Scheiß drauf, es ist wieder ROCK HARD!

Wir schreiben das Pfingst-Wochenende 2017. Es ist also wieder an der Zeit, das Rock Hard Festival zu begehen. Seit nunmehr 15 Jahren geben sich auf der Kanalbühne im Gelsenkirchener Nordsternpark große und kleine Bands der Metal-Szene das Mikro in die Hand. Wir waren für euch vor Ort und haben uns das Rock Hard mal angeschaut.

Donnerstag, Tag 0, die Ruhe vor dem Sturm

Halt, Moment – das Festival beginnt doch erst am Freitag oder nicht? Naja, irgendwie schon, aber schon einen Tag vor dem offiziellen Start war im Park schon einiges los. Die ersten Camper bauten nachmittags ihr Lager auf, oder warteten auf das Öffnen der Bändchenausgabe, um dem obligatorischen Schlangestehen am ersten Festivaltag aus dem Weg zu gehen. Natürlich waren auch schon die Händler vor den Festivaltoren bereit zum Verkauf. Wie das halt beim Rock Hard so ist, hat man auch gleich nach ein paar Augenblicken die Zeitgenossen getroffen, mit denen man sein Wochenende verbrachte. Es konnte also beginnen …

Freitag, Tag 1, Nasenbluten und eine nachdenkliche Nachricht

Freitag hieß es für mich, schnell nach Hause zu kommen und dann mit dem Bus los zum Gelände, um DUST BOLT, den Opener nicht zu verpassen.

DUST BOLT

Tja, aber denkste! Durch Verspätungen kam ich eine gute halbe Stunde zu spät und verpasste den Anfang des ersten Gigs auf der Kanalbühne. Grrrrrrr… Aber was solls, die Bayern waren ein würdiger Opener und hätten auch eine spätere Spielzeit verdient gehabt. Trotzdem war das Amphitheater schon recht gut gefüllt, was auch an dem solide vorgetragenen Thrash Metal lag. Leider beendete die Band den Gig überpünktlich.

Um nicht schon nach gut vierzig Minuten Festival bei hohen sommerlichen Temperaturen gebraten zu werden, mussten natürlich auch schon bald die ersten Kaltgetränke her. Vier Euro für 0,4 Liter Flüssigkeit (alles außer Wasser) sind zwar normale Preise für so eine Veranstaltung, ist bei so einem Wetter aber nicht ganz ohne. Tja, kann man nix machen.

ROBERT PEHRSSONS’S HUMBUCKER genossen wir jedenfalls genüsslich mit einem Eis in der Hand von der Tribüne aus. Die eingängige Rockmusik verbreitete überall bis zum Schluss gute Laune. 

MANTAR

Während des MANTAR-Soundchecks, konnte sich ein Kumpel den Kommentar: „Ist das noch der Soundcheck oder schon die Band?“, nicht verkneifen. Glücklicherweise waren Soundcheck und Auftritt des Bremer Duos zwei Paar Schuhe. Ohne großes Tamtam brachten die Jungs aus dem Norden die Bühnenbretter mit einem Cocktail aus Black-, Death-, Punk-, und Doom-Elementen zum Beben. Man braucht also nicht immer gleich ne ganze Mannschaft auf der Bühne um laute und scheppernde Musik zu machen. Es reichen zwei Leute.

Zu THE DEAD DAISIES nahmen meine Kumpanen und ich jedoch wieder unseren Platz im Innenraum ein. Leider muss ich jetzt ein ganz schlechtes Wortspiel bringen: „Make Some Noise“ hat mit Band und Publikum ganz gut funktioniert. Zur Beruhigung sei gesagt, dass die Bühne trotzdem noch stand.

 

CANDLEMASS

Das war auch gut so, denn CANDLEMASS konnten als vorletzte Band des ersten Tages die größte Zuschauerzahl verzeichnen. Auch der leicht einsetzende Regen schadete der Stimmung nicht. Die Schweden hatten ihre Momente, sodass ein solider Auftritt zustande kam.

Tagesheadliner BLUES PILLS hatte mit recht hohem Zuschauerschwund zu kämpfen, da die schwedisch-amerikanisch-französische Kombination genremäßig eher nicht in das Konzept des Rock Hard Festivals passte. Die harte Fangemeinde blieb jedoch im Rund der Bühne und erlebte eine stimmungsvolle Show. Gitarrist Dorian Sourriaux klimperte tiefenentspannt auf seinem Arbeitsgerät rum, was ein echt sympathisch-lustiger Anblick war. Apropos Anblick – ja, Sängerin Elin Larsson sah echt schick aus und spielte ganz bewusst mit den Kameras. Leider erreichte auch uns vor der Bühne die Nachricht, dass Rock am Ring aufgrund von Terrorgefahr unterbrochen wurde. Ein kurzer Blick ins Rund genügte aber zur eigenen Beruhigung, denn alle feierten friedlich weiter.

BLUES PILLS

Samstag, Tag 2, angespannte Nerven und Satansgeschepper

Was mich jedoch schon vor der ersten Band an Tag zwei gestört hat, waren die Einlasskontrollen. Gerade nach der Nachricht vom Vortag, dass Rock am Ring wegen Terrorgefahr unterbrochen wurde, habe ich mir doch intensivere Kontrollen der Ordner gewünscht. Es hätte am Einlass zwar länger gedauert, aber mir ist meine Sicherheit dann doch wichtiger. Wenn man vielleicht auch ein, zwei Ordner mehr dafür abgestellt hätte, wäre das auch bestimmt möglich gewesen.

MONUMENT

Nun gut, MONUMENT hat bereits begonnen und mir drang eine Stimme entgegen, die der von Bruce Dickinson zum Verwechseln ähnlich war. Die Jungs aus Englands Hauptstadt rüttelten die teils noch trägen Fans mit einem klassischen NWOBHM-Stil wach. Da die Band nicht nur durch ihren Sänger Peter Ellis den Branchengrößen IRON MAIDEN, JUDAS  PRIEST und SAXON ähnelte, ließ sich das noch nicht so zahlreiche Publikum dennoch beeindrucken.

Gleichzeitig hatten die Fans noch die Möglichkeit, im Zelt des Metal Marktes eine ganze Menge Geld loszuwerden, was auch mir ganz gut gelang.

Als zweites durften dann die fünf Jungs von KETZER ihren Teil zum Bühnenabriss beitragen. Ein aggressiver Black Thrash Metal dröhnte auf das Publikum ein, das sich jetzt aber doch eher zaghaft der Band widmete und sich lieber draußen an den Fressbuden eine Pause gönnte.

KETZER

Mit ähnlichem Zuschauerschwund hatten auch THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA zu kämpfen. Die verbleibenden Fans bekamen schwedischen Classic Rock, handmade in Helsingborg, geliefert. Solide, aber doch eher langweilig ging der Gig zu Ende.

Vermutlich freuten sich viele schon auf SKYCLAD, die ein Highlight an diesem Tag werden sollten. Die Briten brauchten zwar ein paar Songs zum Warmwerden, aber der einsetzende Regen spielte der Band in die Karten. Viele Zuschauer erhoben sich von der Tribüne und begaben sich vor die Bühne unter das Zelt, was die Stimmung immens verbesserte. Spätestens mit „The Parliament Of Fools“ und der politischen Botschaft hatten die Briten das Publikum hinter sich und überzeugten noch auf ganzer Linie.

SKYCLAD

Nachfolgend steuerten ASPHYX, holländische Death-Metal-Visionäre, auf die Kanalbühne zu. Ich muss zugeben, Death Metal ist jetzt nicht mein absoluter Favorit, dennoch schlugen sich die vier Herren aus dem Nachbarland einwandfrei. Es war verwundernd, dass nach dem Auftritt noch alles an Ort und Stelle stand, wurde mir doch berichtet, dass man die Wucht der Holländer auch noch im angrenzenden Park spüren konnte.

ASPHYX

EXODUS, eines der Tageshighlights schlechthin, nahmen die Zerstörung der Kanalbühne wieder auf. Die Bay-Area-Thrasher gaben alles, was sie in der kurzen Zeit leisten konnten und ratterten ein Set runter, das sich gewaschen hatte. Angeführt von zahlreichen Titelsongs, heizten die Herren ordentlich ein. Circle Pits en masse regierten das Geschehen vor der Bühne und Crowdsurfer übernahmen die Lufthoheit. Die Setlist, mit Klassikern wie „Bonded By Blood“, schälte einem wortwörtlich die Sohle von den Stiefeln. Zu guter Letzt holten die Herren aus den USA noch einen kleinen Jungen auf die Bühne. Dieser bekam gleich eine (viel zu große) Gitarre umgehängt und mischte ordentlich mit.

EXODUS

Die Spaßrocker von D.A.D. konnten der Stimmung nach den Amis nicht mehr das Wasser reichen. Trotz ihres überdimensionalen Sofas auf der Bühne und dem Pilotenoutfit des Bassisten, sprang der Funke zum Publikum nicht so über, wie bei ihren Vorgängern. Aber hey, zumindest konnte das wohl bunteste und abgefahrenste Bühnenbild des Festivals betrachtet werden.

D.A.D.

 

 

BEHEMOTH versuchte noch als Tagesheadliner die 6000 Menschen zu beeindrucken, was ihnen auch gelang. Mit Masken, zerfetzten Mönchskutten und Kapuzen ließen die Polen das vollgepackte Amphitheater an einem musikalisch okkulten Ritual teilnehmen. Allerdings trübte die etwa viertelstündige Verspätung der Band die Stimmung. Die gedrückte Stimmung wich am Ende sogar einer leisen Enttäuschung, denn die Polen beendeten ihre Show ebenfalls fast fünfzehn Minuten eher als geplant. Die gute Show wurde dementsprechend von einem zu kurzen Auftritt überlagert.

BEHEMOTH

Sonntag, Tag 3, Ende und aus

NIGHT DEMON

Am Sonntag wartete gleich zu Beginn noch ein besonderes Schmankerl, denn die aufstrebende Band NIGHT DEMON gab sich die Ehre, den letzten Tag zu eröffnen. Ich muss sagen, die Jungs haben was drauf, denn ich konnte mich vorher schon mit ihrem neuen Album befassen – meine Review dazu könnt ihr HIER lesen! Voll motiviert, kraftvoll und mit kurzweiligen Songs, ist der Auftritt viel zu schnell vorbei. Maskottchen Rocky lief noch in schwarzem Gewand und Eddie-Maske über die Bühne, ehe die Band sich mit MAIDENs „Wasted Years“ verabschiedete.

Mal was anderes gab es danach von BLOOD CEREMONY. Die kanadische Kombination erfüllte das Rund u.a. mit Flötentönen und zeitlosem Occult Rock.

ROSS THE BOSS

Leider konnte ich erst wieder zu ROSS THE BOSS auf dem Gelände sein und den „MANOWAR-Classics“ lauschen. Die Fans ließen es sich nicht nehmen, ihren Kleidungsstil entsprechend anzupassen. Voll nach dem Motto: Scheiß drauf, es ist Rock Hard!

 

DIRKSCHNEIDER

Das meiste Publikum lockte allerdings DIRKSCHNEIDER ins Rund, denn ein „Farewell to ACCEPT“ kann man sich ja schon mal geben. Kultreibeisen Udo Dirkschneider band die Massen vor der Bühne massiv in die Show ein, was den ein oder anderen Gänsehautmoment verursachte.

Nachdem nun alle ausgiebig zu Titeln wie „Restless And Wild“ und „Son Of A Bitch“ gefeiert hatten, musste auch OPETH-Fronter Mikael Åkerfeldt anerkennen, dass es sich nach diesem Auftritt für die Schweden ähnlich angefühlt hat, wie nach einem Gig von BLACK SABBATH zu zocken. Die Zuschauer, die noch da waren, wurden begeistert, obwohl OPETH gefühlt nur fünf Songs gespielt haben. Nach dem Auftritt des Headliners gab es allerdings noch keine Ankündigung, wer denn im nächsten Jahr nach Gelsenkirchen kommt. So neigten sich drei Tage voller guter Musik dem Ende entgegen.

OPETH

Zeit, ein Fazit zu ziehen

Das Rock Hard Festival ist von der Atmosphäre geprägt. Die Location und die Menschen machen das Festival aus. Tolle Leute, gute Organisation und stimmungsvolle Bands haben zu einem wirklich tollen Festival geführt. Auch beim sensiblen Thema Sound gibt es nichts zu moppern. Trotz der tollen Veranstaltung gibts aber auch zwei Kritikpunkte, obwohl sich der erste gar nicht auf das Festival bezieht. Die Busverbindung zum Nordsternpark, vor allem an Wochenenden wie jetzt an Pfingsten, sollte besser funktionieren. Der andere Kritikpunkt betrifft allerdings doch die Veranstaltung an sich. Für mich persönlich waren die Einlasskontrollen zu lasch. Vor allem nach den Ereignissen bei Rock am Ring hätte ich mir intensivere Kontrollen für die Sicherheit gewünscht.

Trotzdem waren es drei geile Tage und ich freue mich aufs nächste Jahr!

 

Speziellen und herzlichen Dank an MetalViecher.de für die geilen Pics! Dort gibts auch die komplette Galerie zu sehen. Horns up!


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