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LEGEND OF THE SEAGULLMEN – Seemannsgarn im Western-Gewand

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LEGEND OF THE SEAGULLMEN – „Legend Of The Seagullmen“

Veröffentlichungsdatum: 09.02.2018
Länge: 37:01 Min.
Label: Dine Alone Records
Stil: Psychedelic Rock

Wer bereits von dieser Kombo gehört hat, weiß: Die Jungs sind beileibe kein unbeschriebenes Blatt. Man könnte diese Band „Supergroup“ schimpfen, wenn man denn wollte. Ich präferiere eher „Nebenprojekt“. Wer von ihnen noch nichts gehört hat, dem stille ich mit ein bisschen Namedropping die Neugier: Danny Carey (TOOL) an den Drums, Brent Hinds (MASTODON) an der Gitarre und Tausendsassa Pete Griffin (mir dank DETHKLOK ein Begriff) sind der musikalische Kern der Kombo. Dazu gesellen sich dann auch noch drei, vor allem aus der Filmszene bekannte, Namen. Sechs Bandmitglieder also – plus weitere Gäste… Das kann ja was werden!

Versprochen haben sie uns von vornherein ein Feuerwerk des psychedelischen Rock, gebündelt in einem „nautical spaghetti western. Ein spannendes Unterfangen, da doch die Musiker dem eher metallischen Milieu entspringen und entgegen dem Spaghetti-Western sicher kein kleines Budget für ihre Produktion hatten. Wie kriegen sie da nun die Kurve zum Psych-Rock und das dann auch noch mit cineastischer Hintergrundgeschichte?!

„We are the Seagullmen!“

Die Platte startet selbstbewusst und lautstark und verkündet sofort und ohne Umschweife, mit wem ich es hier zu tun habe. Nämlich mit den SEAGULLMEN. Treibend, geradeaus und in feinster Rock-Manier. Was es genau mit dem Namen auf sich hat, erschließt sich mir noch nicht sofort. Was zunächst auffällt: Der kraftvolle Rock’n’Roll zieht sich konsequent durch die Platte. Die Lyrics hören sich an wie Parodien auf alle je erzählten Meeresgeschichten, also feinstes Seemannsgarn! Fantasie haben sie. Besingen eine Gottesfigur in Gestalt einer Möwe und deren uralte Kräfte, einen Orca und andere Meereswesen.

Auf der Basis des Rock toben sich LEGEND OF THE SEAGULLMEN aus, erbringen dabei einen recht unvorhersehbaren Mix verschiedener Stilistiken. Ich sage mal: gelungen, aber äußerst seltsam. Diese Musik hat eine – bei einem Menschen würde man sagen – starke Persönlichkeit. Wie fasse ich den Spaß am besten zusammen? Treibender Rock mit einer Prise Prog an ausladenden Psych- und Heavy-artigen Gitarrenkniedel-Soli auf episch-ozeanischer Thematik. Irgendwie so.

Sci-Fi klingt dank Synths bei „Shipswreck“ an und dieser ist auch von allen Songs und vom Grundsound her am nähesten an MASTODON dran. Titeltrack „Legend Of The Seagullmen“ ist dagegen straightester und prototypischster Südstaaten-Rock – in modern. Als hätte ZZ TOP mal kurz die FOO FIGHTERS zum Kaffee besucht. Statt mit dem Mustang durch die Prärie, wird hier allerdings mit dem Windjammer durch den Ozean gepflügt. „Curse of the Red Tide“ besticht mit ein paar proggy Einlagen. Und mit einer rockigen Bilderbuch-Ballade vom Tiefseetaucher im Western-Soundtrack-Gewand mit feinstem Surf-Gitarrensound, welche sich zum orchestralen Finale à la Fluch der Karibik aufbaut, schließt das Album…

Mächtig gewaltig!

Und mächtig abwechslungsreich. Diese Beschreibungen sollen nur einen Ausschnitt dieses mannigfaltigen Albums umreißen. Die anderen Songs der Platte sind ebenso stark in ihrem Riffing und Aufbau, haben ihre eigene Charakteristik und schieben gut weg. Allerdings überzeugen sie mich nicht so richtig. Nur „Ballad of the Deep Sea Diver“ kann mich komplett mitreißen.

So klar auch die thematische Linie dieser Veröffentlichung ist, so wahllos erscheint zunächst die Palette der musikalischen Mittel. Alle passen für sich hervorragend zur Grundthematik und der Adaption auf die Western-Stilistik, einzeln betrachtet würde ich mich aber fragen, wie zur Hölle sie auf gerade diese Zusammenstellung gekommen sein mögen. Ich finde toll, dass sie erfolgreich die Grenzen des Erwarteten sprengen konnten und daran und ganz offenbar auch Spaß hatten. Die Platte ist an Cheesy-ness kaum zu überbieten, die Jungs wissen, was sie tun. Und all dies macht das Album zu etwas Besonderem.

Aber: es wuppt mich in Gänze einfach nicht final. 

Hör dich hier ein oder mehrere Male durch das Album. Was denkst du?

Autorenbewertung

6
Was von dieser vielfältigen Veröffentlichung hängen bleibt: Die Musiker haben ein Konzept und dieses mit ihren Mitteln bestens erfüllt. Wer ein Mashup aus MASTODON und TOOL erwartet, wird herb enttäuscht werden. Wer sich aber von diesen Erwartungen frei machen kann und ein Freund von Geschichten, Tiefsee und/oder Western ist, wird seine Freude an der Platte haben können.
ø 4.5 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
6 / 10 Punkten

Vorteile

+ konsequentes Konzept
+ musikalisch durchdacht und überzeugend dargeboten
+ Wiedererkennungswert gegeben
+ definitiv anders als erwartet

Nachteile

- bis auf einen Song ist das Werk einfach nicht mein "Cup of Tea"

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