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Power Metal der Superlative: „Reaching Into Infinity“ von DRAGONFORCE

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DRAGONFORCE – Reaching Into Infinity
Veröffentlichungsdatum: 19.05.2017
Dauer: 69:40 Min.
Label: earMUSIC / Edel
Genre: Power Metal / Speed Metal

Mein Sommer ist gerettet! Nachdem im vergangenen Herbst und Winter viele meiner Lieblingsbands neue Alben auf den Markt brachten, nahm die Flut immer stärker ab, je näher der Sommer kam. DRAGONFORCE schaffen für Anhänger des europäischen Power Metals eine musikalische Oase in der Wüste, die der Sommer 2017 darstellt. Schon mit Alben wie „Ultra Beatdown“ oder dem Vorgängeralbum „Maximum Overload“ macht die Band deutlich, Metal der Superlative schaffen zu wollen. Angesichts dessen verwundert es kaum, dass mitunter der Begriff „Extreme Power Metal“ als Beschreibung für den Stil der Briten verwendet wurde. Kann es ein Zufall sein, dass draußen ein Gewitter aufzieht und sich der Himmel auftut, just in dem Moment, in dem das siebte Studioalbum „Reaching Into Infinity“ durch meine Anlage erklingt und ich dieses Review schreibe?

Skepsis weicht Ekstase

Meiner ob einer Vielzahl von enttäuschenden Titeltracks entstandenen Skepsis wird direkt einmal engegengewirkt. Bei „Reaching Into Infinity“ handelt es sich nämlich nicht um einen ganzen Song, sondern nur um das knapp anderthalbminütige Intro, das auf ruhige Art und Weise Spannung aufbaut und dann in den ersten vollwertigen Titel „Ashes Of The Dawn“ überleitet. 30 weitere Sekunden des Aufbaus, dann beginnt die sehnsüchtig erwartete DRAGONFORCE-Magie: hohe, kreischende Gitarrenmelodien gesellen sich zum fixen Wummern des Schlagzeugs. Als dann auch noch die Stimme Marc Hudsons ertönt, kann ich mich des zufriedenen Lächelns nicht erwehren, das sich in meinem Gesicht ausbreitet. Der Refrain ballert unwahrscheinlich und versetzt mich in jene Ekstase, die ich mir gewünscht habe. Daran kann auch „Judgement Day“ problemlos anknüpfen, das neben der prügelnden Geschwindigkeit aber auch mit instrumentalen Soli des Keyboarders Vadim Pruzhanov sowie der Gitarissten Sam Totman und Herman Li und einem eingängigen Mitschunkel-Refrain zum Ende des Songs aufwartet. Dieser Song kann als Paradebeispiel dafür dienen, dass DRAGONFORCE auf vielfältigste Art und Weise den Hörer packen kann. Um ja nicht zu viel Ruhe einkehren zu lassen, prescht das ebenfalls von den kultigen Gitarrensoli gespickte „Astral Empire“ von Anfang an los, um über fünf Minuten hinweg das Tempo zu halten.

Silence und Madness?

Kennt ihr das eigentlich auch? Ihr hört euch die ersten vorab veröffentlichten Titel eines Albums an, denkt euch „Geil, wenn es jetzt schon so gut ist, wie muss dann der Rest erst sein!“ und seid dann enttäuscht, weil die Highlights schon vorweg genommen wurden und die restlichen Songs diese nicht mehr toppen können? Dann habe ich eine gute Nachricht für euch: hier läuft das anders! „Curse Of Darkness“ ist der zweite Song, der bereits vor Release veröffentlicht wurde. Ein solider Song samt schneller und weniger schneller Elemente, der insgesamt aber weniger Eindruck hinterlässt, als die vorangegangenen Titel. Wer diesen Titel schon feiert – wartet ab, was da noch kommt! Und wer es nicht tut – keine Sorge, DRAGONFORCE legt noch ne Schippe drauf. Das oben erwähnte „Judgement Day“ liefert einen guten Vorgeschmack.

Zwei weitere Höhepunkte bieten sich mit „Silence“ (natürlich, bei diesem Titel war nichts anderes zu erwarten!) und „Midnight Madness“. Dem Namen entsprechend, handelt es sich bei ersterem um einen der ruhigsten Songs des Albums. Balladesk anmutend, lebt der Song vor allem von Hudsons gefühlvoller und kräftiger Stimme. Wer meint, dass DRAGONFORCE nur mit dem Speed-Train funktioniert, sollte es einmal mit „Silence“ versuchen. „Midnight Madness“ dient als perfektes Gegenstück. Eben noch einem gefühlvollen Song lauschend, werde ich nun auf schnellstem Wege in emotionale Höhen katapultiert. Der siebte Titel der Scheibe strotzt nur so vor Spielfreude. Abermals gelingt der Spagat zwischen ruhigen Gesangspassagen und dem durch explosives Schlagzeug und flinke Gitarren unterstützten Refrain.

Weniger vergnüglich, dafür deutlich rauer und geradliniger zeigen sich „War!“ und „Land Of Shattered Dreams“. Hier wird kaum einmal Tempo rausgenommen, sondern einfach geradlinig durchgezogen und wenig Zeit an emotionalen Schmalz verschwendet.

Das Beste zum Schluß

Mit dem elfminütigen „The Edge Of The World“ wagt DRAGONFORCE dann allein schon aufgrund der schieren Länge ein lohnenswertes Experiment. Da wir hier über die möglicherweise „schnellste“ Band Europas sprechen, kann man hier durchaus von einem langsamen Titel reden. In der ersten Hälfte des Songs dominieren vergleichsweise sanfte, dennoch mitreißende Töne. Die Ruhe wird im zweiten Teil durch eine Growling-Passage überraschend durchbrochen und verleiht dem Titel damit einen interessanten Twist, ehe der eingängige Refrain noch einmal wiederkehrt und den Kreis schließt. Auf den epischsten Song der Scheibe folgt „Our Final Stand“ als spielerischer Ausklang des regulären Repertoires.

Für die Käufer der „Special Edition“ gibt es neben einer DVD auch noch die weiteren Bonustracks „Hatred And Revenge“ sowie „Evil Dead“ zu hören. Während sich ersterer als völlig typischer, rasanter Abenteuer-Helden-Song der Londoner Band präsentiert, der mir insbesondere durch die packende Gitarrenbridge in Erinnerung bleibt, stellt „Evil Dead“ ein besonderes Schmankerl dar. Erfrischend rau und erfrischend hart wird hier ohne viel Spielerei durchgezogen. Fast schon thrashig wirkt der dreieinhalbminütige Song, der mich nach über einer Stunde DRAGONFORCE als letzte kleine Überraschung begeistert zurücklässt.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Dragonforce

Autorenbewertung

10
Selten kommt es vor, dass ich mir ein Album anhören will, ohne auch nur einen Titel zu skippen. "Reaching Into Infinity" gehört ab heute dazu. Geschaffen wurde hier ein erstaunlich abwechslungsreiches Album, auf welchem die Truppe in nie dagewesener Vielfalt mit ihrem Können glänzt. Neben den heiß ersehnten, ultraschnellen Power-Metal-Hymnen, warten auch emotionalere Titel, die nicht weniger zu begeistern wissen. Mit dem ungewohnt langen "The Edge Of The World" und dem abgehobenen "Evil Dead" warten außerdem jene Experimente, die auf einem außergewöhnlichen Album nicht fehlen dürfen. DRAGONFORCE schreiben mit ihrem siebten Album Musikgeschichte. Das ist Power Metal erster Güte.
ø 3.9 / 5 bei 6 Benutzerbewertungen
10 / 10 Punkten

Vorteile

+ außergewöhnlich abwechslungsreich
+ perfekter Spagat zwischen gefühlvollen Stücken und zum Mitfeiern animierenden Highspeed-Songs
+ 70 Minuten pures Entertainment

Nachteile

- die Band wird sich in Zukunft nur noch schwer selbst überbieten können

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3 Kommentare

  1. […] Da bleibt keine Ritterrüstung unpoliert. Wie ich es bereits erwartet hatte, setzt sich NIGHTs “Raft Of The World” mit 16 Punkten durch. Einen kleinen persönlichen Sieg kann ich damit auch erringen, denn “Reaching Into Infinity” von DRAGONFORCE wird dadurch auf den zweiten platz verwiesen. Ernüchternd ist nur, dass sich das exzellente Artwork von LUNAR SHADOWs “Far From Light” mit elf Stimmen begnügen muss. Unsere Meinungen zu den bestplatzierten NIGHT und DRAGON FORCE findet ihr hier und hier. […]

  2. Jan
    28. Juni 2017 bei 11:54 — Antworten

    Danke für diesen Tipp.
    Im ersten Moment klingt es sehr poppig für mich. Steigert sich jedoch im Laufe der Scheibe.
    Perfekt um lange Autofahrten erträglich zu machen und um zuhause einfach mal abzuschalten.

  3. Ostseemetal
    18. Mai 2017 bei 14:28 — Antworten

    Judgement Day hätte schon ein minimal langsmeres Tempo vertragen. Das extreme Tempo macht meines Erachtens eine ansonsten gelungene Nummer ziemllich kaputt. Die anderen bei Vevo vorveröffentlichten Songs klingen hingegen echt gut.

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