Rockavaria 2016 – Raus aus den Sachen!

Es ist Sonntag Nacht halb drei. Nach drei Tagen Festival und knapp 1000km Weg kommt ihr endlich nach Hause. Was ist das erste was ihr macht? Na, Ideen? Nein? Ausziehen natürlich! Und zwar die komplett nassen Sachen die ihr seit Stunden anhabt und mit denen ihr schon einmal durch die halbe Republik gerollt seit. Und danach? Schlafen? Noch ein Wochenend-Abschluss-Bier trinken? Auch falsch! Natürlich setzt ihr euch auf den (mittlerweile trockenen) Hintern und fangt an zu schreiben! Zumindest tue ich das, denn eins ist klar: Ich will, dass IHR schnellstmöglich Bescheid wisst über das Rockavaria 2016! Ein Mann, eine Mission sozusagen! Also los!

Freitag

Nach der etwas beschwerlichen Anreise durch den Wochenendverkehr leider etwas spät – dennoch nicht zu spät – angekommen, geht es erst einmal zu NIGHTWISH. Die sind Headliner am Freitag und auf der Doppelbühne im Olympiastadion in München zu Gange. Doppelbühne? Dazu gleich mehr …
Das Publikum ist heute guter Dinge. Logisch, denn im Vorprogramm fanden sich neben JBO (die absolute Lieblingsband von Alex) unter anderem auch noch IN EXTREMO wieder. Da muss man gute Laune haben. Was aber auffällt ist, dass es in dem Stadion (welches wirklich beeindruckend aussieht) ganz schön hallt. Das trübt leider ein wenig das Klangerlebnis, aber gut. Die Band spielt die letzten Klassiker, es gibt tosenden Applaus, jetzt also auf zu den Zelten! Auf ins Festivalgetümmel…! Doch halt!

KEINE ZELTE

Wo sind all die Zelte geblieben? Die einzigen die man weit und breit sieht, dienen dem Ausschank. Kein Zeltplatz also. Alle gehen nach Hause. Und die Aftershowparty? Die muss heute dezentral im Hotel stattfinden. Immerhin hat dieses 4 Sterne und ist nur unweit vom Festivalgelände entfernt. In der Lobby tümmeln sich Metalheads und Rocker und tanzen zur Musik, die ein DJ auflegt. Von Eskalation keine Spur. Liegt aber wohl auch an der gehobenen Location und daran, dass der Altersdurchschnitt relativ hoch ist. Hier gehört man mit Ende 20 noch nicht zum alten Eisen …

Samstag

Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht (die zusätzlichen Liegen in den Doppelzimmern sind nur was für ganz hart Gesottene) geht es diesmal nicht zum Festivalgelände, sondern in die Münchner Innenstadt. Schließlich genießt der Fan von Welt neben der Musik natürlich auch die Kultur – davon hat München ja bekanntlich eine Menge. Zumal das Festivalgelände erst am Nachmittag wieder für Besucher geöffnet ist.

Zurück auf dem Gelände besichtigt man zuerst einmal die Seebühne, da das Wetter herrlich ist und SÓLSTAFIR gerade spielen. Die Bühne steht – wer hätte das gedacht – im See und diejenigen, die keine Tretboote bekommen haben (ca 99.99% der Teilnehmer) liegen auf der Wiese und lauschen den wunderbaren Klängen. Ein paar vereinzelte Enthusiasten beehren die Band vor der Bühne. Aber das ist ja viel zu stressig, also lieber liegen bleiben und von den Strapazen des Tages (Mittagessen und Einkaufen) erholen. Auf der großen Bühne spielen derweilen MANDO DIAO, was uns aber nicht weiter interessiert. Abschluss des Abends ist IGGY POP, die alte Lederhaut. Und der hat es immer noch faustdick hinter den Ohren. Zwei Stunden lang heizt er seinen Fans ordentlich ein! Beachtlich, muss man sagen. Danach ist die Stimmung ausgelassen und gut. Also keine Zeit verlieren, schnell die Sachen ins Hotel und dann wieder auf die Piste! Immerhin ist Samstag und der Abend jung. Hier muss erwähnt werden, dass die Konzerte nur bis 23 Uhr laufen. Danach ist leider schon Schluss.

Im Hotelzimmer angekommen passiert dann leider das, was passieren muss. Man wird träge. Auch verzweifelte Versuche, den Abend mit einem übertriebenen Einsatz an Spirituosen zu retten, scheitern. Mich beschleicht der Gedanke, dass es dem Festival an den wichtigsten Zutaten fehlt. Und zwar dem Zelten, dem Miteinander, der Ausgelassenheit, der Wildheit. Denn so ein Hotelzimmer verleitet nun mal leider zum versacken.

Na wenigstens Ausschlafen

Am letzten Tag geht es gut ausgeschlafen zum letzten Akt. Die Bands auf der Doppelbühne klingen sehr vielversprechend, also nichts wie hin! Besonders fallen GOJIRA aus Frankreich auf. Ein absoluter Tipp, wenn man auf Technical-Death-Metal steht! Kaum ist das Konzert beendet, beginnt direkt daneben schon das Nächste. Das ist der Vorteil der Doppelbühne. Keine Wartezeiten und man muss sich nicht vom Fleck bewegen, um alles zu sehen. Ein wenig schade ist, dass man in den Spielpausen der Bands auf der einen Bühne den Soundcheck der Bands auf der anderen Bühne hört. Wen wundert es da, dass die Tontechniker (Gott hab sie selig) es über den gesamten Tag erneut nicht schaffen, einen brillanten Sound zu zaubern. Bei der einen Band hört man den Sänger kaum, bei der nächsten glaubt man, dass der Tonmeister Schlagzeuger wäre.

Gehen wir halt zu SLAYER!

Oh ja, SLAYER! Da sich der Himmel gerade verdunkelt hat und die Seebühne, aus Angst sie könnte nass werden, geschlossen wurde, bleibt einem gar nichts anderes übrig, als sich SLAYER anzuschauen.
Die Band kommt auf die Bühne und eines ist sofort klar: JETZT WIRD DER SCHEIß REGLER DES MISCHPULTS AUF ANSCHLAG GEHÄMMERT!!!! UNENDLICH LAUT!!! NOCH LAUTER!!! WAAAHHH!!! Ganz ehrlich, man fragt sich manchmal, was in den Leuten am Mischpult so vor sich geht! Hören die nach Jahrzehnten des Lärms einfach nichts mehr oder denken sie, dass sie ihrer Band einen Gefallen tun, wenn sie alles auf Anschlag stellen? Und ich will damit nicht sagen, dass ich ein Gegner von infernalischem Lärm bin, ganz im Gegenteil! Aber wenn die Boxen klingen als würden sie bald ihren Dienst quittieren, ist das irgendwann nicht mehr schön. Sondern nur noch laut. Naja, wenigstens spielen SLAYER einen schönen Mix aus Neuem und Altem. Und als eingefleischter Fan weiß man schließlich, auch ohne den Song richtig zu hören, wie er gespielt wird.

Pünktlich zum Spielschluss setzt massiver Regen ein. Wer jetzt noch trocken ist, der kann froh sein, einen Platz unter dem Dach gekauft zu haben. Für die anderen heißt es: Durchhalten! Direkt im Anschluss geht es mit SABATON weiter und da die ja dieses Jahr schon das ein oder andere Festival bespielt haben, klappts auch mit dem Sound.

Die Eiserne Jungfrau

Und endlich bahnt sich das an, worauf die meisten Fans das ganze Wochenende gewartet haben! IRON MAIDEN! Völlig nass und voller Vorfreude vergehen die wenigen Minuten Wartepause. Und dann beginnt es! Die Jungs von MAIDEN wissen eben wie man es macht. Sie nehmen das Stadion im Handstreich, fackeln ab, was abzufackeln ist! Bieten ihren Fans eine wirklich großartige Show! Einziger Wermutstropfen: offensichtlich war ihr Tontechniker krank, weshalb sie sich den von SLAYER ausleihen mussten….

Trotzdem ein gelungenes Fest.

Fazit?

Spaß gemacht hat es, keine Frage! Aber wenn man ehrlich ist, fehlt irgendwas. Das Festivalfeeling will nicht so richtig aufkommen. Alles wirkt irgendwie gesetzt und es fehlt an extremen Emotionen. Es ist halt „schön“. Aber stellt euch mal vor, ihr geht zu dem Sänger eurer Lieblings-„Gewalt-Mörder-Metal-Band“ und erklärt ihm, sein Gesang sei „schön“! Ich denke, ihr wisst worauf ich hinaus will. Weiterhin ist der Altersdurchschnitt relativ hoch. Natürlich gibt es auch junge Fans, aber man muss sich nur mal die Preise vor Augen halten: ca. 150 Euro für eine Dreitageskarte PLUS das Hotelzimmer (für alle die nicht in München wohnen). Da sind ganz schnell mal 400 – 500 Euronen für das Wochenende weg! Und das kann sich nun mal nicht jeder leisten. Da verwundert es auch nicht, dass das Festival nicht ausverkauft ist.

Vielleicht sollte man auch von dem Wort „Festival“ ein klein wenig Abstand nehmen. Für die meisten die man getroffen hat, war es eher eine Aneinanderreihung von Konzerten in aufeinanderfolgenden Tagen. Und das Ganze bitte nicht zu wild und nicht zu lang! Schließlich will man ja pünktlich ins Bett! In diesem Sinne – GUTE NACHT!

PS: Natürlich bekommt ihr das Ganze auch noch in digitaler und außerordentlicher Form von unserem wunderbaren Chef präsentiert. Aber ihr wisst ja: „Das ist eine Wissenschaft für sich, dass braucht so seine Zeit!“


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