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ACCEPT – Nur das Genie beherrscht das Chaos

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ACCEPT – The Rise of Chaos
Veröffentlichungsdatum: 04.08.2017
Dauer: 46:18 Min.
Label: Nuclear Blast
Stil: Heavy Metal

Die Nachrichten werden aktuell von Gewalt, Hass und Katastrophen dominiert. Dem zu entkommen fällt schwer, und wegsehen war noch nie eine Lösung. Das dachten sich auch ACCEPT – und griffen diesen allumgebenden Zustand auf, um daraus „The Rise of Chaos“, ihr 15. Studioalbum zu erschaffen.
Ihre Live-Premiere hat die Platte sogar schon hinter sich: Am 03.08., einen Tag vor der offiziellen weltweiten Veröffentlichung, gaben die Urgesteine der deutschen Metalszene auf dem Wacken Open Air einige Titel des neuen Albums zum Besten.

Reinhören ist für mich als großen Fan des klassischen Heavy Metal natürlich ein absolutes Muss! Also dann: CD in den Spieler! Lautstärke voll aufdrehen und GO!

Immer diese lästigen Viecher – Ohrwürmer

Ohrwurm-Alarm. Das geht ja gut los. Schon mit dem ersten Stück „Die by the Sword“ legen die deutschen Heavy-Metal-Größen einen durchaus einprägsamen Song hin, der schnell zum Kopfnicken einlädt. Textlich tritt hierbei eine sensible Thematik in den Mittelpunkt: Kriegskritik – der Track stellt eine Art Warnung vor kriegerischen Mitteln zur Konfliktlösung dar.  

Es folgt „Hole in the Head“. Der Song erinnert mich bei genauem Hinhören stark an MEGADETH – das Stück hat schon eine sehr thrashige Note an sich.

Es wird Zeit für den Titeltrack der Scheibe! „The Rise of Chaos“ kracht von Anfang an ganz laut. Innerhalb der Bridge steigern sich die Gitarren immer weiter, danach entlädt sich die gesamte zuvor aufgeladene Energie, um im Höhepunkt zu gipfeln. Ich finde: Genau so sollte es klassischerweise bei einem guten Musikstück sein!
Im Refrain sticht der hohe Gesang besonders heraus, ähnlich, wie man es vor allem aus dem Bereich des Power Metal, aber auch von Bruce Dickinson oder Rob Halford kennt. Hier zeigt die Stimme von Sänger Mark Tornillo, seit der Neuformierung 2009 bei ACCEPT, so richtig, was sie kann.

„Koolaid“ basiert auf einer wahren Begebenheit – der grausamen Ermordung von 909 Menschen am 18. November 1978, welches als „Jonestown-Massaker“ um die Sekte „Peoples Temple“ traurige Berühmtheit erlangte. Der Begriff „Koolaid“ bezeichnet eine Mischung aus Saft, Valium und Zyankali. Das Gift, verabreicht durch Jim Jones, den Anführer der Sekte, kostete einen Großteil der Mitglieder das Leben. Im Lied übernimmt ein Überlebender dieser Tragödie die Rolle des lyrischen Ichs – er versucht, seine Leidensgenossen vor dem tödlichen Trunk zu warnen – vergeblich. Klanglich ist das Stück im Vergleich zum vorangegangenen Titel erheblich langsamer, wirkt dadurch grooviger und ziemlich rockig. Welch ein Widerspruch zum brutalsten Text der gesamten Platte! Aber: Beim Lauschen der schnellen Melodiegitarre zu Anfang muss ich gleich an das wohl berühmteste aufziehende Gewitter der Rockmusikgeschichte denken – „Thunderstruck“ von AC/DC.

Analog = Doof? Von wegen!

An den Sound der australischen Hard-Rock-Giganten erinnert auch „Analog Man“. Der Songtitel jedoch lässt mich kurz stutzig werden. Wie unzeitgemäß klingt das denn bitte? Regen sich jetzt ein paar alte Männer in belehrendem „Früher war alles besser“-Modus über Smartphones und Co. auf? Zugegeben: ein bisschen so wirken die Worte auf mich als Teil der Generation „Digital Native“ schon. Dennoch ist der Song für mich textlich gesehen der interessanteste Titel, da er den allgegenwärtigen Zeitgeist trifft. Die Realität hat sich von einer direkt anfassbaren Umwelt zunehmend in eine schwerer (be)greifbare, digitale Welt verlagert. Diese wird hier als Parallelwelt verstanden, sollte jedoch idealerweise in einer Symbiose mit dem „Real Life“ verschmelzen.

Bei „Carry the Weight“ stechen die Gitarren richtig heraus, während der Gesang hier ein wenig auf der Strecke bleibt. Deshalb wäre dieser Song auch als Instrumentalstück noch durchaus abwechslungsreich und würde dem Gesamtwerk eine größere Vielfalt verleihen.

Nach “Race to Extinction“ stoppt der CD-Spieler – und lässt den Hörer schaudernd zurück. Anstelle eines Lichtscheins am Horizont à la MANOWAR, einer Art Katharsis wie im antiken Drama, endet das Werk in sehr pessimistischem Gedankengut.

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Dies ist ein Beitrag von Gastautorin Alexandra


 

Bild mit freundlicher Genehmigung von Accept

Autorenbewertung

8
Das ist Heavy Metal vom Feinsten - ACCEPT machen ihrem Kultstatus alle Ehre. Sehr solides, stimmiges Gesamtwerk - kein wellenartiges Auf und Ab von schnellen und ruhigeren Titeln, stattdessen wird der Spannungsbogen recht konstant oben gehalten. Die Band verfolgt auf „The Rise of Chaos“ eine recht klare Linie - und diesem roten Faden gespannt zu lauschen wird keineswegs langweilig, sondern kann als durchaus angenehm empfunden werden. Wer traditionelle Altherren-Heavy-Metal-Bands wie SCORPIONS, RAINBOW oder JUDAS PRIEST mag, der wird auch diesem Werk etwas abgewinnen können.
ø 2.7 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ schlagkräftige Mitsing-Refrains mit Ohrwurm-Garantie
+ mitreißende Rhythmen
+ trotz teils dezentem „Moralapostel-Flair“ textlich interessant
+ bleiben ihrem Stil treu

Nachteile

- bei Gesamtbetrachtung fehlt musikalische Abwechslung
- für das „gewisse Etwas“ wären experimentalere Passagen wünschenswert

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