Saufen, Raufen, Geben und Nehmen – „Quid Pro Quo“
Am Freitag, dem 24.06. erscheint das mittlerweile 12te (!) Album von IN EXTREMO. Ich hab mir das lateinisch betitelte „Quid Pro Quo“ angehört und anschließend ein Pläuschchen mit Sänger Micha „Das letzte Einhorn“ Rhein geführt, der mir Rede und Antwort stand zu Deutschen, die nicht deutsch singen, ostdeutscher Erziehung, und der Kunst des Saufens.
Das Telefon klingelt…
Robert: Hallo Micha! Robert hier vom Silence Magazin!
Micha: Grüß dich! Was isn das für ne Nummer? Ne Spanische?
Robert: Ne spanische? Ne, aus Halle!
M: Aus Halle! Grüß dich! Ich dachte schon… Hab nur die 00 gesehen. Alles klar.
R.: Freut mich erstmal, heute das Gespräch mit dir führen zu dürfen! Wie geht’s dir so?
M.: Ja, kein Thema. Alles gut, alles gut.
R.: Das freut mich! Das ist die Hauptsache.
M.: Die Sonne scheint grad bei mir mal zu Hause. Ansonsten ist hier nur so Schwachsinns-Wetter.
R.: Wunderschön! Ich möchte euch beglückwünschen zum vollen Dutzend! Zwölf Alben in 21 Jahren, Respekt!
M.: Das dreckige Dutzend ist voll. (lacht)
R.: Genau so! Wie unterscheidet sich denn „Quid Pro Quo“ als zwölftes Album musikalisch und vor allem auch emotional von den anderen?
M.: Naja, was heißt unterscheiden… Wir haben einfach mal wieder ne Platte gemacht, die natürlich anders ist, als alle anderen Platten, aber wenn dus reinlegst, hörst du sofort beim ersten Ton: das ist IN EXTREMO. Und ich glaube in dieser Platte sind alle elf Alben in einem beinhaltet. Von dem, was wir früher gemacht haben, vom Fremdsprachigen her, von der Modernheit her und so weiter und so fort.
R.: Was hat euch zu dem Titel bewegt? Es ist das erste Mal, dass Ihr n Album mit nem lateinischen Titel rausgebracht habt, was hat Euch dazu inspiriert?
M.: Wir haben zu viel „Schweigen der Lämmer“ geguckt. „Quid Pro Quo“… Ich kann deine F- F- F- Fotze riechen. (lacht) Is natürlich n Joke. „Quid Pro Quo“…war eigentlich eher n Zufall. Das hat sich so ergeben und „Quid Pro Quo“ heißt ja letztendlich übersetzt „Geben und Nehmen“. Das ganze Leben besteht ja aus Geben und Nehmen und deswegen haben wir den Titel dann so ausgewählt, der hat uns einfach gefallen. Und wir haben uns natürlich weit ausm Fenster gelehnt, das heißt wir haben einfach mal n paar Sachen angeprangert in dem Titelsong. Wenn man heute mal überall hinguckt, dann dreht es sich ja eigentlich nur noch ums Nehmen. Alle halten die Hand auf und Freundschaften gehen kaputt, die Nachbarn sind neidisch, weil der Andere andere Dachziegeln hat… Und da haben wir auch einfach mal zwei politische Themen angefasst, was wir eigentlich noch nie im Leben gemacht haben. Wir sind eine unpolitische Band, werden das auch bleiben, aber man kommt nicht mehr drum herum, wenn man die ganzen Medien aufmacht und anhört… Und wir dachten uns, wir sagen hier mal unser Statement, was wir darüber denken. Und das aber nicht mitm Zeigefinger. Ich glaub das ist uns ganz gut gelungen.
R.: Wir haben grad über den Titelsong geredet. Wie sieht es denn bei Euch selbst mit Geben und Nehmen aus? Wie stehts um das Karma von IN EXTREMO?
M.: Also ich muss dir sagen IN EXTREMO ist eine Band, die sehr gern gibt und die nach wie vor zusammen hält, die nach wie vor gern streitet, sich nach wie vor aber auch gern wieder verträgt und einen zusammen hebt. Und das ist alles sehr gut im Gleichgewicht, das kann ich nur bestätigen.
R.: Ich bleib mal bei dem Thema. Du sagst Ihr seid eine Band, die gern gibt. Was sollte man sich selbst und anderen denn mehr geben?
M.: [Man sollte die Dinge] einfach mal wieder ein bisschen mehr beachten und nicht immer gleich zerdenken „Was hab ich denn davon?“. Ich meine, wir sind alle im Osten groß geworden, ich glaub das spielt ne große Rolle, weil…wir sind doch anders erzogen worden. Leider verfliegt das alles mittlerweile, aber wir wissen das alles noch. Man soll auch mit der Zeit gehen, alles andere wär dumm. Ich kenn auch viele Ostler noch, aus meinem Freundeskreis, die immernoch sagen „Früher war alles besser, ist doch alles Scheiße“. Der Meinung bin ich überhaupt nicht. Es geht immer vorwärts und wer vor 25 Jahren stehen geblieben ist, der tut mir eigentlich Leid. Es geht immer vorwärts, und man muss mit der Zeit gehen, aber man muss es aufrecht tun und vor allem so, dass man morgens noch in den Spiegel gucken kann und das können wir und das ist sehr wichtig.
R.: Super, so solls sein. Wo wir grad son bisschen beim Osten sind. Da wollte ich dich mal noch fragen, was Euch mit den Jungs von HEAVEN SHALL BURN verbindet, die ja auch auf Eurer neuen Platte zu finden sind. Sind ja auch thüringer Jungs.
M.: Wir sind alte Freunde. Naja und der Song war fertig, „Flaschenteufel“ und in ner nächtlichen Idee hat dann irgendeiner gesagt: „Mensch, da passt noch…da müsste noch was druff!“ Und dann haben wir gesagt HEAVEN SHALL BURN. Ich sofort Ali [Dietz, Gitarrist von HSB] angerufen, wir sind alte Freunde, verstehen uns sehr gut und haben sehr guten Respekt voreinander. Und ich hab sie angerufen und Molle [Marcus Bischoff, Sänger von HSB] hat gesagt: „Mensch Micha, ich hab noch nie deutsch gesungen.“ Und ich meinte: „Na dann machstes jetzt.“ Gesagt, getan. Zwei Tage später haben sie uns den fertigen Song geschickt. Und wir haben uns sehr gefreut und das ist auch ein Geben und Nehmen. Da geht es nich um ne Plattenfirma und zu fragen: „Dürfen die das?“ Ne, da wird gesagt „mein Wort gilt“, da wird gesagt „ja“ und dann kann man sich drauf verlassen. Das ist auch sehr wichtig. Heutzutage wolln se ja für alles ne Unterschrift haben normalerweise, da sind sie bei uns aber fehl am Platz. So gings auch mit Hansi Kürsch. Hansi ist auch ein sehr alter Bekannter von uns. „Roter Stern“ war fertig, wäre doch geil, [wenn wir] Hansi mal fragen. Da haben wir Hansi angerufen, er hat gesagt: „Ey, Micha. Sehr gern! Für euch jederzeit! Aber ich hab noch nie deutsch gesungen.“ Geil! Ja, und das war auch ganz unkompliziert. War einfach klasse. So solls auch sein. So musses einfach sein, weißte?
R.: Das heißt, Ihr seid jetzt dafür verantwortlich, dass Hansi Kürsch zum ersten Mal auf deutsch dokumentiert wurde, also gesanglich.
M.: Das können wir uns auf Deutsch gesagt auf die Fahne schreiben, ja. (lacht)
R.: Ihr habt ja dieses Jahr schon n paar Konzerte und Festivals gespielt. Habt Ihr da bereits Songs von der neuen Platte gespielt und wenn ja, wie waren die Reaktionen der Fans?
M.: Das kann ich dir sagen. Wir haben „Sternhagelvoll“ gespielt, drei Mal. Auf drei Konzerten. Und ja… Es war überwältigend, wir hatten Gänsehaut, das war unglaublich. Als der Song fertig war, hab ich einfach nochmal ins Mikrofon geschrien: „sternhagelvoll“, und alle Massen haben mitgesungen. Das gibt’s doch gar nich. Ich glaub, der Song wird uns noch sehr lange an der Backe hängen bleiben. (lacht)
R.: Ihr habt auf der neuen Platte wieder Songs in Fremdsprachen. Wie kam die Auswahl zustande? Ich glaub, dass walisisch jetzt nicht so leicht über die Lippen geht.
M.: Natürlich nicht, natürlich ist das n Zungenbrecher, aber das hat sich so ergeben. Boris [Yellow Pfeiffer, Dudelsack bei IN EXTREMO] hat den mit angebracht, der wollte den schon immer machen. Und ich wollte zum Beispiel das Donnergebet [Titel 4 „Pikse Palve“] schon immer mal machen. Naja, und das haben wir jetzt einfach mal gemacht. Oder der russische… Wir sind so oft in Russland und dieser russische „Tschorny Woron“, die Lyrics die kennt jedes Kleinkind. Wir freuen uns schon auf die ersten Reaktionen wenn wir wieder in Russland sind. Mal sehen was passiert.
R.: Wir bleiben gespannt. „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ hat mich ziemlich überrascht und ehrlich gesagt auch überwältigt. Ich finde persönlich, das ist einer der stärksten Songs auf der Platte. Ich hab dann n bisschen recherchiert und wollte zum Text was finden und da bin ich dann auf Udo Jürgens gestoßen, aber mit dem hats jetzt nicht so viel zu tun, oder?
M.: Ne, der Text ist natürlich von uns, logischerweise. Das Lied „Vaterland, magst ruhig sein“ ist ein Ausdruck ausm Weltkrieg. Und „Ich bin klein, mein Herz ist rein“ ist ein altes katholisches Gebet. Kurz zu diesem Song: Man kommt um die ganze politische Lage wie gesagt einfach nicht drumherum, was grade hier in Deutschland, überhaupt auf der ganzen Welt passiert. Das ist zum Kotzen. Und es findet hier eine Manipulation statt, wo Kinder zu Waffen manipuliert werden, aus Glaube oder [für] Rohstoffe, oder was weiß ich. Werden in den Krieg geschickt, und die freuen sich und wissen gar nichts, aber wenns dann losgeht fragen sie sich erstmal: „Oh, was mach ich hier eigentlich? Das könnte ja auch mein Kumpel sein.“ Und am Ende fällt der Kopf vor dem Thron. Das ist unser Antikriegssong. Wir wollten aber auch wieder nicht mitm Finger zeigen, sondern wir machen das auf unsere Art und Weise und nicht mit der Brechstange. Und ich glaub, das ist uns sehr gut gelungen, dieses Lied.
R.: Find ich auch. Ich hab mir das Making Of zu Eurem Fotoshooting angesehen und da hast du gesagt es geht dabei nur um Räude und Räudigkeit fällt Euch sehr, sehr leicht. Wie sieht ein normaler Tag bei IN EXTREMO so aus und wie nah ist er an den Szenen des Shootings so dran?
M.: Naja, wir sind schon ne feierwütige Partyband und ich muss sagen…tja, das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern. Aber wir bewahren trotzdem nen klaren Kopf und wissen, was wir tun, was wir können und was wir machen. Und wir wissen auch, wenn was irgendwo drauf ankommt. Ich sags mal so: das hört sich zwar arrogant an, aber ich mein das nicht so. Man sagt ja auch immer: „Hier, die anderen Bands, Dudelsäcke und alles, Konkurrenz, und alles und ihr seid ja alle verpeilt“. Da fällt mir nur eins zu ein: Wir haben keine Konkurrenz, auch wenns arrogant klingt. Diese Verkaufszahlen sprechen da für sich. Und deshalb lassen wir uns da diesbezüglich auch nicht als verpeilt bezeichnen. Wir wissen schon genau, was wir machen und das was wir tun gibt uns da letzten Endes auch Recht.
R.: Ja, das hab ich vorhin ja schon angesprochen, 12 Platten in 21 Jahren, viele von euren künftigen Konzertterminen sind schon wieder ausverkauft.
M.: Ja, klasse. Uns scheint schon die Sonne ausm Arsch. (lachen beiderseits) Und weißte was, wir sind echt, echt dankbar dafür und das mein ich echt, echt ernst.
R.: Gibts für dich selbst irgendwelche Dinge, irgendwelche Bands, die dich inspiriert haben? Irgendwelche Neuentdeckungen, Empfehlungen?
M.: Ich hab meine Lieblingsbands, also wenn du mich nach meiner Lieblingsband fragst, da gibt’s nur eine zu nennen. Ich bin ein absoluter BLACK STONE CHERRY Fan. Würd ich jetzt mal so sagen. Sonst gibt’s da natürlich viele, ich bin auch FILTER Fan, ich hör mir alles an. Ich hör mir Weltmusik an, ich bin auch ein Reggae Fan, ich bin vielseitig und das ist auch wichtig. Nich immer nur „bretterbretter“, sondern einfach auch viele Sachen hören, das macht Spaß. Ich hör mir jetzt nicht nur Krachmusik an, ich hör immer auch andere Sachen, weißte? Uns inspiriert alles.
R.: Ihr habt das Privileg, eure Musik schon seit über 20 Jahren machen zu können, was jetzt nicht unbedingt selbstverständlich ist. Was sagt der Körper zu 21 Jahren sternhagelvoll sein?
M.: Naja, früher wollte man drei Tage durchsaufen oder durchmachen und heute nach einem Tag brauch man schon wieder zwei Tage Ruhe. Das ist aber völlig normal. Ich wünsch mir, dass das noch so lange geht, wie möglich. Und wir sind guter Dinge.
R.: So solls sein. Micha, das wärs schon von meiner Seite.
M.: Dann dank ich dir und sage schöne Grüße!
Robert: Ich danke dir! Hab noch nen schönen Tag und bis bald!
Micha: Bis bald, ciao!
„Quid Pro Quo“ ist ab dem 24.06. erhältlich. Links zu den kommenden Konzertterminen sowie zum Shop, findet ihr HIER.
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2 Kommentare
Zu „„Quid Pro Quo“ ist seit dem 17.06. erhältlich.“ kann ich nur Sagen, nicht das ich Wüste, das Album erscheint erst am 24.06.
soweit meine Information, dieses wird auch so bei EMP und auf deren Webseite Publiziert.
Ansonsten ein gutes Interview, hat mich gefreut es Lesen zu dürfen.
Macht Weiter so \m/
Hallo Tobias! Vielen Dank für deine konstruktive Kritik! Ist ausgebessert. Vor lauter Veröffenlichungen ist mir da glatt ein Malheur passiert. Oben hatte ichs noch richtig geschrieben. =D
Dir ein schönes Wochenende! =)