Das heilige Leid – der Review zu SOLSTAFIRS Hin helga kvöl!
SOLSTAFIR – „Hin helga kvöl“
Veröffentlichungsdatum: 08.11.2024
Länge: 48:21 Minuten
Label: Century Media
Genre: Black Metal / Post Metal
Wenn ich aufgrund der Vorbereitung und Vorfreude aufs Konzert das Album jetzt sowieso einige Male höre, dann kann ich die Gelegenheit auch nutzen und meinen persönlichen Eindruck dazu in den Äther schicken. Und dabei das Album vielleicht noch dem ein oder anderen empfehlen, denn soviel kann ich vorab schonmal sagen: Es ist eine Empfehlung!
Es war einmal….
Die Jungs aus Island haben in der Zwischenzeit eine längere Geschichte, sind längst auf großen und kleinen Bühnen der Welt etabliert und wissen zu begeistern. Und wenn sich bei einer Band dann keine Langeweile mit dem Status Quo einstellt, dann passiert das, was bei SOLSTAFIR passiert: Es wird gut! Hier wird einfach ganz unaufgeregt ein großartiges Album zusammengespielt, was über, durch und zwischen den Genregrenzen hüpft und dabei aufzeigt, dass diese einfach nicht relevant sind um gute Musik zu liefern.
Aber fangen wir von vorne an und geben dem „heiligen Leiden“ ( die Übersetzung von „Hin Helga Kvöl“ ) den nötigen Raum:
Tatsächlich gefiel mir der Vorgänger „Endless Twilight of Codependent Love“ auch sehr, obwohl er wahrscheinlich am weitesten von den Anfängen der Band entfernt war. Hier ist „Hin Helga Kvöl“ dann doch wieder rauer und unbändiger unterwegs.
Die ersten Töne aus alten Zeiten…
Die beiden ersten Stücke „Hún andar“ und „Hin helga kvöl“ spannen den Bogen zu düsterem atmosphärischem Black Metal, den die Band in der Anfangszeit auch lieferte. Damit bricht „Blakkraki“ dann direkt wieder, denn das geht deutlich mehr in eine Indie-Rock Richtung, und danach folgt „Sálumessa“, was herrlich psychedelisch über 7 Minuten vor sich hin groovt. Was jetzt schon klingt, wie eine völlig krude Zusammenstellung eines durchgedrehten Studio-Ingenieurs hat eine vereinende Komponente, und die heißt SOLSTAFIR. Durch den Stil der Band und der Vocals (und auch der verwendeten Muttersprache) kann man zu jedem der Tracks wundervoll der Realität entfliehen und sich in eine mystische, raue, nordische Welt wegdenken. Und das „heilige Leiden“ spürt man durch die anklagenden Vocals wundervoll. Vom Gefühl her, wenn auch nicht musikalisch, fühle ich mich hier wie bei PRIMORDIAL, wo es mir persönlich auch so geht.
Zurück zum Album, denn hier geht es mit „Vor ás“ flott weiter, und der Track besticht mit einem Tempo und Rhythmuswechsel mitten im Stück. Wenn man nicht auf die Titel schaut, könnte man das direkt für zwei verschiedene Songs halten, genial! Die zweite Hälfte ist dann mit weiblichen Backgroundstimmen auch nochmal total ungewohnt, aber gut! „Freygátan“ versprüht einen Classic Rock Charme… also naja, der etwas düstere, leicht verzweifelte Bruder des Classic Rock, den man aber sofort ins Herz schließt!
…und viele neue Einflüsse…
Laut Band dreht sich das Album textlich um den Kampf, dem sich jeder Mensch stellen muss. Hier findet sicher jeder ein Thema, auf das diese Formulierung persönlich passt. Aber diesen Kampf kann man aus der melancholischen Grundstimmung der Songs und der Vocals absolut spüren. Aber dabei fließt hier auch gleichzeitig so viel Kraft und Energie, die einen förmlich vorantreibt. Das wird auch in „Grýla“ und „Nú mun ljósið deyja“ absolut deutlich, wobei zweiterer Track zu platzen scheint vor Kraft und Energie und diese durch das subtile, aber treibende Schlagzeug und die geschrienen, aber dennoch nicht im Vordergrund stehenden Gesangsparts mitten ins Herz des Hörers transportiert. Unfassbar gut und mitreißend!
… ergeben ein perfektes Album!
Der letzte Track „Kuml (forspil, sálmur, kveðja)“ ist dann wieder ein völliger Sprung über alle Grenzen, denn hier hat sich in das raue nordische Setting ein Saxophon verirrt, das gleichzeitig überhaupt nicht und großartig hineinpasst und sofort aufhorchen lässt. Mit ebenfalls fast 7 Minuten schließt der Track das Album wundervoll ab. Hier beeindruckt auch der völlig andere Gesang, mit fast schon klerikalen Zügen.
Fazit:
Die Band macht das was sie kann – nämlich großartige Musik. Dass dabei Genre-Anleihen auf dem Album auftauchen, die normalerweise schon beim lesen Gehirnknoten auslösen, aber hier völlig selbstverständlich wirken und sich perfekt zusammenfügen, zeigt das großartige Potential das diese Band ausstrahlt. Das Ding ist jetzt schon ein umwerfendes Album, vom ersten bis zum letzten Ton. Müsste ich einen Makel finden, dann ist es die Laufzeit von 48 Minuten, andererseits wüsste ich auch nicht, was NOCH auf diese Scheibe passen sollte.
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