90 Minuten Punk und Tierrecht – Punk Rock Vegan Movie
Punk Rock Vegan Movie – ein Name der direkt verrät, worum es hier geht. Am 20. Januar 2023 war die Uraufführung des Films beim Slamdance Festival in Park City, Utah. Über fünfzig Akteur*innen aus der Punk- und Rock-Szene kommen zu Wort und schildern ihre Bezüge zu einer tierleidfreien Lebensweise. Buch und Regie wurden von MOBY geführt, den man vielleicht nicht zuallererst mit Punk Rock in Verbindung setzt. Allerdings hat der amerikanische Musiker und Tierrechtler vor allem in den 1980ern und 1990ern viel Zeit in der Punkbewegung verbracht. Neben seiner Aktivität bei den VATICAN COMMANDOS kann man auch das 1996 erschienene MOBY-Album „Animal Rights“ als Referenz für die wilde Jugend des Richard Melville hernehmen.
Der knapp eineinhalb Stunden dauernde Film wird durch ein Gespräch zwischen MOBY und einer Hündin eingeführt, die gerade dabei sind, Schach zu spielen. Die Hündin bittet MOBY von der Geschichte des Punk Rock zu erzählen, und somit beginnt die musikalische Zeitreise. Schnell wird von den Wurzeln im Rock’n’Roll und der Musik der 1950er der Bogen über die Jahrzehnte geschlagen, in denen es um Aufbegehren, Rebellion und Lärm ging. Und so landet die Erzählung auch beim Thema Tierrechte und deren Verankerung in der Punk- und Hardcore Szene der 1980er Jahre. Mit den Worten „Good boy, MOBY“ beendet die Hündin die humoristische Einleitung in Punk Rock Vegan Movie.
Im weiteren Verlauf wird die Geschichte des Punk Rock anhand von Interviews erläutert. Die Interviewpartner*innen erzählen von ihren ersten Berührpunkten mit der Musik, mit der Subkultur, mit den politischen Inhalten. Was immer auch dazu gehört, ist der persönliche Bezug der Personen zum Thema Tierrecht und Veganismus. Auch die Straight Edge Bewegung und ihr sehr enger Zusammenhang mit Vegetarismus und Veganismus werden im Vorbeigehen kurz vorgestellt.
Die Aufmachung des Films
Punk Rock Vegan Movie ist humorvoll gestaltet. Die kleinen Einspieler sorgen für nette Abwechslung zwischen ernsten Themen wie den Zuständen in Schlachthäusern oder dem Kampf gegen Sexismus, Rassismus, Homophobie etc. Dazu gehört etwa das akademische Seminar zur Dialektik von Punk und Veganismus, welches ausschließlich vor Vorschulkindern wird. Auch die Einleitungen in neue Interviewreihen beziehungsweise einen neuen Zeitabschnitt in der Punkgeschichte sind nett gemacht. Hier erinnert der Schnitt ein wenig an Produktion aus dem Hause Monty Python. Insgesamt geht es manchmal sehr schnell und man wünscht sich, ein Song oder ein Einspieler hätte mehr Zeit bekommen. Hätte man hier statt der Spielfilmlänge von 90 Minuten etwas mehr Zeit gelassen, hätte die gefühlte Hektik vermieden werden können.
Die Inhalte
Der Film verknüpft die Geschichte des Punks als musikalisches wie kulturelles Phänomen mit dem Aufstreben der Tierrechtsbewegung. Es geht allerdings um mehr als nur das. Punk Rock Vegan Movie beschreibt, wie die Subkultur Missstände anspricht und sich dagegen auflehnt. Punk Rock und politischer Aktivismus sind keine Synonyme, aber hier geht es darum, die Schnittmenge zu beleuchten. Und so geht es um Beweggründe zur tierproduktfreien Lebensweise, um die Community, oder auch um einen daraus entstehenden Lifestyle. Im letzten Drittel gibt es dann kaum noch Punk Rock und dafür mehr Inhalte aus der Tierrechtsbewegung. Besonders die finale Ansprache von MOBY geht ans Herz.
Das Personal
Die Interviewpartner*innen sind zum großen Teil Musiker*innen, die im weitesten Sinne mit Punk und Hardcore assoziiert werden können. Viele bekannte Gesichter und Namen sind vertreten und alle berichten von ihrem Bezug zu Punk und tierfreier Ernährung. Da X-RAY SPEX Sängerin Poy Styrene leider bereits 2011 verstorben ist, berichtet ihre Tochter Celeste Bell über die Rolle der englischen Musikerin. Insgesamt betrachtet fallen aber drei Einschränkungen auf, wenn man das Personal beleuchtet: zunächst liegt der Fokus fast ausschließlich auf die USA und das Vereinigte Königreich. Außerdem gilt hier: pretty white, pretty male. Obwohl die Szene schon in frühen Jahren von großer Diversität in Sachen Ethnien und Geschlechter prägt war, kommen hier größtenteils weiße Männer zu Wort.
Der Soundtrack
Vor allem in den Einspielern gibt es viele Schnipsel aus großartigen Punk- und Hardcoresongs zu hören. Die Musiker*innen, die hier zu Wort kommen, werden oft auch mittels ihrer Kunst präsentiert, was den Film auch aus musikalischer Perspektive sehr schön macht. Wie schon weiter oben erwähnt, wäre es jedoch noch schöner gewesen, wenn diese Einspieler länger wären. Während der Interviews oder zur Untermalung der Übergänge gibt es sanfte Elektronik aus dem Hause MOBY – nichts Besonderes, aber auch keine schlechte Umsetzung. Informationen, ob es einen Soundtrack in Form eines Samplers mit ganzen Songs gibt, liegen mir leider nicht vor. Ich würde es aber sehr begrüßen, wenn es so wäre.
Fazit
Punk Rock Vegan Movie ist informativ, nett gemacht, ein bisschen witzig, manchmal albern, und meistens schön. MOBY präsentiert einen wichtigen Aspekt von politischem Aktivismus. Mittels vieler Interviews und einem vielstimmigen Kanon wird die Bedeutung von Tierrechtsaktivismus beleuchtet. Vor allem wird dabei auch auf die Intersektionalität hingewiesen, die Veganismus oder Vegetarismus im Verbund mit anti-oppressiven oder antikapitalistischen Haltungen innehaben kann. Es ist ein interessanter Film mit gewissen Schwächen, aber definitiv ein nettes Stück subkultureller Geschichtsschreibung.
Das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Snow White PR zur Verfügung gestellt.
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