RAGNARÖK FESTIVAL 2017: Trinkhorn, Tod und Trump (Tag 1)

13 Anläufe hat es gebraucht, bis ich nun auch endlich mal zum Ragnarök Festival gefahren bin. Und das, obwohl ich aus der Region stamme. Warum das so lange gedauert hat? Vermutlich deshalb, weil Pagan, Folk und Black Metal nicht zwingend meine Lieblingsgenres sind. Aber man soll ja niemals nie sagen. Und so stoße ich nun also im lauschigen Lichtenfels zu den werten SILENCE-Kollegen.

Am Einlass ist gegen 13:30 Uhr noch nicht viel los, also spaziere ich erstmal munter über den Vorplatz mit Essensbuden und Verkaufsständen. Wirkt gemütlich. Nun auf zur Halle! Nachdem mich Hansi Hinterseer von einem Plakat über dem Eingang herunter begrüßt hat, checke ich die Lage beim Eröffnungs-Act KULTASIIPI. Echt muntere Truppe aus der – Zitat – „südlichsten Stadt Finnlands: Berlin“. Ihr beschwingter Folk Metal Marke KORPIKLAANI und ELUVEITIE ist am frühen Nachmittag genau der richtige Einstieg. Das Publikum schwingt erstmals vereinzelt das Tanz- und Hüpfbein, und auch zwei kleine Stöpsel mit Gehörschutz feiern am Rande mit ihren Eltern ab. Sehr sympathisch! 

Da die beiden Seiten der Doppelbühne abwechselnd bespielt werden, geht es nebenan zügig weiter. FIRTAN sorgen mit ihrem atmosphärischen Black Metal für einen verhältnismäßig großen Menschenauflauf. Scheinbar der erste Geheimtipp des Tages. Ich verfolge den soliden Auftritt entspannt von der Tribüne aus, bis ich zu ANOMALIE weiterziehe. Auch diese Post-Black-Metal-Band findet beim Publikum recht großen Anklang. Zwar ist der Gesang etwas zu leise gemischt, und Ansagen gibt es überhaupt keine, aber das macht nichts, denn die Musik ist gut. 

VOLTUMNA lasse ich dann aus, um unserem SILENCE-Stand einen Besuch abzustatten. Dort hatten gerade FINSTERFORST den Reigen an Autogrammstunden eröffnet. Einen Schnappschuss hiervon, sowie weitere Eindrücke, findet ihr übrigens auf unserem Instagram-Account

ZWISCHEN SCHLAFHALLE UND TRUMP-ANSPRACHE

Mit ELLENDE und FÄULNIS gebe ich mir dann noch mehr Black Metal aufs Ohr. Erstere sind nicht so wirklich mein Fall. Zweitere brennen sich dafür mit ihrer punkigen Attitüde und dem „Fuck Off!“-Backdrop in mein Gedächtnis. Frontmann Seuche gibt alles, auch wenn das Mikrofon zwischenzeitlich die Biege macht. Kann passieren. Wer seinen Black Metal rotzig mag, dem lege ich die Band auf jeden Fall ans Herz. Da in Kürze mit FJOERGYN ein erstes persönliches, kleines Highlight ansteht, powernappe ich in der nahegelegenen Schlafhalle ein wenig. Extrem lässig!

Frisch ausgeruht mache ich es mir auf der Tribüne gemütlich und tauche in die düstere Atmosphäre ein, die FJOERGYN optisch und akustisch heraufbeschwören: Dreieckige Kerzenständer, schwarze Kapuzenrobe, gedimmtes Licht. Dazu ein kristallklarer Sound, der auch die Geigentöne toll zur Geltung kommen lässt. Bevor „Terra Satanica“ startet, hört man Donald Trump von „Make America Great Again“ faseln. Sehr passend, denn für meinen Geschmack darf man auch im (Black) Metal gerne politische Statements ablassen. Auch wenn der Klassiker „Ernte im Herbst“ ausblieb, ein sehr gelungener Auftritt.

EXOTEN UND DER HEIMLICHE HEADLINER

Nach solch schwerer lyrischer und musikalischer Kost, lockern ELVENKING die Stimmung in der Halle wieder etwas auf. Mit ihrem folkigen Power Metal zählen die Italiener eher zu den Exoten im Line-Up des Ragnarök Festivals 2017. Dementsprechend finden sich auch eher verhältnismäßig wenig Zuschauer vor der Bühne ein. Die haben dafür umso mehr Spaß. Ich beobachte das Geschehen nur aus der Ferne und bereite mich innerlich auf HARAKIRI FOR THE SKY vor. 

Dass die Österreicher einen absoluten Leckerbissen auf der Post-Black-Metal-Speisekarte darstellen, ist bei Weitem nicht nur meine Meinung. So ist der Platz vor der Bühne auch gerammelt voll, als die ersten Töne von „Calling The Rain“ ertönen, dem Opener des aktuellen Albums „III: Trauma“. HARAKIRI FOR THE SKY verzichten, wie zuvor schon ANOMALIE (mit denen sie auch einige Bandmitglieder teilen), komplett auf Ansagen. Weniger reden, mehr spielen – sehr gut! Zwar wirken die Gitarren-Leads teilweise etwas zu leise, doch tut dies der melancholischen Atmosphäre keinen Abbruch. Dann entert FÄULNIS-Sänger Seuche noch die Bühne und steuert einen Gastpart bei. Ob man sich dabei derart selbstdarstellerisch vor dem Publikum auf der Box aufbauen muss, darf jeder für sich selbst entscheiden … Doch nun ab zum Headliner des ersten Tages!

BEWEGUNGSFREIHEIT BEIM HEADLINER

INSOMNIUM haben für ihren Auftritt satte 70 Minuten zur Verfügung. Davon füllen sie die erste Hälfte komplett mit dem monumentalen Song/Album „Winter’s Gate“. Einfach großartig! Die zweite Hälfte des Sets prägen Stücke wie „While We Sleep“ und „The Promethean Song“, die stärker im Melo Death verankert sind und auch Raum zum Headbangen bieten. Freut mich wie Schnitzel! (Und lässt mich den volltrunkenen Deppen neben mir gekonnt ignorieren.) Leider scheint auch diese eher „exotische“ Band das Gros der gut 4500 Ragnarök-Besucher nicht so richtig vom Hocker zu reißen, denn für einen Headliner-Auftritt habe ich doch überdurchschnittlich viel Bewegungsfreiheit vor der Bühne. Etwas schade, aber wer dabei ist, hat mit INSOMINUM definitiv Freude! 

Im gleichen Maße wie sich der Tag dem Ende neigt, schwinden auch meine Kräfte. FINSTERFORSTs sowie DORNENREICHs Akustik-Show verfolge ich nur noch marginal. Letztgenannte stehen mit ihrem „normalen“ Auftritt zudem am nächsten Tag ein zweites Mal auf der Running Order. Wies war? Das erzählt euch Mich im zweiten Teil unseres Berichts vom Ragnarök Festival 2017. Außerdem u.a. mit dabei: PRIMORDIAL, DARK FUNERAL, OBSCURITY, BLACK MESSIAH und der allerletzte Auftritt von TODTGELICHTER. Seid gespannt!

FAZIT

Mein erstes Ragnarök Festival wird keinesfalls mein letztes gewesen sein. Auch wenn nicht jede Band meinen Geschmack getroffen hat, so waren neben meinen persönlichen Highlights FJOERGYN, HARAKIRI FOR THE SKY und INSOMNIUM doch einige Perlen dabei, mit denen ich mich noch ausführlicher beschäftigen werde. Die Stadthalle Lichtenfels ist eine wunderbare Location, die kurze Wege zwischen Bühnen, Essens- und Merch-Ständen, dem Parkplatz sowie dem Campingplatz ermöglicht. Zudem ist im April die Schlafhalle ein nicht zu unterschätzender Bonus. Auch wenn uns Schnee erspart blieb, so war das Indoor-Schlafen für mich Endzwanziger schon eine feine Sache.


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