Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über
Sleepers‘ Guilt – Kilesa
SLEEPERS‘ GUILT – Kilesa
Veröffentlichungsdatum: 27.02.2016
Dauer: 78 min
Label: /
Zum Trend sind Doppel- und Dreifachalben nicht unbedingt geworden, allerdings haben zuletzt doch ein paar nennenswerte Vertreter dieser Gattung von sich Reden gemacht – etwa das Mammutwerk „Songs From The North“ von SWALLOW THE SUN. Ungewöhnlicher ist es da, wenn eine Band gleich fürs Debüt so eine dicke Keule auspackt, schließlich gehört dazu nicht nur eine Menge Mut, sondern auch ein hoher finanzieller Aufwand, wenns denn ordentlich sein soll. SLEEPERS‘ GUILT aus Luxemburg haben sich nach zwei EPs jedenfalls getraut und satte achtzig Minuten Material auf ihr erstes Album „Kilesa“ gepackt, die ganze Angelegenheit mit einer satten Produktion garniert und als ansehnliches Digipack rausgehauen.
Bevor jetzt die ersten Lobeshymnen auf so viel Engagement erklingen, muss man sich natürlich fragen, ob auch der Kern – die Musik – taugt. Das einleitende „Sense Of An Ending“ stimmt schon einmal zuversichtlich: Nach einem gelungenen Intro brettert der Song amtlich los, ja überrollt den Hörer richtiggehend mit tonnenschweren Klangwänden. Melodisch ist es, was hier geboten wird, und auch todesmetallisch, trotzdem will der Begriff „Melodeath“ nicht ganz passen, klingen SLEEPERS‘ GUILT doch ganz anders, als man es von den üblichen Genrevertretern gewohnt ist. Gut, hin und wieder nähert sich das Material einer etablierten Kapelle, so etwa beim Ohrwurm „Two Words„, dessen Mainriff sich eindeutig an Amon Amarth orientiert. Auch Frontmann Patrick Schaul ist nicht allzu weit von einem gewissen Johan Hegg entfernt, weshalb der Song gleich auf Anhieb zündet.
Experimenteller fällt da schon das von Drummer Max Sauber komponierte „I Am Reality“ aus, welches atmosphärischer und getragener daherkommt. Eine kleine Länge zeigt sich auf halber Strecke bei „The Mission“ und „Dying Alive“ auf – nicht etwa, weil die beiden Songs für die Tonne wären, sondern weil sich ein paar Elemente mittlerweile zu oft wiederholen. Das ruhigere „Teardrop Bullets„, in welchem erstmals auch Cleanvocals seitens Frontmann Patrick Schaul und Gastsängerin Noémie Leer zu hören sind, schafft da Abhilfe. Abgeschlossen wird die erste CD von der fulminanten Hymne „Supernova“ und dem Instrumental „Not For Words„. Bis hierhin funktioniert das Album äußerst gut und hätte auf jeden Fall eine Daseinsberechtigung, zum Genre-Highlight würde es aber noch nicht ganz reichen.
Angesichts der kleinen Länge gegen Mitte der ersten CD steht man dem dreiteiligen Mammutwerk und Titelsong „Kilesa„, welches mit seinen dreißig Minuten die zweite CD ausfüllt, erst einmal skeptisch gegenüber. Ist so ein Monster nicht genau das, was man jetzt auf keinen Fall braucht? Denkste. Hier packen SLEEPERS‘ GUILT erst recht die dicken Geschütze aus, indem die progressiven Anteile hochgeschraubt, mehr Atmosphäre reingepackt und vor allem ein gänzlich anderes und doch vertrautes Hörgefühl geschaffen werden. Der rote Faden bleibt aber jederzeit klar sichtbar, auch so manche Passage wird sinnvoll wieder aufgegriffen. Vor allem der zweite und mit sieben Minuten kürzeste Teil mit dem Beinamen „Akusala Mula“ entpuppt sich als Ohrwurm, was nicht zuletzt am Refrain mit Gastsängerin Noémie Leer liegt, die übrigens auf allen drei Teilen mitsingt – und gröhlt. Mehr ist mehr, daher wurde für den dritten Teil „Vipassana“ mit Patrick Junio noch ein weiterer Gastsänger angeheuert, und ein perfekt harmonierendes Trio führt gesanglich durch das Finale. Dieses vereint noch einmal alle Tugenden der vergangenen dreißig Minuten und spannt dabei einen wahnsinnig steilen Spannungsbogen auf, der besonders ab dem atmosphärischen, von Streichern getragenen Zwischenteil fünf Minuten vor Schluss Wirkung zeigt. Der anschließende, explosionsartige Ausbruch mit abschließendem Soloteil sorgt dann endgültig für Gänsehaut.
Manchen wird das Debüt der Luxemburger vielleicht etwas zu viel des Guten sein – zu ausladend und hochproduziert. Tatsächlich müssen ein paar Passagen die Gehörgänge mehrmals passieren, um so richtig zu wirken, und nicht jeder mag lange Alben, aber das kann man SLEEPERS‘ GUILT nicht aus Prinzip zum Vorwurf machen. Die Band legt mit ihrem eigenständigen Stil eben über weite Strecken einen gewissen Anspruch an den Tag, reicht dem Hörer zwischendurch aber oft genug die Hand, um niemanden achtlos zurückzulassen. Dafür stimmt die Langzeitwirkung von „Kilesa“, und mit dem ambitionierten Vorhaben eines solchen Doppelalbums haben sich SLEEPERS‘ GUILT eher als risikofreudig und fähig bewiesen, als dass sie sich ins eigene Fleisch geschnitten hätten.
Autorenbewertung
Vorteile
Nachteile
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über