THOBBE ENGLUND – raus aus den Camouflage-Hosen!
THOBBE ENGLUND – Sold My Soul
Veröffentlichungsdatum: 24.02.2017
Dauer: 39 Min.
Label: Metalville
Getreu nach dem Motto „back to the roots“ zieht Thobbe Englund, der Ex-Gitarrist von SABATON, die Camouflage-Hosen aus und widmet sich ab sofort einem neuen Projekt. Das Werk seines Schaffens mit dem Namen „Sold My Soul“ ist schon bald erhältlich.
Aber halt! Bevor ihr denkt, Thobbe läuft jetzt wie bei Adam und Eva nackig auf der Bühne rum, dann habt ihr was falsch verstanden! Der Schwede kehrt mit seinem neuen Projekt zu seinen musikalischen Wurzeln im Heavy Metal zurück. Nach einer ungeheuer erfolgreichen Zeit bei den schwedischen Superstars von SABATON hat er sich entschlossen, diesen neuen und alten Weg einzuschlagen. Wer so eine Band verlässt, muss gute Gründe dafür haben!
Deshalb gibts heute schon das neue Werk von Thobbe Englund hier in der Review. Wir schauen uns mal an, ob der Veteran überhaupt ohne Camouflage seine Stimmbänder und Gitarrensaiten in Schwingung versetzen kann.
Und die Konstellation um den Schweden lässt es gleich zu Beginn des neuen Silberlings richtig krachen.
„Sold My Soul“, der Titelsong des Albums, ist gleich am Anfang eine große Überraschung! Da hat sich Thobbe wohl die Leder-Nieten-Kombi von JUDAS PRIESTs Rob Halford ausgeliehen. Wenn das nicht mal eine Hommage an den größten Hit der Engländer aus Birmingham ist. Der Painkiller sucht sich auch auf dieser Scheibe seine Opfer! Eine kreischende und vor allem ungesund hoch klingende Stimme ist das prägnanteste Charakteristikum des ersten Tracks. Das hätte ich dem blonden Skandinavier gar nicht zugetraut, kamen doch seine gesanglichen Qualitäten in den Background-Grund-Vocals von SABATON nie wirklich zur Geltung. Aber ganz ehrlich? Hut ab, ein Auftakt, der Lust auf mehr macht. Jedoch würde eine persönlichere Note bestimmt auch ganz gut ankommen. Aber es sind ja noch eine paar Songs, die darauf warten, gehört zu werden.
Mit „Annihilation“ folgt direkt eine neue Facette des Albums. Der Track beginnt so, dass Lemmy in seinem Grab garantiert mit seinem behüteten Haupt nicken würde. Schlichte Drums, dominante Bassspuren und ebenfalls tiefer gestimmte Gitarren leiten den zweiten Song der neuen Platte ein. Dazu kommt eine Stimme, die klingt, als würde Thobbe in ein altes, schon verrostetes Mikrofon aus den 50er-Jahren singen. Ich muss sagen, das hat schon Charme. Im zweiten Drittel des Songs werden die Gitarren wieder schneller und höher. Die anfängliche Nähe zu dem MOTÖRHEAD-Stil hat sich so am Ende zu einer gewissen Distanz entwickelt.
Mal sehen, was das in Thobbes eigenem Studio produzierte Album noch so zu bieten hat:
„I Am“, der dritte Song der Platte, kommt weniger zügig zu Potte. Die Drums zu Beginn erwecken den Eindruck, dass wir als Hörer uns auf eine Reise in die Anfänge des Heavy Metal begeben. Verhältnismäßig langsam, und doch recht monotone Riffs machen den Song nicht wirklich facettenreich. Einzig die Soli stechen aus der Monotonie hervor. Also „einfach die Augen zu machen, lauschen und nicht nachdenken“ lautet die Devise bei diesem Track.
Es folgt „The Glow“, ein Song, der für mich irgendwie verstörend beginnt. Alles hört sich an wie in Zeitlupe. Gut, dass das Stück nur gut anderthalb Minuten dauert. Das kann man getrost überspringen.
Vielleicht begeistert mich ja der folgende Titel „It Burns“. Und ich finde, das tuts schon nach den ersten paar Tönen. Das ist Heavy Metal, wie man ihn sich wünscht! Ein lebendiges Intro mit abwechslungsreichem Riffing und dem Wechsel zwischen hohen, fast kreischenden und tiefen langsamen Vocals machen den Song zu meinem bisherigen Lieblingstrack.
Genau in diese Kategorie fällt auch „Steel and Thunder“. Ich muss sagen, die ersten 2 Minuten des Tracks erinnern mich extrem an die frühen IRON MAIDEN-Alben. Genauer gesagt, an das erste. Riffing, Tempo usw. stimmen fast genau überein. Ich finds jetzt nicht unbedingt schlimm, da der Song noch sehr viel Eigenes zu bieten hat. Außerdem – wer hat denn nicht schon mal zu den großen Meistern des Genres hingeschielt? Insgesamt passen „Steel and Thunder“ sowie „It Burns“ musikalisch sehr gut zusammen.
Aber mit dem siebten Song wartet auch schon das nächste Schmankerl. Von dem Text verstehe ich zwar kein Wort, denn dieser ist nämlich auf Schwedisch …oder sowas in der Art… ich glaube zumindest, es ist Schwedisch. Wäre bei Thobbes Nationalität auf jeden Fall naheliegend. Aber wie ist „Trägen Vinner“ denn bitte musikalisch aufgebaut? Ein kleines Träumchen. Die Gitarren spielen perfekt zusammen und die Soli sind ebenfalls klasse. Jetzt habe ich einen zweiten Lieblingssong auf dem Album. Sehr schön!
Mit „The Flame“ folgt als achter Track ein Instrumentalstück, das musikalisch aber nun mal wirklich zum Titel passt. Schließt man die Augen und lehnt sich zurück, kannste die Lagerfeueratmosphäre förmlich spüren. Vor dem inneren Auge sind die Flammen sichtbar, wie sie zu den sanften Gitarrensounds flackern. Richtig romantisch halt.
So, nu ist aber auch mal wieder gut mit der Lagerfeuerromantik! „Break the Chains“ steigt mit einem treibenden Gitarrenintro ein. Als Thobbe die ersten Worte singt, hört man zum zweiten Mal auf dieser Platte eine Ähnlichkeit zu einem MAIDEN-Titel. Für mich weist die erste Hälfte des neunten Titels eine nicht zu verkennende Nähe zu MAIDENs „Aces High“ auf, was aber wieder nicht wirklich tragisch ist. Die treibenden Elemente und Soli machen den Song zu einem eigenständigen Werk.
Nicht wirklich temporeich, aber dafür umso brachialer, steigen die Gitarren in „Wounded Knees“ ein. Thobbe schraubt seine Stimme wieder in die Höhe und presst so die Laute praktisch aus seinem Torso.
Ganz anders ist hier der vorletzte Song der neuen Scheibe. Treibend, dieses Mal ein nicht ganz so gepresster Gesang, dafür sehr abwechslungsreich. Genau das ist „Farewell“. Doch an welcher Band haben sich die Schweden wohl orientiert? Die in den Songtext eingebauten Phrasen „wasted years“ und „running free“ verraten es uns: Genau, ihr habt es erkannt. Diese Band lautet IRON MAIDEN!
Abschließend liefert uns der SABATON-Veteran mit „The Ashes“ nochmal einen Track, der für mich genau wie „The Glow“ richtig unnötig ist. Kann also auch getrost übersprungen werden.
Autorenbewertung
Vorteile
+ abwechslungsreicher Heavy Metal von einem Power-Metal-Veteranen
+ jeder Song kann seine Wirkung einzeln entfalten
Nachteile
- kein Wirken als großes Ganzes
- zwei unnötige Tracks
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