Ruhrpott-Metal-Meeting – da krisse noch wat!

„Im Ruhrpott isset doch imma noch am schönsten!“

Genau datt waren die Worte von Hansi, als der Krakeeler von BLIND GUARDIAN die Ruhrpott-Stage beim Oberhausener Ruhrpott-Metal-Meeting am vergangenen Sonntach endlich die Bühne erklimmen tat. Doch getz ersma allet von Anfang an:

Tag 1

Wie datt Freitachs nachmittags halt so is, muss man als Ruhrpott-Kernasi ja auch zunächst die Maloche feddich machen, watt dann im Umkehrschluss dazu führte, datt ich die ersten paar Bands am Freitagabend gar nich mehr mitbekam. Pünktlich mit drei Stunden Verspätung an der Turbinenhalle – nahe dem Geldausgeberparadies „Centro“ –  in Oberhausen angekommen, is datt Gekloppe auf der Bühne schon voll im Gange. Getreu dem Motto der Veranstaltung „Stahl liegt in der Luft“ bekommt der geehrte Zuschauer in der größten Kumpel-und-Malocher-Region Deutschlands größtenteils auch wirklich nur schwermetallisches Zeuch auf die Lauscher. Death- und vor allem Thrash-Metal bildeten am zweiten Adventwochenende die Basis für ein schepperndes Indoorspektakel, an dem aber auch Fans des etwas gesetzteren NWOBHM auf ihre Kosten kommen sollten.
 
Nach einer dann doch etwas zehrenden Einlassprozedur mit Bändchenausgabe und gefühlter Ganzkörperuntersuchung auf angeblich illegale Gegenstände, gehts auf nen kurzen Rundgang durch die Veranstaltungshallen, nachdem unnötige Klamotten und Wertsachen sicher in einem der zahlreichen Spinde verstaut waren, wie sich datt so für ne alte Fabrikhalle auch gehört. Die erste Halle mit der großen Bühne schnell ausgemacht, entdecke ich in der Halle nebenan den allseits bekannten Metalmarket: mit Ständen und Fressbuden ohne Ende. Keine gute Sache für den klammen Geldbeutel eines Studenten. Aber trotzdem schnell noch watt für auffe Faust beschafft und ab in die Halle, denn man is ja schließlich da, um sich die volle Dröhnung an Schwermetall auf die Ohren zu geben!
 
Tja, also dann selbige aufgesperrt und ab geht die Post! UNEARTH, als US-amerikanisches Metalcore-Urgestein, sollte also die Ehre haben, mich zunächst auf dem gemütlichen Oberrang zu begrüßen, vom dem aus man eine nahezu perfekte Sicht auf datt Geschehen auf und vor der Bühne hat. Wobbei, jetz ma Butta bei die Fische: Wer von uns und euch stellt sich denn bitte freiwillich hinten an und rennt noch ein paar rostige Leitern hoch, um datt Ganze aus letzter oder vorletzter Reihe zu beobachten? Siehste, hab ich mir doch gedacht! Keiner!
 
Den letzten noch fehlenden Kumpel im Getümmel ausfindig gemacht, gehts nach dem ersten, noch etwas prüden, Auftritt ersma zu einem der wichtigsten Stände auf ne kleine Erfrischung. Und ich muss gestehen, ich hatte mit Schlimmerem gerechnet … zwar noch immer recht hohe, aber keinesfalls übertriebene Preise für die Hopfensmoothies und allet datt, watt man da sons noch so süppeln konnte, machen dann die Tankfüllung doch nicht so teuer wie gedacht.
 
Mit ein bisscken Sprit im Tank wieder vor die Bühne gekämpft, hämmern einem jetzt knallharte Death Metal-Sounds auf den Brustkorb – wofür sich die Kanadier von KATAKLYSM verantwortlich fühlen – und sorgen für den ein oder anderen hellen Moment, obwohl sich das Publikum noch nicht von den Mosh- und Circle-Pit-Aufforderungen des Kollegen Iacono anstecken lässt. Die Stimmung konnte bis hierhin eigentlich nur noch besser werden. Und datt tat sie auch, denn je später der Abend desto voller der Tank, desto besser die Bands, umso besser die Stimmung!
 
Mit ENSIFERUM beschallte dann auch schon die vorletzte Band des Abends das jetzt erwachende Publikum, wobei mir persönlich die Kapelle noch nicht bekannt war. Aber zumindest in diesem Bereich lerne ich auch heute noch gerne dazu. Die finnischen „Schwerträger“ brachten die Menge vor der Bühne vor allem mit dem Einsatz von, für einen musikalisch nicht ganz so bewanderten Ruhrpottler, traditionellen finnischen Instrumenten zum Abgehen. Vor allem stellt sich meinen Leuten und mir nach diesem Auftritt die Frage aller Fragen: Wo, zum Geier, kriegt man jetzt ne Platte von denen her? Also die halbe Stunde vor dem Headliner noch schnell genutzt, um in den Metal-Market nach nebenan zu sprinten und fieberhaft auf die Schnelle sämtliche Stände nach Material der Finnen durchkämmt. Wie sich herausstellte, leider ohne Erfolg. Oder wir waren einfach zu blind oder zu blöd, die zu finden. Oder beides.
 
Egal, auf jeden Fall ist die Freude auf den Freitagsheadliner schon beinahe greifbar. ICED EARTH-Shirts überall und eine erwartungsvolle Stimmung breitet sich vor der Bühne und auch auf dem Oberrang aus, den die Letzten in der Halle dann erklimmen müssen. Das Fehlen einiger essenzieller Songs aus den „Dark Saga“ und „Horror Show“-Alben, wie beispielsweise „The Hunter“ und „Iced Earth“, sowie die magere Spielzeit von einer Stunde, drücken etwas auf die Stimmung, die aber eine gut durchgemischte Setlist wieder schnell anheben konnte. Dazu kann man sich, wie gewohnt, auf die Fähigkeiten der Jungs verlassen, die jeden einzelnen Hit mit voller Hingabe und Professionalität spielen. Leider ist die Show aber wieder mal viel zu schnell vorbei.
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ICED EARTH
 

Das letzte Riff gibt dann praktisch den Startschuss für ein Rennen auf Leben und Tod.

Wer sichert sich an den Türen der Halle die Pole-Position im Rennen zu den Schließfächern, um dort angekommen, nicht von den Menschenmassen erdrückt zu werden …
 
Lebend die Turbinenhalle verlassen und voller Erleichterung, die Beine nach dem Stehen, Laufen und Feiern ein wenig entlasten zu können, trat uns das Wetter gewaltig in den Hintern. Himmel, Arsch und Zwirn, warum muss denn ausgerechnet an so einem Wochenende die Karre zufrieren?!?

Tag 2

Sooo, et is endlich Samstach, Freunde! Der Tag, der sich namentlich mehr als Freude auf das macht, was kommen soll. Dieses Mal sogar mit zwei Stages, da sich die Veranstalter dachten, neben der großen „Ruhrpott-Stage“ auch noch eine kleinere, die „Flöz-Stage“, aufzubauen, auf der sich lokale und regionale Berühmtheiten (oder die, die es noch werden wollen) beweisen dürfen. Dafür haben sich die Veranstalter dann sogar eine einigermaßen clevere Lösung einfallen lassen, damit die kleineren Underground Bands nicht im Schatten der Etablierten spielen müssen, weil sonst wäre zu den „Kleinen“ ja keiner mehr hingegangen. So beginnt das Treiben auf der „Flöz-Stage“ schon um 14:45 Uhr, während auf der großen „Ruhrpott-Stage“ erst gute zwei Stunden später eröffnet wird. Trotzdem konnte ein Tanz auf zwei Hochzeiten nicht ganz vermieden werden, was aber auch den Vorteil hat, dass man ganz individuell die schönere Braut aus nächster Nähe bewundern kann.
 
Jetzt aber genuch gelabert und wieder Musik auf die Ohren! Der Betrieb am frühen Nachmittag ließ noch sehr zu wünschen übrig, was ich den kleinen Bands gegenüber eine Frechheit finde! Die Modern Thrasher HOPELEZZ und DELIRIOUS aus Hamm, die ebenfalls authentischen Thrash produzieren, müssen vor einer gefühlten Handvoll Leuten spielen. Ich weiß, jeder möchte die Headliner am Abend sehen, aber bitte erbarmt euch doch mal und geht verdammt nomma ein oder zwei Stunden eher zum Festival, um auch die Kleinen zu unterstützen und deren verdammt harte Maloche zu würdigen! Genau dafür haben die Veranstalter doch diese Bühne aufbauen lassen!!
 
Okay genug gepredigt für heute – nachdem auch noch bei TEUTONIC SLAUGHTER reichlich Platz vor der „Flöz-Stage“ ist, können WORDS OF FAREWELL und DARKNESS schon auf wesentlich mehr Zuspruch blicken, was sie auch mit soliden Auftritten zurückzahlen und im Publikum stehende Bekannte und Mitglieder anderer Bands grüßen. Fast schon wehmütig müssen sich die Gruppen von den Anhängern verabschieden und beinahe von der Bühne getragen werden. Das große Finale, und gleichzeitig den Abschluss, auf der kleinen Bühne bildet eine Kombination aus zwei Bands: RAGE/REFUGE ist eine Konstellation, bei der zwei alte Bandmitglieder mit der aktuellen Besetzung von RAGE verschmelzen. Melting-Pott Ruhrgebiet halt. Der grandiose Power Metal lockt einen Großteil der Besucher weg von der großen und ab in die kleine Halle – was zumindest für mich bei LEGION OF THE DAMNED auch vertretbar ist – bis sich nach dem tosenden Abschluss auf der „Flöz-Stage“ alle für die beiden Samstachsklopper bereit machen.
 
SAXON eroberen mit allem was sie haben Oberhausen und werfen fast mit Klassikern um sich. „Wheels Of Steel“ und weitere Knaller bringen die Halle zum Kochen, bis Peter „Biff“ Byford mit einer Ansage alle zum Schweigen brachte:
„Wie ihr bestimmt wisst, sollten wir dieses Jahr mit Lemmy und seiner Band auf großer Tour sein. Leider kann er jetzt nicht mehr hier sein, aber ich bin sicher, er schaut uns von der anderen Seite zu und deshalb spielen wir jetzt für ihn „Ace of Spades“!
Dies ist für mich der wohl ergreifendste Moment des gesamten Wochenendes und auch alle anderen, die da waren, quittierten das mit lauten „Lemmy, Lemmy“-Rufen und feierten „Ace of Spades“ so hart, dass Lemmy in seinem Grab eigentlich Purzelbäume hätte schlagen müssen.
SAXON
 
Schlag auf Schlag gehts jetzt und keine halbe Stunde später zieht Hansi das Publikum mit gewohnt knackigen Ansagen in seinen Bann. BLIND GUARDIAN haben ja schon im Vorfeld angekündigt, das komplette „Imaginations From The Other Side“ Album zu spielen, was bei mir erst mal, auch aufgrund der Spielzeit von knappen anderthalb Stunden, für Skepsis gesorgt hatte. Gab es schon mal einen GUARDIAN-Auftritt ohne „Valhalla“ und ohne „The Bard’s Song“? Ich kann mich nicht entsinnen. Auch Hansi räumt auf der Bühne ein, dass man erst hinterher sehen werde, ob das eine gute Idee war. Doch es wird nicht nur das komplette Album durchgespielt, denn auch Songs des 2015er Albums fanden ihren Weg in die Setlist, ebenso wie der Klassiker „Nightfall“. Schlussendlich werden wir doch noch mit den benannten Klassikern belohnt, nachdem vorher eigenmächtig der Refrain von „Valhalla“ krakeelt wurde.

„Aber nur, weil bald Weihnachten ist! Wir wollten diesen Titel so langsam aus unserem Programm streichen…“,

schallt der wohl nicht ganz ernst gemeinte Kommentar von Hansi aus den Boxen.

 
In diesem Sinne wünsche ich euch auch schonnma ein frohes Fest und schöne Feiertage, denn mir bleibt nicht mehr viel zu sagen, außer: Danke für dieses gute Festival, dass aus meiner Sicht ohne großartige Probleme verlief, tolle Bands und Shows gezeigt hat und vor allem viele nette und ehrliche Menschen zusammengebracht hat.
 
Bis zum nächsten Jahr und „Glück auf!“ aus dem Ruhrpott!!
 
RUHRPOTT METAL MEETING Online
Turbinenhalle Oberhausen Online
 

Dies ist ein Gastautorenbeitrag von: Preuße


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