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Solstafir in Leipzig, Otta Tour

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18.5.2016

SOLSTAFIR in Leipzig? Nichts wie hin da! Gesagt, getan. Schnell den Kollegen Schneemensch eingesackt und auf nach Sachsen. Schon bei der Ankunft wird klar, dass Unmengen von Menschen die gleiche Idee hatten. Das Täubchenthal ist brechend gefüllt, wenn auch nicht komplett ausverkauft. Mittlerweile ungewöhnlich bei den Isländern.

Kurz nach acht beginnt die Show mit „Nattfari“, das, wie eigentlich immer, vom Band schallt während die Musiker langsam die Bühne betreten. Dabei handelt es sich nicht nur um die vier üblichen Verdächtigen, nein. Die Isländer werden auf der Tour von einem Streichquartett und einem Keyboarder/Pianisten begleitet, was gleichermaßen sinn- wie eindrucksvoll ist.

Dagmal“ eröffnet das reguläre Set in druckvollem, ausgewogenem und nicht zu lautem Sound.
Der erste Teil des Konzerts soll in der vollständigen Vorführung des (bereits zwei Jahre alten aber immernoch aktuellen) Albums „Otta“ bestehen. Die Reihenfolge der Songs wurde dabei jedoch leicht abgeändert. Nichtsdestotrotz schallt der Titelsong (stilecht mit Banjo gespielt!) bereits wie auf Scheibe an zweiter Stelle durch den Saal. Für mich das erste Highlight des Abends. Ich bekomme Gänsehaut, heute Abend definitiv nicht zum letzten Mal. Die Streicher und das Keyboard entfalten bereits zu diesem frühen Punkt im Konzert voll ihre Wirkung: „Otta“ grenzt an Plattenqualität. Fantastisch.
Nur Teile des Publikums sind der angemessenen Andacht offensichtlich noch nicht ganz gewahr geworden, schade eigentlich, denn der Stimmung wird dadurch ziemlich Abbruch getan.

Konnten mich die Songs von „Otta“ auf Platte nicht so ganz begeistern, so reißen mich die acht Lieder live doch mehr mit als gedacht! Sänger Aðalbjörn ist gut bei Stimme, und agiert wie gewohnt jenseits von Tönen, trägt aber jede Silbe mit einer Emotionalität vor, die sich sofort auf die Zuschauer, oder zumindest auf mich überträgt. Über das gesamte Konzert hinweg laufen im Hintergrund Projektionen isländischer Landschaft, zu den jeweiligen Songs sogar das entsprechende Video. Auch das Licht wird heute Abend sehr zielführend eingesetzt und untermalt die Stimmung hervorragend. Ehrlich gesagt bekomme ich aber von den Projektionen und der Lichtshow vielleicht die Hälfte mit, den größeren Teil des Konzerts verbringe ich mit geschlossenen Augen.

„Hätten wir einen deutschen Song, dann wäre es mit Sicherheit der hier“, schmeichelt Aðalbjörn dem Auditorium während er „Midaftann“ ankündigt. Ein Song, der live wie auf Platte mit seiner unfassbaren Schönheit begeistert und zum Schwelgen einläd. Ein Traum!

 

Mit „Nattmal“ endet der erste Teil des Konzerts, die Musiker verlassen wortlos die Bühne und ein Film wird gespielt, dem ich allerdings nicht so richtig folgen kann. Es vergehen 10 Minuten Pause, in denen man zum Beispiel mal den Merchstand begutachten kann, der mit jeder Menge feinsten Designs auf jeder Menge mäßigem Stoff herhält. Optisch top, haptisch eher fragwürdig. Geschmackssache.

Der zweite Teil der Show beginnt mit „Djakninn“ bevor mit „She destroys again“ einer meiner persönlichen Favoriten geliefert wird. Älter als „Köld“ wird kein Song des Abends mehr werden.

Danach gerät der charismatische, nordisch wortkarge Frontmann der Antichristian icelandic heathen bastards fast schon in Redelaune, denn der folgende Song „Necrologue“ wird einem verstorbenen Freund und allen Leuten gewidmet, die jemals von Depressionen geplagt wurden, wobei sich die Band selbst nicht ausnimmt. Ein sehr emotionaler Punkt des Konzerts.

„Wir werden nicht von der Bühne gehen, drauf hoffen, dass ihr n bisschen klatscht und dann noch was spielen. Wir haben noch n paar und dann wars das. Ist das okay für euch? Wir könnten sonst auch gleich gehen.“ Nachdem das Publikum die Isländer davon überzeugt hat, dass diese Herangehensweise heute die einzig Richtige ist, wird „Svartir Sandar“ angestimmt. Aðalbjörn bedankt sich bei allen Leuten die extra angereist sind um die „skinny bastards from Iceland“ [sic!] heute Abend zu sehen, danach wird das Set mit der altbekannten Rausschmeißerkombo „Fjara“ und „Goddess of the Ages“ beendet. Ein gelungener Abschluss, wobei Fjara sogar extra ausgedehnt wird.

 

Hand aufs Herz: SOLSTAFIR ist eine Band, deren Stärken keineswegs in der fehlerfreien Ausübung ihres Handwerks liegen, doch gleichzeitig sind sie eine von wenigen Bands, bei denen man darüber hinweg sehen kann, vielleicht sogar muss. Hier stehen Gefühle im Vordergrund, der Rest ist egal.

Was mich jedoch von Anfang bis Ende irritiert, ist, dass es sich SOLSTAFIR selbst schwerer machen, als es ist. Als würde sich ein Hürdenläufer permanent selbst ins Knie schießen, sägen die Jungs hier an dem Ast, auf dem sie sitzen. Was im Klartext heißen soll, dass sie die Atmosphäre, die sie während der Songs aufzubauen verstehen, danach wieder komplett ersticken, indem unerträglich lange Pausen für das Nach- und Umstimmen der Instrumente vorgenommen werden. In diesen Pausen passiert: Nichts. Kaum Ansagen, keine Musik, die doch zumindest vom Keyboard weiterlaufen könnte, einfach nur Stille. Schade!
Trotzdem bleibt nach dem Konzert ein durchaus wohliger, angenehmer Eindruck zurück, welcher nur einen Schluss zulässt: Dies wird garantiert nicht mein letztes SOLSTAFIR Konzert gewesen sein.

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1 Kommentar

  1. 22. Mai 2016 bei 20:14 — Antworten

    Toller Konzertbericht, stimme dir (also Robert) voll und ganz zu!
    Zum von dir erwähnten Film im Review, der heißt „Der Flug des Raben“; beim Konzert in Aarau lief er auch noch zum Intro.
    Zu den Pausen und der Zerstörung der Atmosphäre muss ich dir absolut Recht geben, das war in Aarau genau so. Ich muss sagen, das hatte ich letzes Jahr beim „Baden in Blut“ nicht so empfunden (Sólstafir zum Sonnenuntergang… grandios!!!). Könnte aber auch an der Kombination aus Sonnenuntergang und allgemeinem Alkoholpegel gelegen haben.
    Auch in Aarau war das Publikum übrigens recht lahm.
    {manuell hinzugefügt von yt}

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