THE DARK TENOR – Live
Wie ein Mann die schwarze Szene auf den Arm nimmt
ACHTUNG: Dieser Artikel klingt an manchen Stellen ziemlich hart – trotzdem soll sich dadurch keiner verleumdet oder angegriffen fühlen. Wahr ist allerdings auch, dass dieser Kolumne ein wahrlich frustrierendes Konzert vorausging, dessen unschöne Auswüchse zusammengekehrt und jetzt zu einer neuen Missgestalt geformt werden – Vorhang auf für THE DARK TENOR!
Das Publikum könnte gemischter nicht sein: Zwischen älteren, fein gekleideten Herrschaften am Stock sitzen tiefschwarz gefärbte Nachtgestalten und Gesichter, die aussehen, als wären sie gerade aus dem Firmungsunterricht ausgebüxt, um sich den Pfaden Satans zu widmen. Ach ja – und ich natürlich. Was in dieser seltsamen „Zielgruppenkombi“ anklingt, soll heute Realität werden: ein schlechter Marketing-Gag, der so händeringend nach der Zielgruppe sucht, die sich am besten melken lässt, dass er am Ende glorreich alle auf einmal vertreibt. Na gut, bis auf die eine Omi, die jeden Text mitsingen kann… Scheinbar gibt’s für alles ein Publikum. Aber fangen wir hinten an! Bei den…
… Vorbands!
Damit hat nun wirklich „keiner“ gerechnet. Was sich in unserem Genre allgemeiner Beliebt- und Gewohnheit erfreut, erschreckt (mitunter begründet) die sonst eher ein-Konzert-ein-Künstler-verwöhnte Klassikfangemeinde über 60 bis ins Mark. Denn der dunkle Tenor beschenkt uns heute Nacht in der Alten Oper Erfurt nicht nur mit seiner eigenen Liedeskunst (die überwiegend aus Coverversionen besteht), sondern mit nicht einer, sondern gleich 2 ziemlich unerwarteten Vorbands. Und die sind nicht mal so gut!
Duo Nummer 1… Wie hießen die doch gleich?
Selbst nach minutenlanger Recherche ließ sich schlichtweg nicht herausbekommen, wie das erste Duo des Abends hieß, das seinen Namen (möglicherweise aus Scham, mit dem nachfolgenden Programm in Verbindung gebracht zu werden) nur einmal ganz am Anfang kurz ins Mikro flüsterte. Im Nachgang wohl die beste Performance des Abends, legen die 2 Jungs zwar keine der Location angemessene, aber doch grundsolide Performance hin. Warum nicht angemessen, fragt ihr? Nun, die 2 Kollegen wären was für ein Stadtfest oder eine nette kleine Klub-Performance zum Soja-Latte. Aber in der (ausverkauften?!) Alten Oper sind der Sänger (nennen wir ihn der Einfachheit halber „Florian“ und seinen Bandkollegen „Max“, ihre richtigen Namen sind mir leider entgangen – hätte ja auch keiner ahnen können, dass der Abend so herausragend wird, dass ich mich nahezu gezwungen fühle, diesem Paket musikalischer Gräueltaten eine Review zu widmen) inklusive Keyboardbegleitung einfach fehl am Platz.
Es werden ein paar herzzerreißende Balladen von der Bühne geschmissen, die Ansage „Ihr glaubt ja nicht, in was für Löchern wir sonst immer auftreten“ glaubt man Florian und Max dann doch aufs Wort – aber sie sind zumindest eins: ehrlich. Ihre Musik mag nicht professionell ausgereift sein, überhaupt wundert man sich, wie sie denn da hingekommen sind, wo sie gerade stehen – aber ich nehme dem ungleichen Duo einfach ab, was sie dem gespaltenen Publikum da vortragen. Und das sind gar nicht mal so übele, selbstgeschriebene Songs, ein paar Cover – und für den restlichen Abend die einzige Performance, die für ihre gesamte Spielzeit meine volle Aufmerksamkeit bekommt. Zwar teilt sich Florian das „Feija-Dieseija“-Geseier mit vielen anderen deutschen Künstlern, die zwar englische Texte schreiben, nur nicht singen können. Aber trotzdem verdienen die 2 Jungs einen Haufen Sympathiepunkte. Weiter so!
Wer hat die denn reingelassen?
Denn was danach kommt, hätte so nun wirklich keiner ahnen können. ANNA LUX bereiten sich auf ihren Auftritt vor. Man hat ordentliche Backdrops aufgezogen, überhaupt wirkt das Ganze ziemlich professionell. Ein Blick auf die Website verrät mir: ANNA LUX sind eben nicht nur „eingängige Melodien, mitsingbare Refrains und geballte Energie“, weit gefehlt! Man hat auch „keine Angst vor harten Riffs, fetten Gitarren und von den 80ern inspirierten elektronischen Elementen“! Und Moment mal, was sind das denn für Endorsements?! Roland, Schecter, GMS Drums – alles Verträge, von denen kleine Bands nur träumen dürfen! Na, das klingt doch ganz stark nach…
… ZDF Fernsehgarten in disguise!
Ein voll ambitionierter Drummer, eine dunkel verhüllte Gitarristin am Keyboard, und dann, dann kommt das mittelmäßige Schlagersternchen „ANNA“ im Marienkäferkleid auf die Bühne. Ja, und als wäre das nicht alles schon verwirrend genug für meine leidgeprüften Gehörgänge, hat die Band sich doch einfach HELENE FISCHERs elektronischen „Atemlos“ – Stampf- und Simultanklatsch-Beat gemopst und einen noch schlechteren Song drübergelegt!
Klar mag jetzt der eine oder andere unter euch denken: „Komm schon, du als eingefleischte Metalerin – ist doch klar, dass die nicht dein Fall sind!“ Und ihr habt Recht. Aber diese Kombo ist tatsächlich nicht nur mein „Nicht-mein-Fall“, sondern scheinbar der „Nicht-mein-Fall“ von der gefühlten Hälfte des Innenlebens der Alten Oper. Alt und Jung suchen das Weite vor dem, was dort im Saal gerade vor sich geht, ertränken ihren Frust in überteuertem Sekt oder lassen ihn doch am besten gleich an den armen Damen am Tresen aus, die ja nun wirklich nichts für das Drama können, was sich dort drinnen abspielt.
Held des Abends ist für mich übrigens der Herr in seinen 80ern mit seiner Ehefrau im Arm, der auf die Aussage „Sie haben es immer noch länger ausgehalten als wir!“ nur trocken „Ja, wir hören ja auch schon ein bisschen schlecht!“ antwortet.
Das reicht uns noch nicht!
In der allgemeinen Schockstarre hätten die meisten von uns doch fast vergessen, weshalb wir uns heute eigentlich hier zusammengefunden haben. Natürlich wartet THE DARK TENOR noch auf uns, und mancher witzelt schon, dass die vorhergehende Performance nur der Verschleierung der Schwächen des finalen Akts dienen soll. Denn der Titel dieses Schriebs lautet schließlich „Wie ein Mann die schwarze Szene auf den Arm nimmt“ – ihr ahnt also, da kommt noch was!
Und wie „es“ kommt. Denn jetzt, 3 Stunden nach Einlass, kommt das, wofür die meisten Anwesenden heute ihr Geld gelassen haben. THE DARK TENOR, der mysteriöse amerikanisch-deutsche Hauptakt aus der deutschen Glamourmetropole Hannover, stellt sein neues Album vor: „Symphony Of Ghosts“. Na, dann mal rein ins Getümmel!
Dies Show startet mysteriös, nebelig und spektakulär – und verliert dann all seinen Glanz in ebenso spektakulärer Geschwindigkeit. Denn wer sich tatsächlich die Mühe gemacht hat, in die neueste Scheibe dieses namenlosen Phänomens hineinzulauschen, der wird feststellen: Hey, der DARK TENOR, bekannt für seine auf „düster“-getrimmten Dark-Pop-Rock-Coverversionen klassischer Meisterwerke, macht genau das – nicht mehr! An die Stelle dieses doch recht vernünftigen Konzepts tritt mittelmäßiger Pop im deutschen Songwriter-Gewand, was den guten Mann mit schwarzgetünchtem Undercut natürlich nicht davon abhält, sich schwarzen Kayal auf die Augen zu klatschen und in vollbenieteter Lederjacke und schwarzen Baggypants auf der Bühne herumzuhüpfen, das schwere viktorianische Silberkreuz ist natürlich genauso am Start wie das auf schwarze-Samttapete-mit-Floralmuster getrimmte Jackett, was locker aus EMPs Gothicana-Kollektion abgekupfert sein könnte.
Böse und geheimnisvoll… oder doch lieber reif für den deutschen Comedy-Preis?
Und obwohl mindestens die Häfte seines Publikums zumindest äußerlich der schwarzen Szene zuordenbar sind, muss der gute Mann seine Äußerlichkeit dem Publikum natürlich näher erklären. Denn trotz all der schwarzen Klamotten und der schwarz geschminkten Augen sei er natürlich kein Mann, der immer traurig sei und zum Lachen in den Keller ginge – denn genau das entspricht ganz klar den Mitgliedern aller Subkulturen, die sich gerne dunkel kleiden! Mir wird schlecht. Gelächter im Publikum über dieses subtile Herumreiten auf weit verbreiteten Stereotypen, zumindest aus den hinteren Reihen, nicht aber aus den vorderen, die doch vorrangig von schwarzen Seelen und Langhaarigen gefüllt sind. Hups, kam jetzt vielleicht doch nicht SO gut an.
Aber keine Angst, unnötige Labereinlagen hat der Dunkeltenor noch genau so viele im Gepäck wie 0815-Pop-Rock-Leiern und Cover berühmter Songs als Stimmungsaufheller. Ich glaube, heute Nacht treffe ich mein ganz persönliches NICKELBACK! Aber natürlich verfolgt all das „Lasst mich eure Hände sehen“ und „Winke-Winke“ im 4/4-Takt ein eiskaltes Kalkül: Denn ausgerechnet die heutige Show wird aufgezeichnet, womöglich für eine Live-DVD! Liegt bestimmt nicht daran, dass der heutige der einzige ausverkaufte Tourtermin ist. Und deshalb wird so kräftig und verzweifelt von der Bühne gewunken und zum Simultanklatschen aufgefordert, dass man meint, beim Seniorensport gelandet zu sein.
Wie machen die das nur?
Falls sich jetzt jemand nicht ganz sicher sein sollte, was Simultanklatschen, und vor allem, was das Schlimme daran ist: Das ist das berühmte Auf-die-Viertel-Klatschen aus dem Frühlingsfest der Volksmusik, das ungefähr genau so in der deutschen Kultur verwurzelt ist wie das Klatschen bei der Flugzeuglandung. Das passiert aber heute so geist- und motivationslos, dass nach einem Song vom sichtlich mitgerissenen Publikum gleich durch die Pause bis in den 4/4-Takt des nächsten Songs durchgeklatscht wird! Hat sich jemand von euch schon mal gefragt, wie auf „unseren“ Konzerten überhaupt eine „Stimmung“ aufkommen kann, obwohl nicht durch die Bank weg der Schlagzeuger für seinen mangelnden Ideenreichtum beklatscht wird? Ist mir auch absolut unklar!
Dann folgt zur Abwechslung doch noch ein gar nicht so übles betextetes Cover der „Mondscheinsonate“, was nicht zuletzt daran liegt, dass der dunkle Tenor ziemlich gutes Geld in seine Band zu investieren scheint. Die machen nämlich gute Miene zum bösen Spiel und bieten den ganzen Abend zumindest in Sachen Spielqualität eine gute Show. Die ist allerdings unterbrochen von viel zu langen Quatschpassagen zwischen Tenor und Keyboarder, in denen teils so alte Witze fallen, dass mir fast das Gesicht einschläft. Dann noch das gefühlsloseste Cover von „Wicked Game“, das ich jemals gehört habe, und schon folgt die Electropop-Ballade „Written In The Scars“, die so vor unnötigen Breakdowns strotzt, dass jede Metalcover-Band vor Neid die Karriere hinschmeißen würde.
Hört das denn nie auf?
Doch. Nach anderthalb Stunden auswechselbaren Popgedudels und nicht enden wollendem Gelaber entlasse ich mich mit einigen anderen Gästen selbst in die Nacht – die Zugabe verlangt nun wirklich nicht meiner Anwesenheit. Ganz kurz hatte er mich, dieser dunkle Tenor, bei einer mittelmäßigen Coverversion von THE RASMUS‚ „In The Shadows“, einfach der jugendlichen Erinnerungen wegen. Das wars dann leider auch schon. Mein Fazit: THE DARK TENOR hat unglücklicherweise „Dark Rock“ mit Moll-Akkorden und leider auch immer öfter selbige mit gefühlslos eingeworfenen Dur-Akkorden verwechselt. Damit hat er so vielen aus dem Publikum vor den Kopf gestoßen, die Klassikcover und wirklich guten Tenorsgesang erwartet haben.
Doch Nischenmucke verkauft sich für Universal Music scheinbar nicht gut genug, deshalb ist die deutsche Popszene jetzt ein austauschbares Gesicht im Goth-Kostüm reicher. „Selbst schuld, du hättest ja vorher in das neue Album reinhören können, dann hätte dich das nicht überrascht!“ Klar, stimmt. Aber um all die älteren Leutchen tut es mir Leid, die wegen auf Rock getrimmter Klassikmucke gekommen sind – und ohne die, aber stattdessen mit einer außerordentlich grauenvollen Schlagereinlage im Vorprogramm ihren Samstagabend füllen mussten. Buh, DARK TENOR, buh! Und natürlich kenne ich mich ja in der Musikszene so überhaupt gar nicht aus, aber irgendwas sagt mir, dass das auf lange Sicht nicht gut gehen wird.
Zum Schluss noch das Fashionstatement zweier Damen, das sinnbildlicher für diesen musikalischen Abend nicht hätte stehen können: Rollkragenstrickkleider in berauschendem Mausgrau, die Haare ordentlich weggeflochten und den Pony auf braver Stirnhöhe gebändigt – und dann zwei schwarze Unterbrustkorsagen drübergeschnallt. Was für ein Glück, dass der Kostümverleih das ganze Jahr über Halloweenkostüme anbietet.
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6 Kommentare
Dieser „Gastautor“ sollte erst einmal recherchieren, bevor er solchen unqualifizierten Bericht schreibt. Es ist einfach nur unprofessionell. Auch wenn einem die Musik nicht gefällt, sollte man neutral bleiben…..und nicht einfach nur „abkotzen“. Schade, dass ihr so etwas veröffentlicht.
Aus Hannover also? Das zeigt wohl die mangelnde Kompetenz des Autors am besten. Nächstes mal Hausaufgaben machen und das Projekt verstehen. 6, setzen.
Was bist denn du für ein Armläuchter. Niveaulos, menschenfeindlich, geistlos und ohne Hirn und Verstand. So was zu schreiben ist unterste Schublade.
Wie kann man nur so viel Scheisse in einem Artikel schreiben?!? Sein Programm besteht nicht überwiegend aus Coversongs. „Wicked game“, „In the shadows“ und “Parla piu piano” waren die einzigen Coversongs in seinem Programm. Aber klar…3 Coversongs sind natürlich der überwiegende Teil von ca. 20 Songs…
Das erste Duo im Vorprogramm hieß “On my isle”. Mit richtigem Namen heißen sie Hendrik und Felix. Wenn man zuhört, nicht komplett geistig unterbelichtet ist, oder richtig recherchieren würde, wobei das eine das andere nicht ausschließt…, würde man das auch wissen.
Der Hauptakt stammt nicht aus Hannover. Er wurde in Amerika geboren, hat danach ein paar Jahre in Hannover gelebt, dann viele Jahre in Dresden und jetzt lebt er schon einige Jahre in Berlin. Was das gemischte Publikum angeht: Was ist daran negativ?!?
Schon Mal auf die Idee gekommen, dass genau das das Ziel von “The Dark Tenor” ist?! Alt und jung für seine Show zu begeistern, ein Publikum von 8 bis 80 zu haben?! Scheinbar nicht…aber wenn man nicht recherchieren kann, kann man sowas natürlich nicht wissen…
Was danach im Artikel steht ist einfach nur respektlos und beleidigend dem Künstler gegenüber. Ich gehe nicht weiter auf die Einzelheiten ein… Und dann sogar noch das Publikum beleidigen – absolut niveaulos!!
Ich könnte jetzt noch ewig so weiterschreiben, aber da ist mir meine Zeit zu schade für so einen Drecks-Artikel…
Ein Volltreffer er ist dieser Bericht, außer dass der Sänger von On My Isle (so der Name der ersten Vorgruppe) auch richtig gut singt und so gute Songs schreibt, dass er auf Covers hätte verzichten können.
Lieber Berichterstatter, liebe Berichterstatterin,
als ich diesen Artikel gelesen habe, hab ich mich fast am Kaffee verschluckt. Vorweg möchte ich sagen, ja, Musik ist Geschmackssache und das ist auch gut so. Einer mag es, ein anderer nicht.
Aber das gibt einem noch lange nicht das Recht Künstler, hier gleich 3, so niederzumachen. Dieser Bericht ist in meinen Augen einfach nur niveaulos und hat mit objektiver Berichterstattung gar nichts zu tun. Zu sagen, dass ist nicht mein Fall, ist völlig legitim, aber das geht schon unter die Gürtellinie. Zudem sind hier Fakten falsch recherchiert.
Kritik kann man definitiv auf einem anderen Niveau vermitteln.