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Mittendrin und voll dabei – das Paganfest 2025 lässt keine Wünsche offen!

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Das neue Jahr hat seinen ersten Monat geschafft und zack, hat es mich doch gleich recht zeitnah auf einen Konzerttermin verschlagen. Und dabei wird nicht gekleckert, sondern geklotzt! Denn es ging direkt zum Paganfest 2025!

Hier warteten also direkt 5 Bands auf mich, und es versprach ein sehr illustrer Abend zu werden. An dieser Stelle machen wir dann gleich mal einen emotionalen Ausflug:

Die volle Vorfreude

Man kennt dieses Gefühl, wenn man nur mal kurz aus dem Block Bier holen geht, und plötzlich fällt das Tor des Jahrhunderts? Oder man ist beim Filmabend nur kurz pinkeln und es sterben 4 Hauptcharaktere? Nun, diese kurze emotionale Leere konservieren wir uns und rufen diese in wenigen Zeilen wieder ab.

Jetzt aber wieder von vorne, denn mich zog es zu recht früher Stunde zur Location – in diesem Fall den altehrwürdigen Felsenkeller. Nur war hier im Vorfeld leider kein klarer Veranstaltungsbeginn zu erkennen – lediglich der Einlass war mit 17 Uhr angegeben. Aufgrund familiärer Verpflichtungen kreuzte ich auf letzter Felge halbwegs zeitlich passend vor dem Einlass auf, und fand eine immense Schlange vor. Ich befragte also den Security-Posten am Einlass nach dem Beginn der Veranstaltung, was mittelschweres Kopfkratzen und ein „so wirklich weiß ich das auch nicht – wird wohl so 18:30 sein“ ergab. Ich sondierte also kurz die Lage, schätze die Schlange ab und beschloss, dass ich mir in der Wartezeit noch schnell eine dringend benötigte Grundlage einverleiben sollte, wollte ich den Abend überstehen. Das umfangreiche kulinarische Angebot in Leipzig-Plagwitz war dafür bestens geeignet und ich hatte innerhalb kürzester Zeit und angenehm-düster gekleideter Gesellschaft mein Essen eingeatmetr.

Emotionaler Tiefpunkt:

Also stand ich flink wie der Wind wieder vorm Einlass, reihte mich in die Schlange und unterhielt mich ein wenig mit den umstehenden Menschen, während vor der Tür gerade eine unglückliche Tetris-Runde mit den Einlassgittern für ein wenig Verzögerung sorgte. Hier im Gespräch ergab sich, dass die erste Band ELVENKING bereits 17:20 oder 17:30 gestartet hatte. Jetzt rufen wir uns kurz die emotionale Leere von oben auf, da stand ich nun etwas unglücklich da. Ändern konnte ich es nicht mehr, und so kann ich nun keine Worte zum Auftritt der Italiener verlieren. Ich habe mich mehrfach bei anderen Besuchern erkundigt und habe von allen Seiten nur gutes gehört – ich kann also jedem nur ans Herz legen, rechtzeitig den Einlass aufzusuchen und die Italiener ausreichend zu würdigen, die aber auch einen wirklich sehr frühen Slot abbekommen haben.

Keine Zeit für schlechte Laune

Nunja, mir blieb nicht viel Zeit um Trübsal zu blasen, ich orientierte mich in den Räumlichkeiten und konnte mich auch erstmal leidenschaftlich über die Mentalität der Menschen aufregen. Der Eingangsbereich inklusive Tür war proppenvoll gestellt, genau wie die 3-4 Stufen zum Parkett. Unten konnte man sich herrlich bewegen, nach Lust und Laune einen Platz im Gedränge oder ganz in Ruhe am Rand finden. Es war für alle genug Platz und freie Sicht – außer für diejenigen, die konsequent an der Tür stehen blieben… Nunja, auch das war geschafft und ich erblickte dir Bühne und frohlockte, denn HEIDEVOLK gaben sich nun die Ehre, und wie!

Es erfreut mich auch rückblickend noch sehr, wie eine Truppe grimmig guckender, bärtiger älterer Männer eine derart herzerwärmend mitreißende Musik aufs Parkett legen kann! Hier ging auch schnell die Meute mit, und um mich herum flogen die langen Haare headbangender Metaller wie holländische Windmühlenflügel durch die Lüfte. Ich fühlte mich also pudelwohl und genoß den Auftritt der Niederländer, die ich bereits letztes Jahr gerne gesehen hätte. Die Wechsel der Gesangsparts, der zwei- und manchmal drei-stimmige Gesang, die Wechsel zwischen finsteren Growls und Klargesang und dazu die mitreißenden Paganmetalklänge rissen den Saal schnell mit und sorgten für begeisterten Applaus.

Eine feine Setlist und die volle Portion gute Laune!

Bereits am Anfang vom Set gab es „A Wolf In My Heart“, was die Masse gut mittrug, ebenso wie später „Saksenland“ und natürlich als letzten Song auch „Vulgaris Magistralis“. Die Truppe hatte richtig viel Lust auf das Konzert und hatte das Publikum auch gut angezündet. Es herrschte eine sehr gute Stimmung vor, die Getränke aus Hörnern und Bechern flossen und überall waren entweder verschwitzte und/oder strahlende Gesichter zu sehen. Zugegeben hätte ich mir persönlich den Einstieg in den Abend kaum besser wünschen können und der erste Live-Kontakt mit der Band ließ auch mich mit einem breiten Grinsen zurück. Ab 18.15 ging der Auftritt im übrigen bis ca. 19 Uhr.

(An dieser Stelle kann ich gleich mal darauf verweisen, dass es bei Spotify findige Konzertbesucher der anderen Spielorte gegeben hat, die sehr detailgetreue Playlisten für den gesamten Abend angelegt haben – hier kann also parallel zum Bericht direkt musikalisch ins Geschehen hineingehört werden.

Von den Niederlanden auf die Färoer Inseln

Die Umbaupausen waren mit ca. 15 Minuten den ganzen Abend über sehr kurz, was absolut gut gelöst und sehr angenehm als Besucher war! Die Zeit reichte für eine Runde frische Luft, bevor es zurück in die warme Halle ging, und nun standen TYR auf dem Programm. Zugegeben war die Band der für mich blinde Fleck am heutigen Abend, denn ich hatte bisher nie bewusst Kontakt. Ich stellte allerdings recht schnell fest, dass ich dann doch das ein oder andere Lied der Gruppe von den Färoer Inseln kannte.

 Insbesondere der Opener „By The Sword In My Hand“ dürfte zu den bekanntesten Stücken der Band gehören und war auch mir vertraut. TYR konnten live durch eine sehr gute musikalische Präsentation ihres Materials beeindrucken und hierbei fielen auch immer wieder die Soli des Leadgitarristen Hans Hammer auf, die stark in Szene gesetzt waren. Auch stimmlich gab es hier absolut nichts zu bemängeln.

Allerdings war die Band insgesamt sehr zurückhaltend was die Interaktion mit dem Publikum betraf. Es gab durchaus viele Stimmen, die die Songs mittrugen und auch mit Applaus wurde nicht gespart, aber die mitreißende Stimmung die HEIDEVOLK erzeugt hatten, oder die beiden noch folgenden Bands mitbringen würden, konnte hier nicht geboten werden. Andererseits wurde so natürlich die Spielzeit effektiv genutzt und die Band knallte Song um Song in die dicht gedrängten Reihen vor der Bühne.

Hoch den heidnischen Hammer!

Die Nach-Recherche ergab, dass hier auch die ein oder andere Perle für Fans der Bands dabei gewesen sein dürfte, da es auch Songs von sehr alten Alben zu hören gab. Abgeschlossen wurde das Set mit dem zugegebenermaßen großartigen „Hold The Heathen Hammer High“ , was mir ebenfalls geläufig war und für mich das mit Abstand beste Stück der Band ist. Trotzdem muss ich sagen, dass der Funke hier nicht so wirklich übergesprungen ist, die ein oder andere Interaktion mit dem Publikum hätte selbiges hier vermutlich noch deutlich mehr angezündet!

Gleiches Spiel wie vorher: kurze Umbaupause, Oimel an der frischen Luft und dieses Mal auch auf Abwegen in die Region der Merchstände. Diese waren gut zugänglich und reichlich ausgestattet. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass in der Zwischenzeit selbst bei Shirts Preise verlangt werden, die ich vor einigen Jahren noch nichtmal bereit war für Pullover zu zahlen. Ich ging an dieser Stelle also schweren Herzens leer aus, was aufgrund der Menge an bereits vorhandenen Kleidungsstücken allerdings kein wirklicher Fehler war.

Von der frischen Luft in die finnische Sauna

So suchte ich mir erneut einen Weg durch die Menge am Eingang ( warum? Ich verstehe es nicht… ) und danach einen feinen Platz mit guter Sicht für mein Highlight des Abends – die finnischen Mannen von ENSIFERUM! Die Band hatte ich meiner Erinnerung nach bereits auf dem Hellfest – und ich meine auch auf dem Wacken – teilweise gesehen, wollte hier aber seit längerem nochmal einen Auftritt aufsuchen. Umso mehr freute ich mich über das feine Line-Up des heutigen Abends und die Finnen starteten fulminant in ihr Set.

Leider musste ich feststellen, dass der Sound hier die ersten 2-3 Songs deutlich ungünstiger war als zuvor, und insbesondere die Hauptgesangsstimme von Petri Lindroos zu Beginn leider etwas unterging. Das gab sich dann aber glücklicherweise und ich umging das Problem, indem ich mich zu den treibenden Klängen der Musik wagemutig in den Moshpit stürzte und dort einige Zeit im wilden Reigen der tanzenden Meute verbrachte. Ebenso angenehm wie die Musik des Abends war auch das Publikum das sich durch sehr viele grimmige, stark-bärtige und kräftige Gestalten auszeichnete, die bei der lautstarken Intonierung ihrer Gesänge allerdings mehr Lebensfreude verbreiteten, als ein Kindergeburtstag im Bällebad.

Keine Stresser im Pogo, kein böses Wort, kein unnötiger Schubser und auch eine nahezu wohltuende Rücksichtnahme auf die weniger tanzwilligen am Rand – ich war wieder einmal positiv beeindruckt von so viel wundervollen Menschen um mich herum. Auch ich Bewegungsclown konnte mich so also ausgiebig im Pogo betun, und mir dann einen gemütlich-kuscheligen Platz in Bühnennähe sichern, von dem aus ich das restliche Set verfolgte.

Meine Achillesferse holt mich ein…

Nun ist – hier wie überall – mein großes Problem, dass ich keine Songtitel kenne. Würde ich auf Konzerten von Fans aus der Menge gezogen und inquisitorisch aufgrund meines selbstbezeichneten Fandaseins zu Songnamen verhört werden, so würde ich jede Veranstaltung geteert und gefedert am Pranger verlassen. Es sei mir verziehen, ich bemühe mich zumindest für die Leserschaft per Nachrecherche und nachhören die Perlen zu benennen! Mitten in meinem wilden Tanze erklang auf jeden Fall „Winter Storm Vigilantes„, was mir im Ohr hängen blieb, da es so ziemlich mein Liebling vom letzten Album war.

Bereits zu Beginn wurde zur großen Begeisterung „Twilight Tavern“ gespielt, was sich auch dadurch in mein Hirn gebrannt hat, dass die biergeschwängerte, sehr feuchte Aussprache meines Hintermannes mir den Refrain wiederholt wortwörtlich an den Hinterkopf klatschte. Auch bei „Lai Lai Hei“ und „Andromeda“ gab es ein begeistertes Publikum als Chor zu den Stücken. Durchaus als eines der Highlights würde ich „Two of Spades“ nennen, einerseits weil es ein geiler Song ist, andererseits auch, weil hier völlig unvermutet ein Part im Disco-style der 70er auftaucht, den die Band auch grandios live performte! Und sowas liebe ich ja – da stehen beinharte kriegerische geschminkte Wikinger, die sich dann aber selber eben doch nicht so bierernst nehmen und sich nicht zu schade sind, um ne funkige Zwischennummer mit Discokugeln hinzulegen!

Glückliche Band – glückliche Fans!

Auch insgesamt muss man sagen, dass den Jungs das Grinsen gar nicht aus dem Gesicht ging! Die hatten unglaublich Spaß auf der Bühne und haben sich auch sichtlich über das begeisterte Publikum gefreut – hätten die gedurft, hätten die sich noch 3 Stunden aus dem Ärmel geschüttelt und dabei nicht aufgehört zu strahlen, unglaublich sympatisch! So war es ingesamt eine Stunde, die viel zu schnell verging, aber mächtig Eindruck hinterließ. Apropos Eindruck – mir gefällt ja immer, wenn ich instrumentale Besonderheiten erkenne und so fiel mir dann auf, dass Bassist Sami Hinkka einen mächtigen sechs-Saiten-Bass spielt, den er aufgrund seiner physischen Präsenz dabei allerdings auch wie eine Ukulele aussehen lässt. Ein geiler Auftritt, mir war warm wie nach ner finnischen Sauna und Publikum und Band strahlten um die Wette – so muss das!

Der einzige kleine Wermutstropfen bei dem Set war lediglich das deutlich zu helle Bühnenlicht, das ungünstig an die Decke fiel und den Saal zu stark ausleuchtete. Wenn da vorne kämpferische Wikinger ihre Mythen und Geschichten vortragen, während sie eifrig ihre Instrumente verprügeln, dann will ich nicht unbedingt den Beipackzettel im Shirt vom Vordermann lesen können. Da reichen mir verzerrt-begeisterte Fratzen, schemenhafte Wikingerhelme ( wahlweise Plastik, selbstgebaut oder auch gehäkelt vorzufinden ) und gereckte Fäuste. Aber das ist nun nur ein kleiner Punkt am Rande, der den Auftritt in keinsterweise schmälerte!

Kleine Pause vor dem großen Finale

Es folgt eine letzte Umbaupause und nach kurzer Frischlufterholung konnte ich dann auch schon das mir noch im Gedächtnis gebliebene Wikinger-Quietscheentchen auf der Bühne erspähen – ALESTORM nahte nun mit großen Schritten. Und wenn ich ehrlich bin erübrigt sich hier eigentlich ein Bericht, denn die Band kommt raus, ist von jetzt auf gleich völlig präsent und weiß genau was sie tun muss, um die Menge anzuzünden und wann da wo welcher Knopf gedrückt werden muss, damit sich alles in eine wilde Meute verwandelt. Natürlich ist ein Auftritt der Band nichts für einen Metal-Puristen, dessen musikalische Auswahl in der NWoBHM der ersten Stunde begrenzt ist. Schon alleine die verwendete Keytar und das zusätzliche Keyboard dürften hier abschrecken.

Aber umgedreht wiederrum muss man glaube ich auch kein ausgewiesener Metalhead sein, um einen Auftritt der sympathischen Schotten ausgiebig zu genießen. Die Band liefert lupenrein ab, bringt eine Riesenparty auf die Bühne und ins Publikum und ist dabei aber irgendwie auch nie drüber oder zieht etwas ins lächerliche. Es ist eben einwandfreier Piratemetal mit dazu passenden Texten und die ideale Gelegenheit um in einem Metalumfeld eine feine Party zu genießen. Dabei hat die Band natürlich Klassiker im Gepäck, unter die dann beliebig verschiedene Stücke neuerer Alben gemischt werden können, sodass immer genug für alle dabei ist. Das Repertoire ist groß genug, aber natürlich sind „Drink“, „Keelhauled“, „Fucked with an Anchor“, „Hangover“ aber auch neuere Lieder wie  „P.A.R.T.Y.“ oder „Uzbekistan“ eine Basis, um die sich vieles perfekt arrangieren lässt.

Party? Aber hallo!

Das Publikum geht hier absolut einwandfrei mit, viele sogar permanent textsicher – und mit großer Begeisterung entstehen Moshpits, Circle Pits und natürlich auch die obligatorische Rudereinlage sobald irgendeine Band mit nautischem Bezug auf der Bühne ist. Hier bleibt auf jeden Fall kein Auge trocken, kein Shirt unverschwitzt und kein Bein, das nicht den ein oder anderen Tanzschritt einlegt. Und so liefern ALESTORM hier einen (denk)würdigen Abschluss des Abends ab, und überzeugen mich absolut davon, dass das Partybandkonzept auch in einer geschlossenen Lokalität mitten im kalten Winter hervorragend funktioniert.

Was mich allerdings stark irritierte war dann doch die Tatsache, dass die Band – im Gegensatz zu vielen ihrer Songs – auf der Bühne eher zur Wasserflasche als zu der ein oder anderen Spirituose griff, hier hatte ich eher Rum aus dem Schuh des Nebenmannes erwartet, aber vielleicht passiert das dann doch eher hinter verschlossenen Türen nach einem gut performten Gig, was dann auch irgendwie wieder für die Professionalität der Truppe spricht.

Fazit:

Wer noch die Möglichkeit hat, das Paganfest 2025 zu besuchen – geht hin! Hier gibt es einen riesigen Haufen guter Musik für einen fairen Preis in einem absolut würdigen Rahmen mit großer Begeisterung! Diesen Abend sollte man sich nicht entgehen lassen, wenn man den dort vertretenen Spielarten des Metal zugetan ist! Ich sah nach dem Abend genauso zufrieden aus, wie der ausblasbare Kollege hier:


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