Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über
„Nova Rock“ oder Nova Flop? Ein Festival südlich des Weißwurstäquators
Nova Rock – alles neu in Österreich?
Nachdem ich letztes Jahr Wacken und das Hellfest besucht habe, bekamen wir dieses Jahr leider keine Tickets, da beides innerhalb weniger Stunden ausverkauft war.sprach mich das Line Up des Nova Rock Festivals entsprechend an – kurz gesagt: wir kauften Karten!
Österreich war sowieso in den letzten Jahren öfter Ziel unserer Reisen, zuletzt auch, um in Wien METALLICA live zu sehen. Außerdem hält sich abgesehen von Proviantkäufen der Vorbereitungsaufwand für das deutschsprachige Ausland relativ gering.
Ich werde den Festivalüberblick ähnlich strukturieren wie meinem Artikel „Wacken vs Hellfest“ aus dem letzten Jahr, allerdings muss ich gleich vorweg nehmen, dass ich das Nova Rock NICHT in einem Atemzug mit den beiden Schwergewichten nennen würde!
Die Tickets und der Preis:
Der Preis für das Nova Rock belief sich bei unseren Karten auf ca. 180 Euro. Dazu kommt obendrauf allerdings noch eine Gebühr für den Caravanbereich (für unseren Wohnwagen), die sich auf schlappe 80 Euro (!) beläuft. Warum genau das so eine Frechheit ist? Dazu komme ich später noch.
Preislich ist das ganze also auf jeden Fall kein Billig-Vergnügen, allerdings sprachen uns im Line Up genügend Programmpunkte an, um die Reise in Angriff zu nehmen! Die Tickets sind im Ausland auch nur als Print-at-home-Variante verfügbar, was zwar praktisch ist, aber eben leider nichts fürs Auge.
Der Vorverkauf
Hier war keine Eile geboten, bis zum Schluss gab es noch 3-Tages-Pässe zu kaufen. Allerdings sollte man eher zuschlagen, wenn man eben Caravantickets benötigt oder Sonderbereiche wie das Girls-Camp oder das Silent&Clean nutzen möchte.
Die Anreise
Wie immer natürlich subjektiv, aber von Leipzig aus ist die Strecke über Dresden, Prag, Brünn und Wien eine Folter. Hinzu haben wir direkt 10 Stunden gebraucht, rückwärts ging es durch die Nacht immerhin in 8 Stunden. Es ist also etwas Geduld notwendig. Einfacher ist das sicherlich, wenn man in Bayern wohnt.
Wie ich hinterher noch gelesen habe: Wer plant, Sonntags nach der letzten Band noch abzureisen, sollte das gut vorbereiten. Wir hatten Glück und gut geplant und kamen schnell vom Gelände. Später gab es Wartezeiten von 2-3 Stunden, nur um wieder auf eine öffentliche Straße zu kommen! Das ist ein Kritikpunkt, der uns zwar glücklicherweise nicht betraf, aber dringend besser organisiert werden muss!
Das Campinggelände
Wie bereits erwähnt hatten wir ja nun Caravantickets und durften uns auf den Caravanplatz 2 begeben. Drei sind es insgesamt. Und hier beginnt dann das Vergnügen: Nach ein wenig Stop-and-go Verkehr bekommen wir unsere Plakette und fahren zum mittleren Caravanplatz. Dort gibt es keine Einweisungen, keine Markierungen und kein System. So rollen wir durch wummernde Bässe und unzählige Stromgeneratoren, was meine Laune schon senkt. Irgendwo zwischen 2 anderen Wohnmobilen und möglichst weit entfernt von anderen Partypavillons parken wir und hoffen einfach das beste.
Festzuhalten ist hier ein Abzocke-Konzept, das sich auf vielen Festivals breit macht: Für den Caravanplatz bezahlt man 80 Euro. Einfach so. Und hat davon folgende Vorteile: …keine! Dafür hat man folgende Nachteile: Der Fußweg ist doppelt so lang wie vom Zeltplatz aus. Es gibt keine besseren Bedingungen, keine Wasserstelle, keine Duschen, keine Toiletten, von einem (möglichen) Stromanschluss ganz zu schweigen. Man zahlt also einfach nur 80 Euro fürs Parken auf einem ungünstig gelegenen Parkplatz!
Außerdem gibt es keine Mülleimer in dem Bereich. Und dadurch, dass Generatoren erlaubt sind, laufen die Sch***dinger rund um die Uhr, was enorm nervig ist – und für ein erhöhtes Brandrisiko sorgt, was ich bei den Temperaturen vor Ort nicht so lustig finde.
Das Bändchen und der Bändchentausch
Der Bändchentausch passiert in einem Zelt auf dem Weg zum Infield. Das ganze geht schnell und ohne größere Wartezeiten. Hier wird man auch direkt gebeten, 10 Euro Müllpfand abzugeben. Den bekommt man mit einem mindestens halb gefüllten Müllsack dann wieder zurück… denkt man, denn zurück gibt es nur 5 Euro, der Rest wird einbehalten als „Müllkosten“. Das Bändchen wird sympatischerweise mit den „alten“ Metallklammern verschlossen und nicht mit den neuen Plasteverschlüssen, die sich teilweise immer fester ziehen.
Außer dem Bändchen muss man sich auch noch eine Cashless-Karte besorgen, wofür man sich ebenfalls anstellen und diese ausfüllen muss. Praktischerweise gibt es eine Hauptstelle, an der alle anstehen und einige kleine, die deutlich weniger besucht sind. Somit kann das auch schnell erledigt werden. Bezahlt werden kann ausschließlich mit diesem System. Bargeld ist nicht möglich.
Das Infield-Gelände und das „Drumherum“
Bereits vor dem Einlassbereich kommt man an mehreren Fressbuden vorbei, biegt dann an einer kleinen Songwriterstage ab und geht auf den Eingang zu. Schon hier sind verschiedenste Stände, vom Handyaufladen über Schmuck- und Essbuden bis hin zur Dosensammelstation. Auch ein Stand, wo man eigenes Essen in bereitgestellten Mikrowellen aufgewärmt werden kann, ist vorhanden. Im Infield gibt es unzählige Bierstände und dazu ebenso zahlreiche Futterbuden. Im „Hauptgang“ nach dem Eingang finden sich dann auch mehrere Merchandisestände, wobei das Angebot hier sehr überschaubar ist.
Negativ fällt auf jeden Fall auf, dass bei diesen Temperaturen viel zu wenig Wasserstellen vorhanden sind. Es gibt welche an den festen Toiletten, die aber sehr ungünstig platziert sind, wodurch es zwangsläufig zu Gedränge (selbst bei wenigen Menschen) kommt. Außerdem gibt es eine Wasserausgabestelle, wo man Wasser in Bechern bekommen kann. Geile Idee? Ja, wäre es, wenn vielleicht 5-10 Leute dort drinnen hantieren und sich um die Massen an dieser Stelle (Eingang zu den ersten Wellenbrechern) kümmern würden. Aber es sind genau 2 Personen in der Mini-Hütte, die mit einem Gartenschlauch die Becher auffüllen – und einer der beiden ist nur damit beschäftigt, den Becherpfand von den Karten abzuziehen. Es gibt auch noch eine Art Dusche, unter die man sich stellen kann, um abzukühlen. Allerdings sind die Rinnsale, die dort aus der Decke kommen, so dünn, dass man darunter ausufernd tanzen muss, um halbwegs Wasser abzubekommen.
Essen, Trinken und die Preise:
Es gibt wie gesagt unzählige Ess- und Trinkstände. Das Bier ist für 5 Euro plus Becherpfand zu haben, schmeckt mir allerdings leider überhaupt nicht – oder es war einfach schon schal. Bei den Essständen kann man sich wirklich nicht über mangelnde Vielfalt beklagen. Von Spanferkel bis Pommes und von Crepes bis Hummus ist eigentlich alles vorhanden. Aber die Preise sind dafür auch saftig! Es gibtleider keine Low-Budget-Varianten. Und so fangen alle Essen (außer einer kleinen Portion Pommes) bei 8 Euro an. Das finde ich schon ziemlich heftig, zumal ich mir vorstellen kann, dass einige mit Öffis angereist sind und dann zelten. Die sind also auf die Buden angewiesen, und das wird dann schnell echt teuer! Ich war froh, dass wir uns zum Großteil selbst versorgen konnten.
Die Bühnen, die Leinwände und der Sound
Insgesamt gibt es 3 Bühnen mit den simplen Namen: Red Stage, Blue Stage und Red Bull Stage. Die beiden großen Hauptbühnen sind zumeist parallel bespielt und sind dahingehend gut aufgestellt, sodass keine soundtechnischen Überlagerungen auftreten. Das ist ein sehr positiver Aspekt, führt aber direkt zu einem Nachteil. Denn wenn man nicht gerade Zugang zum VIP-Bereich hat, dann muss man in einem großen Bogen von ganz links nach ganz rechts das gesamte Infield durchqueren, um von einer Bühne zur anderen zu gelangen. Bei den Headlinern zu später Stunde ist man hier gebremst durch ein schwankendes Heer aus Gestalten, die problemlos Statisten bei The Walking Dead spielen könnten. Demzufolge braucht man hier gut und gerne 10-15 Minuten für diesen Weg, und das könnte man auch deutlich beschleunigen, wenn man den direkten Weg eben nicht nur für die VIP zugänglich macht.
Die dritte Bühne liegt direkt neben dem Eingang und ist größtenteils von Core-Bands bespielt. Unglücklicherweise ist es hier etwas schwierig: Steht man zu weit rechts, dann hört man unweigerlich die Blue Stage. Steht man mittig, aber etwas weiter hinten, dann hört man zwangsläufig das enorm laute Partyzelt. Und gerade das finde ich unmöglich, denn warum muss das Partyzelt volles Ballett dröhnen, wenn niemand drin ist und auf den Bühnen noch Konzerte sind? Ansonsten ist die Red Bull Stage optisch mit einigen Flammenwerfern und Feuerchen ganz nett verziert und bietet optisch noch am meisten. Nur der Aspekt, dass man den Namen unbedingt an einen Brausehersteller verkaufen muss, stört mich, aber das ist sicherlich eine persönliche Sache.
Beide Hauptbühnen bieten große Leinwände rechts und links und daneben noch weitere kleinere Leinwände, die bei manchen Bands als eine Art „Ambilight“ genutzt werden und bei anderen einfach aus sind. Ansonsten sind die Bühnen recht schmucklos und eben einfach Bühnen.
Der Sound ist gerade am ersten Tag ein unheimliches Problem. Besonders bei SLIPKNOT, auf die wir uns sehr gefreut hatten, ist es beinahe unerträglich. Es kommt einfach nur Brei an, Corey Taylors Stimme ist so gut wie gar nicht zu hören – obwohl man über die Leinwände sehen kann, dass er richtig einen abgerissen hat. Auch gibt es ausgerechnet bei SLIPKNOT noch kurze Ausfälle des gesamten Sounds und der Leinwand. Besonders, weil wir 4 Tage später in Leipzig den direkten Vergleich hatten – der Sound beim Nova war grausam! Es ist am ersten Tag nahezu alles sehr schwierig zu hören: GODSMACK, LAMB OF GOD, SLIPKNOT. Einzig AMON AMARTH und SABATON zu später Stunde sind in Ordnung und auch die Stimmen vernehmbar. Allerdings singen SABATON in den Refrains auch mit 4 Leuten…
Auf der Red Stage ist der Sound insgesamt dann deutlich besser, dort haben wir mehr Vergnügen. Auf der Blue Stage wird der Sound auch besser, aber auch unangenehm schrill in den Höhen. Und das ist natürlich auf die Dauer sehr sehr schade!
Das Line-Up
Das ist natürlich Geschmackssache! Aber ich muss sagen, dass das Nova Rock eine ziemlich gute Mischung zusammengestellt hat. Und wenn man einen so breiten Musikgeschmack hat wie wir, dann waren viele gute Acts dabei. SLIPKNOT, ANTHRAX, SLAYER, AMON AMARTH, POWERWOLF, LAMB OF GOD und SABATON sind natürlich auch für reine Metalheads durchaus reizvoll.
Aber wir haben uns natürlich auch DIE ÄRZTE angesehen. Auch DIE TOTEN HOSEN sind für mich Pflicht, da ich seit jeher ein großer Fan bin. FEINE SAHNE FISCHFILET lockt uns dann auch zur Mittagszeit mal in die Gluthitze. Und andere noch nicht gesehene, aber lange gewünschte Bands wie ROB ZOMBIE, MINISTRY oder eben die erwähnten SABATON und AMON AMARTH können wir auch besuchen. Insofern habe ich hier nichts gegen eine bunte Mischung im Line-Up einzuwenden. Wenn ich keinen Rap mag, dann schaue ich ihn mir nicht an. Auch in den Jahren zuvor hatte das Nova Rock schon immer recht gute Bands da, ich denke, hier kann man wirklich nicht meckern.
Die Besucher / Das Publikum
Tja, was soll man sagen. Im Endeffekt stammen leider viele Besucher aus einem ähnlichen Klientel, wie wir es auch bei Rock im Park schon erlebt haben. Eventpublikum, das im besten Fall einige Bands kennt, in vielen Fällen allerdings nicht einmal den Campingbereich verlässt. Campingplatz-Partyspezialisten, die von Flunky-Ball bis hin zu gigantischen Boxentürmen alles auffahren, um sich vom eigentlichen Festival abzulenken, und dabei ihre Umgebung mit Hard-Tekk, „deutschem“ Liedgut von HELENE FISCHER bis FREIWILD oder österreichischer Blasmusik terrorisieren. Dazu gibt es auch haufenweise Alkoholopfer und sonstige Auswüchse.
Mag der eine oder andere jetzt denken: „Partyschranke, dann fahr doch an den See und nicht aufs Festival“. Ich fahre zum Festival, um geballt den ganzen Tag geile Bands zu sehen und Musik zu genießen. Das, was viele andere dort veranstalten, hat genau gar keinen Bezug zu der Musik oder den Bands, das kann ich an jedem Dorfsee oder auf jedem Stadtfest machen. Wahrscheinlich werde ich dazu mal noch einen extra Artikel schreiben…
FAZIT:
Tja, was soll ich sagen. Natürlich war es rückblickend schön und ich freue mich über die gesehenen Konzerte und die Bands, die wir endlich mal sehen konnten. Auch über das Ausspannen beim Festival und das Bierchen zum Frühstück. Aber es gibt viele verbesserungswürdige Dinge, wie die Sauberkeit der Toiletten, die viel zu wenigen Wasserstellen, die Preisgestaltung der kulinarischen Genüsse, der Sound (!!!), die Aufstellung von ausreichend Müllgefäßen, die Abreiseorganisation, und und und.
Es gibt aber natürlich auch sehr geile Ansätze, die besser durchdacht viel ausmachen würden. Als Beispiel sei hier die Dosensammelstation genannt. Für 15 gesammelte Dosen gibt es 1 frisch gezapfter Bier oder 1 Red Bull gratis. Megageile Idee, könnte den ganzen Müll drastisch reduzieren und Festivalbesucher sind mit einem Bier am besten zu motivieren. Aber dann die Realität: An der Station stehen die ganzen 4 Tage lang die gleichen 2-3 Leute, die schon am ersten Tag völlig überfordert sind. Dazu geht dann bereits Samstag früh das Bier aus. Wenn man hier einfach 3 Leute mehr reinstellt, den Leuten einen Coupon gibt mit dem man sich dann beim Konzert im Infield ein gratis Getränk holen kann, wäre es PERFEKT! Die Idee ist klasse, nur an der Ausführung hapert es leider. Und so war es an einigen Stellen.
Und es wirkt auch leider vieles sehr darauf angelegt, an das wichtigste des Publikums zu kommen: das Geld! Ob das die Caravan-Gebühren sind, der Müll-Pfand, der nur zur Hälfte zurückerstattet wird oder eben auch die Tatsache, dass alle unangenehmen Jobs offensichtlich von Personal aus dem nahegelegenen Ungarn ausgeführt wurden. Damit möchte ich nichts unterstellen, aber es hinterließ dennoch einen faden Beigeschmack, dass die „Drecksarbeit“ anscheinend kostengünstig outgesourced wurde.
Ein Fazit wollte ich finden, ich versuche es: Wem das Line-Up gefällt, der kann den Ausflug wagen und sich ein Bild machen. Es ist kein schlechtes Festival, aber eben an vielen Stellen verbesserungsfähig. Von der gesamten Art und Aufmachung würde ich es mit Festen wie Rock im Park oder Highfield vergleichen, die eben einfach nicht in der gleichen Liga wie das Hellfest oder das Wacken spielen, aber auch nicht mehr den Charme kleiner Festivals haben. Für uns ist ein zweiter Besuch eher unwahrscheinlich, genauso wie es uns beim Rock im Park ging. Das allerdings ist und bleibt für mich immer noch unangefochten das am schlechtesten organisierte Festival ever.
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über