MTV Headbanger’s Ball Tour 2017 – Schwermetallische Spitzenklasse
4 Bands, 4 verschiedene Genres, 4 Gründe, um hinzugehen: Das ist die MTV Headbanger’s Ball Tour 2017. Teilgenommen haben wir am 2. Termin in Deutschland, am 28.11. im Hellraiser Leipzig. Und was war das für ein Brett! Doch dazu später im Einzelnen (den Vorbericht findet ihr HIER). DESERTED FEAR, INSOMNIUM, OVERKILL und die Cavalera-Brüder mit ihrem ROOTS-Set waren mit von der Partie. Somit gab es eine verrückte Mischung aus nackenbrechenden Todesmetalriffs, tiefgehend-atmosphärischem aus dem Land des Melodic Death Metal, Thrash, bis die Luft brennt und brasilianischen Spirit der besonders schlagfertigen Art. Das dürfte wohl mit dazu beigetragen haben, dass der Club an einem Dienstagabend knackevoll war.
Besonders zu erwähnen sind übrigens ein paar interessante Daten: Nicht nur, dass das Erfolgsalbum „Roots“ von SEPULTURA 2016 sein 20-jähriges Wiegenfest zelebrieren durfte (anlässlich dazu fand schon zum letzten Jahresende eine „Return To The Roots Tour“ statt, an die nun einfach angeknüpft wurde). Tatsächlich feiern DESERTED FEAR und INSOMNIUM dieses Jahr ihr 10- bzw. 20-jähriges Bandbestehen. Und OVERKILL setzen dem Ganzen die Krone auf: Ihr erstes Album „Feel The Fire“ erschien vor exakt 30 Jahren. Zufall? Ich glaube schon.
NUN ABER MAL ZUR SACHE …
DESERTED FEAR
An solch einer Tour der Extraklasse teilnehmen zu können, bedeutet der jungen Band aus Thüringen sicher eine ganze Menge. Umso komplizierter erscheint es natürlich, an das Niveau der restlichen Tourteilnehmer anzuknüpfen – was den Jungs aber mehr als gelungen ist. Am Anfang noch etwas skeptisch beäugt, schaffen sie es mit ihrer In-die-Fresse-Kombination aus schwedischem und amerikanischen Old School Death schnell, die Herzen des Publikums für sich zu gewinnen.
Song für Song steigt die Begeisterung für die Sympathieträger der Stunde. Sie räumen ab mit einer gesunden Mischung von Songs all ihrer bisher erschienen Studioalben. Von „The Fall of Leaden Skies“ über „Kingdom of Worms“ bis hin zu „Bury Your Dead“ ist für jeden Liebhaber todesmetallischer Klänge etwas dabei. Auffällig ist und bleibt die Authentizität der jungen Kerle, die sie seit der ersten Stunde auf der Bühne repräsentieren. Sie haben Spaß – und zeigen das ganz ungeniert, womit sie die meisten Herzen für sich gewinnen dürften.
INSOMINUM
Wer diese Kombi schonmal live sehen durfte, weiß, welche Konstanten einen Gig dieser Erfolgstruppe aus Finnland auszeichnen: Qualität, Atmosphäre, ein unvergessliches Erlebnis. Und genau das erwartete auch das Publikum in Leipzig. Das war spätestens dann klar, als Drummer Markus Hirvonen zum Intro von „The Primeval Dark“ ansetzte. Für mich ein persönliches Schmankerl: Im Großen und Ganzen präsentierten die Finnen eine „Hitparade“ aus den Alben „Shadows Of The Dying Sun“ und „One For Sorrow“. Meiner Meinung nach sind das 2 der besten Werke, mit denen INSOMNIUM die Szene bisher überrollt haben.
Was folgt, ist ein atmosphärisches Gemetzel der Jungs, die sich schnell als Bühnensäue entpuppen. Mit perfekt abgestimmten Riffs und präzisen Drums heizen sie dem Club gehörig ein. Die schönsten Melodien werden getragen von gewaltigem Geballer. So spielen die Finnen einen ihrer besten Gigs, denen ich bisher beiwohnen durfte. Mit Knallern wie „While We Sleep“, „Down With The Sun“ und „One For Sorrow“ zeigen sie, dass die weltweite Anerkennung ihrer Musik nicht nur verdient, sondern schlichtweg hausgemacht ist.
OVERKILL
Mit 37 Jahren Bandhistorie sind die alten Herren an diesem Abend am längsten im Geschäft – und das merkt man (oder eben nicht). Tatsächlich brettern sie mit spielerischer Leichtigkeit nackenbrechenden Thrash von der Bühne, dass die Anlagen nur so flattern. Mit derselben Leichtigkeit versenkte Gitarrist Derek Tailer außerdem während „Rotten From The Core“ ein Pick in meinem Ausschnitt, als ich gerade Bandkollegen Bobby Blitz ablichten wollte. Ein Sinnbild für die „Attitude“ dieser doch etwas in die Jahre gekommenen Jungs, die sich das aber kaum anmerken lassen: durchdrehen, Rock’n’Roll leben und spielen. Das Rockstar-Image klebt an diesen Vertretern einer Generation von Musikern, die langsam, aber sicher aus dem Bühnenlicht tritt.
Nichts destotrotz strahlen die Amerikaner mehr Energie aus als all ihre Vorgänger und Nachfolger an diesem Abend. Die Menge tobt bei Songs wie „Hello From The Gutter“ und „Ironbound“, es riecht nach 10 verschiendenen Sorten Shampoo, so sehr würdigt das Publikum ihre Leistung. Mit OVERKILL holt man sich die Party ins Haus. So ist es kein Wunder, dass die gegen Ende erklingenden euphorischen „Fuck You„-Chöre zum gleichnamigen Song noch lange nachhallen.
MAX UND IGGOR CAVALERA: RETURN TO ROOTS
Wer annimmt, dass dem stimmungsmäßig nichts hinzuzufügen wäre, irrt. Nach einigem technischen Hin und Her ballern die Cavalera-Brüder, SEPULTURA-Mitglieder der ersten Stunde, das legendäre Set von der Bühne. Akribisch wird (fast) jeder Song des Albums abgearbeitet. Und schon bei „Roots Bloody Roots“ wird klar, wer den Preis für die krasseste Publikumsreaktion mit nach Hause trägt. Die Menge tobt, springt, grölt, der ein- oder andere Crowdsurfer schwimmt vorbei, Moshpits ohne Ende. Man fühlt sich wie in einer anderen Welt, schwer vorstellbar, dass auf die Vorleistung der anderen Bands noch etwas draufzusetzen wäre.
Das Publikum aus allen Altersklassen zeigt, wie einflussreich “Roots” tatsächlich damit war, aus dem Thrash heraus neue musikalische Wege zu ergründen und beispielsweise markante Hardcore-Elemente in den Fokus zu rücken. Auch wenn es nicht haargenau dasselbe Feeling wie noch vor 20 Jahren und gerade Max Cavalera stimmlich wie äußerlich in die Jahre gekommen ist, so zeigt die
Konstellation doch ganz deutlich, aus wessen Feder das Erfolgswerk stammt. Mit „Breed Apart“, „Born Stubborn“ und „Dictatorshit“ sorgen die Cavalera-Brüder beim Publikum für Seelenheil und angemessene sportliche Betätigung.
Zum Abschluss wird dann nochmal an die Legende angeknüpft und die Kombi knüppelt „Ace Of Spades“ von der Bühne – eine willkommene Abwechslung für diejenigen im Publikum, die sich mit dem überwiegenden Hardcore-Thrash doch nicht so ganz identifizieren können (wie mich zum Beispiel). Zum Schluss gibt es dann noch einmal „Roots Bloody Roots“ auf die Löffel und die Botschaft ist klar: Hier haben sich die Väter des Durchbruchsalbums von ihrer besten Seite gezeigt und klargemacht, dass sie das brasilianische Feuer noch immer in sich – und weitertragen, aus dem dasselbe vor gut 20 Jahren entstanden ist.
MEIN FAZIT DES ABENDS
Selten habe ich solch einen durchweg qualitativ hochwertigen wie stilistisch vollkommen durchmischten Abend erlebt. Die Zeichen für diese Tour stehen zweifellos auf Erfolg. Die vielen verschiedenen Stile tun der Atmosphäre verdammt gut und sorgen für ein gut gelauntes, heterogenes Publikum. Auf jeden Fall weiterzuempfehlen – und wer jetzt Bock auf einen Metalabend der Spitzenklasse bekommen hat, hat noch folgende Daten zur Auswahl:
04.12.: München – 07.12.: Pratteln (CH) – 08.12.: Oberhausen – 09.12.: Giessen – 11.12. Saarbrücken
Tickets und Infos gibt es HIER.
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2 Kommentare
Ich beneide Dich, Steffi!
Und ich beneide dich – schließlich schaffe ich es nun viel seltener in die Hölle als früher 🙁
Aber danke! 🙂