Per Crowdfunding zum Debütalbum – Project Thunderbolt
PROJECT THUNDERBOLT – Among The Dead
Veröffentlichungsdatum: 01.12.2016
Dauer: 48:05 Min.
Label: Eigenproduktion
Genre: Heavy Metal
Es gibt viele tolle Ideen, die kreative Menschen gern umsetzen würden. Coole Games, einen innovativen Spielplatz im Park, ein gigantisches Denkmal für eine geschichtsträchtige Person… Dumm nur, dass ohne Schotter gar nichts läuft. Es gibt verschiedenste Wege, an Geld zu kommen – unter anderem das mittlerweile beliebt gewordene „Crowdfunding“, bei dem interessierte oder gar vom Projekt begeisterte Menschen gegen sogenannte „Rewards“ (zu deutsch „Belohnungen“) ein Projekt unterstützen und Geld spenden können. Auch größere Künstler haben sich schon durch ihre Fans finanzieren lassen, so u.a. DORO PESCH, die mit Belohnungen von DVDs bis zum lebenslangen Gästelistenplatz für alle zukünftigen Konzerte insgesamt knapp 40.000 € einnahm, um ihr Musikvideo zu „Love’s Gone To Hell“ nach ihren Vorstellungen drehen zu können.
Doch man muss nicht zwingend eine große Fanbase haben, um sein Projekt über kickstarter.com zum Laufen zu bringen. PROJECT THUNDERBOLT erhofft sich, die eigene Karriere durch ein von Fans finanziertes Debütalbum anzukurbeln. Stolze 2.184 € von 40 Unterstützern sind zusammengekommen – das sind im Schnitt über 50 € pro Person. Ob das Geld wohl gut angelegt ist?
Es geht anders los, als ich es erwartet hätte. Langsam, fast leidend ertönt ein Klavier, zu dem sich schon bald die Gitarre gesellt. Nach knapp anderthalb Minuten kommt dann der dem Einstiegstitel gleichlautende Chorus „We Are“ hinzu, der einige Male wiederholt wird. Das alles wirkt zunächst etwas düster, gewinnt aber zeitnah an Kraft und mündet schließlich in den ersten vollwertigen Titel „PT“. Nach kurzer Zeit setzt das wohl auffälligste Element des Heavy Metals der Marke PROJECT THUNDERBOLT ein: Der Gesang. Die Stimme ist rau und das in den Strophen auftretende Growling erinnert etwas an schweinisches Gegrunze. Mein erster Gedanke: Hieran werden sich die Geister sicher scheiden. Trotz des eigenartigen Gesangs ist der Sound aber wirklich gut. Die bereits im Intro auftretenden chorischen „We Are“ – Rufe fügen sich sauber in den Titel ein, der insgesamt einen runden Eindruck macht.
Der Titeltrack „Among The Dead“ beginnt ebenfalls langsam und lässt sich viel Zeit, ehe dem langen instrumentalen Intro auch textlicher Inhalt folgt. Der Song schleppt sich ein bisschen, passt allerdings relativ gut zum Thema des Cyborgs (welcher übrigens auch auf dem Cover abgebildet ist), der sich fragt, wer er eigentlich ist. Alles in allem ist der Song mit gut sieben Minuten Spielzeit doch ein gutes Stückchen zu lang geraten, kann aber insbesondere durch den bereits erwähnten eigentümlichen Gesang in den Refrains aufhorchen lassen. Die Stimmfarbe erinnert mich unwillkürlich an Frontsänger von Deutschrock-Bands wie 9MM oder FREI.WILD, nur dass mir das Musikthema von PROJECT THUNDERBOLT wesentlich besser gefällt als die „Ist-unsere-Gesellschaft-nicht-beschissen“-Musik der Südtiroler. Sicherlich nicht zuletzt, weil die Texte hier englisch sind und einen weniger pseudo-rebellischen Charakter an den Tag legen.
Auch das folgende „Hopebringer“ kommt nicht so recht aus der Hüfte, punktet aber mit einfachen, mehrstimmigen Gesängen, die gar nicht so schlecht klingen. Minuspunkte gibt es für die Klargesangspassage, die nicht zum Rest des Titels passen will und eher schlecht als recht klingt. Da ist das zum Ende wiederkehrende Growling sowie die rauere Sängerstimme doch wesentlich angenehmer!
„UNinvolved“ startet angenehm schnell und hart. Sehr gut! Leider verliert der Titel viel zu schnell an Tempo und gerät in das alte Muster – viele unbesondere Instrumentalpassagen, die auf Dauer doch ein wenig ermüden. Und das Thema? Stumpfe, unbeeindruckende Gesellschaftskritik. Dabei hatte es so gut und ganz anders als diese Deutschrock-Bands angefangen. Lieber höre ich Geschichten von Cyborgs, als zum hundertsten Mal Songs mit der Aussage „Unsere moderne Welt ist ja so unsagbar oberflächlich“. Na gut, was soll’s. So einen Titel macht ja fast jeder mal.
Mit einer schönen, langsamen Klaviermelodie beginnt „Atlantis“. Wieder hören wir Klargesang, allerdings weniger stark im Vordergrund und stärker instrumental unterstützt. Und was soll ich sagen: diesmal passt es. Man muss die Stimme nur richtig einsetzen! In diesem Titel passt das Zusammenspiel von klarem und rauem Gesang. Im zweiten Teil wird der Titel wieder ein bisschen härter, ohne dabei zu viel Tempo in den Song zu legen und damit die Stimmung zu zerstören. Einen Fehler macht die junge Truppe aber erneut. Die Jungs von PROJECT THUNDERBOLT missachten ein wichtiges Gebot: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist! Stattdessen wird der Titel wieder gestreckt und gestreckt, bis man mit einer Spielzeit von 6:46 Minuten wieder den Bogen überspannt hat und die Luft raus ist. Schade!
Neuer Song, gleicher Prozess: „The March“ enthält stimmige Passagen, die sogar etwas ins Ohr gehen, wird danach aber übertrieben stark in die Länge gezogen. Spielzeit: 6:38 Minuten. Warum nur könnt ihr eure Titel nicht beenden, solange sie noch interessant sind?
„Hit’em Hard“ beginnt sehr zügig und mit mehrstimmigem Gesang. Brüderlicher Gesang. Sehr gut, jetzt bloß nicht nachlassen! Der Titel bleibt schnell und rau, bringt den eingängigen Refrain mehrfach wieder und schafft es sogar, rechtzeitig den Absprung zu wagen und den Titel zu beenden, bevor Langeweile aufkommt. Geht doch! In meinen Augen der beste Titel der CD – einfach und unkompliziert.
Zum Schluss folgt mit „Dark Passenger“ nochmal ein düsterer Song. Das letzte Stück der CD bleibt nach dem vorigen Titel leider etwas blass. Insbesondere die Passagen, in denen nicht gesungen wird, sind ziemlich öde und schaffen es einfach nicht, mich zu begeistern. Wenigstens dauert auch dieser Titel nur viereinhalb Minuten und hält mich nicht länger als nötig hin. Ein eher mittelprächtiger Ausklang.
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Autorenbewertung
Vorteile
+ sehr solider Sound
+ potentiell fähig, eingängige Titel zu konstruieren
Nachteile
- viele Titel ziehen sich in die Länge
- zu wenige Songs reißen wirklich mit
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1 Kommentar
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