsamen Zweck zusammenschließen. Das BGB sieht für eine GbR bestimmte Rechtsfolgen vor, mit die wichtigste ist die gemeinsame Haftung. Jeder Gesellschafter haftet mit seinem gesamten Vermögen für die GbR. Mit einer formellen GbR-Gründung durch Bandvertrag kann man allerdings viele der gesetzlichen Vorschriften anders regeln, oder zumindest positiver gestalten. Daneben kann man viele mögliche Streitpunkte wie Rechte-, Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverteilung vertraglich regeln. Das beugt Streit vor.
Flo: Welche deiner Meinung nach besonderen Fälle/Fälle der etwas anderen Art hattest du?
Christian: Die Verteidigung von Tätowierern gegen den Vorwurf von angeblich verpfuschten Tattoos.
Flo: Was ist deine persönliche Meinung im Fall Thomas Gurrath (DEBAUCHERY) gegen CRUACHAN?
Christian: Da hat Thomas Gurrath juristisch betrachtet alles richtig gemacht. Eine Veröffentlichung auch durch eine Marke abzusichern, ist äußerst sinnvoll und gehört im professionellen Bereich meiner Meinung nach dazu. Da die Marke aber nichts nützt, wenn man die daraus bestehenden Rechte nicht geltend macht, war das aus meiner Sicht konsequent und richtig. Ebenso gehört es aber auch in den professionellen Bereich, vor einer Veröffentlichung möglicherweise entgegenstehende Schutzrechte zu prüfen. Ich sehe hier Versäumnisse beim Label von CRUACHAN. Letztlich hat man sich ja einigen können und die Publicity hat sicher keinem von Beiden geschadet.
Flo: Was ist das Schönste und was das Nervigste an deinem Job?
Christian: Das Schönste ist jedes Mal das Gefühl, tatsächlich nützlich gewesen zu sein und vielleicht den kleinen Unterschied auf dem steinigen Weg zu künstlerischem Erfolg auszumachen. Nervig sind die immer wiederkehrenden Fragen, ob das denn seriös sei. Was ist denn bitte seriös oder unseriös? Wer entscheidet das? Haben Heavy Metal-Musiker weniger Recht auf Beratung?
Flo: Anzug oder Kutte?
Was immer gerade erforderlich ist oder: Always dressed to the occasion! Ich habe mittlerweile drei Kutten im Schrank hängen, aber noch mehr Anzüge. Vor Gericht wäre eine Kutte sicher fehl am Platze, ebenso wie ein Anzug nicht die Kleidung der Wahl für eine schlammige Festivalwiese ist.
Webseite: Metal-Anwalt
Facebook: Metal-Anwalt FB
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
3 Kommentare
Was erwartet ihr? Der Typ isn Metalhead… 😀
Der klingt wenigstens menschlich, die Anwälte die ich bisher traf waren allesamt Advokaten-anuse!
Schön umschrieben. 😀 Ich finde auch, dass er sehr sympathisch wirkt.