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Über den Ursprung des Verlangens – Interview mit Cepheide

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Erst vor Kurzem erschien das Drittwerk der Franzosen CEPHEIDE, bei dem ich mal wieder ganz wuschig wurde. Da sich Bandkopf und Chefdenker Gaetan freundlicherweise dazu bereit erklärte, mir einige Fragen zu dem Album zu beantworten, nutzte ich selbstverständlich die Chance und hakte genauer nach. Was es mit dem neuen Werk auf sich hat, wo sich die Band zukünftig sieht und was, seiner Meinung nach, die Platte des Jahres war, erfahrt ihr hier.

DAS INTERVIEW

 S: Hallo Gaetan! Wie und wann hast du CEPHEIDE eigentlich gestartet?

Gaetan: Mit CEPHEIDE ging es 2013 los, als ich nach Paris zog. Ich wollte eine Band gründen, die das fortführen sollte, was ich mit meinem Soloprojekt SCAPHANDRE zuvor gemacht hatte. Obwohl es seit unserer ersten EP „De Silence Et De Suie“ einige Änderungen in der Bandbesetzung gab, behielt unsere Musik seit jeher eine Kohärenz und Stringenz bei und ist an den Leuten gewachsen, die daran Teil hatten.

S: Der Titel eures aktuellen Albums „Saudade“ bedeutet auf Portugiesisch „Verlangen“ oder „Sehnsucht“. Wie kam es zu diesem Titel und worauf bezieht es sich?

Gaetan: „Saudade“ kann tatsächlich viele Bedeutungen haben. Aus meiner Sicht gibt es da auch eine Referenz zu Cesaria Evora, deren Songs für mich durch meine gesamte Kindheit hindurch präsent waren. Außerdem ist es auch eine Aufmerksamkeit für meine Freundin, die portugiesischer Abstammung ist und ohne ihre Meinung hätte dieses Album nie entstehen können. Ich denke, dass jeder aus diesem Wort eine Bedeutung entnehmen kann, die für ihn passt. Es ist ein sehr komplexes und starkes Wort, und darum haben wir es erwählt.

DIE HAUPTEINFLÜSSE VON „SAUDADE“

Gaetan: Neben der Tatsache, dass ich „Saudade“ härter und instinktiver klingen lassen wollte als „Respire“, gab es keinen spezifischen Einfluss für dieses Album. Für gewöhnlich nehme ich eine grundlegende Melodie oder das Schlagzeug auf und arbeite dann so lange weiter, bis ich einen Status der Zufriedenheit erreiche – oder einen der Blockade. Wenn ich damit fertig bin, schicke ich den anderen Jungs das Material, sodass wir gemeinsam daran weiterarbeiten können.

S: Wie schon bei „Respire“ ist das Cover-Artwork mal wieder gelungen, wenn auch schwer zu beschreiben. Was zeigt es und hat es eine Verbindung zu eurem Vorgänger?

Gaetan: Bis jetzt war unser einziges Kriterium für das Cover, dass es abstrakt genug sein sollte, dass jeder etwas Eigenes hineininterpretieren kann. So halten wir das eigentlich auch mit den Song- und Albumtiteln.
Bei der letzten Platte haben wir uns für einen kosmischen Nebel entschieden, dessen vertikale Bewegung für mich irgendwie gut zu den Songs passt, entweder im Hinblick auf die Texte, oder die Musik selbst.

„Für „Saudade“ wollten wir etwas Raueres, das nicht so entfernt ist.“

Irgendwas, das näher an der Erde ist, wenn du verstehst, was ich meine. Dies sollte den Schreibprozess wiedergeben, den ich in der gleichen Weise beschreiben würde.
Also arbeiteten wir beim Cover mit einer Mischung aus Gestein und Mineralien. Bislang wurde jedes Cover von einem anderen Künstler gestaltet, was definitiv einen Einfluss auf das Endergebnis hat. Aber darüber hinaus versuchen wir, eine abstrakte und ätherische Ästhetik beizubehalten, die sich durch alle Alben zieht. Außerdem würden wir uns auch nicht selbst einschränken, solange wir zu einem zufriedenstellenden Ergebnis gelangen, das für uns die Grundidee des Albums darstellt.

WORUM GEHT ES EIGENTLICH?

S: Zunächst hatte ich den Eindruck, dass ihr eure Texte gar nicht veröffentlicht hättet, weil ich sie nirgends finden konnte. Nun, da ich die Platte habe, weiß ich, dass dem nicht so ist. Leider bin ich des Französischen nicht mächtig. Kannst du kurz umreißen, worum es textlich bei euch geht?

Gaetan: Die Texte sind mir ausgesprochen wichtig. Oftmals verbringe ich mehr Zeit damit, die zu schreiben, als die restliche Musik. Formal gesprochen schreibe ich die Texte meist wie Gedichte, also als Prosa oder in Versen, denn ich genieße die Aufmerksamkeit und Genauigkeit, die dieses Schreiben erfordert. Alles in allem wünsche ich mir auch, dass die Texte auch ohne die Musik gut und lesbar sind.
Mit der Bedeutung ist es dann etwas komplizierter, da ich seit den Anfangstagen persönlich viel durchstehen musste, was sich natürlich auf alles ausgewirkt hat. Auf „Saudade“ geht es jedoch, grob gesagt, um unser Verhältnis zur Zeit, und die Einsicht, wie „klein“ wir eigentlich sind.
Der Text von „Auréole“ sollte dieses Gefühl im Angesicht der Natur und ihrer Unermesslichkeit verdeutlichen.

CEPHEIDE

 

WAS CEPHEIDE ZU ETWAS BESONDEREM MACHT

S: Momentan gibt es zu meiner Freude viele Bands, die in ihrer Muttersprache singen und schreiben, und nicht auf Englisch. Gab es da bei euch einen speziellen Grund, oder ist das einfach eine Frage der Bequemlichkeit?

Gaetan: Ich habe schon immer auf Französich geschrieben, egal, ob für dieses Projekt oder für andere. Es ist die Sprache, in der ich zuerst gelernt habe, mich auszudrücken. Die Sprache, in der ich lese und denke. Da hätte es für mich nicht viel Sinn ergeben, eine andere zu nutzen.

S: Aus meiner Sicht ist Frankreich zunehmend ein besonderes Land in puncto Black Metal geworden. ALCEST und LES DISCRETS auf der einen, extremere Vertreter wie BLUT AUS NORD und DEATHSPELL OMEGA auf der anderen Seite. Sie haben die Wahrnehmung der Szene maßgeblich geprägt. Wie steht ihr zu der französischen (Black) Metal Szene und inwieweit identifiziert ihr euch damit?

Gaetan: Ich denke, dass die französische Black Metal Szene tatsächlich sehr breit gefächert ist und obwohl ich mit ihr noch nichts zu tun hatte, mag ich die extremeren Vertreter, die du genannt hast, sehr. Mit CEPHEIDE ist es jedoch so, dass wir keiner bestimmten Szene angehören. Das hat auch mit meiner Abneigung gegen die satanistischen, religiösen oder ideologischen Aspekte zu tun, die diese Musik zum Teil haben kann. Wir lehnen auch sehr oft Shows ab, da wir die Szene eigentlich nicht mit Leuten teilen wollen, die für dubiose politische Ideale eintreten.

DER ARBEITSPROZESS

S: Anders als bei vielen anderen (Depressive) Black Metal Bands sind eure Songs oftmals nicht nur melancholisch, sondern auch triumphal. Wie schreibt ihr eure Musik und wie lange habt ihr gebraucht, um „Saudade“ fertig zu stellen?

Gaetan: Meine Songs sind oftmals davon aufgeladen, was ich so erlebe, deshalb gibt es weniger düstere, sondern sogar eher fröhlichere Momente.

„Wenn ich an Songs arbeite, besteht selten ein Wunsch danach, etwas Trauriges oder Deprimierendes zu schaffen.“

Der Anfang des Songs „Madone“ ist zum Beispiel sehr rocklastig und hat eigentlich gar keine düsteren Gedanken oder Gefühle.
Insgesamt hab ich „Saudade“ in ungefähr 6 Monaten geschrieben, die sich, aufgrund eines Besetzungswechsels, fast schon in 2 Abschnitte gliedern lassen. Die ersten drei Songs hatte ich recht schnell fertig, ungefähr in zwei Monaten. „Le cinquième Soleil“ und „Auréole“ wurden dann später geschrieben, als François als unser neuer Gitarrist dazu kam.

S: Wie sehen eure Pläne für das kommende Jahr aus? Wollt ihr mit dem neuen Album auf Tour gehen?

Gaetan: Momentan arbeite ich an größeren, ausschweifenderen Formaten. Vielleicht ist das ein unterbewusstes Ding, um „Respire“, was ein Konzeptalbum war, mit „Saudade“ zu verbinden, das wesentlich instinktiver geschrieben wurde. Jedenfalls würde ich das neue Album gern auf Vinyl veröffentlichen, damit es noch mehr lebt!
Bezüglich unserer Ziele: Momentan planen wir keine Liveshows mit CEPHEIDE, allerdings werde ich wohl mit meinem Nebenprojekt RANCE einige Shows geben.

S: Welche waren deine Lieblingsalben in diesem Jahr?

Gaetan: Uh, das ist schwierig. Was mir zuerst einfällt – egal, ob es sich dabei um eine neuentdeckte Band, oder einfach ein tolles Album handelt – wären ATRIARCH, YELLOW EYES, PLANNING FOR BURIAL und CRANIAL.

S: Danke dir für deine Zeit und die aufschlussreichen Antworten!

 

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Cepheide

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