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MEGAHERZ im Interview – Hart optimistisch geblieben

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Was macht man, wenn einem die Neue Deutsche Härte einfach zu krass ist, man aber ein Interview mit Alexander Wohnhaas führen will?  Richtig! Dann wartet man damit, bis J.B.O. spielen. Beruhigende Wirkung, oder so? Und ein lustiger Kommentar vom Sänger von MEGAHERZ ist auch noch garantiert. Vielleicht wird das Interview ja doch gar nicht mal so übel? Auf dem SUMMERBREEZE haben wir es in Angriff genommen – hier könnt ihr herausfinden, wie das gelaufen ist!

„Das Geheimnis ist, dass man als Band, die so lange erfolgreich ist, einem gewissen Sound und Stil treu bleibt.“

S: Für den Anfang mal eine typische Einstiegsfrage für ein Festival: Wie zufrieden seid ihr denn mit eurem Auftritt? Es war ja mittags schon ziemlich heiß.

Alexander: Wir sind mega zufrieden. Für die Uhrzeit war es echt proppevoll. Die Leute waren echt toll drauf und haben uns super empfangen. War eine geile Party. Natürlich war es eine Hitzeschlacht. Das war echt enorm. Aber das sind wir hier auf dem SUMMERBEEZE gewohnt. Wir waren, glaube ich, 2015 das letzt Mal hier. Und da war es auch schweineheiß. Das war die gleiche Uhrzeit wie heute. Und da ging auch der Punk ab. Wir sind es inzwischen gewohnt, aber wir hätten auch nichts gegen eine spätere Uhrzeit (lacht).

S: Dieses Jahr kam ja auch ein neues Album von euch raus. Wie läuft es denn damit so aus eurer Sicht?

Alexander: Genau, das kam im Februar raus. „Komet“ heißt es ja. Das ist in der Zeit auf Platz 6 in den Albumcharts gelandet. Wir haben auch schon eine Tour dazu hinter uns. Jetzt im September geht die Tour weiter.

S: War das Absicht, die Festivalsaison dafür schon mitzunehmen, und das Album da vorzustellen?

Alexander: Das ist ja immer so, logisch. Wir haben jetzt im Sommer schon ganz viel von den neuen Songs gespielt, auch heute. Die kommen bei den Leuten auch super an.

„Kannst du deine Fans immer noch überzeugen, mit der Energie, die du aufbringst, in die Hallen zu ziehen?“

S: Habt ihr denn schon den Eindruck, dass die Fans immer noch zu den Konzerten kommen? Die Musik wird ja immer vielfältiger und entwickelt sich weiter.

Alexander: Naja, MEGAHERZ gibt es seit 25 Jahren. Und jetzt auf der Frühjahrstour hatten wir so viele Leute da wie noch nie. Also, es war sehr erfolgreich. Wir entwickeln uns ja auch weiter. Das neue Album, das wir geschrieben haben, kannst du nicht vergleichen mit dem, das wir vor 25 Jahren gemacht haben. Die neuen Songs sind melodiöser geworden, aber trotzdem hart. Wir versuchen eben, eine gesunde Mischung zu machen. Das wird von den Fans auch honoriert. Du hast ja heute gesehen, Stimmung war da, die Leute haben Bock drauf. Alles gut.

S: Hier auf dem SUMMERBREEZE ist ja auch ein sehr gemischtes Programm. Merkt ihr auf solchen Veranstaltungen, dass ihr Leute, die vorher noch nicht so mit eurer Musik in Kontakt gekommen sind, auf euch aufmerksam machen könnt?

Alexander: Also, Festivals wie das SUMMERBREEZE, WACKEN oder andere große Festivals sind immer eine Möglichkeit, sich einem Publikum zu präsentieren, das das vorher nicht so auf dem Schirm hatte. Die denken dann vorher „Ey, was ist das denn für eine Band? Da hab ich jetzt nicht so Bock drauf“. Aber wenn die dich dann mal live sehen, dann schaffst du es entweder, sie zu überzeugen, oder nicht. Natürlich ist das eine Riesenchance für jede Band.

S: Es macht ja immer auch einen Unterschied, ob man die CD hört, oder ob man die Band live erlebt.

Alexander: Das ist immer ein Unterschied. Wir sagen ja auch, das Livegeschäft ist das Herzblut eines jeden Musikers. Zuerst kommt die Pflicht, das ist das Album. Und die Kür ist dann die Tour. Auf einem Konzert ist das dann so, dass du ganz nah bei den Fans bist. Und da kriegst du dann das Feedback. Wie finden die das neue Material, die neuen Songs? Kannst du deine Fans immer noch überzeugen, mit der Energie, die du aufbringst, in die Hallen zu ziehen?

„Die Band besteht seit 25 Jahren und hat Erfolg. Also kann es gar nicht so falsch sein.“

S: Das ist jetzt euer zehntes Album, oder?
Alexander: Boah, da fragste mich jetzt was. Ich glaube, es ist das neunte Studioalbum.

S: Ist sowas für euch denn überhaupt wichtig? Oder schaut ihr nicht auf solche Zahlen?
Alexander: Für uns ist jedes neue Album auch ein Schritt ins Unbekannte, tatsächlich. Wir hassen es, uns zu wiederholen. Natürlich hat man einen Sound kreiert, einen gewissen Stil, den man pflegt. Aber ich glaube schon, behaupten zu können, dass kein MEGAHERZ-Album so klingt wie das andere. Und trotzdem fühlst du dich daheim, wenn du es hörst. Du musst es halt mögen, klar. Ist halt Geschmacksache. Aber die Band besteht seit 25 Jahren und hat Erfolg. Also kann es gar nicht so falsch sein.

S: Das Genre ist also nicht etwas, das euch daran hindert?

Alexander: Natürlich. Wir haben das Genre ja mit entwickelt. In der Neuen Deutsche Härte, kann man sagen, ist MEGAHERZ mit RAMMSTEIN und OOMPH! eines der Urgesteine, die diese Musik geprägt hat, vor über 25 Jahren inzwischen. Aber man entwickelt sich in 25 Jahren ja als Musiker und auch als Mensch weiter. Wie gesagt, vergleiche Album „Kopfschuss“ mit Album „Komet“. Da gibt es Unterschiede. Die muss es auch geben.

Aber das Geheimnis ist, finde ich, als Band, die so lange erfolgreich ist, dass man einem gewissen Sound und Stil auch treu bleibt. Trotzdem muss man aber seine Augen und Ohren offen halten. Man darf sich nicht den Entwicklungen verschließen. Und das tun wir auch nicht. Wir sind Musiker mit Leib und Seele und wir hören andere Bands, sehen und hören andere Vibes und nehmen das auf. Aber es ist nicht so, dass wir heute ein Metal-Album machen, morgen ein Thrash Metal-Album und übermorgen machen wir ein Pop-Album.  Das ist natürlich nicht so. Du hast schon deinen eigenen Stil, den du pflegst.

„Scheiße zu beseitigen geht nur, wenn man die Ärmel hochkrempelt und was dagegen tut, anstatt immer nur zu meckern.“

S: Was gibt es denn momentan, was für euch wichtig ist?

Alexander: Also, das „Komet“-Album ist eines der politischsten Alben, die wir gemacht haben. Auf der Tour, auch heute, haben wir ja auch den Song „Nicht in meinem Namen“ gespielt, wo wir ganz klar gegen so Leute wie Donald Trump oder die AfD kämpfen, einfach diese Strömungen, die mit ganz einfachen Parolen versuchen, die Leute zu manipulieren. Wir sagen „Jeder kann seine eigene Meinung haben, jeder kann offen sagen, was er denkt, aber denkt vorher nach.“ Wir haben halt eine ganz klare Meinung. Wir positionieren uns gegen diese Menschen, die versuchen, mit ganz einfachen Mitteln Leute gegeneinander aufzuhetzen. Das ist uns ganz wichtig. Das haben wir auch auf mehreren Songs auf dem neuen Album gesagt. Das sagen wir auch auf jedem Konzert. Von daher ist „Komet“ für uns wichtig.

Eigentlich ist „Komet“ für uns ein Album, das optimistisch in die Zukunft schaut. Ich finde, es gibt zu viele Leute, auch Musiker, die zu negativ in die Zukunft schauen und alles mies machen und sagen „Ey, es läuft alles scheiße“. Und in so einem Sumpf, wenn man alles scheiße findet, haben es natürlich genau die Leute einfach, die sagen „Hey, ich hab die einfache Lösung. Wir müssen das und das und das machen, und dann wird gleich alles besser“. Wir sagen halt, auch wenn das erstmal bescheuert klingt, „Schau mal etwas positiver in die Zukunft“. Es gibt natürlich viel Scheiße, die passiert. Die sprechen wir auch an. Aber ich denke mal, Scheiße zu beseitigen geht nur, wenn man die Ärmel hochkrempelt und was dagegen tut, anstatt immer nur zu meckern.

S: Ist die Metalszene deiner Meinung nach ein gutes Publikum, so eine Basis, die das auch aufnimmt und sich damit auseinandersetzt?

Alexander: Ich glaube, dass es solche und solche Menschen überall gibt. Ob jetzt in der Metalszene, in der Rockszene oder in der Gothicszene, oder ganz normale Leute. Du hast immer so deinen Prozentsatz an Idioten und einen Prozentsatz an Leuten, die versuchen, vernünftig klarzukommen. Für uns als Musiker ist einfach die Aufgabe, an die Vernünftigen zu appellieren. Und bei den Idioten, die es nicht wahr haben wollen, muss man halt auch irgendwann sagen „Ok, dann leb halt so weiter, wenn es für dich ok ist. Ich finde es nicht ok„.

S: Cool. Das ist ja gerade heute wieder bei vielen Bands die Frage, ob man sich politisch positioniert oder nicht.

Alexander: Klar. Ich finde das wichtig. Es ist ja die Frage, ob man an etwas glaubt und ob man eine Message hat. Das ist mir als Musiker wichtig und das versuchen wir als Band auch rüber zu bringen. Ob das jeder dann so aufnimmt, ist dann wieder eine andere Geschichte. Aber das überlasse ich dann dem Publikum. Da kann man als Künstler dann nur loslassen und sagen „Hier sind die Songs, hier ist unsere Message, das ist uns wichtig. Wie ihr das aufnehmt, was ihr daraus macht, das ist euer Ding“.

S: Es ist schön, hier zu sehen, wie bunt und generell optimistisch die Szene hier ist.

Alexander: Ich glaube, dass jede Band, die genug Energie in ihr Album reinbringt, in ihr Auftreten auf der Bühne, ein Publikum findet… Es gibt immer wieder Ups und Downs. Es wird immer wieder irgendwas gehypet oder runtergezogen. Was ich tatsächlich ganz furchtbar finde im Rock- und Metalbereich, ist das Sterben von Clubs. Das erlebe ich in meiner Heimatstadt in Augsburg, das erlebe ich in anderen Städten, wenn ich unterwegs bin, dass immer mehr Clubs dicht machen, was ich sehr traurig finde.

Es gibt viele junge Leute, die Rockmusik nicht so auf dem Schirm haben. Die hören dann mehr Hip Hop, was weiß ich. Aber das ist dann so. Das wird auch wieder anders sein. Es kommt bestimmt auch wieder eine neue, geile Band, die dann diese Leute wieder ranziehen kann. Für uns ist wichtig, dass wir unserer Sache treu bleiben. Die, die mit unserer Musik und mit unseren Alben groß geworden sind, die kommen auch immer wieder auf unsere Konzerte.

Ein paar Gedanken zum Schluss

Nun, was bleibt nach all dem zu sagen? Alexander Wohnhaas ist definitiv einer der Musiker, die sich auf die Bühne stellen und sagen, was sie denken. Und vor allem, die das dann im Interview noch wissen und erklären können. Das macht ihn symphatisch und glaubhaft. Er hat einen ziemlich realistischen Blick und schafft es, bewusst optimistisch zu bleiben. Das ist nicht selbstverständlich. Sein Beispiel zeigt aber, dass es durchaus die eigene Entscheidung ist, wie man aktuellen Umständen umgeht. Dass Bands wie MEGAHERZ das tun können und dadurch keine Fans einbüßen, sogar im Gegenteil ein eher wachsendes Publikum haben, lässt doch hoffen. Ich freue mich, dass ich mit ihm sprechen durfte und dass er uns gegenüber so offen war. Da hab ich doch während des Gesprächs J.B.O. glatt vergessen.

Hier gelangt ihr zu MEGAHERZ….

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