Nur ein Genie beherrscht das Chaos – LORD
LORD – Blacklisted
Veröffentlichungsdatum: 26.05.2017
Länge: 28:31 Min.
Label: Heavy Hound Records
Stil: Sludge Metal
Habt ihr euch mal gefragt wie viele Bands jemals das Wort „Lord“ im Namen trugen? Die verlässlichste Quelle (www.metal-archives.com) sagt dazu, dass es davon 246 Stück gab oder gibt. Warum ich euch das erzähle? Nur 8 von diesen Gruppen kamen auf die Idee, auf den Schnickschnack zu verzichten und sich nur LORD zu nennen. Die US-Amerikaner, um die es heute geht, gehören zu dieser kleinen aber feinen Auswahl an Bands. Die seit 2005 bestehende Formation aus Fredericksburg in Virginia will mit ihrem dritten Album endlich Ordnung in das Chaos bringen.
Musikalisch bewegen sich LORD seit ihrem Debüt immer wieder hin und her. Ihr Fundament aus Southern-Metal-Riffs und Sludge wird auf diesem Werk scheinbar gefestigt. Trotz der plötzlichen Kohärenz tummeln sich die Amerikaner wieder in vielen unterschiedlichen Gefilden. Sei es Death Metal oder Crust Punk, es werden viele Experimente gewagt. Genau das macht diese knapp 28-minütige Reise in die apokalyptische Welt von „Blacklisted“ so interessant. Im Text werden auch viele Themen behandelt, die man dank dem Cover vermuten würde. Es wird aber nicht nur am Verhalten der Menschheit gemäkelt, sondern auch eine Hymne auf die gesungen, die diese Erde verbessern wollen. „Heart Of A Hero“ nennt sich die weniger berstende Schnulze, die davon berichtet. In ihrer Existenz liegt der Fakt begründet, dass sich LORD nach vielen Wechseln vielleicht endlich gefunden haben. Auf dieser Scheibe passt viel mehr zusammen als auf den Vorgängern. Damals war der kleinste gemeinsame Nenner der Band die Riffs. Weiterhin werden die Songs um diese oft thrashigen Hooks gebaut, welche schon den Opener „Mile After Mile“ bestimmen. Übrigens klingt der Refrain dieses Songs unglaublich stark geklaut – die Melodie erinnert mich an genau einen Song, der mir nicht einfallen will. Hast du eine Idee woran mich das erinnern könnte? Zum Glück verbieten sich LORD nicht, auch das zu spielen, worauf sie gerade Lust haben.
Die Schattenseite dieser Freiheit: die Wechsel von Song zu Song wirken auf den Hörer launisch. Obwohl direkt von Anfang an klar ist, dass es sich um ein Riff-getriebenes Album handelt, verlieren sich einige Lieder in einer für mich langweiligen Struktur. Die zehrende Stimme des Sängers weist viele Nuancen auf, dem klaren Gesang in „Mile After Mile“ hingegen sollte keine Beachtung geschenkt werden. Wenigstens wurde im Mix darauf geachtet, die Stimme nicht in den Vordergrund zu drängen. Spaß hingegen macht es dem Gekreische auf der Black-Metal-Nummer „Blacklisted“ zu lauschen. Leider bricht dieser Song im Kontext der LP genauso heraus wie seine Nachfolger auch.
Aus irgendeinem Grund gibt es sehr viele Unterschiede in der Qualität der Lieder. Inkonsistenz wird hier nicht nur groß geschrieben, sondern auch noch in Kapitälchen. Während der Refrain von „Mile After Mile“ für mich nicht ertragbar ist, kommt der MASTODON-Gesang von „The Bandage“ perfekt zur Geltung. Vergleiche ich das letzte Lied „Not Your Problem?“ mit dem quirkigen „They Lied“, könnte der Unterschied nicht größer sein. Zwischen jedem Song und seinem Vorgänger scheinen Welten zu liegen, die nur durch die konsequente Gitarrenarbeit zusammengehalten werden. Aber das ist ein Zuckerschlecken, betrachtet man die vorangegangenen Alben. Dort lagen die Unterschiede zwischen den Liedern so weit auseinander wie bei manchen Bands nur die Debüt-LP und die erste Demo.
Riffs hin oder her, die Death-Metal-Einflüsse in Gesang und Schlagzeug äußern sich irgendwie immer dann, wenn ich gerne eine Pause einlegen würde. Die trabenden, ewigen Melodien von LORD werden an unzähligen Stellen zu Unrecht unterbrochen. Komisch, unaufhörliche Stimmungswechsel kenne ich eigentlich nur von meiner Freundin und dem Mathcore. Nichtsdestotrotz strotzt nahezu jeder Song auf „Blacklisted“ von so vielen Höhepunkten, dass ich davon absehen kann. Leider sind die schwächsten Songs der Opener „Mile After Mile“ und der Closer „Not Your Problem“. Das versalzt die erste Kostprobe und den Nachgeschmack der Scheibe gehörig.
Autorenbewertung
Vorteile
+ einige Höhepunkte (durch geile Riffs)
+ abwechslungsreicher Gesang
Nachteile
- viel zu kurz und zusammengewürfelt
- die schlechtesten Songs stehen am Anfang und am Ende
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