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Berlin, Berlin, wir…. hören was aus Berlin?! SOIFASS sind zurück!!

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SOIFASS – „1999“

Veröffentlichungsdatum:  18.10.2024
Länge:
36:16
Label:
Sunny Bastards
Genre:
Oi/Punk

Es gibt Dinge, die passieren nicht so häufig: Geburtstage, Jahrestage, Steuerrückzahlungen. Noch seltener sind dann die Kategorie: Hochzeiten, Kinder kriegen und Renteneintritt. Und dann gibt es die Kategorie „glaube ich erst, wenn ich es sehe und in der Hand halte“  In genau diese Kategorie fällt der Release eines SOIFASS-Albums! Der Review hier erscheint daher auch wirklich erst, nachdem ich wirklich, WIRKLICH die Vinyl in den Händen halte.

Vorfreude ist die schönes Freude!

Die Ankündigung zu einem neuen Album kam so plötzlich, wie das sprichwörtliche Kinde der Jungfrau, und ich war sofort äußerst begeistert! SOIFASS ist eine Band, die mich zwar nicht seit „1999“ begleitet, aber zumindest seit den ersten Kontakten zum Oi. Wie ich auf die Jungs aus der Hauptstadt gestoßen bin, weiß ich absolut nicht mehr – aber die Alben fesselten mich bisher alle. Nur die Häufigkeit derselben war leider eher rar, genauso wie Auftritte in meiner Nähe.

Dadurch war allerdings die Freude über beides immer sehr groß und jetzt eben auch, als plötzlich wie der Phönix aus der Asche die Band wieder Meldung machte – sowohl mit einigen Konzerten, als auch mit der Albumankündigung zu „1999“.

Und ab!

Jetzt ist es soweit, ich höre auf Phrasen zu dreschen und wir steigen ein ins fünfte Album der Band, schlappe 9 Jahre nach „Auf blinder Fahrt“. Und schon nach den ersten Titeln bin ich mir sicher, dass hier keiner auf blinder Fahrt ist. Das Album hätte auch 9 Monate nach den Vorgängern entstanden sein können. Alles was ich höre rotzt aus jeder Faser und mit jedem Ton die volle Dosis SOIFASS aus den Boxen. Natürlich merkt man der einen oder anderen Stelle an, dass seit 1999 eben schon 25 Jahre vergangen sind und der ein oder andere Track der Vorzeit etwas rüder und rauer daher kam. Hier ist das Gesamtpaket jetzt vielleicht ein wenig runder, ein wenig gefälliger im Ohr – aber doch noch mit großem Abstand so räudig, dass dem gemeinem Spießer die Krawatte vom Hals platzt und den Hipstern in die Spicy-Coconut-Latte gespuckt wird.

 

Stück für Stück durch das unerwartete Glück

Der Opener „Anglizisten“ geht absolut gut ins Ohr und ist hervorragend gewählt – den höre ich sofort aus durstigen Kehlen gesungen, in einem kleinen Club wo der Schweiß von der Decke tropft. Dazu auch eine Prise Humor, denn nachdem man „keine Anglizismen schon seit nineteen-ninty-nine“ raushaut, kommt danach mit „Enemy“ der erste englisch-sprachige Song der Bandgeschichte. Der klingt ebenfalls sehr gut, könnte auch ein Hardcore-Cover sein – aber das entzieht sich leider meiner Kenntnis. „Auf Raketen fliegen“ richtet sich dann gegen den ganzen aktuellen Kriegsirrsinn auf der Welt, und „Gemeinsam durch die Nacht“ ist dann ein absolut klassischer SOIFASS-Song, vor allem durch die Lyrics. Die unbekannte Sache, die immer im falschen Moment wiederkehrt, aber der man dann trotzdem in den Hintern tritt. Da hinein kann sich sicherlich jeder mit einem eigenen Background eindenken -nimmt mich mit, und erinnert definitiv an alte Stücke!

In das gleiche Horn stößt auch „Gute Fahrt“, und zwischen beiden Stücken fordert „aus Scheisse Gold“ mal eben noch dazu auf, sich nicht beirren zu lassen und seinen Weg zu gehen! Der „Hipster Stomp“ rechnet erwartbar mit der Plage Berlins ab, der „Berliner Walzer“ richtet sich gegen die elitäre Oberschicht. „Exzessiv“ beschreibt das Beziehungsleben, „Verschwörer“ rechnet mit den Aluhut-Trägern ab und „Allein auf dem Thron“ beschäftigt sich mit den ganzen Mindset-Optimierungsgestalten und ihren Kalenderspruch-Wandtapeten-Weisheiten. Schlussendlich kommt mit „Die Zeit steht still“ wieder ein Song mit den typischen Lyrics der Band, ähnlich wie „Gemeinsam durch die Nacht“.

In der Kürze liegt die Würze

Man kann hier auf jeden Fall feststellen, dass sich so einiges angestaut hat in den Jungs und dass auf „1999“ jeder sein Fett wegkriegt. Was man vergeblich sucht, sind Szene-typische Hymnen, Trinklieder oder mitgröhlfähige „ohohohoh“-Refrains. Und so sehr ich diese Dinge bei anderen Bands schätze, ich bin froh diese hier nicht zu finden. Die Band hat sich ihre Frische, ihren unverwechselbaren schnellen und griffigen Stil bewahrt.

Die Stimme von Viktor drückt den Liedern durch die einmalige Interpretationsart der Texte ihren Stempel auf und die musikalischen Parts sind schnell, roh und rau geblieben. Natürlich hat man sich in den Jahren weiterentwickelt, denn es gibt nun textlich nicht mehr den direkten Mittelfinger für pauschal alle wie früher („fickt oich“). Und auch musikalisch kann man den ein oder anderen „toxpackigen“ Einschlag bei Liedern wie „aus Scheisse Gold“ oder „auf Raketen fliegen“ vermuten. Aber es bleibt unverrückbar festzustellen, dass jeder Song eindeutig nach SOIFASS klingt – und das schaffen nach 25 Jahren die wenigsten Bands!

Fazit

Mein Trommelfell jubiliert und mich dünkt ich frohlocke gar sehr! Aufgrund der plötzlichen Ankündigung und Veröffentlichung hatte ich keine große Zeit für eine Erwartungshaltung. Und aufgrund der Ruhe in den letzten Jahren um die Band, hatte ich nicht mehr mit einem neuen Album gerechnet. Das was die Jungs jetzt mit „1999“ abgeliefert haben ist eine feine Scheibe, die sich wirklich nahtlos in die Banddiskografie einfügt. Mit aktuellen Texten und dem klassischen Stil der Band ist hier eine klasse Kombination gelungen, die die Band wieder bei vielen ins Gedächtnis rufen dürfte. Mich persönlich freut, dass der Sound zeitgemäß ist aber die Band sich dennoch nicht verbiegt und weiter ihren Stiefel fährt. Hier wird sich nach 9 Jahren nicht neu erfunden, sondern einfach zu alter Stärke gefunden – und genau damit geht das Album runter wie ein kühles Bier!

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Autorenbewertung

9
SOIFASS melden sich hier mit einem echten Knaller zurück! Kurze, knackige Songs, die jederzeit genau ins Schwarze treffen und sich dabei perfekt in die Historie der Band einfügen. Das Album ist definitiv eine Empfehlung für alle Freunde schnellen, rauen Oi´s!
ø 0 / 5 bei 0 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ die Band bleibt sich treu
+ kein Abstand von 9 Jahren zum Vorgänger zu bemerken
+ kurz, knackig, rau

Nachteile

- der rieeeeeeesengroße Abstand zum Vorgänger darf nicht unerwähnt bleiben 😉
- für meinen Geschmack dürfte es ruhig noch 2 Songs länger sein

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