Urkaos – Die Geburt des Black Metal
Historische Einblicke in ein Genre sind meist mit Vorsicht zu genießen, erst recht, wenn der Autor zu dem Zeitpunkt noch Quark im Schaufenster war, anstatt hautnah die Entstehung des Black Metal mitzuerleben. Dennoch halte ich es für immens wichtig, den Leuten immer wieder bewusst zu machen, woher eigentlich die Musik kommt, die jeden Tag das Ohr penetriert. Höchste Zeit, die erste Welle des Black Metal genauer zu betrachten.
Die Initialzündung
Während in den Neunzigern sich ein ganzes Genre aus dem Begriff „Black Metal“ auch musikalisch etablierte, sah es in den Achzigern noch ganz anders aus. Satanische Texte reichten meist, um das Prädikat „Black Metal“ zu erhalten. Für viele gilt das Album „Black Metal“ der britischen Band VENOM als erstes Album dieses Genres. Doch wenn wir es genau nehmen, hatte ausgerechnet die deutsche Thrash Metal Band HOLY MOSES mit ihrem 1980 veröffentlichten Demo „Black Metal Masters“ in Theorie und Praxis diesen Terminus für sich gepachtet.
Wenn man es also ganz genau nimmt, würde der Thrash Metal heute Black Metal heißen. Die Geschichtsbücher müssten umgeschrieben werden. Aber das wäre Haarspalterei in Reinkultur und wenn man es nüchtern betrachtet, auch unnötig. Schließlich verwendeten HOLY MOSES im Gegensatz zu VENOM keine satanischen Texte.
VENOM hatten jedoch eher den Satanismus 1982 als gute Taktik genutzt, um so viele Menschen wie möglich zu schocken. Lest euch die Texte durch und ihr wisst was ich meine. Musikalisch wurde eher den Werken von MOTÖRHEAD, Speed Metal und dem Punk gehuldigt, was man besonders anhand der primitiven Bedienung der Instrumente erkennen kann. Höchstens die selbst gewählten Pseudonyme sind mehr denn je ein wichtiges Merkmal, von dem viele Bands noch heute zehren.
Einen ebenso immensen Verdienst verzeichneten MERCYFUL FATE mit ihrer Glanztat „Dont Break The Oath“. Frühe Stilmittel, wie Corpsepaint und brennende Kreuze oder gar eine schwarze Messe während eines Auftrittes, schlugen gewaltige Wellen. Dafür musste ihr Manager sogar mit dem eigenen Blut herhalten, was damals einzigartig war. Die aggressiven Leadgitarren und die okkulten Texte trugen umso mehr dazu bei.
Das Erwachen beginnt ab 1982
Für meine Begriffe sind HELLHAMMER aus der Schweiz DAS Paradebeispiel für die erste Welle des Black Metal zu nennen. Die Jungspunde um Tom Warrior und Martin Ain gründeten innerhalb kürzester Zeit eine der kaputtesten Bands auf unserem Planeten. Abgesehen vom spartanischen Klang und den authentischen Lyrics, lastete der Band so etwas wie ein Fluch an.
Jeder mied diese Band, jeder spottete über den „Dilettantismus“ dieser Kombo. Alles von HELLHAMMER klang roher und wüster als das vergleichsweise kindische Gehabe von VENOM (siehe auch POSSESSED und RUNNING WILD). Ironischerweise zeigt sich dieser Tage mehr denn je die Wichtigkeit des Schweizer Urgesteins, denn meine Eltern sprachen mich vor Jahren entsetzt auf das Boxset „Demon Entrails“ an.
Wie kannst du nur sowas hören, das ist ja grausam! Da geht es in dem einen Text darum, wie sich ein Mensch erhängt!
Ich kann euch sagen, dass dieser Disput meine Leidenschaft für diese Musikrichtung nur noch verstärkt hatte. Für die Musiker selbst war diese Art von Musik eine Form von Befreiung, welche durch die streng katholische Erziehung zustande kam. Dies verstärkte sich 1984 umso mehr, als man sich in CELTIC FROST umbenannte und zahlreiche Klassiker vertonte.
Nicht nur George Orwell maß der Zahl 1984 eine besondere Bedeutung an. Es war das Jahr, in dem BATHORY erstmals ein Album auf die breite Menschenmasse freiließ. Hier haben wir praktisch gesehen das erste „richtige“ Black Metal-Album. Ein schauriges Intro, ein für die Zeit unglaublich roher Klang, der mehr denn je in unserer Szene angesagt ist und der unverkennbare Gesang, welcher mehr einem Krächzen gleicht.
Genehmigt euch HIER diese rohe Schelle
Was einst blieb – Black Metal wird bedeutungslos (?)
Was mit dem selbst betitelten Paukenschlag von BATHORY begann, gipfelte später (speziell mit „Under The Sign Of TheBlack Mark“ 1987) in der zweiten Welle und auch Ikonen wie Fenriz (DARKTHRONE) loben diese Ära für ihren Input an die skandinavische Szene. Es sollte dennoch nicht lange dauern, bis der Glanz des Black Metal zu verblassen drohte. Viele Bands von damals veränderten ihren Sound und ihr Image zugleich. Der Teufel galt bei vielen einfach nur als Symbol der Rebellion gegen den Alltag. War ja alles gar nicht so gemeint, meinten viele. So kam auch der Death Metal zu seinem (verdienten) Ruf.
Trotzdem schossen noch weltweit eine Menge an Bands wie Pilze aus dem Boden. Allen voran SARCOFAGO aus Lateinamerika, MASTERS HAMMER aus der tschechischen Republik, VON aus den USA oder die mächtigen MAYHEM aus Norwegen zelebrierten ohne Unterlass das Ritual des Gehörnten auf Vinyl. Speziell die „Deathcrush“- EP von MAYHEM überzeugt durch eine gestörte Stimmung. Kleiner Funfact: „Silvester Anfang“, das Intro der EP, wurde von einem Musiker der experimentellen Elektronik Musik (Conrad Schnitzler) entworfen.
Ausklang
Ich habe bewusst die erste Welle bis zum Ende der 80er eingegrenzt. Auch wenn bekannte Größen wie DARKTHRONE, oder auch meinetwegen GOATLORD und ABHORER, ausgeklammert sind, da sie in meiner Ansicht noch dem Death Metal frönten. Aber dafür gibt es ja eventuell eine Fortsetzung über die zweite Welle.
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2 Kommentare
Sehr schöner, angenehm knapper Artikel! So ein Format ist sicher für alle „Metal-Anfänger“ nützlich und informativ. Sodom hätten vllt. noch eine Erwähnung verdient mit ihrer Debüt-EP, die ja für den BM auch als einflussreich gilt. 🙂
Hallo TheRedTower,
danke für die Blumen! Ich wollte es auch nicht so unnötig in die Länge ziehen. Natürlich dient so ein Einblick für die Neulinge unter uns.
Sodom hätte man tatsächlich erwähnen können, da geb ich dir recht. Und Morbid, etc…
Liebe Grüße,
Hannes