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Sabaton: Metal-Schlager zwischen Weltkriegsromantik und Besinnungslosigkeit
„Noch ein Bier!“ – Sinnbild für den Stellenwert der Musik im Leben eines durchschnittlichen Festivalgängers.
Seit nunmehr einer ganzen Dekade geht ein Geist um in Europa (nicht nur da..), den man einfach nicht mehr los zu werden scheint. Die schwedische Band SABATON, die einst antrat, um eine bereits völlig vergessene Episode in der Geschichte Europas wieder aufleben zu lassen: Den 2. Weltkrieg.
Zugegeben, es gab bereits die ein oder andere Band vor ihnen, die sich ab und an textlich oder stilistisch an der Aufarbeitung dieser düsteren Episode unserer Vergangenheit versuchten. Vorsichtig. Kritisch.
Aber es wurde Zeit, dass sich jemand diesem Thema in einer Form annimmt, die dem Zeitgeist der Gegenwart entspricht, einer Gesellschaft die selbstbewusst ruft: „Potztausend, was haben die Jungens damals tapfer gekämpft! Alle, sogar die Polen! Hossa, ein Glas darauf!“
Gut, zugegeben. Nicht immer war es der heitere Mitschunkel-Wolle-Petry-Best-Of-Party-Remix alá „Das ist Wahnsinn, warum schickt ihr mich jetzt nach Auschwitz? AuschwitzAuschwitzAuschwitz.“
Nein, sie schlugen in Liedern wie „Angels Calling“ und „Carolus Rex“ immer wieder nachdenkliche Töne an. In einem Lied pro Album. Und das ist auch wichtig. Ihr wisst ja, über Genozide macht man keine Witze.
Mit den Jahren und der wachsenden Bedeutung ihrer Band (und einem fast vollständigen Austausch der Stammbesetzung) wurde ihre Musik auch immer lebenslustiger und freundlicher. Selten sieht man sie auf der Bühne nicht lachen. Warum auch, schließlich arbeiten sie gerade die Geschichte auf!
Und wer sie heute live erleben darf, kann sich davon überzeugen, wie viel Freude es bereitet, zu Liedern wie „Ghost Division“, einem Lob-Lied auf Rommels Blitzkrieg in Frankreich, ekstatisch mit der Birne zu wackeln.
Glücklicherweise besingen sie im nächsten Lied, wie heldenhaft die polnischen Truppen dem deutschen Vormarsch standhielten (in Bunkern, ein paar Tage. Bevor sie sich ergaben und man die gesamte Offiziersriege massakrierte), sodass sich am Ende alle in den Armen liegen können und sich gegenseitig in bierseeliger Übereinstimmung zusichern, dass ihr Land damals sehr tapfer und ehrenhaft gekämpft hätte.
(Außer die Franzosen. Über deren Kampfesmut gibt es laut Kenntnisstand des Autors immer noch kein Sabaton-Lied. Vermutlich touren Sabaton ungern in Frankreich. Seit sie weltweit erfolgreich sind gibt es nämlich sogar eine Hymne auf eine Brasilianische Kompanie. Die hat 1943 in Italien zwar nichts besonderes bewirkt, aber in Brasilien freut man sich bestimmt darüber.)
Man könnte natürlich in geschichtsphilosophische Betrachtungen versinken oder aber man ergibt sich kurz der lauten Musik, um sich dann zwischen den Liedern einer exzellenten Slapstick-Einlage zu widmen.
Der Höhepunkt der Gedenkfeier ist jedoch mittlerweile die rituelle Opferzeremonie. Ein wild schreiender Mob fordert Joakim Broden dazu auf, ein Bier zu trinken. Und dann „noch ein Bier.“
So lang, bis selbst der Band auffällt, dass sie eigentlich lieber spielen sollten, als nur zu trinken. Warum denn eigentlich? Sabaton spielen doch sowieso auf jedem 2. Festival. Schließlich gibt es mittlerweile ja fast keine ernstzunehmenden Headliner mehr – man braucht also Alternativen.
Und Sabaton bieten genau das an, was ein Veranstalter sucht: Unkomplizierte Musik, die jeder Fan ertragen kann, seichtes Entertainment auf der Bühne, damit sich der Fan auch nicht während der ganzen unaufgeregten Musik langweilt – und schließlich ein Thema, bei dem jeder mitreden zu können denkt. Und da die Songs alle irgendwie ähnlich klingen, fällt es auch gar nicht auf, wenn das Lieblingslied mal nicht dabei ist. Und Vergangenheitsbewältigung gibt es bei einem kühlen Bier gleich noch obenauf.
Da sag ich doch glatt: Prost.
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